Quelle Nummer 476

Rubrik 13 : GESCHICHTE   Unterrubrik 13.04 : ALLGEMEINE

ZOLLSTREIT
HANS SAUER
HANSESTAEDTE UND LANDESFUERSTEN
DIE WENDISCHEN HANSESTAEDTE IN DER AUSEINANDER-
SETZUNG MIT DEN FUERSTENHAEUSERN OLDENBURG UND
MECKLENBURG WAEHREND DER ZWEITEN HAELFTE DES 15. JHD.
BOEHLAU VERLAG KOELN 1971, S. 33-


001  Kapitel 3. KÖNIG CHRISTIANS
002  BEMÜHUNGEN UM EINEN FÜRSTENßUND IN
003  NORDDEUTSCHLAND (1472-1475). Städte
004  und Fürsten während des Lüneburger Zollstreits. Wichtiger
005  als die Beziehungen zu König Christian 1.erschien Lübeck
006  und Hamburg allerdings zunächst eine andere Frage, die das
007  Verhältnis der wendischen Städte zueinander eine Zeitlang stark
008  belastete. Lüneburg hatte schon zu Beginn des Jahres 1471 den
009  Kurfürsten Albrecht von Brandenburg gebeten, ein kaiserliches
010  Privileg zu vermitteln, um von allen Waren, die die Stadt
011  passierten, künftig einen Zoll erheben zu dürfen. Die
012  Einnahmen daraus sollten sicherlich zur Begleichung der Schulden
013  dienen, die Lüneburg als Folge des sog. " Prälatenkrieges "
014  zu tragen hatte. Wie bereits erwähnt, hatte sich die Stadt
015  auch bemüht, das Verbot des Baiensalzes in den Ländern und
016  Gewässern durchzusetzen, die der Herrschaft des Dänenkönigs
017  unterstanden, um den Absatz lüneburgischen Salzes zu steigern.
018  Durch Vermittlung des Kurfürsten Albrecht wurde das gewünschte
019  Privileg im Juli 1471 erteilt, zur gleichen Zeit, da auch die
020  mecklenburgischen Herzöge das Recht erlangt hatten, bei Ribnitz
021  und Grevesmühlen neue Zollstellen zu errichten. Bald nach seinem
022  Bekanntwerden wurde der Lüneburger Zoll zum Gegenstand heftiger
023  Kritik. Die sächsischen wie die wendischen Städte forderten
024  unverzüglich, von dieser Abgabe befreit zu werden. Da Lüneburg
025  aber auf seinem Recht bestand, kam es während der Jahre 1472/
026  73 deswegen zu einer harten Kontroverse. Besonders verstimmt über
027  die neuen Zollerhebungen zeigte sich Lübeck. Dort war man der
028  Auffassung, daß die Lüneburger den Herzögen von Mecklenburg
029  mit einem schlechten Beispiel vorangegangen seien. Lübeck
030  beteiligte sich zwar an den Verhandlungen der anderen Städte mit
031  Lüneburg, gab dann aber im Juli 1472 seinem Geschäftsträger am
032  Kaiserhofe, Dr. Günter Milwitz, den Auftrag, die
033  Befreiung Lübecks von den Zöllen in Lüneburg und Mecklenburg
034  zu erwirken und in Erfahrung zu bringen, wie teuer ein
035  Exemtionsprivileg sein würde, um Lübeck künftig von allen
036  Zöllen in einem bestimmten Umkreis um die Stadt zu befreien.
037  Milwitz wurde aufgefordert, sehr behutsam vorzugehen und eine
038  Kopie des Lüneburger Privilegs sowie einen ausführlichen
039  Bericht über die Verleihung der mecklenburgischen Zölle nach
040  Lübeck zu senden. Erwähnenswert erscheint in diesem
041  Zusammenhang auch die Haltung Lübecks und Hamburgs auf dem
042  Fürstentag zu Wilsnack im Dezember 1472, über den noch in
043  anderem Zusammenhang ausführlicher zu berichten sein wird. Die
044  Ratssendeboten beider Städte wandten sich dort mit der Bitte an
045  den Kurfürsten von Brandenburg, ihnen gegen Lüneburg
046  beizustehen. Dieser erklärte jedoch, dazu nicht in der Lage zu
047  sein, da er ja von Lüneburg 5000 Rh. G. für die
048  Beschaffung des umstrittenen Privilegs erhalten werde. Nachdem
049  dieser Versuch, Hilfe von fürstlicher Seite zu erlangen,
050  gescheitert war, gelang es Lübeck und Hamburg dann jedoch, sich
051  der Unterstützung des Königs Christian zu versichern. Sie
052  erwirkten von ihm im März 1473 das Verbot lüneburgischen Salzes
053  in seinem Machtbereich und erließen selbst entsprechende
054  Anordnungen für den Handel ihrer Kaufleute und Schiffer. Durch
055  diese drastische Maßnahme wurde Lüneburg empfindlich getroffen:
056  in Mölln stauten sich die Schiffe und Wagen, die der dortige
057  Lübecker Vogt an der Weiterfahrt hinderte. Jeder Versuch, die
058  üblichen Handelswege zu umgehen, wurde empfindlich bestraft.
059  Vergeblich versuchte Lüneburg, Albrecht von Brandenburg zum
060  Einschreiten zu veranlassen, indem es erklärte, die restlichen 4
061  000 Rh. G. für das Privileg erst dann bezahlen zu können,
062  wenn es nach Aufhebung der Handelssperre über die genannte
063  Summe verfüge. Die Zwangsmaßnahme wurde erst aufgehoben,
064  nachdem sich die Stadt bereiterklärt hatte, die Untertanen
065  König Christians wie auch Lübeck und Hamburg von dem neuen
066  Zoll zu befreien und auch anderen Forderungen beider Städte
067  nachzukommen. Daß am 14.April 1473 nur eine Befreiung
068  Lübecks und Hamburgs erfolgt war, ohne Rücksicht auf alle
069  anderen, ebenfalls betroffenen Städte, gab dort Anlaß zu
070  mancherlei bitteren Äußerungen, vor allem gegenüber Lübeck.
071  Obwohl diese Stadt von dem Lüneburger Zoll frei war, betrieb
072  sie ihre Bemühungen um ein Exemtionsprivileg weiter, zumal die
073  Herzöge von Mecklenburg nicht bereit waren, Lübeck die neuen
074  Zölle zu erlassen. Im Mai 1473 wurde die erwünschte kaiserliche
075  Urkunde ausgestellt. Der Lüneburger Zollstreit belastete zwar
076  nicht die Beziehungen zwischen Fürsten und Städten, denn die
077  Auseinandersetzungen wurden ausschließlich zwischen den letzteren
078  ausgetragen. Er zeigte aber sehr deutlich, wie stark dort der
079  Zusammenhalt gefährdet war, wenn die wirtschaftlichen Interessen
080  einzelner Städte erheblich defferierten. König Christian hatte
081  in gewohnter Weise Lübeck und Hamburg unterstützt, während
082  Albrecht von Brandenburg als Vermittler des Privilegs und
083  Sachwalter anderer Angelegenheiten Lüneburgs jegliche
084  Einmischung abgelehnt hatte. So mußte diese Stadt sich den
085  Forderungen Lübecks und Hamburgs schließlich fügen. Sie trat
086  dann später deren Bündnis von 1466 bei, als sich im Laufe des
087  Jahres 1474 im Zusammenhang mit dem Vordringen Burgunds auch ein
088  deutlicher Kurswechsel in der Politik König Christians
089  abzuzeichnen begann. Die Annäherung König Christians
090  an den Kurfürsten Albrecht von Brandenburg. Für die weiteren
091  Beziehungen zwischen König Christian und den wendischen Städten
092  gewann der bereits erwähnte Fürstentag zu Wilsnack im Dezember
093  1472 besondere Bedeutung. Dort trafen der Kurfürst von
094  Brandenburg, Christian 1.sowie Herzog Johann von Sachsen
095  -Lauenburg mit Ratssendeboten Lübecks und Hamburgs zusammen
096  und verhandelten über Probleme recht unterschiedlicher Art.
097  Fürsten und Städte waren in gleicher Weise daran interessiert,
098  Maßnahmen gegen die zahlreichen Raubüberfälle, besonders auf
099  den Straßen der Mark, zu treffen. Albrecht von Brandenburg
100  vereinbarte mit Lübeck, zu Beginn des nächsten Jahres gemeinsam
101  mit dem Herzog von Mecklenburg eine weitere Tagfahrt
102  durchzuführen, um Maßnahmen zur Sicherung der Straßen zu
103  beschließen. Auf anderen Gebieten traten dann die Gegensätze
104  zwischen Städten und Fürsten um so deutlicher hervor. Der
105  Versuch des Kurfürsten, im Auftrage des Herzogs von Sachsen
106  -Lauenburg die Zustimmung Lübecks zur Wiedereinlösung von
107  Mölln und Krummesse zu erreichen, stieß bei der Travestadt auf
108  entschiedene Ablehnung. So wurde diese Frage vertagt. Wie
109  erinnerlich, widersetzte sich der Kurfürst dem Versuch Lübecks
110  und Hamburgs, ihn zum Eingreifen in den Lüneburger Zollstreit
111  zu bewegen. Eine von Lübeck vorgebrachte Klage betraf ihn dann
112  selbst. Es handelte sich um ältere Forderungen des
113  Bürgermeisters Hinrich Castorp und anderer Kaufleute, die
114  während des Stettiner Erbfolgestreits durch Beschlagnahme von
115  Waren in der Mark geschädigt worden waren. König Christian
116  trat dafür ein, den Lübeckern ihren Schaden zu vergüten. Die
117  wichtigsten Verhandlungen dieser Tagfahrt fanden jedoch zwischen
118  dem Kurfürsten und dem Dänenkönig im Geheimen statt. Neben
119  gewissen Erbansprüchen der Königin Dorothea betrafen sie vor
120  allem Christians 1.weitere Pläne. Wenn auch Einzelheiten
121  dieser Wilsnacker Gespräche nicht überliefert sind, so kann ihr
122  Inhalt aus dem nachfolgenden Schriftwechsel erschlossen werden.
123  Das wichtigste Ergebnis war jedenfalls die politische Annäherung
124  des Königs an den Kurfürsten von Brandenburg. Die Verbindung
125  zwischen beiden wurde in der folgenden Zeit durch den Sekretär
126  Albrechts, Magister Albert Klitzing, aufrechterhalten, dessen
127  Berichte an seinen Herrn wesentliche Einblicke in die Absichten
128  beider Verhandlungspartner gestatten. Es muß angenommen werden,
129  daß Christian 1.in Wilsnack den Wunsch geäußert hatte, vom
130  Kaiser eine Reihe von Privilegien zu erwerben, und der Kurfürst
131  seine Vermittlung von der Zahlung einer bestimmten Summe abhängig
132  gemacht hatte. Am 13.Januar 1473 berichtete Klitzing an
133  Albrecht von Brandenburg, daß er in Kopenhagen Verschreibungen
134  in Höhe von 1 000 Rh. G. erhalten habe. Nach einer
135  zweiten Reise informierte er den Kurfürsten ausführlich über die
136  Wünsche und Absichten des Unionskönigs. Dieser erbat ein
137  kaiserliches Mandat an die Stände und alle Einwohner Schwedens,
138  ihm als ihrem rechtmäßigen Herrn Gehorsam zu leisten. Der
139  Kaiser sollte außerdem den wendischen Städten den Handel mit
140  diesem Lande verbieten. Ferner wünschte Christian 1.,
141  Dithmarschen seiner Herrschaft einzuverleiben. Er begründete
142  seinen Rechtsanspruch mit der Behauptung, daß dieses Gebiet
143  schon immer zu Holstein gehört, sich aber eigenmächtig abgewandt
144  habe. Der König versäumte nicht, darauf hinzuweisen, daß der
145  Kaiser aus diesem Ländchen mit einem Städtchen
146  und 28 Dörfern keine Einnahmen erwarten dürfe. Bemerkenswert
147  muß aber auch erscheinen, daß Christian 1.Wünsche seines
148  Bruders, des Grafen Gerd von Oldenburg, an den Kurfürsten
149  übermittelte: der Kaiser solle dem Grafen Butjadingen und
150  einige andere, namentlich bezeichnete Gebiete als Lehen
151  übertragen. So hatte also in aller Stille - vermutlich im
152  Februar oder März 1473 - zwischen beiden Brüdern eine
153  Versöhnung stattgefunden, deren Preis sicherlich die Verwendung
154  des Königs beim Kaiser gewesen war. Als wichtigsten Punkt hatte
155  Christian 1.schließlich dem märkischen Unterhändler
156  aufgetragen, dem Kurfürsten den Plan eines umfassenden
157  Bündnisses norddeutscher Fürsten zu übermitteln. Diesem
158  sollten außer dem König selbst der Kurfürst, die Herzöge von
159  Braunschweig-Lüneburg, Herzog Johann von Sachsen-
160  Lauenburg, die Herzöge von Mecklenburg sowie andere geistliche
161  und weltliche Herren angehören. Die Notwendigkeit eines
162  derartigen Vertrages wurde damit begründet, daß Lübeck mit der
163  Ritterschaft und den Städten Schleswig-Holsteins verbündet
164  sei und die Genannten sich mit Dithmarschen vereint hätten. Der
165  König ließ durchblicken, daß die mecklenburgischen,
166  braunschweig-lüneburgischen und andere Städte sowie
167  Angehörige des Adels dieser Länder, aber auch Untertanen des
168  Kurfürsten und Bischöfe in Christians eigenen Landen, dieser
169  Verbindung angehörten. Eines ihrer Mitglieder habe dem König
170  mitgeteilt, daß Städte und Ritterschaft erblich zu behalten
171  gedächten, was sie an Städten und Schlössern als Pfänder
172  besäßen. Christian selbst sei ratlos: wenn er gegen einzelne
173  Mitglieder des Bündnisses vorginge, müsse er mit der
174  Gegnerschaft aller rechnen. Albrecht von Brandenburg möge daher
175  seine Antwort auf keinen Fall schriftlich übermitteln. Klitzing
176  war dem Bündnisangebot - offensichtlich auf Weisung seines
177  Herrn - beharrlich ausgewichen und hatte geantwortet, daß der
178  Kurfürst zu Braunschweig-Lüneburg und Mecklenburg bereits
179  sehr gute Beziehungen unterhalte und daß es gegenüber König
180  Christian doch keiner vertraglichen Bindung bedürfe. Zahlreiche
181  Einzelzüge der Verhandlungen zwischen Dezember 1472 und April
182  1473 müssen gewiß noch genauer erklärt werden. Doch darf dieses
183  als gesichert gelten: Kurfürst Albrecht von Brandenburg kam
184  nach Wilsnack mit der Absicht, sich mit Christian von Dänemark
185  zu verbünden. Andererseits aber zeigte er sich, wie Klitzings
186  Bericht erkennen läßt, an den Bündnisplänen des Dänenkönigs
187  uninteressiert. Dieser scheinbare Widerspruch erhellt sich
188  indessen, wenn man die unterschiedlichen politischen Ziele beider
189  Fürsten berücksichtigt. Der Kurfürst unterstützte bereits
190  seit Jahren Kaiser Friedrich 3.und war gerade zur Zeit der
191  Wilsnacker Verhandlungen darauf bedacht, dem Vordringen des
192  Herzogs Karl von Burgund in den Norden und Nordwesten des
193  Reiches entgegenzuwirken. Daher versuchte er, Christian 1.
194  als Verbündeten des Kaisers zu gewinnen. Die Absichten des
195  Königs wiesen dagegen in eine völlig andere Richtung. Er wollte
196  Schweden zurückgewinnen und seine Herrschaft in Schleswig-
197  Holstein ausbauen. Daher wünschte er, als Graf von Holstein
198  und Stormarn, diese Lehen nicht mehr, wie es bisher üblich war,
199  vom Bischof von Lübeck, sondern unmittelbar vom Kaiser zu
200  empfangen. Vor allem aber sollte Dithmarschen seine
201  Selbständigkeit verlieren und Holstein eingegliedert werden.
202  Damit nahm Christian 1.Bestrebungen wieder auf, die von den
203  Schauenburger Grafen begonnen und von Herzog Adolf 8.
204  fortgesetzt worden waren. Die Auseinandersetzungen mit
205  Dithmarschen hatten im April 1456 einen vorläufigen Abschluß
206  durch einen Vergleich gefunden, den als Zeuge auch König
207  Christian besiegelt hatte. Einen Rechtsanspruch hatte Adolf 8.
208  damals nicht nachweisen können. Die Bewohner Dithmarschens
209  behaupteten vielmehr, wie schon seit 1227, ihre Selbständigkeit
210  und waren allenfalls bereit, dem Erzstift Bremen eine nominelle
211  Oberherrschaft zuzugestehen. Bereits unmittelbar nach Christians
212  1.Wahl zu Ripen hatten sich die Bauern aufs neue um ihre
213  Freiheit besorgt gezeigt und Unterstützung bei Lübeck gesucht,
214  zu dem sie fast immer freundschaftliche Beziehungen unterhalten
215  hatten. Als wenig später zwei Beamte des Königs von
216  Dithmarschen erschlagen worden waren, schienen ernsthafte
217  Auseinandersetzungen bereits unvermeidlich. Die Kämpfe um
218  Schweden sowie vor allem der Konflikt mit dem Bruder hatten
219  Christian daran gehindert, schon damals gegen Dithmarschen
220  vorzugehen. Wie erwähnt, hatten sich die Bauern 1468 für die
221  Dauer von 10 Jahren mit Lübeck verbündet und im darauffolgenden
222  Jahre unter Vermittlung dieser Stadt auch mit der Ritterschaft
223  und Mannschaft Holsteins. Der König selbst hatte sich
224  schließlich genötigt gesehen, den Verbindungen, die sich gegen
225  seinen Bruder gebildet hatten, im Oktober 1470 beizutreten und den
226  Dithmarschern ihre Privilegien in aller Form zu bestätigen. Aus
227  diesen Bindungen und Verpflichtungen trachtete Christian, sich
228  nun zu lösen und die Hilfe des Kaisers und anderer Fürsten gegen
229  Dithmarschen und Schweden zu gewinnen. Wenn er - entgegen den
230  Tatsachen - die s. Zt. gegen den Grafen von Oldenburg
231  geschlossenen Bündnisse als einen allgemeinen Bund der Städte
232  und der Ritterschaft norddeutscher Territorien gegen die Fürsten
233  bezeichnete, so stand dahinter vor allem die propagandistische
234  Absicht, das Fürstenbündnis, das er anstrebte, auch für die
235  Landesherren dieser Gebiete als unbedingt notwendig erscheinen zu
236  lassen. Kurfürst Albrecht durchschaute vermutlich diese Pläne
237  sehr schnell und wich Christians Bündnisangebot daher aus. Es
238  scheint nicht ausgeschlossen, daß der König darüber hinaus auch
239  beabsichtigte, sich der umfangreichen Zahlungsverpflichtungen an
240  seine Gläubiger dadurch zu entledigen, daß er behauptete, die
241  derzeitigen Pfandinhaber seien nicht bereit, einer
242  Wiedereinlösung verpfändeter Objekte zuzustimmen. Wenn die
243  Behauptung sicherlich auch als Motivierung des Vorgehens gegen die
244  Städte gedacht war, so waren diese doch bestimmt wenig geneigt,
245  ihre Pfänder aus der Hand zu geben, wie sich gerade bei den
246  Verhandlungen wegen Mölln und Krummesse gezeigt hatte. Seit dem
247  Winter 1472/73 bereitete Christian 1.eindeutig eine
248  Änderung seiner Politik vor. Die Annäherung an den
249  Kurfürsten von Brandenburg, der Plan eines umfassenden
250  Fürstenbündnisses, die Versöhnung mit dem Grafen von
251  Oldenburg, die Anknüpfung freundschaftlicher Beziehungen zu
252  Burgund wie auch ein Vertrag mit König Ludwig 11.von
253  Frankreich lassen das Bestreben erkennen, sich eine möglichst
254  große außenpolitische Bewegungsfreiheit zu sichern. Obwohl er
255  sich damit gegen die wendischen Städte, seine bisherigen
256  Verbündeten, wandte, vermied Christian 1.jedoch einen
257  offenen Bruch mit ihnen, bevor er nicht der Hilfe anderer
258  Fürsten sicher war. Er trieb vermutlich ein doppeltes Spiel.
259  So unterstützte er - wie erwähnt - im Dezember 1472 Lübecks
260  Forderungen an den Kurfürsten von Brandenburg, ging im
261  Frühjahr des folgenden Jahres gemeinsam mit Lübeck und Hamburg
262  gegen Lüneburg vor und versprach den Städten, seinen Beitrag zu
263  den Kosten zu begleichen, die der Kampf gegen den Grafen von
264  Oldenburg verursacht hatte.

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