Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 651 |
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| 01 | Fortschritts zum Besseren (Modalität) in Betrachtung komme. — — Es | |||||||
| 02 | ist also genau genommen die Aufgabe hier: eine Geschichte des Menschlichen | |||||||
| 03 | Geschlechts a priori zu entwerfen, nämlich dem Theile nach der | |||||||
| 04 | seiner Begebenheiten Veränderungen nach, der noch kommen soll, welches, | |||||||
| 05 | wenn es eine Naturgeschichte desselben werden sollte, wohl möglich ist; | |||||||
| 06 | denn die Ursachen durch Erfahrung er bestimmen geben nach Erfahrungsregeln | |||||||
| 07 | die noch künftige Wirkungen, ehe sie geschehen, folglich a priori zu | |||||||
| 08 | dem was zu erkennen (secundum quid, non simpliciter) zu erkennen. Aber | |||||||
| 09 | es ist hier von einer Geschichte des künftigen moralischen Verhaltens der | |||||||
| 10 | Menschen die Rede als vom Naturmechanism entbundener Wesen die | |||||||
| 11 | rede, wo man zwar Gesetze a priori kennt, nach denen sie handeln sollten, | |||||||
| 12 | aber nicht, daß sie auf gewisse weise handeln werden. — Dennoch | |||||||
| 13 | interessirt diese Aufgabe sehr, nicht blos in practischer Absicht, um guthmütigerweise | |||||||
| 14 | vermittelst einer Hypothese einen solchen Gang Lauf der | |||||||
| 15 | Dinge anzunehmen und darnach wenigstens für sich selbst zu verfahren, | |||||||
| 16 | sondern auch in theoretischer Betracht Rücksicht: ob das Böse oder das | |||||||
| 17 | Gute Princip in der ursprünglichen Anlage des Menschen überwiegend | |||||||
| 18 | sey, und welchen Begriff man sich von der Bestimmung des Menschen zu | |||||||
| 19 | machen habe: — — da indessen dieser Untersuchung sich die Theologen | |||||||
| 20 | bemächtigt haben und die so bleibt für dem Philosophen Aussichten ins | |||||||
| 21 | Theoretisch Übersinnliche Abschreckend sind, so mag diese Aufgabe sich | |||||||
| 22 | darauf einschränken zu sagen: worauf es ankomme, um ob ein auszumachen, | |||||||
| 23 | ob das menschliche Geschlecht im beständigen Fortschritt zum | |||||||
| 24 | Bessern sey oder nicht auszumachen; bey welcher wobey man, daß ein | |||||||
| 25 | solcher Fortschritt sey, als unausgemacht lassen darf. | |||||||
1472. ω5. L Bl. 54. S. II: |
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| 27 | Die Menschliche Natur ist für sich selbst thierisch: weder moralischgut | |||||||
| 28 | noch moralisch böse; denn zu beydem gehören Beziehungen auf Grundsatze, | |||||||
| 29 | die aber doch bey der Cultur sich entwikeln und alsdenn das erste | |||||||
| 30 | der Grundsatze aufs Böse richten. | |||||||
| 31 | Die Grundsatze sind selbstsüchtig. Da aber der Mensch Vernunft | |||||||
| 32 | hat, so ist die Selbsucht im allgemeinen genommen sich selbst wieder | |||||||
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