Quelle Nummer 479

Rubrik 17 : ASTRONOMIE   Unterrubrik 17.00 : ASTRONOMIE

GEODAESIE
WERNER ERNST
ERDBEBENVORHERSAGE. ZUSAMMENHANG ZWISCHEN GASKON-
ZENTRATION UND ERDBEBEN
GOLDMANN VERLAG MUENCHEN 1970, S. 48-


001  Ursachen der Gasmigration vor und nach den Erdbeben.
002  Der normale Bodengashaushalt ist im wesentlichen von den
003  gasabgebenden Tiefenmedien, der Tektonik und den Erdgezeiten
004  abhängig. Weitere Beeinflussungen ergeben sich durch die Art,
005  Mächtigkeit und Feuchtigkeit der Böden sowie durch bestimmte
006  Wettereinflüsse (Wind, Starkregen, Schneebedeckung). Keine
007  dieser endogenen Einwirkungen erhöhen die Bodengasgehalte um mehr
008  als einen Faktor von zwei. Keine dieser einwirkenden Faktoren
009  ruft außerdem einen derartig gleichmäßigen Gang der
010  Gaskonzentrierungen hervor, der alle anderen Gasschwankungen
011  überprägt. Ebenso ist es ziemlich ausgeschlossen, daß in
012  mehreren Sonden mit verschiedenen Standorten ein über mehrere
013  Tage dauernder übereinstimmender Verlauf der Gaskonzentrierung
014  vorkommt. Nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen müssen
015  deshalb auch endogene Einwirkungen auf die Bodengasverteilung
016  angenommen werden, die offensichtlich vor den Erdbeben alle anderen
017  Gasabhängigkeiten überprägen. Dafür scheinen insbesondere
018  tektonische Ereignisse infrage zu kommen. Solche Ereignisse
019  können bereits langsame Bewegungen entlang von Verwerfungsbahnen
020  sein. Im nördlichen Oberrheintal-Graben zwischen Worms und
021  Darmstadt werden ebenso wie im Steinkohlenabbaugebiet des
022  Niederrheins Schollenabsenkungen von mehreren Millimetern pro
023  Jahr gemessen. Es ist bei diesen in Förderung stehenden Öl
024  vorkommen oder Kohlevorkommen jedoch nicht leicht zu
025  entscheiden, ob es sich dabei um echte tektonische Bewegungen oder
026  nur um Senkungen der vom Lagerstätteninhalt befreiten Schichten
027  handelt. Echte tektonische Bewegungen sind dagegen an den
028  Verschiebungsflächen der San Andreas Fault in Kalifornien oder
029  an der großen nordanatolischen Horizontalverschiebung in der
030  Türkei (KETIN 1969) festzustellen. In diesen Fällen sind
031  es vorwiegend horizontale Bewegungen von Tiefenschollen entlang von
032  mehr oder weniger steil stehenden Verwerfungsbahnen. An diese
033  Linien sind viele Epizentren der Erdbeben gebunden. Auch für
034  das Gebiet der westlichen Schwäbischen Alb liegen nach
035  SCHNEIDER (1968) Horizontalverschiebungen vor, die das
036  dortige Epizentralgebiet in Süd-Nord-Richtung tangieren.
037  Unsere Geländegasmessungen wurden deshalb auf zwei derartige
038  Verwerfungen angesetzt. Die ersten Untersuchungsprofile galten
039  einer Linie, die westlich von Onstmettingen und Tailfingen dem
040  Hauptverbreitungsgebiet der Erdbebenepizentren folgt. Die Lage
041  der Epizentren wurde der Arbeit von SCHNEIDER (1968)
042  entnommen. Die weitere Ausrichtung der Untersuchungsstrecken
043  erfolgte nach der auffälligen Umbiegung der südlichen
044  Randverwerfung des Hohenzollern-Grabens aus einer NW-
045  Richtung in eine NNW-Richtung, die nach ca. 200
046  m wieder in das alte Streichen des Hohenzollern-Grabens
047  übergeht. Diese Umbiegung der Randverwerfung könnte die Folge
048  einer dort ansetzenden, nach Norden gerichteten Bewegung der
049  gesuchten Horizontalverschiebung sein (Abb. 23). Bekanntlich
050  prägen sich Horizontalschübe nicht immer sehr deutlich in der
051  Morphologie des betroffenen Gebietes aus, insbesondere wenn es
052  sich um eine von dichten und teilweise sogar verschwammten Kalken
053  des Weißjura *yb aufgebaute Hochfläche handelt. In solchen
054  Fällen können Bodengasmessungen wohl entscheidende Hinweise auf
055  die Lage der Verwerfungsbahnen geben. In der Abb. 24 ist der
056  ermittelte Gasverlauf entlang der Meßprofile dargestellt worden.
057  Diese Profile verlaufen quer zur Richtung der angenommenen
058  Horizontalverschiebung. Sie wurden wie auf der Karte in einer
059  Reihenfolge von Norden nach Süden dargestellt. Die
060  Gasmessungen erfolgten in der Zeit vom 30.Juni bis zum 20.
061  Oktober 1969. Sie fielen in eine Zeit, wo in den Sonden
062  Kilchberg und Bebenhausen nach dem Erdbeben E eine abfallende
063  Gastendenz zu erkennen war (Abb. 17). Dieser Verlauf wurde
064  in der Abb. 24 auf der linken Bildseite nochmals dargestellt und
065  auch in Beziehung gesetzt zu stationären Messungen auf der
066  Schwäbischen Alb, die dort während der Störungsmessungen
067  vorgenommen wurden (Spalte B). Aus dieser Abbildung ist sehr
068  anschaulich ersichtlich, daß auch die Gasgehalte im Meßgebiet
069  der Schwäbischen Alb allmählich übereinstimmend mit den weiter
070  nördlich gelegenen Stationen Kilchberg und Bebenhausen abnehmen.
071  Das Profil 1 der Abb. 24 liegt nördlich der südlichen
072  Randverwerfung inmitten des Hohenzollern-Grabens südlich des
073  Raichbergs (- die Lage der einzelnen Profile geht aus der Abb.
074  23 hervor). Als dieses Profil am 25.September gemessen
075  wurde, waren die Methan-Gehalte im näheren Umkreis der
076  Schwäbischen Alb schon sehr niedrig. Um so stärker
077  kontrastieren die Gasgehalte des Profiles 2, die bereits zuvor am
078  30.Juni 1960 gemessen wurden. Die anschließend dargestellten
079  Gasprofile beziehen sich etwa auf die Zeittafel am linken Rand der
080  Abb. 24. Daraus geht besonders für die letzten Profile 8 und
081  9 hervor, daß sie in einer Zeit allgemein niedriger Gasgehalte
082  gemessen wurden. (Abb.) Dargestellt wurden in der Abb. 24 Methan
083  *tkGehalte und Kohlendioxid-Gehalte. Die
084  Meßpunktabstände betragen in der Regel 25 Meter. Die
085  Profillängen richteten sich nach den einzelnen Meßstadien. Die
086  ersten Profile in einem unbekannten Arbeitsgebiet sind als
087  Suchprofile noch relativ lang. Die weiteren Profile können,
088  nachdem bereits Störungspeaks in vorangegangenen Meßlinien
089  ermittelt wurden, in der Länge reduziert werden. Als
090  Störungspeaks wurden die auf engem Raum über den Durchschnitt
091  hinausgehenden Methan-Gehalte und Kohlendioxid-
092  Gehalte bewertet. In der Abb. 24 gehen solche Störungspeaks
093  besonders aus den Profilen 3, 4, 5, 6 und 9 hervor. Im
094  einzelnen ergaben die Messungen im Hohenzollern-Graben
095  (Profil 1) zwei Störungsanzeichen, die sich dort insbesondere in
096  den Kohlendioxid-Gehalten abzeichnen. Die südliche
097  Randstörung des Hohenzollern-Grabens selbst ist zwischen dem
098  Zollernsteighof und Onstmettingen bereits einige Wochen vor der
099  Messung des Profils 1 anhand der Gasgehalte ermittelt worden.
100  Die erhaltenen Meßwerte stimmen in der Lage mit der in der
101  Geologischen Karte 1:25000 (Blatt Thanheim)
102  eingezeichneten Störungslinie überein. Die Werte der
103  Störungspeaks erreichten dort bis 2 % Methan und über 6 %
104  Kohlendioxid. Die Profile 2 und 3 sind verkürzt dargestellt
105  worden (- ihre westlichen Meßabschnitte mußten aus
106  Platzgründen ausgelassen werden). Beim Profil 2 ist ein
107  deutlicher Störungspeak auf der westlichen Seite ausgebildet.
108  Die von ihm angezeigte Unstetigkeit im Untergrund fällt mit der
109  in der Geologischen Karte 1:200000 von Baden-Würtemberg,
110  Blatt 3 (SW) eingetragenen Schmiecha-Störung zusammen,
111  die westlich von Onstmettingen parallel zum Hohenzollern-
112  Graben verläuft. Der westlich anschließende Teil des Profils
113  weist höhere Methan-Gehalte auf, die in der Abb. 24 aus
114  Platzgründen ausgelassen werden mußten. Die östlich angrenzende
115  Scholle hat allmählich abnehmende Methan-Werte. Dieses
116  Verteilungsbild steht im Einklang mit dem Störungseinfallen nach
117  Osten. Die Tiefscholle auf der östlichen Seite ist
118  dementsprechend ärmer an Methan. Ein paralleles, etwa um 100 m
119  nach Süden versetztes Stichprofil hat einen gut übereinstimmenden
120  Gang in den Methan-Werten und Kohlendioxid-
121  Werten zum Hauptprofil erbracht. Das deutliche Absetzen der
122  Methan-Gehalte und Kohlendioxid-Gehalte nach
123  Osten und ein sich auf engem Raum abzeichnender Kohlendioxid-
124  Peak waren der Anlaß für eine Einstufung der angenommenen
125  Horizontalverschiebung an dieser Stelle. Damit stimmt auch die
126  Lage der umbiegenden Südrandverwerfung des Hohenzollern-
127  Grabens überein, die nur wenige hundert Meter von dieser Stelle
128  im Norden liegt. Besser als im Profil 2 kommt der Peak der
129  Horizontalverschiebung im Meßgebiet 3 heraus. Er zeichnet sich
130  durch einen sehr hohen Methan-Gehalt (knapp 2 %) aus.
131  Auch die Kohlendioxid-Spitze ist mit mehr als 6 % die
132  höchste dieses Meßprofils. Dieser Meßpunkt (nach alter
133  Profilberechnung 4 (math.Op.) 17) zählt ebenso wie der weiter westlich
134  anschließende in diesem Profil nicht mehr dargestellte Punkt 4 (math.Op.)
135  11 zu den Vergleichsmeßpunkten, die stationär während der
136  Meßarbeiten auf der Schwäbischen Alb betrieben wurden. Das
137  Profil 3 verlief in ca. 850 m Höhe auf der Hochfläche des
138  Heuberges zwischen dem Schmiecha-Tal (Profil 2) und einem
139  kleineren Seitentälchen (Profil 4) südlich davon. Auch im
140  Profil 4 ging die Horizontalverschiebung deutlich anhand des
141  Störungspeaks hervor. Ab Profil 5 ist eine Aufspaltung der
142  Störung nicht mehr auszuschließen. Diese Auftrennung wird
143  insbesondere im Profil 6 angezeigt, das auf der Hochfläche
144  westlich von Tailfingen zwei Gasmaxima mit dazwischen liegenden
145  hohen Gasanzeigen enthält. Leider fehlen dort die Kohlendioxid
146  -Messungen, weil die Prüfröhrchen nicht schnell genug
147  nachgeliefert werden konnten. Die Profile 8 und 9 wurden
148  wesentlich später als die vorangegangenen Meßbereiche untersucht.
149  Ihre Gasgehalte waren entsprechend zum allgemeinen Gasabfall
150  während dieser Zeit bereits niedrig. Diese südlichen
151  Profilstrecken zeigen aber nochmals deutlich die beiden Gaspeaks,
152  die zur Annahme einer Aufspaltung der Störung geführt haben.
153  Der Verlauf der auskartierten Horizontalverwerfung ist zusammen
154  mit ihrer südlichen Aufspaltung in der Abb. 23 eingetragen
155  worden. Die ermittelte Liste ist fast linear und nach Norden
156  gerichtet, was die Annahme einer Störung in diesem Gebiet
157  erhärtet. Diese Störung zielt direkt auf die Umbiegung des
158  Hohenzollern-Grabens westlich von Onstmettingen und ist von
159  dort bis in den Grabenbereich selbst zu verfolgen. Daraus kann
160  vielleicht abgeleitet werden, daß die ältere südliche
161  Randverwerfung um mehr als 200 m nach NNE versetzt worden ist.
162  Im wesentlichen erscheint die Westscholle relativ zur Ostscholle
163  verschoben. Wie die Abb. 25 zeigt, kann man die mit Hilfe von
164  Bodengasen ermittelte Störungslinie von der Position 1 im Süden
165  bis zur Position 2 im Norden verlängern. Insbesondere fallen in
166  der nördlichen Verlängerung dieser Störungen die Umbiegungen
167  der NW-gerichteten Schönbuch-Störungen auf. (Abb.) Es
168  handelt sich dabei um ähnliche Versetzungsbeträge wie beim
169  Hohenzollern-Graben, wobei beachtet werden muß, daß solche
170  Umbiegungen nicht genau der Nordrichtung der Horizontalverwerfung
171  zu entsprechen brauchen. Die Horizontalverschiebung quert die
172  auffällige Einmuldung zwischen dem Pfaffenberg und der Wurmlinger
173  Kapelle bei Tübingen und folgt dem weit nach Norden
174  zurückspringenden Stubensandstein-Rand des Schönbuchs
175  zwischen Pfäffingen und Entringen. Es scheint so, als wäre die
176  Störung in ihrem projektierten Verlauf an der Grenze zwischen
177  härteren und weicheren Gesteinskomplexen (z.B. Flut
178  wasserfazies und Stillwasserfazies des Schilfsandsteins)
179  morphologisch wirksam gewesen. Eine Erklärung für einen
180  Zusammenhang zwischen Gaskonzentrierungen und den Erdbeben ist
181  damit aber noch nicht gegeben. Die erkundete Störung mit ihrer
182  vermuteten Nordversetzung berührt in keiner Weise die
183  Gasmeßstationen in Kilchberg und Bebenhausen, sondern muß 4,
184  5 Kilometer westlich davon angenommen werden. Darum wurde
185  eine weitere Gasmessung auf eine Störung angesetzt, die
186  vermutlich östlich von Tailfingen im Bereich von Neuweiler
187  ebenfalls eine Umbiegung des Hohenzollern-Grabens bewirkt
188  haben könnte. Die Gaskurven dieser Messungen sind nicht
189  aufgetragen worden. Die aus den Gasmessungen sich abzeichnenden
190  Störungsbahnen wurden jedoch in der Abb. 23 dargestellt.
191  Danach schneidet die dort auskartierte Verwerfung den Hohenzollern
192  -Graben in einer Position, in der die Geologische
193  Manuskriptkarte von Ebingen im Maßstab 1:25000 (nach
194  GRÜNVOGEL, ROLL, LEMKE) ein NW-Umbiegen
195  insbesondere der nördlichen Randverwerfung anzeigt. Es handelt
196  sich bei der übermessenen Störung nicht nur um eine
197  Verwerfungsbahn, sondern um zwei sehr nahe beeinanderleigende und
198  parallel zueinander verlaufende Störungen, die mehr oder weniger
199  den Umbiegungstrakt der nördlichen Randverwerfung begrenzen. Die
200  Verbiegung dieser sonst regelmäßig verlaufenden Grabenzone ist
201  vermutlich ebenfalls eine Folge einer Horizontalverschiebung.
202  Wichtig ist dabei, daß durch diese Gasmessungen auch direkte
203  Anzeichen für eine Fortsetzung der Störung nördlich des Hohen
204  -Zollern-Grabens gefunden wurden. Südlich des
205  Hohenzollern-Grabens tangiert diese Linie ebenfalls einige
206  Epizentralbereiche sowie fast linear angeordnete Erdfälle. In
207  der südlichen Verlängerung dieser vermuteten Störung fällt eine
208  nach Süden abgelenkte Donauschleife (3 in Abb. 25). Die
209  nördliche Verlängerung verläuft am Weißjura-Rand der
210  Schwäbischen Alb östlich von Hechingen und trifft im Schönbuch
211  ebenfalls wieder auf Verbiegungen der sonst nach NW streichenden
212  Störungen (4 in Abb. 25). Diese Linie liegt in der Nähe
213  der Meßstationen Kilchberg und Bebenhausen (südwestlich und
214  nordwestlich von Tübingen). Da Verwerfungen nach den
215  vorangegangenen Ausführungen für Gase ganz besonders durchlässig
216  sind, können die den Erdbeben vorangegangenen Gasbewegungen gut
217  entlang dieser Störung erfolgt sein. Als Ursache solcher
218  Gasmigrationen kommen in erster Linie Bewegungen der an den
219  Störungen grenzenden Schollen in Frage. SCHNEIDER
220  (1968) nimmt in Übereinstimmung mit älteren Autoren
221  Horizontalbewegungen entlang der nach N bzw. nach NNE
222  gerichteten Störungen an. Darauf deutet auch das tektonische
223  Bild mit den Umbiegungen der älter angelegten Störungen.
224  Schließlich ist auch die Häufung der Epizentren entlang solcher
225  Störungslinien ein Hinweis auf eine noch nicht abgeklungene
226  Bewegung. Bei diesen sehr langsamen, im Jahr sicher nicht mehr
227  als 2 mm betragenden Bewegungen kann infolge der Reibung aneinander
228  gleitender Schollen eingeschlossenes Gas aus den bituminösen
229  Schichten des Jura (- und auch vom Keuper und Muschelkalk)
230  freigesetzt werden. Vom Steinkohlenbergbau sind außerordentlich
231  große Grubengasmengen bekannt, die selbst bei einer abbaubedingten
232  Senkung des Gebirges von nur wenigen mm im Jahr frei werden
233  (interne Berichte des Gasforschungsprogramms der Saarbergwerke AG).
234  Natürlich sind diese Verhältnisse mit den besonders
235  gasreichen Kohlen nicht ohne weiteres auf bituminöse Schichten
236  übertragbar. Immerhin ergeben überschlägige Rechnungen, daß
237  100 m mächtige bituminöse Schichten bei Bewegungen entlang einer
238  25 km langen Störungsfläche (= Querschnitt Schwäbische Alb
239  zwischen Hechingen und Sigmaringen) im Jahr 1250000 m (Formel) Gas
240  abgeben können. Zu den bituminösen Schichten wurden die
241  Ölschiefer des Lias *ya (Formel) und *ye, der Opalinus-Ton sowie
242  untere Weißjura-Kalke gerechnet und ihre Mächtigkeiten
243  addiert. Die Gasabgabe solcher Schichten wurde mit 10 ml auf 100
244  cm (Formel) G bewußt sehr niedrig kalkuliert. Die angegebenen
245  Schichten enthalten im Schnitt 33 % Methan (nach
246  Desorptionsanalysen), so daß im Jahr rund 417000 m (Formel) Methan
247  oder 1163 m (Formel) CH (Formel) am Tag anfallen müßten. Dieser Betrag
248  dürfte in Wirklichkeit noch größer sein, da sich die Bewegungen
249  nicht nur auf eine Bahn, sondern in Störungsnähe auf mehrere
250  Flächen verteilen. Das bedeutet mit anderen Worten: es bewegen
251  sich nicht starre Blöcke an nur einer Bahn, sondern viele
252  Scheiben entlang mehrerer Störungsflächen. Natürlich nimmt
253  dabei die Reibung mit zunehmender Entfernung von der Hauptstörung,
254  wo die Schollen noch am leichtesten aneinander vorbei gleiten
255  können, zu. Andererseits vermindern sich auch die anfallenden
256  Gase wieder um die Menge, die sekundär bei ihrer Migration im
257  Störungsbereich an Tonminerale, organische Substanzen und an die
258  Wasserphase der Poren gebunden werden. Die verbleibenden freien
259  Gasmengen dürften aber noch groß genug sein, um die normale auf
260  Erdgezeiten oder Tiefenentgasung beruhende Migration um einen
261  Faktor 2 zu übertreffen. Die aus den tektonischen Bewegungen
262  abzuleitenden Mengen machen demnach keine Schwierigkeiten. Wie
263  verhält es sich aber mit der Geschwindigkeit der Gasmigration
264  entlang solcher Störungsbahnen? Die Migration in den
265  Störungen ist, wie wir bereits wissen, erheblich schneller als in
266  ungestörten Schichten. Da von den tektonischen Bewegungen alle
267  Tiefenstockwerke fast gleichzeitig erfaßt werden, dürfte es aber
268  belanglos sein, welche Zeit die etwa aus der größten Tiefe
269  herkommenden Gase bis zur Oberfläche brauchen. Wir können
270  vielmehr damit rechnen, daß die oberflächennahen gelösten Gase
271  sehr schnell in die Meßsonden gelangen können und dort
272  Informationen über die ablaufenden tektonischen Bewegungen
273  vermitteln. Die Sonde Bebenhausen scheint dabei störungsnäher
274  als die Sonde Kilchberg zu sein, da sie im Durchschnitt mehr
275  Methan aufweist. Beide Stationen müssen wiederum in einem
276  gleichen Störungsbereich liegen, weil sonst der übereinstimmende
277  Verlauf der Gasverteilung nicht möglich wäre.

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