Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 136 |
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Text (Kant):
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| 01 | äqualia, eosdem effectus patrant, sunt reciproce ut celeritates. | ||||||
| 02 | Darauf folgt in der zweiten Nummer des Beweises: Massä corporum | ||||||
| 03 | inäqualium, quä eosdem effectus patrant, sunt reciproce ut celeritates. | ||||||
| 04 | Hieraus folgert Herr Wolff nun (denn so lautet sein Argument, | ||||||
| 05 | wenn man es gehörig auflöset): weil das Verhältniß der Zeiten und der | ||||||
| 06 | Massen in beiden Fällen dem Verhältniß der Geschwindigkeiten gleich | ||||||
| 07 | sind, so werden sie unter einander gleich sein. Dieses kann gebilligt | ||||||
| 08 | werden, aber daß man nur die Bestimmungen nicht aus der Acht | ||||||
| 09 | lasse, unter welchen sie einander gleich sind, nämlich: daß die Massen | ||||||
| 10 | ungleicher Körper, die einerlei Wirkung thun, sich eben so verhalten, | ||||||
| 11 | als die Zeiten, worin NB gleiche Körper eben dieselbe Wirkung | ||||||
| 12 | verüben, denn das ist die Einschränkung, die, wie man sehen kann, | ||||||
| 13 | den Verhältnissen anhängt. Allein der Schluß des Herrn Wolffen ist | ||||||
| 14 | dieser: also verhalten sich die Massen dieser Körper, wie die Zeiten, | ||||||
| 15 | darin eben diese ungleiche Körper ihre gleiche Wirkung verüben; | ||||||
| 16 | welches eine augenscheinliche Verfälschung der gegebenen Proportion ist. | ||||||
| 17 | Wenn unser Autor nur auf den Gedanken gekommen wäre, die | ||||||
| 18 | zwei Sätze, die er aus einander herleiten will, mit einander zu vergleichen: | ||||||
| 19 | so hätte er sonnenklar sehen müssen, daß sie von einander | ||||||
| 20 | nicht allein nicht herfließen, sondern sogar sich gerade widersprechen. | ||||||
| 21 | Nämlich der erste Satz ist dieser: Actiones, quibus corpora äqualia | ||||||
| 22 | eosdem effectus patrant, sunt ut celeritates. Hieraus will er den andern | ||||||
| 23 | Satz, der das Resultat der zweiten Nummer im Beweise ist, herfolgern, | ||||||
| 24 | nämlich: Actiones, quibus corpora inäqualia eosdem effectus | ||||||
| 25 | patrant, sunt etiam ut ipsorum celeritates; celeritates autem eorum | ||||||
| 26 | sunt reciproce ut massä. | ||||||
| 27 | Wenn wir nun nach Maßgebung des ersten Satzes zwei gleiche | ||||||
| 28 | Körper nehmen A und B, so daß B zweimal mehr Geschwindigkeit | ||||||
| 29 | habe als A: so ist nach dieser Regel die Action, womit B eben denselben | ||||||
| 30 | Effect thut als A, zweimal größer als die Action des Körpers | ||||||
| 31 | A, weil jener nämlich wegen seiner größeren Geschwindigkeit diesen | ||||||
| 32 | Effect in zweimal kleinerer Zeit verrichtet. Allein nach der zweiten | ||||||
| 33 | Regel würde ich B zweimal kleiner machen können, und die besagte | ||||||
| 34 | Action würde doch eben so groß sein wie vorher, wenn gleich die Geschwindigkeit | ||||||
| 35 | so wie vorher verbliebe. nun ist es aber augenscheinlich: | ||||||
| 36 | daß, wenn B zweimal kleiner wird, als es vorher gewesen, und seine | ||||||
| 37 | Geschwindigkeit dieselbe verbleibt, es unmöglich den gegebenen Effect | ||||||
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