Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 346 |
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Text (Kant):
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| 01 | organisirt seien; oder man müßte annehmen, daß das Geschmacksurtheil | ||||||
| 02 | eigentlich ein verstecktes Vernunfturtheil über die an einem Dinge und die | ||||||
| 03 | Beziehung des Mannigfaltigen in ihm zu einem Zwecke entdeckte Vollkommenheit | ||||||
| 04 | sei, mithin nur um der Verworrenheit willen, die dieser | ||||||
| 05 | unserer Reflexion anhängt, ästhetisch genannt werde, ob es gleich im | ||||||
| 06 | Grunde teleologisch sei: in welchem Falle man die Auflösung der Antinomie | ||||||
| 07 | durch transscendentale Ideen für unnöthig und nichtig erklären und | ||||||
| 08 | so mit den Objecten der Sinne nicht als bloßen Erscheinungen, sondern | ||||||
| 09 | auch als Dingen an sich selbst jene Geschmacksgesetze vereinigen könnte. | ||||||
| 10 | Wie wenig aber die eine sowohl als die andere Ausflucht verschlage, ist | ||||||
| 11 | an mehrern Orten in der Exposition der Geschmacksurtheile gezeigt | ||||||
| 12 | worden. | ||||||
| 13 | Räumt man aber unserer Deduction wenigstens so viel ein, daß sie | ||||||
| 14 | auf dem rechten Wege geschehe, wenn gleich noch nicht in allen Stücken | ||||||
| 15 | hell genug gemacht sei, so zeigen sich drei Ideen: erstlich des Übersinnlichen | ||||||
| 16 | überhaupt ohne weitere Bestimmung als Substrats der Natur; | ||||||
| 17 | zweitens eben desselben, als Princips der subjectiven Zweckmäßigkeit der | ||||||
| 18 | Natur für unser Erkenntnißvermögen; drittens eben desselben, als | ||||||
| 19 | Princips der Zwecke der Freiheit und Princips der Übereinstimmung derselben | ||||||
| 20 | mit jener im Sittlichen. | ||||||
| 21 | § 58. |
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| 22 | Vom Idealismus der Zweckmäßigkeit der Natur sowohl als |
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| 23 | Kunst, als dem alleinigen Princip der ästhetischen |
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| 24 | Urtheilskraft. |
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| 25 | Man kann zuvörderst das Princip des Geschmacks entweder darin | ||||||
| 26 | setzen, daß dieser jederzeit nach empirischen Bestimmungsgründen und also | ||||||
| 27 | nach solchen, die nur a posteriori durch Sinne gegeben werden, oder man | ||||||
| 28 | kann einräumen, daß er aus einem Grunde a priori urtheile. Das erstere | ||||||
| 29 | wäre der Empirism der Kritik des Geschmacks, das zweite der Rationalism | ||||||
| 30 | derselben. Nach dem ersten wäre das Object unseres Wohlgefallens | ||||||
| 31 | nicht vom Angenehmen, nach dem zweiten, wenn das Urtheil | ||||||
| 32 | auf bestimmten Begriffen beruhte, nicht vom Guten unterschieden; und | ||||||
| 33 | so würde alle Schönheit aus der Welt weggeläugnet und nur ein besonderer | ||||||
| 34 | Namen, vielleicht für eine gewisse Mischung von beiden vorgenannten | ||||||
| 35 | Arten des Wohlgefallens, an dessen Statt übrig bleiben. Allein | ||||||
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