Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 214 |
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| 01 | der Empfindungen, sondern nach dem durch willkuhrliche phantasie erhöheten | ||||||
| 02 | Wahne. Da nun die Sittlichkeit sich auf die idee der allgemeinen | ||||||
| 03 | Glükseeligkeit aus freyem Verhalten Gründet, so werden wir genothigt, | ||||||
| 04 | selbst die Ursache und Regirung der Welt nach einer idee, nemlich demjenigen, | ||||||
| 05 | was alles Einstimig macht oder durch einstimige Bestrebung zur | ||||||
| 06 | Glükseeligkeit auch diese selbst besorgt, zu gedenken; denn sonst hätte die | ||||||
| 07 | moralische idee keine realität in der Erwartung und wäre ein blos vernünftelnder | ||||||
| 08 | Begrif. | ||||||
| 09 | Die Natur muß wie eine idee angesehen werden, welche im Schöpfer | ||||||
| 10 | das Urbild, bei uns aber die Norm ist. Es kan nichts beständiger und gegründeter | ||||||
| 11 | zur Vorschrift unsrer Handlungen seyn, als die idee zum Grunde | ||||||
| 12 | zu legen, nach welcher wir selbst da sind, so uns nicht anders durch die | ||||||
| 13 | Natur bestimt sind und diese unsre Willkühr frey machen, damit sie blos | ||||||
| 14 | nach dieser idee handele, da wir gleichsam ans eignem Belieben so beschaffen | ||||||
| 15 | sind. | ||||||
6959. υ? (μ? ρ?) Pr 14. In § 32, Satz 3, 4: |
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| 17 | Die reale opposition im practischen ist, wenn ich entweder den Zweken | ||||||
| 18 | oder blos der Gesetzgebenden Vernunft entgegen handle, folglich den effect, | ||||||
| 19 | den sie als Bestimmungsgrund leisten würde, verhindere, d. i. ihr entgegen | ||||||
| 20 | wirke. | ||||||
6960. υ? (μ? ρ?) Pr 15. Über und neben § 34: |
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| 22 | Die freyheit ist eine subiective Gesetzlosigkeit. Man weiß nicht, nach | ||||||
| 23 | welcher Regel man seine eigenen oder anderer Menschen Handlungen beurtheilen | ||||||
| 24 | soll. Einfälle, seltsamer Geschmak, böse oder leere Grillen könen | ||||||
| 25 | wirkungen hervorbringen, auf die Man nicht vorbereitet war. Sie verwirret | ||||||
| 26 | also. Die gantze Natur, wenn sie sich nicht selbst obiectiven Regeln | ||||||
| 27 | unterwirft, die aber nichts anderes seyn können als die Allgemeinen Bedingungen | ||||||
| 28 | der Einstimung mit der Natur überhaupt, wird dadurch in | ||||||
| 29 | Verwirrung gebracht. Daher ohne moralische Gesetze der Mensch selbst | ||||||
| 30 | unter das thier verächtlich und mehr als dasselbe hassenswürdig wird. | ||||||
| 31 | Wer nach obiectiven Gesetzen nicht verfährt, muß nach physischen gezwungen | ||||||
| 32 | werden. | ||||||
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