Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 275 |
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| 01 | Descartes erklärte den Ursprung der Brunnen also: In dem Inwendigen | ||||||
| 02 | der Berge, sagt er, befinden sich weite Höhlen, in diesen giebt | ||||||
| 03 | es durch viele Gänge, die zum Meere führen, Meerwasser, welches vermöge | ||||||
| 04 | der unterirdischen Hitze in Dampf verwandelt wird, und indem | ||||||
| 05 | dieser in die oberste Schicht der Erde hineindringt, bildet er eine immerwährende | ||||||
| 06 | Quelle. Ein gewisser Jesuit und Peravet bestätigten diese | ||||||
| 07 | Meinung des Descartes mit Exempeln, welche wir aber ohne Schwierigkeit | ||||||
| 08 | auch nach unserer Hypothese erklären können. | ||||||
| 09 | §. 54. |
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| 10 | Besondere Arten der Quellen und Brunnen. |
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| 11 | Einige Brunnen fließen periodisch. Einige derselben können durch | ||||||
| 12 | das Aufthauen des Schnees, andere durch hydraulische Beispiele, noch | ||||||
| 13 | andere, wie es scheint, durch die Einwirkung des Mondes erklärt werden, | ||||||
| 14 | zu welchen letztern mehrere Quellen in Island gehören, die mit Fluth | ||||||
| 15 | und Ebbe des Meeres Zeit halten. Exempel der ersten Art sind häufig | ||||||
| 16 | in der Schweiz, Italien, Frankreich und an andern Orten, ingleichen im | ||||||
| 17 | Bisthum Paderborn der Bolderborn, der alle sechs Stunden sich verliert | ||||||
| 18 | und dann mit einem Getöse wiederkommt. Es giebt süße Brunnen wie | ||||||
| 19 | bei Toledo, der oben süß gleich Zucker, unten aber säuerlich ist. In | ||||||
| 20 | Deutschland sind etliche hundert Sauerbrunnen, diese enthalten das Crocum | ||||||
| 21 | Martis . Einige sind bitter, viele salzig, noch mehrere haben Eisentheilchen | ||||||
| 22 | und andere Mineralien in sich, etliche führen Gold. Bei Neusohl | ||||||
| 23 | in Ungarn, in Sachsen und Irland sind Quellen, die eine vitriolische | ||||||
| 24 | Feuchtigkeit auströpfeln, die mit Kupfer imprägnirt ist, welche das sogenannte | ||||||
| 25 | Cementwasser mit sich führt, dadurch man Eisen in Kupfer | ||||||
| 26 | verwandeln kann. Einige übersteinern die hineingelegten Körper. Ein | ||||||
| 27 | heißer Brunnen in Peru bei Guanabalika ergießt sich in das benachbarte | ||||||
| 28 | Feld und verwandelt sich in Stein. Einige entzünden sich, wenn | ||||||
| 29 | man sich ihnen mit einem Lichte nähert. Es giebt auch Brunnen, über | ||||||
| 30 | deren Wasser ein Öl oder Naphta schwimmt, das wegen der herausgehenden | ||||||
| 31 | brennbaren Dünste das Feuer gleichsam an sich zieht. Bei Bagdad | ||||||
| 32 | werden täglich wohl 100000 Pfund Naphtha geschöpft. Es giebt auch sehr | ||||||
| 33 | kalte Brunnen, welche entweder deswegen, weil die Adern, wodurch sie | ||||||
| 34 | Zufluß bekommen, sehr tief liegen und daher von der Sonne nicht erwärmt | ||||||
| 35 | werden können, oder weil das Wasser über Gyps fließt, diese Eigenschaft | ||||||
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