Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 292 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | Aus eben den Gründen wird aus der Bewegung der Äquatorsluft | ||||||
| 02 | nach dem Südpole hin ein Nordwestwind entstehen. Dagegen wenn aus | ||||||
| 03 | einer vom Äquator entfernten Gegend die Luft zum Äquator hinströmt: | ||||||
| 04 | so wird in unserm Hemisphär dieses erstlich ein Nordwind sein. Da er | ||||||
| 05 | aber aus solchen Gegenden der Erde ausgegangen, wo er wegen der kleinen | ||||||
| 06 | Parallelcirkel, in denen er sich befand, weniger Schnelligkeit von Abend | ||||||
| 07 | gegen Morgen hatte, als diejenigen Theile der Oberfläche der Erde, die | ||||||
| 08 | dem Äquator näher liegen, und zu denen er sich bewegt: so wird er, weil | ||||||
| 09 | er keine so starke Bewegungen von Westen nach Osten hat als die Örter, | ||||||
| 10 | bei denen er anlangt, nachbleiben, also sich von Osten gegen Westen zu | ||||||
| 11 | bewegen scheinen, welches, mit der nördlichen Richtung verbunden, in unserm | ||||||
| 12 | Hemisphär einen Nordostwind macht, also wird ein Nordwind in | ||||||
| 13 | unserer Halbkugel, je mehr er sich dem Äquator nähert, in einen Nordostwind | ||||||
| 14 | ausschlagen, und im südlichen Hemisphär wird ein Südwind sich in | ||||||
| 15 | einen Südostwind aus eben den Gründen verändern. | ||||||
| 16 | Hieraus nun kann zuerst der allgemeine Wind unter der Linie erklärt | ||||||
| 17 | werden, denn daselbst und vornehmlich zur Zeit der Tag= und Nachtgleiche | ||||||
| 18 | ist die Luft mehr als anderwärts verdickt. Die Luft bei den Polen | ||||||
| 19 | und andern zwischen ihnen und dem Äquator gelegenen Gegenden zieht | ||||||
| 20 | also zum Äquator hin, der Nordwind verändert sich eben dadurch in einen | ||||||
| 21 | Nordostwind und der Südwind in einen Südostwind. Diese Winde werden | ||||||
| 22 | auch zwischen den Wendekreisen, ein jeder in seinem Hemisphär, anzutreffen | ||||||
| 23 | sein; allein unter dem Äquator werden sie, da sie in einem Winkel | ||||||
| 24 | zusammentreffen, in bloße Ostwinde ausschlagen. Da nun vom März bis | ||||||
| 25 | in den September die Sonne den heißen Erdgürtel in unserm Hemisphär | ||||||
| 26 | am meisten erhitzt: so werden die Länder, die in derselben oder ihr nahe | ||||||
| 27 | liegen, ungemein erwärmt werden, und die nahe dem Äquator liegende | ||||||
| 28 | Luft wird den Platz, der über dieser verdünnten befindlich ist, einnehmen; | ||||||
| 29 | es wird also ein Südwind entstehen, der um des vorher erwähnten Gesetzes | ||||||
| 30 | willen in einen Südwestwind ausschlägt: allein in den übrigen | ||||||
| 31 | Monaten thut die Sonne dieses im südlichen Hemisphär, also wird die | ||||||
| 32 | Luft der nördlichen Halbkugel herüberziehen und einen Nordwestwind | ||||||
| 33 | machen. In der Zeit, da diese Moussons mit einander abwechseln, werden | ||||||
| 34 | Windstillen und Orkane regieren. | ||||||
| [ Seite 291 ] [ Seite 293 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||