Quelle Nummer 496
Rubrik 20 : GEOLOGIE Unterrubrik 20.00 : GEOLOGIE
PALAEONTOLOGIE
ERICH THENIUS
PLAEONTOLOGIE
DIE GESCHICHTE UNSERER TIER- UND PFLANZENWELT
FRANDKH'SCHE VERLAGSHANDLUNG STUTTGART 1970, S.11-
001 Fossilien und ihre Entstehung. Was sind Fossilien?
002 Fossilien sind die Überreste von " vorzeitlichen " Lebewesen
003 oder von deren Spuren. Dementsprechend unterscheidet man zwischen
004 Körperfossilien und Spurenfossilien. Allerdings
005 bedeutet " fossil " nicht unbedingt ausgestorben. Das beweisen
006 viele noch heute lebende Tiere, wie Braunbär, Perlboot und
007 Lungenfische, von denen auch fossile Reste bekannt sind.
008 Fossilien können in recht unterschiedlichen Erhaltungszuständen
009 vorkommen. Meist sind es " echte Versteinerungen ", weshalb sie
010 einst auch dem " Steinreich ", dem Lapidum regnum, zugeordnet
011 wurden. Daran erinnern noch heute Namen wie Belemniten
012 (Donnerkeile, Himmelsgeschosse) und Ammoniten (Ammonshörner).
013 Die Tatsache, daß die Fossilien oft in fragmentärem
014 Erhaltungszustand vorkommen, ist einer der Gründe dafür,
015 weshalb die Paläontologie längst nicht so weite Kreise anspricht
016 wie etwa die Zoologie, die Botanik oder die Mineralogie. Wie
017 kommt es zur Fossilisation und damit zu den so unterschiedlichen
018 Erhaltungszuständen, und woran sind Fossilien überhaupt zu
019 erkennen? Die Bezeichnung Fossil leitet sich her vom
020 lateinischen fodere (aus-) graben. Ein Fossil ist also ein
021 Rest, der ausgegraben werden muß. Ursprünglich von
022 Agricola (Georg Bauer, 1494-1555) auch für Mineralien
023 und Artefakte verwendet, wird die Bezeichnung heute auf Reste
024 " vorzeitlicher " Lebewesen beschränkt. Die Bezeichnung
025 Petrefakt wird heute nicht mehr verwendet; sie ist wie der
026 Ausdruck Versteinerung nur bedingt zutreffend. Fossilien müssen
027 (meist) ausgegraben werden, da sie praktisch nur in
028 Absatzgesteinen (Sedimenten) vorkommen. Freilich, oft besorgt
029 schon die Erosion die Freilegung von Fossilien. Bei
030 Spurenfossilien, z.B. bei Fährtenabdrücken, ist vom
031 Erzeuger selbst nichts erhalten geblieben. Eine der wichtigsten
032 Voraussetzungen für die Fossilisation ist die möglichst rasche
033 Einbettung des abgestorbenen Lebewesens oder seiner Teile in ein
034 Sediment. Dadurch wird die an den Zutritt von Sauerstoff
035 gebundene Zerstörung der Weichteile, die Verwesung, verlangsamt.
036 Bei der Mumifizierung ist dies allerdings nicht notwendig; hier
037 verhindert die Austrocknung ein Zersetzen der Weichteile. Die
038 anaeroben Vorgänge, die ohne Sauerstoff ablaufenden
039 Fäulnisprozesse, gehen allerdings trotz Sedimentbedeckung weiter.
040 Sie führen zu einer Zerlegung der hochkomplizierten organischen
041 Verbindungen in einfachere (Kohlenwasserstoffe, Aminosäuren,
042 Ammoniak, Kohlendioxid etc.). Da Sedimentation und
043 Einbettung vor allem im küstennahen Flachmeerbereich, in Lagunen
044 und Ästuarien sowie in Seen und Sümpfen stattfinden, leuchtet
045 es ein, weshalb der Großteil der Fossilien von wasserbewohnenden
046 Formen stammt. Diese Tatsache muß bei der Beurteilung der
047 Zusammensetzung " vorzeitlicher " Faunen und Floren
048 berücksichtigt werden. Natürlich gelangen auch Reste
049 landbewohnender Organismen in Meeres- (marine)
050 Ablagerungen oder Süßwasser- (limnische) Ablagerungen,
051 sei es durch Einschwemmung, sei es, indem Blätter, Früchte
052 und Samen uferbewohnender Pflanzen ins Wasser fallen und an
053 geeigneten Stellen eingebettet werden. Freilich, auch an der
054 Landoberfläche gibt es Möglichkeiten zur Fossilisation; doch
055 treten sie quantitativ weit hinter den marinen
056 Einbettungsmöglichkeiten zurück. Es sind vor allem Höhlen und
057 Spalten, die im Laufe langer Zeitspannen von Sedimenten erfüllt
058 werden. In Höhlen spielen außer anorganischen auch organische
059 Sedimente, wie die Exkremente von Fledermäusen und anderen
060 Höhlenbewohnern, eine Rolle. Sie können zu mächtigen
061 Phosphatlagerstätten führen. Es ist selbstverständlich, daß
062 der Fossilisationsprozeß - ähnlich wie die Umwandlung
063 (Diagenese) von Sedimenten zu Gesteinen - eine lange Zeit
064 benötigt und daß Fossilien auch noch nach Jahrmillionen
065 strukturellen Veränderungen unterworfen sein können.
066 Entsprechend dem Einbettungsmedium, z.B. Kalkschlamm,
067 Ton, Höhlenerde, Feinsand oder Schotter, und etwaigen
068 Zerstörungen vor oder während der Einbettung, bleiben fast nur
069 Hartteile, z.B. Gehäuse sowie Skelette von Wirbellosen
070 und Wirbeltieren, erhalten. Nur ausnahmsweise sind auch
071 Weichteile, wie Bindegewebe, Muskulatur, Reste des
072 Gefäßsystems und Nervengewebe, körperlich fossil erhalten
073 geblieben. Dies setzt eine sehr rasche Einbettung voraus, wie sie
074 für die Mammutkadaver der Frostböden Nordsibiriens und Alaskas
075 sowie für die Einschlüsse in Bernstein, Kopalharzen und
076 Salinarablagerungen anzunehmen ist. In diesen Fällen handelt es
077 sich meist um eine mehr oder weniger vollständige, körperliche
078 Erhaltung. Aber selbst bei reiner Hartteilüberlieferung, wie
079 etwa bei Wirbeltierskeletten, können organische Stoffe erhalten
080 geblieben sein. So konnten von paläozoischen, sogar von
081 präkambrischen Fossilien Eiweißverbindungen (Albumine,
082 Aminosäuren) und organische Farbstoffe nachgewiesen werden. Der
083 Nachweis solcher Stoffe ist Aufgabe der Geochemie bzw. der
084 Paläobiochemie, die dank verfeinerter Methoden in jüngster Zeit
085 gute Fortschritte gemacht hat. Solche organischen Substanzen
086 werden auch als " Chemofossilien " bezeichnet. Aber auch nach
087 der Fossilisation sind die Fossilien vor Zerstörung nicht sicher.
088 Sedimentdruck und hohe Temperatur führen oft zur Deformation
089 oder gar zur völligen Zerstörung. Auch kann eine " natürliche "
090 Freilegung erfolgen, z.B. durch die Brandung an
091 Meeressteilküsten, und die ausgespülten Fossilien werden durch
092 Abrollung und dgl. zerstört. Häufig führt auch das
093 Herauswittern von Fossilien an freigelegten Gesteinsoberflächen
094 früher oder später zu deren Zerstörung. Erhaltungszustände
095 der Fossilien. Aus dem vorigen Abschnitt geht bereits hervor,
096 daß Fossil nicht gleich Versteinerung ist. Zudem können auch
097 Reste rezenter Organismen, z.B. Blätter, in
098 kalkführenden Gewässern mit Mineralsalzen mehr oder weniger
099 infiltriert bzw. bedeckt werden und äußerlich
100 " Versteinerungen " gleichen. Außer der körperlichen Erhaltung,
101 wie sie meist bei Hartteilen vorliegt, kommen Abdrücke,
102 Steinkerne und Pseudomorphosen vor. Bei körperlicher Erhaltung
103 wird im Prinzip die in den Hartteilen der Kalkschalen von
104 Muscheln und Schnecken, in den Chitinpanzern mit Kalkeinlagerung
105 von Krebsen und Trilobiten sowie in den Knochen und Zähnen von
106 Wirbeltieren vorhandene organische Substanz mehr oder weniger
107 vollständig durch anorganische Stoffe (Kalziumkarbonat,
108 Kieselsäure, Limonit, Schwefeleisen etc.) ersetzt, sofern
109 es nicht wie bei der Inkohlung von Pflanzenresten durch Druck und
110 Wärme zu einer chemischen Umbildung oder zur Anreicherung von
111 organischen Stoffen (Kohlenwasserstoffe) kommt. Bei tierischen
112 Skelettsubstanzen kann dieser Vorgang mit einer Umwandlung oder
113 Umkristallisierung verbunden sein. So entsteht z.B. aus
114 der instabileren Modifikation des Kalziumkarbonats Aragonit der
115 stabilere Kalzit. Die Inkohlung, die bereits bei der
116 Torfbildung beginnt und schließlich zur Kohlenbildung (Braunkhle
117 - Steinkohle - Anthrazit) führt, ist der wichtigste
118 Fossilisationsprozeß bei pflanzlichen Resten. Sofern Sediment
119 druck oder Gebirgsdruck und hohe Temperaturen nicht wie
120 bei den Steinkohlen und beim Anthrazit zur Zerstörung der
121 Pflanzenteile führen, bleibt deren Feinbau erhalten, so daß
122 derart inkohlte Stammreste oder Blattreste mit Hilfe
123 entsprechender Untersuchungsmethoden im Mikroskop studiert werden
124 können. Bei der Verkieselung sowie bei der Verkalkung von
125 Pflanzenresten kommt es zwar gleichfalls zur Erhaltung des
126 zellulären Aufbaues, doch werden dabei nicht nur die
127 Zellhohlräume mit Kieselsäure (Formel) bzw. Kalziumkarbonat (Formel)
128 gefüllt, sondern auch die organischen Stützsubstanzen allmählich
129 durch Infiltration ersetzt (Intuskrustation). Kieselhölzer
130 finden sich in Meeresablagerungen immer wieder. Handelt es sich
131 dabei um Anreicherungen ganzer Baumstämme, dann spricht man von
132 " versteinerten Wäldern ". Da es sich jedoch bei diesen Kiesel
133 hölzern oder auch Kalkhölzern nicht nur um an Ort und
134 Stelle fossil gewordene Baumstämme, sondern meist um
135 Schwemmhölzer handelt, ist die Bezeichnung " versteinerte
136 Wälder " in der Regel nicht ganz zutreffend. Reste " echter "
137 versteinerter Wälder sind am ehesten noch in Braun
138 Kohlenrevieren oder Steinkohlenrevieren in Form von
139 " Stubbenhorizonten " erhalten geblieben. Kommt es dagegen nur zur
140 Ausfüllung von Hohlräumen, z.B. der Gehäuse von
141 Schnecken oder der Markhohlräume von Pflanzen, durch
142 anorganische Sedimente und deren nachträgliche Verfestigung
143 (Diagnese), dann entsteht ein Steinkern. Durch
144 Lösungsvorgänge kann schließlich auch die einstige Wandung
145 aufgelöst und der neu entstandene Hohlraum teilweise oder ganz
146 durch anorganische Substanzen ausgefüllt werden. Da dies mit
147 einem völligen Strukturverlust verbunden ist, spricht man von
148 einer Pseudomorphose. Es ist also nur die Gestalt, nicht die
149 Struktur erhalten geblieben. Wie schon angedeutet, liegen bei
150 Spurenfossilien meist nur Abdrücke vor. Aber auch hartteillose
151 Organismen wie Medusen, verschiedene Ringelwürmer und
152 Vogelfedern sind fossil praktisch nur in Form von Abdrücken
153 erhalten, die manchmal die feinsten Skulpturelemente wiedergeben.
154 Vorkommen der Fossilreste. Eine weitere Voraussetzung für
155 die wissenschaftliche Auswertung von Fossilien ist die Art ihres
156 Vorkommens; denn erst daraus lassen sich sichere Angaben in
157 chronologischer und ökologischer Hinsicht gewinnen. Deshalb
158 müssen beim Aufsammeln von Fossilien genaue Notizen, möglichst
159 auch Fotos, gemacht werden. Der Fundort allein genügt meist
160 nicht, besonders wenn der Aufschluß, ein Steinbruch oder eine
161 Sandgrube, mehrere altersverschiedene Schichten umfaßt. Aber
162 auch die Lagebeziehungen des Fossils zum Sediment sowie zu anderen
163 Fossilresten können wichtig sein. Deshalb überläßt man das
164 Aufsammeln von Fossilien einem erfahrenen Fachmann. Fragen, die
165 mit dem Vorkommen von Fossilresten verknüpft sind, fallen in den
166 Aufgabenbereich der Biostratinomie. Diese von J. Weigelt
167 begründete Forschungsrichtung versucht, aus der Art der
168 Einbettung sowie aus dem Erhaltungszustand fossiler Lebewesen
169 sowohl deren Schicksal vom Tode bis zur endgültigen Einbettung
170 als auch die zur Zeit der Einbettung herrschenden Zustände zu
171 ergründen. Untersuchungen, wie sie gegenwärtig auch an rezenten
172 Organismen vorgenommen werden können. Solche Vergleichsstudien
173 sind Aufgabe der Aktuopaläontologie, die sich freilich nicht nur
174 mit biostratinomischen, sondern auch mit ökologischen (Vergleichs
175 -) Untersuchungen befaßt. Die biostratinomische Analyse ist
176 auch für den Geologen wichtig, da mit ihrer Hilfe nicht nur auf
177 einstige (Meeres-) Strömungen und deren Richtung geschlossen
178 werden kann, sondern auch auf Unterbrechungen in der Sedimentation
179 und dergleichen. Der von R. Richter eingeführte
180 Begriff ist eine widersinnige Wortschöpfung, ähnlich dem
181 Begriff " lebendes Fossil ". Grundsätzlich lassen sich
182 autochthone und allochthone Vorkommen unterscheiden. Jene sind
183 Vorkommen auf primärer Lagerstätte; einstiger Lebensraum und
184 Grabesraum fallen also zusammen. Diese sind dagegen Vorkommen auf
185 sekundärer Lagerstätte; denn der Einbettung der Reste ist
186 stets ein Transport vorausgegangen. Wesentlich ist weiterhin, ob
187 der meist durch fließendes Wasser (Flüsse, Meeresströmungen
188 etc.) erfolgte Transport vor oder nach der Fossilisation
189 stattgefunden hat. Dementsprechend spricht man von synchron
190 allochthonen und heterochron allochthonen Vorkommen. Da eine
191 Umlagerung nach der Fossilisation (heterochrone Allochthonie)
192 zugleich eine Umlagerung in geologisch jüngere Schichten bedeutet,
193 sind derartige Fossilien zur Altersbestimmung unbrauchbar. Auf
194 die Möglichkeiten zur Unterscheidung autoochthoner und
195 allochthoner Vorkommen wird im nächsten Kapitel zurückgekommen.
196 Fossilien im Volksglauben - Pseudofossilien. Bevor wir
197 auf die in der Paläontologie gebräuchlichen Untersuchungsmethoden
198 eingehen, noch einige Bemerkungen über die Bedeutung von
199 Fossilien im Volksglauben. Fossilreste haben bereits zur älteren
200 Steinzeit, im Paläolithikum, die Aufmerksamkeit des Menschen
201 erregt, wie die fossilen Schmuckschnecken in vielen
202 Paläolithstationen Mitteleuropas und Westeuropas
203 beweisen. Auch der als Schmuck verwendete Bernstein - ein
204 fossiles Harz - war schon frühzeitig ein begehrtes Handelsobjekt.
205 Zwar wissen wir nicht, ob der steinzeitliche Mensch die wahre
206 Natur der Fossilien erkannt hat, aber bekannt waren sie ihm
207 bestimmt. Schon im Altertum hatte man verschiedentlich durchaus
208 richtige Vorstellungen über Fossilreste; aber diese Kenntnisse
209 waren im Mittelalter praktisch verlorengegangen, vor allem durch
210 den verhängnisvollen Einfluß der Schriften von Aristoteles
211 (384-322 v.Chr.) und dessen Interpreten Ibn
212 Sina (Avicenna, 980-1037), nach denen die
213 Versteinerungen durch eine schöpferische Kraft, die " vis
214 plastica ", in den Gesteinen entstanden sein sollen. Nur langsam
215 setzten sich die richtigen Erkenntnisse, oft mit falschen
216 Vorstellungen vermischt, wieder durch. Als bekannteste Beispiele
217 seien die als Donnerkeile, Albschosse oder Luchssteine
218 bezeichneten hinteren Abschnitte der Schalen fossiler Tintenfische
219 (Rostren von Belemniten), die als Goldschnecken sowie als
220 Drachensteine oder Schlangensteine bekannten Gehäuse
221 bzw. Steinkerne von anderen fossilen Tintenfischen, den
222 Ammoniten, die als Sonnenradsteine oder Bonifaziuspfennige
223 angesprochenen Stielglieder fossiler Seelilien (Crinoiden) sowie
224 die als Siegsteine, Schlangeneier oder Seelensteine bezeichneten
225 Seeigel erwähnt. In den Alpenländern und im pannonischen Raum
226 spielten die aus dem Gestein herauswitternden Querschnitte riesiger
227 Muscheln (Megalodonten) als " versteinerte Kuhtritte " oder
228 Zeugen der " wilden Jagd ", die von bauchigen Meeresschnecken
229 (" Actaeonellen ") als Wirfelsteine, die Gehäuse von großen
230 Einzellern (Nummuliten) als " versteinerte Linsen " oder
231 " versteinertes Geld ", je nach Größe, und die Wirbelpartien
232 der Schalen von großen Brackwassermuscheln (Congerien) als
233 " versteinerte Ziegenklauen " eine große Rolle. Aber auch
234 zwischen Sagen und Fossilresten bestehen enge Beziehungen. Das
235 geht vor allem aus den bei vielen Völkern verbreiteten
236 Vorstellungen von einstigen Riesen hervor, die sich auf
237 Großknochen von fossilen Elefanten, wie das eiszeitliche Mammut,
238 oder sonstigen Großsäugetieren, wie Titanotherien und
239 Nashörner, stützen. Als besonders bemerkenswertes Beispiel
240 für die Verquickung von Sagen mit Fossilien gilt das
241 Lindwurmdenkmal von Klagenfurt, zu dessen Kopf nachweislich der
242 Schädel eines jungeiszeitlichen Fellnashorns Modell gestanden hat.
243 Alle diese Vorstellungen erklären sich aus den ungenügenden
244 morphologisch-anatomischen Kenntnissen während der
245 vorwissenschaftlichen Periode der Paläontologie. Wurde doch noch
246 im Jahre 1726 das Skelett eines Riesensalamanders aus dem Miozän
247 von Öhningen am Bodensee von dem Schweizer Arzt und
248 Naturforscher J. J. Scheuchzer als Menschenskelett
249 angesehen und als ein durch die Sintflut umgekommener armer Sünder
250 (Homo diluvii tristis testis) beschrieben. Es war dies die Zeit
251 der sog. Diluvianer; die Fossilien zwar als Reste einstiger
252 Lebewesen erkannten, diese aber sämtlich als Opfer der biblischen
253 Sintflut deuteten. Erst G. Cuvier, der Begründer
254 der Wirbeltierpaläontologie, erkannte zu Anfang des 19.
255 Jahrhunderts die wahre Natur des Fossilrestes aus Öhningen.
256 Selbst rein anorganische Gebilde wie die baumförmigen Dendriten,
257 Auskristallisationen manganhaltiger oder eisenhaltiger
258 Lösungen, wurden als Fossilreste und damit als Zeugen der
259 Sintflut angesehen. Derartige Bildungen bezeichnete man als
260 Pseudofossilien. Desgleichen täuschen Konkretionen, wie
261 Lößkindel und Septarien, Rißstrukturen im Bernstein sowie
262 verschiedene diagnenetisch bedingte Texturen in Sedimentgesteinen,
263 wie Tutenmergel und Kieselringbildungen, Fossilien vor. Erst
264 durch die Erkenntnis der Horizontbeständigkeit bestimmter
265 Fossilien sowie durch die nunmehr für das Wiedererkennen
266 derartiger Leitfossilien erforderliche genaue Beschreibung wurden
267 um die Wende vom 18.zum 19.Jahrhundert die Grundlagen für
268 die wissenschaftliche Periode der Paläontologie geschaffen. Für
269 die Wirbeltierpaläontologie waren es die vergleichenden Studien an
270 rezenten und fossilen Wirbeltieren durch G. Cuvier.
271 Sammeltechnik und Präparationstechnik,
272 biostratinomische Analyse. Der wissenschaftlichen Auswertung
273 gehen Aufsammlung bzw. Ausgrabung, Präparation und
274 Konservierung der Fossilien voraus. Da die Art des Vorkommens
275 für viele Fragen von entscheidender Bedeutung ist, hat die
276 Freilegung durch einen Fachmann zu erfolgen. Andererseits
277 erfordert die Präparation von Fossilien heute nicht nur
278 handwerkliches Können, sondern auch eine entsprechende Vorbildung
279 für die Wahl der richtigen Präparationsmittel. Meist sind von
280 Fall zu Fall verschiedene Methoden erforderlich. Neben rein
281 mechanischen (Hammer und Meißel, Stichel oder
282 Sandtrahlgebläse) sind auch chemische Präparationsmethoden
283 gebräuchlich, z.B. Essigsäure bei Knochen und Zähnen
284 in dichten Kalken. Sie beruhen auf der verschiedenen Löslichkeit
285 von Fossilresten und Sediment. Bei pflanzlichen Makrofossilien
286 genügt oft das Abheben des Blatthäutchens, der Kutikula, durch
287 Speziallacke (Geiseltallack u.dgl.).
Zum Anfang dieser Seite