Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 201 |
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| 01 | hier die bestimmtern Angaben in den oben angezeigten und andern | ||||||
| 02 | chemischen Schriften. | ||||||
| 03 | Von dem Kochsalz giebt es dreierlei Arten: das Seesalz, Stein= und | ||||||
| 04 | Quellsalz. Das Salz befindet sich sowohl im Wasser als auf dem festen | ||||||
| 05 | Lande und hier in den sogenannten Salzquellen und Bergwerken. Wenn | ||||||
| 06 | wir die Ursache des Salzgehaltes der Wasser untersuchen wollen: so müssen | ||||||
| 07 | wir zuerst fragen: welches war das ursprüngliche Wasser, das süße oder | ||||||
| 08 | das salzige? Wenn man die ganze Sache mit philosophischem Auge betrachtet, | ||||||
| 09 | so ist das einfache Wasser das frühere gewesen, aus dem hernach | ||||||
| 10 | durch Hinzuthuung das zusammengesetzte entstehen konnte; das süße | ||||||
| 11 | Wasser aber ist das einfache, und so scheint es auch wirklich zugegangen | ||||||
| 12 | zu sein. Wo die Ströme sich in das Meer ergießen, da giebt es Sand, | ||||||
| 13 | und dieser ist entweder petrificirt oder präcipitirt. | ||||||
| 14 | Wie wird aber das Meerwasser salzig? Man glaubt, dies sei vermittelst | ||||||
| 15 | der allmähligen Abspülung des Salzes von den Pflanzen und Gewächsen, | ||||||
| 16 | die einen kleinen Grad von Kochsalz bei sich führen, bewirkt; die | ||||||
| 17 | Ströme sollen es dann weiter in die See gefördert und es soll sich auf diese | ||||||
| 18 | Weise hineingesammelt haben. Allein dann müßte die Welt Millionen | ||||||
| 19 | Jahre gestanden haben, wenn es auch überhaupt auf eine solche Art möglich | ||||||
| 20 | werden könnte, und die Ströme müßten ebenfalls salzig sein, weil sie | ||||||
| 21 | es eben sind, die das Salz wegführen sollen. | ||||||
| 22 | Dagegen giebt eher die See dem Lande Salz ab, als das Land der | ||||||
| 23 | See. Im heißen Klima rostet alles Eisen, ja sogar die Uhren in den | ||||||
| 24 | Taschen. Dieses rührt von dem Salze her, das in die Luft aufsteigt | ||||||
| 25 | und aus der Luft wieder vermittelst des Regens auf die Äcker und | ||||||
| 26 | Pflanzen fällt. | ||||||
| 27 | Viele glauben, daß es Gebirge von Salz im Meere gebe, die durch | ||||||
| 28 | das Wasser aufgelöst werden. Dann aber müßte das Wasser um so salziger | ||||||
| 29 | werden, je mehr die Berge aufgelöst würden. Dagegen findet der umgekehrte | ||||||
| 30 | Fall statt, die Salzflötze rühren noch von dem Meere her, das | ||||||
| 31 | vorher da war, späterhin aber abgelaufen ist und das Salz zurückgelassen | ||||||
| 32 | hat. | ||||||
| 33 | Sollte das Salz des Oceans vorhin auf der Erde gewesen und von | ||||||
| 34 | dem Meerwasser abgespült worden sein: so müßte man noch das Salz in | ||||||
| 35 | allen Bergwerken antreffen. Zunächst freilich scheint das Salz seinen | ||||||
| 36 | Ursprung von dem Meerwasser zu haben und ein ursprünglicher Bestandtheil | ||||||
| 37 | des Wassers zu sein, welches im ersten Zustande der Erde das Salz | ||||||
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