Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 280 |
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| 01 | Hierauf dient zur Antwort: daß das Erhabene der Natur nur uneigentlich | ||||||
| 02 | so genannt werde und eigentlich bloß der Denkungsart, oder | ||||||
| 03 | vielmehr der Grundlage zu derselben in der menschlichen Natur beigelegt | ||||||
| 04 | werden müsse. Dieser sich bewußt zu werden, giebt die Auffassung eines | ||||||
| 05 | sonst formlosen und unzweckmäßigen Gegenstandes bloß die Veranlassung, | ||||||
| 06 | welcher auf solche Weise subjectiv=zweckmäßig gebraucht, aber nicht als | ||||||
| 07 | ein solcher für sich und seiner Form wegen beurtheilt wird (gleichsam | ||||||
| 08 | species finalis accepta, non data ). Daher war unsere Exposition der | ||||||
| 09 | Urtheile über das Erhabene der Natur zugleich ihre Deduction. Denn | ||||||
| 10 | wenn wir die Reflexion der Urtheilskraft in denselben zerlegten, so fanden | ||||||
| 11 | wir in ihnen ein zweckmäßiges Verhältniß der Erkenntnißvermögen, welches | ||||||
| 12 | dem Vermögen der Zwecke (dem Willen) a priori zum Grunde gelegt | ||||||
| 13 | werden muß und daher selbst a priori zweckmäßig ist: welches denn sofort | ||||||
| 14 | die Deduction, d. i. die Rechtfertigung des Anspruchs eines dergleichen | ||||||
| 15 | Urtheils auf allgemein=nothwendige Gültigkeit, enthält. | ||||||
| 16 | Wir werden also nur die Deduction der Geschmacksurtheile, d. i. der | ||||||
| 17 | Urtheile über die Schönheit der Naturdinge, zu suchen haben und so der | ||||||
| 18 | Aufgabe für die gesammte ästhetische Urtheilskraft im Ganzen ein Genüge | ||||||
| 19 | :0 thun. | ||||||
| 20 | § 31. |
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| 21 | Von der Methode der Deduction der Geschmacksurtheile. |
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| 22 | Die Obliegenheit einer Deduction, d. i. der Gewährleistung der Rechtmäßigkeit, | ||||||
| 23 | einer Art Urtheile tritt nur ein, wenn das Urtheil Anspruch auf | ||||||
| 24 | Nothwendigkeit macht; welches der Fall auch alsdann ist, wenn es subjective | ||||||
| 25 | Allgemeinheit, d. i. jedermanns Beistimmung, fordert: indeß es | ||||||
| 26 | doch kein Erkenntnißurtheil, sondern nur der Lust oder Unlust an einem | ||||||
| 27 | gegebenen Gegenstande, d. i. Anmaßung einer durchgängig für jedermann | ||||||
| 28 | geltenden subjectiven Zweckmäßigkeit, ist, die sich auf keine Begriffe von | ||||||
| 29 | der Sache gründen soll, weil es Geschmacksurtheil ist. | ||||||
| 30 | Da wir im letztern Falle kein Erkenntnißurtheil, weder ein theoretisches, | ||||||
| 31 | welches den Begriff einer Natur überhaupt durch den Verstand, | ||||||
| 32 | noch ein (reines) praktisches, welches die Idee der Freiheit als a priori | ||||||
| 33 | durch die Vernunft gegeben zum Grunde legt, vor uns haben; und also | ||||||
| 34 | weder ein Urtheil, welches vorstellt, was eine Sache ist, noch daß ich, um | ||||||
| 35 | sie hervorzubringen, etwas verrichten soll, nach seiner Gültigkeit a priori | ||||||
| 36 | zu rechtfertigen haben: so wird bloß die allgemeine Gültigkeit eines | ||||||
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