Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 225 |
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| 01 | Holzes ist auch überdem eine Anzeige, daß es seit sehr langer Zeit versunken | ||||||
| 02 | sein müsse. | ||||||
| 03 | Man hat bemerkt, daß das Holz aus den warmen Ländern kommt, | ||||||
| 04 | denn aus dem Eismeere geht ein nordöstlicher Strom; dieser macht, da | ||||||
| 05 | an den Küsten ein entgegengesetzter Strom eintritt, und dieser Zug von | ||||||
| 06 | Süden nach Norden muß das Holz dahin treiben. Die Züge des Meerwassers | ||||||
| 07 | gehen in der Mitte von Norden nach Süden und an den Küsten | ||||||
| 08 | von Süden nach Norden. | ||||||
| 09 | Im südlichen Eismeere findet man ebenfalls dergleichen Treibholz, | ||||||
| 10 | z. B. in der Magellanischen Meerenge, wo auf den Malwinen= oder Falklandsinseln, | ||||||
| 11 | an welchen die Schiffe aus Europa anlanden, eine Besatzung | ||||||
| 12 | ist, die mit Holz aus der genannten Meerenge versorgt wird. | ||||||
| 13 | Noch ist anzumerken, daß die Eismeere gegen die Pole zu vielleicht | ||||||
| 14 | von dem Eise befreit sein mögen, indem der Strom von Nordost nach | ||||||
| 15 | Südwest dasselbe in die Gegenden treibt, in denen man es jetzt antrifft. | ||||||
| 16 | Anmerkung 1. Auf beiden Halbkugeln unserer Erde, der nördlichen wie | ||||||
| 17 | der südlichen, giebt es ein Eismeer, wie denn die Temperatur der letztern überhaupt | ||||||
| 18 | nicht nur nicht wärmer, sondern im Gegentheil vielmehr kälter ist als | ||||||
| 19 | die der erstern. Dieser eben genannte Umstand ist es insbesondere, der unsere | ||||||
| 20 | Aufmerksamkeit verlangt. Es ist eine fast von allen Reisenden bestätigte Bemerkung, | ||||||
| 21 | daß es in Ländern der südlichen Halbkugel ungleich rauher ist als | ||||||
| 22 | in Ländern der nördlichen Hemisphäre, die unter einem gleichen Breitegrade | ||||||
| 23 | liegen. Unter dem 60sten Grade nördlicher Breite giebt es zuweilen eine Hitze | ||||||
| 24 | von 75 bis 80 Graden nach Fahrenheit, da hingegen das Thermometer in einer | ||||||
| 25 | gleichen südlichen Breite nie fünf Grade über dem Gefrierpunkte steht. Wahrscheinliche | ||||||
| 26 | Ursachen dieser Erscheinung sind: Erstens, daß die Sonne sich 8 Tage | ||||||
| 27 | länger in den nördlichen als in den südlichen Zeichen des Thierkreises aufhält; | ||||||
| 28 | zweitens aber, daß die südliche Hemisphäre ungleich weniger Land enthält als | ||||||
| 29 | die nördliche. Das Land aber entwickelt eine weit höhere Lufttemperatur, welche | ||||||
| 30 | hingegen bei dem Wasser sich gleichmäßiger bleibt und gewöhnlich nur vom 26 bis | ||||||
| 31 | 68sten Grade nach Fahrenheit abwechselt. Eben jener Umstand ist auch Ursache, | ||||||
| 32 | daß man das Treibeis auf der südlichen Halbkugel schon unter einem geringern | ||||||
| 33 | Breitegrade als auf der nördlichen antrifft. Überhaupt aber bemerkt man einzelne | ||||||
| 34 | Eisblöcke schon um den 40. Breitegrad, die von da an höher nach den | ||||||
| 35 | Polen herauf an Masse immer mehr zunehmen. | ||||||
| 36 | Anmerkung 2. Daß das Treibeis sein Entstehen dem salzigen Meerwasser, | ||||||
| 37 | nicht aber dem süßen Flußwasser verdanke, so wie dies, daß bei dem | ||||||
| 38 | Gefrieren des Wassers zu Eis sich aus demselben die Salztheile abscheiden: | ||||||
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