Quelle Nummer 494

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SUESS- UND SAUERKIRSCHEN
GERHARD GOETZ
SUESS- UND SAUERKIRSCHEN
EUGEN ULMER VERLAG STUTTGART 1970, S. 108-


001  Produktionstechnische Maßnahmen. Anzucht
002  der Jungbäume. Die Edelsorte wird bei den Sauerkirschen in
003  der Regel am Wurzelhals durch Einsetzen eines Auges in die
004  Unterlage veredelt. Auch bei der Süßkirsche ist dieses
005  Verfahren, " Okulieren " genannt, in der Anzucht von
006  Jungbäumen gelegentlich üblich. Der Baum steht dann auf
007  sorteneigenem Stamm. Bei den kurzen Stämmen, die in
008  Sauerkirschanlagen heute bevorzugt werden, wird eine gute
009  Verwachsung zwischen Unterlage und Edelreis erreicht. Nach
010  De Haas und Hildebrandt hat sich die Okulation und
011  der Aufbau der Süßkirsche mit sorteneigenem Stamm nicht bewährt,
012  weil so herangezogene Bäume verstärkt aus den Seitenaugen
013  Kurztriebe bilden. Letztere blühen bald, sterben später ab und
014  sollen Gummifluß hervorrufen. Auch wird auf die größere
015  Frostempfindlichkeit der Edelsorten gegenüber den allgemein
016  verwendeten Sämlingsunterlagen hingewiesen. Wahrscheinlich haben
017  auch betriebswirtschaftliche und arbeitswirtschaftliche
018  Gründe dazu beigetragen, die Süßkirsche in der Baumschule zu
019  einem anderen Zeitpunkt und dadurch bedingt, mit einem anderen
020  Verfahren zu veredeln. Im Gegensatz zu der kurzen sommerlichen
021  Okulationsperiode, läßt sich die Pfropfung auf dem
022  unterlageneigenen Stamm im Frühjahr während eines längeren
023  Zeitraumes (etwa ab Ende Februar bis Mitte Mai) vornehmen.
024  In den Kirschgebieten war es bisher allgemein üblich,
025  Vogelkirschheister zu pflanzen und erst nach einer ganzen Reihe von
026  Standjahren diese in das Gerüst umzuveredeln. Auf kirschmüden
027  Böden hat diese Maßnahme bei mehrmaligem Nachbau dieser Obstart
028  auch heute noch ihre Berechtigung. Von vornherein wird jedoch eine
029  lange Wartezeit bis zum Einsetzen der Erträge in Kauf genommen.
030  Diese setzen aber dann auch mit größeren Erntemengen ein. So
031  wird z,B. nach Meissner im Ockstadter Anbaugebiet
032  zuerst aus einem Vogelkirschstamm während 8-12 Standjahren
033  eine Krone mit vielen Ästen aufgebaut. Geübte Baumwarte werfen
034  die Kronen spitzpyramidal ab und pfropfen dann die gewünschte
035  Edelsorte mit 60-100 Pfropfköpfen auf. Drei bis vier Jahre
036  später liefert ein so behandelter Baum schon Jahresernten von 30
037  -50 kg schöner und großer Früchte. Bei dem heute fast
038  überall festzustellenden Trend zu geschlossenen Pflanzungen mit
039  niedrigen Stämmen, kommt die " Gerüstveredlung " mehr und mehr
040  aus der Mode. Vielmehr wird heute die Edelsorte auf den
041  Unterlagenstamm " kopfveredelt ". Die Stammhöhe richtet sich
042  dabei nach der späteren Erziehungsart und der dazu verwendeten
043  Baumform. Je nach der gewünschten Ansatzstelle für Leitäste
044  in der Baumkrone wird dazu ein Reis mit vier bis sechs Augen auf
045  den Stamm direkt aufgepfropft. Der Einfachheit halber geschieht
046  dies bereits in der Baumschule, um sich diese Arbeit dann später
047  in der Anlage zu ersparen und um keine Zeit bis zum Ertragsbeginn
048  zu verlieren. Es ist zu berücksichtigen, daß bei gleicher
049  Unterlage auch bei den Kirschen der Wuchs eines Baumes vor allem
050  in den ersten Standjahren umso stärker ist, je niedriger der
051  Stamm ist. Im umgekehrten Falle gilt diese Tatsache ebenfalls:
052  Kleinere Kronen haben vor allem Bäume mit übernormal langen
053  Stämmen. Die bodennahe Krone hat jedoch viele Vorteile, wie
054  geringfügig frühere Reife der Früchte durch Ausnutzung der
055  Bodenwärme, bessere Assimilatbildung durch höheren
056  Kohlendioxidgehalt der bodennahen und weniger windbewegten
057  Luftschichten, verbesserter Wasserhaushalt des Bodens durch
058  Herabsetzung der Verdunstungsvorgänge bei Windbewegung und nicht
059  zuletzt ermöglicht sie höhere Pflückleistungen bei der Ernte und
060  die Abkürzung der ertraglosen Anlaufzeiten. Hinweise zur
061  Pflanzung von Kirschjungbäumen. Die Erfahrungen in den
062  letzten Jahren haben gezeigt, daß das Pflanzen einer
063  Kirschanlage ohne Umzäunung nicht verantwortet werden kann. Die
064  Nageschäden durch Hasenfraß und Rehfraß an den jungen
065  Pflanzen führen zu einer ungleichen Entwicklung des
066  Gesamtbaumbestandes und zu empfindlichen Ausfällen. Der früher
067  übliche Schutz des Einzelbaumes durch Drahthosen (Baumschützer
068  aus engem Geflecht) hilft nur in schneearmen Gebieten und bei
069  Bäumen mit einer Stammlänge von mehr als 1,60 m. Als
070  Umzäunung kommt ein doppelt verzinkter Maschendraht mit 40-50
071  mm Maschenweite in Betracht. Eine Zaunhöhe mit 1,50 m
072  genügt. Dieses Geflecht wird zum Schutz gegen Kaninchen oder
073  Hasen mindestens 20 cm tief in den Boden eingelassen.
074  Imprägnierte Holzpfosten oder Eisenbetonpfosten bzw.
075  Eisenrohre im Abstand von 3-4 m geben dem Zaun sicheren Halt.
076  Eine Lebensdauer von 25-40 Jahren kann je nach Qualität
077  der dafür verwendeten Erzeugnisse angenommen werden. Holzpfosten
078  werden entweder in die mit dem Erdlochbohrer gefertigten Löcher
079  oder direkt mit der Pfahlramme mindestens 70 cm tief eingeschlagen.
080  Die Eisenrohre werden am zweckmäßigsten mit Fertigbeton in
081  vormarkierten Sockelgruben (30 (math.Op.) 30 (math.Op.) 50 cm tief) eingestellt.
082  Ein doppelter Anstrich mit rostschützender Farbe und ein
083  wasserdichter Verschluß des Eisenrohres am oberen Ende sind für
084  eine gute Haltbarkeit besonders wichtig. Über dem Zaun kann noch
085  ein Spanndraht und zum Abschluß auf den Pfosten noch ein
086  Stacheldraht die Höhe der Schutzvorrichtung erweitern. Das
087  Eingangstor ist mindestens 4-5 m breit zu halten. Auf dem zur
088  Pflanzung vorbereiteten Boden müssen die Pflanzstellen markiert
089  werden. Bei rechteckigen Grundstücken mißt man den
090  Reihenabstand sorgfältig entlang der Schlaggrenze aus. Die
091  Entfernungen von Baum zu Baum sind mit Hilfe von Fluchtstab und
092  Pflanzleine festzulegen und auf die Grenzreihen einzufluchten.
093  Wegen der günstigeren Lage zur Sonne sollte möglichst die
094  Reihenrichtung Nord-Süd eingehalten werden. Die
095  Pflanzabstände müssen unter Berücksichtigung der etwa zu
096  erwartenden Wuchskraft der Unterlagen-Sorten-Kombination
097  eine optimale Raumnutzung gewährleisten. Die voll entwickelte
098  Krone soll dabei 80 % der zur Verfügung stehenden
099  Grundfläche überdecken. In geschlossenen Pflanzungen berühren
100  sich dann die ausgewachsenen Kronen in der Längsrichtung der
101  Reihen. Die " Richtlinien für den Erwerbsobstbau " empfehlen
102  folgende Pflanzabstände: (Abb.) Die " Richtlinien für den Anbau
103  von Süßkirschen " nennen einen Pflanzabstand von 7,5 (math.Op.) 8
104  -8 (math.Op.) 8 m für Pflanzungen auf mittleren Böden (Bäume auf
105  Vogelkirschunterlage). Süßkirschen auf P. mahaleb
106  in steinigen oder sandigen, nährstoffarmen Böden können danach
107  sogar auf 5 (math.Op.) 5-6 (math.Op.) 5 m gepflanzt werden. Für
108  Sauerkirschen wird folgender Abstand als günstig erachtet. (Abb.)
109  In den Süßkirscherwerbspflanzungen werden immer mehrere Sorten
110  angebaut, oftmals pro Reifewoche 2-3. Hinsichtlich des
111  Pflanzabstandes führt nur ein Kompromiß zu einer einheitlichen
112  Pflanzweite. Aus Gründen der Arbeitserleichterung sind die
113  Sorten nach Reifewochen geordnet anzupflanzen (Leiterntransport).
114  Die Pflanzweiten sind nach den Bodenverhältnissen auszurichten.
115  Ausgewachsene Kirschbäume in Altbeständen geben wertvolle
116  Hinweise. Die Abstände dürfen bei den gebräuchlichsten Sorten
117  zwischen 6 (math.Op.) 8 bzw. 7 (math.Op.) 8 und 8 (math.Op.) 10 m liegen. Für reine
118  Sauerkirschpflanzungen dürften die oben angegebenen Abstände
119  ausreichen. Zum rascheren Überdecken der Grundfläche von
120  Süßkirschen werden in weiter gestellten Pflanzungen u.U.
121  noch Sauerkirschbüsche als Füller zwischengepflanzt.
122  Entsprechend der Ausdehnung der Kronen der Süßkirschen müßten
123  dann die Kronen der Sauerkirschen bis zur Rodung in ihrer
124  Ausdehnung beschränkt und die Füllerbäume rechtzeitig gerodet
125  werden. Gepflanzt werden im allgemeinen veredelte einjährige
126  Bäume. Man verwende nur einwandfreie Qualität bei den
127  Jungbäumen. Die Bäume müssen sortenecht, sortenrein, frei
128  von Gummifluß, ausreichend bewurzelt und sortentypisch in ihrer
129  Triebstärke sein. Diese Eigenschaften werden für Pflanzware
130  garantiert, die mit dem Marken-Etikett des Bundes Deutscher
131  Baumschulen versehen ist. Darüberhinaus sollten die Bäume aus
132  virusfreiem Unterlagenmaterial und Edelreisermaterial
133  angezogen worden sein. Am besten ist die sofortige Pflanzung nach
134  dem Roden der Jungbäume in der Baumschule. Nach längerem
135  Transport oder bei Verzögerung bis zum Auspflanzen müssen die
136  Bäume einige Tage im Einschlag gewässert werden. Die
137  Herbstpflanzung bis zum Frosteintritt führt bei milden
138  Wintertemperaturen zur Bildung von Saugwürzelchen, wenn die
139  Bodenwärme nicht unter 2^ C absinkt. Die Wurzelentwicklung
140  wird durch einen mit Humus (Torf, Kompost) angereicherten und
141  gut durchfeuchteten Boden positiv beeinflußt. Werden die Bäume
142  erst im Frühjahr gesetzt, so müssen diese unbedingt
143  eingeschlämmt und in einem trockenen Frühjahr nach 2-3 Wochen
144  nachgewässert werden. Die Wurzeln der Jungbäume werden sowenig
145  wie möglich geschnitten. Man lasse es mit dem Entfernen der
146  beschädigten bzw. abgebrochenen Wurzeln beim Wurzelschnitt
147  bewenden. Bei der Pflanzung auf flächig gelockerten
148  Grundstücken erübrigt sich das Ausheben einer größeren
149  Pflanzgrube. Es wird vielmehr nur soviel Erde ausgeworfen, daß
150  die Wurzeln Platz finden. Das Einschlagen eines stärkeren
151  Stickels als Stütze für den Jungbaum erübrigt sich. Es
152  genügt ein schwächerer Pfahl, der dem Baum in den ersten 3-4
153  Jahren Halt gibt, bis sich die Wurzeln im Boden ausreichend
154  verankert haben. Diese Stütze darf nicht in die Baumkrone
155  hineinreichen, um Reibeschäden zu vermeiden. Sie ist
156  entsprechend der gewählten Stammhöhe in der Länge auf diese
157  Forderung auszuwählen bzw. einzukürzen. Die Pfähle sind vor
158  dem Pflanzen einzuschlagen. Wenn zwei, noch besser drei Personen
159  zusammenarbeiten, geht das Pflanzen besonders zügig voran. Eine
160  Arbeitskraft hält die Jungpflanze entlang der Pflanzleine (bei
161  Pflanzung ohne Pfahl, wenn später ein Drahtgerüst als
162  Formierungshilfe und Stützhilfe erstellt wird) oder
163  eine handbreit an der Nordseite des Pfahles so tief in die
164  Pflanzgrube, daß nach Schluß der Setzarbeit die
165  Veredlungsstelle auf alle Fälle über der Bodenoberfläche liegt.
166  Es ist darauf zu achten, daß die stärkeren, später das
167  Traggerüst bildenden Äste in die Reihenrichtung zeigen.
168  Zwischen die Wurzeln wird von der anderen, an der Pflanzung
169  beteiligten Person (bzw. den Personen), lockere, mit Trof
170  (10-12 l/Pflanzenloch) vermischte Erde aus den oberen
171  Bodenschichten eingeschüttet. Es sollen dabei keine Hohlräume
172  entstehen. Sind die Wurzeln erst bedeckt, wird die Erde laufend
173  während des Auffüllens festgetreten. Die Bäumchen sind an den
174  Stützen so fest anzubinden, daß Scheuern ausgeschlossen ist.
175  Um das Einwachsen während der nachfolgenden Entwicklung in den
176  Stamm zu vermeiden, ist die Befestigung in Form einer Achter-
177  Schlinge mit dehnbarem Material, wie Kunststoffbändern,
178  Kokosstricken oder Bindeweiden auszuführen. Die Entwicklung der
179  frisch gepflanzten Bäumchen wird durch die Ausschaltung jeglicher
180  Wurzelkonkurrenz, Wasserkonkurrenz und
181  Nährstoffkonkurrenz gefördert. Ausreichend dickes Abdecken der
182  Baumscheibe mit organischem Material ist in den ersten beiden
183  Standjahren die beste und zweckmäßigste Methode.
184  Schnitt bei den Süßkirschen und Sauerkirschen.
185  Süßkirschbäume und Sauerkirschbäume bilden im
186  allgemeinen Kronen, die ohne große Schnitteingriffe einen
187  harmonischen Aufbau zeigen. Deshalb vertreten ältere Anbauer
188  gelegentlich die Meinung " an die Süßkirsche gehören weder
189  Messer noch Säge " oder " der Kirschbaum putzt sich selbst ".
190  Diese Meinung besitzt heute keine Geltung mehr. Es muß Wert
191  auf eine Kronenentwicklung gelegt werden, die bei möglichst wenig
192  Zeitaufwand für die erforderlichen Korrekturen eine weitgehend
193  naturgemäße Entwicklung der Baumkrone sicherstellt. Durch einen
194  relativ geringen Schnitteingriff in die sich bildende Jungkrone ist
195  ein konsequenter Aufbau zu erreichen. Gleichzeitig gilt es,
196  frühzeitig den Eintritt in die Periode des Fruchtens zu erreichen
197  und einen hohen und sicheren Ertrag über einen längeren Zeitraum
198  hinweg zu erhalten. Um dieser Forderung Rechnung zu tragen, muß
199  der mit der Pflege und dem Schnitt der Bäume Betraute ein hohes
200  Maß an Einfühlungsvermögen in die Gesetzmäßigkeiten des
201  Kronenaufbaues besitzen und die Wuchseigenschaften der zu
202  behandelnden Obstarten und Obst sorten kennen.
203  Entsprechend dem Alter der Kirschbäume ist darum jeweils ein
204  bestimmter Schnitt vorzunehmen. De Haas unterscheidet im
205  Leben eines Obstbaumes die folgenden Entwicklungsperioden: 1.
206  Jungperiode (JP) 2.die zunehmende Ertragsperiode (ZP) 3.
207  die Vollertragsperiode (VP) 4.die abnehmende
208  Ertragsperiode (AE) 5.die Altersperiode (AP). In der
209  JP ist das Wachstum durch sehr kräftiges Triebwachstum (1.
210  -3.Standjahr bei Süßkirschen, 1.-2.Standjahr
211  bei Sauerkirschen) gekennzeichnet. Die Triebe gehen meist in
212  spitzen Winkeln vom Stamm bzw. vom Mitteltrieb ab. Die
213  Seitenknospen sind als Blattknospen ausgebildet. Blütenknospen
214  fehlen bei Süßkirschen weitgehend, bei Sauerkirschen sind
215  allenfalls im unteren Drittel des Triebes einige Blütenknospen
216  vorhanden. Während dieser Entwicklungsperiode des Obstgehölzes
217  wird der Erziehungsschnitt angewendet. Er wird bereits in der
218  Baumschule eingeleitet (bei Süßkirschen), sofern dort die
219  einjährigen Veredlungen nach einem bestimmten System angeschnitten
220  werden. Mehr und mehr werden (besonders bei Sauerkirschen)
221  einjährige Veredlungen gepflanzt. Der aus einer Okulation
222  hervorgegangene Süßkirschjungbaum besteht meist aus einem sehr
223  kräftigen Jungtrieb. Gelegentlich kommen auch vorzeitige Triebe
224  vor. Bei den Sauerkirschen ist eine große Anzahl vorzeitiger
225  Triebe charakteristisch. Nach dem Pflanzen ist es wichtig, den
226  Baum auf die gewünschte Stammlänge anzuschneiden. Da diese
227  Maßnahme spätestens kurz vor dem ersten Austrieb vorgenommen
228  werden muß, spricht man auch vom Pflanzschnitt. Alle vorzeitigen
229  Triebe werden bis zur Höhe der zu erwartenden Krone am künftigen
230  Stamm entfernt. Falls über der gewünschten Stammhöhe noch
231  Austriebe vorhanden sind, werden 3-4 gleichmäßig um den
232  Mitteltrieb verteilt, auf 1-2 Knospen eingekürzt, die
233  übrigen entfernt. Der Mitteltrieb wird ebenfalls 4-5 Augen
234  über dem letzten vorzeitigen Trieb über einem günstig stehenden
235  Auge gekappt. Nach dieser Behandlung erscheint die junge Pflanze
236  " zurückgeholzt ". Es ist jedoch sicheres Anwachsen und sehr
237  kräftige Neutriebbildung zu erwarten. Daraus läßt sich in den
238  folgenden Jahren die künftige Krone aufbauen. Vorzeitige Triebe
239  gehen bei Süßkirschen im allgemeinen fast waagrecht vom
240  Mitteltrieb ab. Dies ist für die spätere Stellung der
241  Leitäste von Bedeutung. Bei Kopfveredlungen (in der Regel
242  einjährige) sind meist drei bis vier Leitäste vorhanden. Diese
243  weisen bei Sauerkirschen im Gegensatz zu den Süßkirschen
244  ebenfalls vorzeitige Triebe auf. Die künftigen Leitäste d.h.
245  die Triebe, die zusammen mit der Stammverlängerung als
246  tragfähiges Gerüst für die Fruchttriebe dienen, werden auf die
247  am tiefsten stehende und nach außen gerichtete Knospe
248  zurückgenommen. Die Leittriebe sollen nach dem Rückschnitt
249  gleich hoch stehen. Der Mitteltrieb wird etwa 20 cm höher
250  belassen. Sollten sich vorzeitige Triebe an den Leitästen
251  befinden, so sind diese zu entfernen, sofern sie nach innen wachsen.
252  Seitlich bzw. nach außen stehende Triebe werden auf 1-2
253  Augen gekürzt. Da die Baumkrone allgemein aus 3-4
254  Leitästen (bei der Rundkrone) bzw. aus zwei Leitästen (bei
255  der Längskrone), die sich um die Stammverlängerung gruppieren,
256  gebildet wird, ist bereits im ersten Jahr der Schnittbehandlung
257  auf eine gleichmäßige Verteilung innerhalb der künftigen Krone
258  Wert zu legen. Die Leitäste sind nicht auf der gleichen Ebene
259  am Mitteltrieb anzuschneiden, da sonst der sogenannte
260  " Leitastquirl " entsteht. Durch ihn wird die Entwicklung des
261  Mitteltriebes abgewürgt. Der Kronenaufbau in Form einer
262  Leitaststreuung ist besser. Dabei sind die Leitäste auf 25-
263  40 cm am Stamm verteilt. Dafür zieht man vielleicht nur zwei
264  Leitäste heran und entwickelt im nächsten Jahr in geziemendem
265  Abstand über den vorjährigen Leitästen aus einem günstig
266  stehenden Jungtrieb den fehlenden Pfeiler für den Aufbau einer
267  ordentlichen Baumkrone. Bei zweijährigen Kronen werden drei bis
268  vier Leittriebe so eingekürzt, daß sie alle in einer Höhe enden.
269  Man richtet sich dabei nach dem schwächsten Leittrieb. Dieser
270  wird so weit zurückgenommen, daß mit dem Austrieb aller
271  verbliebenen Knospen gerechnet werden kann. Auch hier bleibt der
272  Mitteltrieb 15-20 cm länger.

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