Kant: AA XVII, Reflexionen zur Metaphysik. , Seite 365 |
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| 01 | bloß auf die materie gesehen werden, und diese besteht in der Empfindung; | ||||||
| 02 | zweytens auf die Form der Erscheinung und diese besteht; drittens auf | ||||||
| 03 | die Form der Vernunft in Begriffen. Die Form der Erscheinungen | ||||||
| 04 | beruhet lediglich auf Raum und Zeit, und diese Begriffe entspringen | ||||||
| 05 | durch keine Sinne oder Empfindung, sondern beruhen auf der Natur | ||||||
| 06 | des Gemüths, nach welchem die verschiedenen Empfindungen unter solchen | ||||||
| 07 | relationen vorgestellt werden können. Daher, wenn alle Empfindung | ||||||
| 08 | der Sinne beyseiten gesetzt ist, so ist der des Raumes und Zeit ein reiner | ||||||
| 09 | Begrif der Anschauung, und weil in ihm alles liegt, was nur der Verstand | ||||||
| 10 | in Erfahrungen erkennen kann, so ist er ein Verstandesbegrif; und, | ||||||
| 11 | obgleich die Erscheinungen empirisch seyn, so ist er doch intellectual. Eben | ||||||
| 12 | so sind allgemein gemachte Empfindungen und Erscheinungen nicht reine, | ||||||
| 13 | sondern empirische Vernunftbegriffe; wenn man aber alle Wirkung der | ||||||
| 14 | Sinne wegläßt, so sind die Begriffe reine Begriffe der Vernunft, als | ||||||
| 15 | möglich, substantz etc. Daher sind alle reinen Begriffe intellectual und intuitiv, | ||||||
| 16 | oder rational und discursiv reflectirende Begriffe. | ||||||
| 17 | Ferner sind alle Erkentnisse entweder gegeben oder gedichtet. Die Materie | ||||||
| 18 | der Erkentnis kann nicht gedichtet werden, also nur die Form, und in | ||||||
| 19 | der Form nur die Wiederholung; also geht alle Erdichtung der Vernunft | ||||||
| 20 | nur auf die mathematic; dagegen ist die Form, welche in der Geometrie | ||||||
| 21 | gegeben ist, der Raum. | ||||||
| 22 | M XXXXVII: | ||||||
| 23 | (g Weil man nur die Form der Erfahrung beschreiben kan, so gehört | ||||||
| 24 | sie zum Verstand. ) | ||||||
| 25 | M XXXXVIII: | ||||||
| 26 | Es ist eine Wissenschaft der reinen Vernunft möglich und auch nothig. | ||||||
| 27 | Sie ist aber entweder philosophie oder Mathematic; iene erwegt: was da | ||||||
| 28 | sey, und die Vernunft lediglich: welcher respectus sey; diese: wie vielmahl | ||||||
| 29 | einerley sey. Der Raum ist ein object so wohl vor philosophie als mathematic. | ||||||
| 30 | Die Urtheile vom Raum, die intuitiv sind, sind noch nicht mathematisch, | ||||||
| 31 | auch nicht philosophisch. Beyde beurtheilen den Raum nicht | ||||||
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