Quelle Nummer 473

Rubrik 28 : TECHNIK   Unterrubrik 28.01 : BUECHER

METALLPRUEFUNG / WERKSTOFFKUNDE
MANFRED VON HEIMENDAHL
EINFUEHRUNG IN DIE ELEKTRONENMIKROSKOPIE
VERFAHREN ZUR UNTERSUCHUNG VON WERKSTOFFEN UND
ANDEREN FESTKOERPERN
FRIEDRICH VIEWEG VERLAG, BRAUNSCHWEIG 1970, S. 1-


001  Grundlagen und Verfahren. Einführung,
002  Historisches. In den Jahren 1925/27 entdeckte H.
003  Busch, daß ein rotationssymmetrisches, inhomogenes
004  Magnetfeld als Elektronenlinse für Elektronenstrahlen
005  aufgefaßt werden kann, analog der Glaslinse für Lichtstrahlen.
006  Ähnliche Linseneigenschaften für Elektronenstrahlen haben aber
007  auch elektrisch geladene Schlitzblenden oder Lochblenden.
008  Der Gedanke, hierdurch mittels Elektronenstrahlen
009  vergrößernde Abbildungen herzustellen, wurde zuerst 1932 in
010  die Tat umgesetzt, und zwar unabhängig von zwei Forschungsgruppen
011  nebeneinander: M. Knoll und E. Ruska
012  (TH Berlin, magnetischer Typ eines Elektronenmikroskops) sowie
013  E. Brüche und H. Johannson (AEG-
014  Forschungsinstitut Berlin, elektrostatischer Typ). Die
015  Überschreitung der Auflösungsgrenze des Lichtmikroskops gelang
016  wenige Jahre später durch F. Krause. Die weitere
017  Entwicklung der Elektronenmikroskopie, zunächst noch im
018  Laboratoriumsmaßstab, war das Werk zahlreicher Wissenschaftler
019  in Industrieinstituten und Hochschulinstituten. In
020  Deutschland waren hieran vor allem außer den bereits Genannten
021  M. v. Ardenne, H. Boersch, B. v. Borries
022  und H. Mahl maßgebend beteiligt. Ausgereifte,
023  serienmäßige Elektronenmikroskope (EM) konnten in größerem
024  Umfang ab Anfang der fünfziger Jahre hergestellt werden.
025  Seitdem schreitet die Entwicklung ständig fort, nicht nur in
026  Richtung immer besserer Auflösungsvermögen, sondern auch in
027  Bezug auf immer höhere Beschleunigungsspannungen. Obwohl die
028  Elektronenmikroskopie von Anfang an neben den medizinisch-
029  biologischen Anwendungen auch für die Untersuchung von
030  Werkstoffen eingesetzt wurde, erfolgte ein entscheidender
031  Durchbruch zu einer besonderen Bedeutung erst in den Jahren 1957
032  /1958. Das geschah, als zuerst P. B. Hirsch
033  und Mitarbeiter (Cambridge, England) in rasch zunehmendem
034  Maße von der Möglichkeit Gebrauch machten, elektrolytisch
035  abgedünnte Metallfolien direkt mit Elektronen zu durchstrahlen und
036  so ein unmittelbares Bild vom Inneren der Materie zu gewinnen.
037  Vorher war man auf die umständlichere und indirekte Abdrucktechnik
038  angewiesen. Zwar hatte schon im Jahre 1949 R. D.
039  Heidenreich erstmals dünne Aluminiumfolien mit einem
040  Elektronenmikroskop (EM) durchstrahlt. Es dauerte aber noch
041  einige Jahre, bis sich lichtstarke, kommerzielle
042  Elektronenmikroskope mit Doppelkondensor und 100 kV
043  Beschleunigungsspannung in genügendem Umfang verbreitet hatten,
044  welche für die Durchstrahlung dünner, kristalliner Präparate
045  (500 (...) 3000 Dicke) Voraussetzung sind. Man kann wohl
046  ohne Übertreibung sagen, daß sich seitdem eine völlig neue Welt
047  für die Erforschung von Metallen, aber auch für viele
048  nichtmetallische Werkstoffe eröffnet hat. Hierzu gehört die
049  direkte Sichtbarmachung von bis dahin vielfach nur theoretisch
050  beschriebenen oder indirekt nachgewiesenen Gitterdefekten wie z.B.
051  Versetzungen, Stapelfehlern, sehr kleinen Ausscheidungen
052  zweiter Phasen, Korngrenzendetails oder die Bestimmung von
053  kristallographischen Orientierungen kleiner Gitterbereiche oder
054  Teilchen der Größenordnung 1 *ym. Dies spiegelt sich wieder in
055  einer seit etwa 1960 lawinenhaft anwachsenden Zahl von
056  Veröffentlichungen, welche bereits nur noch in Teilgebieten
057  übersehbar sind. So beträgt die Zahl der Publikationen allein
058  auf dem Gebiet der Durchstrahlungsmikroskopie (Transmissions-
059  Elektronen-Mikroskopie, Abkürzung TEM) der Metalle und
060  Legierungen in den Jahren 1957-1969 schon ca. 3000. Dabei
061  ist es eine nur auf den ersten Blick überraschende Tatsache, daß
062  dennoch als Gesamtvolumen der auf der ganzen Welt bisher
063  elektronenmikroskopisch erforschten (photographierten) Materie
064  noch nicht einmal einen Kubikmillimeter beträgt! Dies liegt
065  selbstverständlich nur an den hohen elektronenmikroskopischen
066  Vergrößerungen: Es gibt auf der Welt mehrere tausend EM;
067  rechnet man mit 10000 Stück als einer oberen Grenze und der
068  für einen Durchschnittswert ebenfalls hoch gegriffenen Zahl von
069  jeweils 20000 hergestellten Aufnahmen, so lägen 2 (math.Op.) (Formel) Photos
070  vor; bei einer durchschnittlichen Vergrößerung von 20000 X,
071  einem Plattenformat von 6 (math.Op.) 9 cm und einer Präparatdicke von ca.
072  0,1 *ym bedeutet dies pro Aufnahme 1,4 (Formel)
073  betrachteten Probenvolumens oder insgesamt 2,8. (Formel), d.h.
074  (Formel) 0,3 mm. Elektronenstrahlen als Wellen.
075  Ziel jeder Mikroskopie ist es, von Objekten vergrößerte Bilder
076  mit einem möglichst guten Auflösungsvermögen herzustellen.
077  Dieses ist definiert als der Abstand g zweier gerade noch
078  voneinander trennbarer (" auflösbarer ") Objektdetails. In
079  der gesamten Optik gilt für den Mechanismus der Bildentstehung
080  und das Auflösungsvermögen die Abbesche Theorie. Denkt
081  man als Objekt etwa an ein Gitter der Gitterkonstante g
082  (stellvertretend für beliebige Objektdetails), so besagt diese
083  Theorie: Zur Abbildung dieses Objektes müssen möglichst viele
084  der Beugungsmaxima (Fraunhofersche Beugung) noch durch
085  die Objektivlinse bzw. deren Aperturblende gehen, mindestens
086  aber das 1.Beugungsmaximum, um durch Vereinigung mit dem
087  Hauptstrahl hinter der Linse das Bild zu erzeugen. Aus dieser
088  Bedingung ergibt sich mit Hilfe von Bild die Formel für das
089  Auflösungsvermögen g nach der Abbeschen Theorie: Das 1.
090  Maximum entsteht unter derjenigen gegenüber dem einfallenden
091  Strahl um den Winkel *ya abgelenkten Richtung, in der gerade eine
092  Wellenlänge *yl Phasendifferenz zwischen den von benachbarten
093  Gitterspalten herrührenden Strahlen auftritt. Je kleiner g ist,
094  umso größer wird *ya. Aus Bild folgt für die genannte
095  Bedingung: (Formel). Eine bessere, theoretische Betrachtung für
096  das Auflösungsvermögen ergibt lediglich noch einen Zahlenfaktor
097  (etwa 0,6), so daß gilt: (Formel). (Abb.) Da die unter dem
098  Winkel *ya abgelenkten Strahlen noch in die Frontlinse des
099  Objektivs eintreten müssen, wird *ya auch als Öffnungswinkel
100  oder Aperturwinkel der Objektivlinse bezeichnet.
101  Die Begrenzung des Auflösungsvermögens durch Gl. beruht
102  auf der Wellennatur des abbildenden Lichts (Beugungserscheinungen).
103  Gl. setzt ideale Linsen voraus. Treten Linsenfehler
104  hinzu, verschlechtert sich das Auflösungsvermögen dementsprechend
105  (Abschnitt). Um ein möglichst gutes
106  Auflösungsvermögen (kleines g) zu erreichen, muß man also die
107  Apertur *ya möglichst groß wählen. In der Lichtoptik kann man
108  durch Beseitigen bzw. Verbessern der Linsenfehler mit
109  Aperturen der Größenordnung 1 arbeiten, das
110  Auflösungsvermögen ist daher durch die Wellenlänge des
111  verwandten Lichtes (4 (...) 8000 ) begrenzt. Um prinzipiell
112  bessere Auflösungsvermögen und damit höhere Vergrößerungen zu
113  erreichen, muß man deshalb nach für Abbildungszwecke geeigneten
114  Wellen mit wesentlich kürzerer Wellenlänge suchen. Im
115  Jahre 1924 hatte de Broglie postuliert, daß man -
116  entsprechend der Doppelnatur von Wellenstrahlen und
117  Korpuskularstrahlen - den letzteren ebenfalls eine Wellenlänge
118  *yl zuordnen kann. Dies gilt auch für Elektronenstrahlen. Für
119  Elektronen der Masse m und der Geschwindigkeit v ist die
120  Wellenlänge nach de Broglie (Formel), h Plancksche Konstante.
121  Werden Elektronen durch ein Potential U beschleunigt, so haben
122  sie eine Energie von (Formel) (e Elektronenladung). Mit obiger
123  Gleichung für *yl folgt hieraus die Abhängigkeit der
124  Wellenlänge von der Beschleunigungsspannung zu (Formel) oder (Formel),
125  falls man die Zahlenwerte für h, m und e einsetzt. Wird v
126  vergleichbar mit c, der Lichtgeschwindigkeit, so ist Gl.
127  noch mit dem relativistischen Korrekturfaktor (Formel) zu multiplizieren
128  und m durch (Formel) (Ruhmasse des Elektrons) zu ersetzen. Tabelle
129  gibt die sich so ergebenden Wellenlängen und auch die
130  Geschwindigkeiten für monoenergetische Elektronen der für die
131  EM wichtigsten Beschleunigungsspannungen an (nach[ 1 ]und
132  [2 ]). (Abb.) Man sieht also, daß die Wellenlänge der
133  Elektronenstrahlen bei Energien, entsprechend
134  Beschleunigungsspannungen im Bereich von 40 (...) 100 kV um
135  fünf Zehnerpotenzen kleiner ist als die des sichtbaren Lichts.
136  Linsen für Elektronenstrahlen. Um nun Abbildungen
137  zu erzielen, werden für die betreffenden Strahlen wirksame,
138  vergrößernde Linsen benötigt (über eine Ausnahme s.
139  Abschnitt. In der Tat lassen sich Elektronenstrahlen durch
140  elektrostatische oder durch elektromagnetische Linsen ablenken und
141  fokussieren, ganz analog der Wirkung von Glaslinsen auf
142  Lichtstrahlen. Elektrostatische Linsen spielen heute nur noch
143  eine vergleichsweise untergeordnete Rolle und werden deswegen hier
144  nicht näher besprochen. Bild zeigt schematisch Glaslinse und
145  elektromagnetische Linse gegenüber gestellt. Letztere besteht aus
146  einer stromdurchflossenen Spule in einem Eisenmantel. Die
147  magnetischen Feldlinien treten nur aus einem schmalen Spalt (Luft
148  oder Messing) in dem Eisenmantel aus. An dieser Stelle wirkt
149  das Feld deshalb sehr konzentriert mit großer Intensität und ist
150  außerdem stark inhomogen. Nähern sich nun Elektronen der Ladung
151  e mit der Geschwindigkeit v parallel zur optischen Achse (oder
152  unter einem kleinen Winkel zu ihr) der Linse, so ist die Kraft
153  K, die auf ein Elektron an einem bestimmten Ort vom magnetischen
154  Feld B ausgeübt wird, die Lorentzkraft, (Formel). Die Kraft wirkt
155  also senkrecht zur Richtung des magnetischen Feldes und senkrecht
156  zur Geschwindigkeit des Elektrons, d. h. senkrecht zur
157  Zeichenebene. Durch die Kraft K wird daher das Elektron aus der
158  achsenparallelen Richtung auf eine Schraubenbahn gezwungen, wobei
159  die Schraubenachse die optische Achse ist. Außerdem ist sehr
160  wesentlich, daß das Magnetfeld die erwähnte starke
161  Inhomogenität aufweist. Hierdurch werden die Elektronen beim
162  Durchlaufen durch dieses Feld in Richtung auf die optische
163  Achse hin abgelenkt, wie sich im Einzelnen berechnen läßt
164  [3 ]. Die Spule übt also eine Wirkung auf die
165  Elektronenstrahlen aus, die mit der brechenden Kraft einer
166  Glaslinse auf Lichtstrahlen weitgehend verglichen werden kann. In
167  beiden Fällen gelten auch dieselben Regeln der geometrischen
168  Optik. So bestehen zwischen Gegenstandsweite a, Bildweite b,
169  Brennweite f und Vergrößerung M die bekannten Formeln (Formel).
170  Ein aus großer Entfernung ankommender, achsenparalleler Strahl
171  wird im Brennpunkt F (Bild) vereinigt. Das letztere Bild
172  veranschaulicht außerdem, wie man bei einer Elektronenlinse die
173  Brennweite f und damit die Vergrößerung durch Veränderung des
174  Spulenstroms (Brechkraft) variieren kann. Die Linsen der
175  Elektronenoptik erzeugen nur reelle, keine virtuellen Bilder. Es
176  gibt nur Sammellinsen, keine Zerstreuungslinsen. Wie die
177  Glaslinsen, sind auch die Elektronenlinsen mit Linsenfehlern
178  behaftet. Es gibt die gleichen Typen von Linsenfehlern
179  (Astigmatismus, Farbfehler, sphärische Aberration u. a.),
180  nur haben sie im Vergleich zur Lichtoptik unterschiedliche
181  Gewichte. Insgesamt gesehen sind aber die Linsenfehler der
182  Elektronenlinsen erheblich größer als die der Lichtoptik.
183  Grundsätzlich verringern sich alle Linsenfehler mit kleiner
184  werdendem Aperturwinkel *ya. Dieser Winkel wird durch eine hinter
185  der Linse etwa in der Brennebene angebrachte Blende, die
186  Aperturblende, bestimmt, siehe Bild Es gilt tan *ya
187  = Blendenradius/Brennweite. Während nun in der Lichtoptik,
188  wie erwähnt, mit Aperturwinkeln der Größenordnung 1 gearbeitet
189  werden kann, muß im Gegensatz hierzu wegen der in der
190  Elektronenoptik viel stärkeren Linsenfehler *ya auf einen sehr
191  kleinen Wert von nur etwa 1 (math.Op.) 100 (absolutes Maß, entsprechend
192  1 (math.Op.) 2 (Formel)) begrenzt werden. Aus diesem Grunde kann die
193  gegenüber den Lichtstrahlen um 5 Zehnerpotenzen kürzere
194  Wellenlänge der Elektronenstrahlen nicht in vollem Umfang zur
195  Steigerung des Auflösungsvermögens Gl. um denselben
196  Betrag ausgenutzt werden. Vielmehr würde aus Gl. folgen,
197  daß mit sin *ya (math.Op.) *ya (math.Op.) 1 (math.Op.) 100 das Auflösungsvermögen etwa
198  das hundertfache der Wellenlänge betragen wird, bei 100 kV-
199  Elektronen (s. Tabelle also ca. 3 . Dieser
200  Wert gibt in der Tat eine untere Grenze für das mit heutigen
201  Elektronenmikroskopen optimal erreichbare Auflösungsvermögen.
202  Im übernächsten Kapitel sollen Linsenfehler und
203  Auflösungsvermögen noch etwas genauer erörtert werden. Zuvor
204  ist es jedoch zweckmäßig, den mit Hilfe der von den
205  Elektronenstrahlen durchsetzten Linsen möglichen Aufbau von
206  Elektronenmikroskopen zu behandeln. Dies erfolgt zunächst in
207  recht summarischer Form, um einen ersten Überblick zu bekommen,
208  sowie zur Kennzeichnung der wichtigsten Bezeichnungen der
209  Einzelteile für die später erforderlichen, detaillierten
210  Darstellungen. Aufbau von Durchstrahlungsmikroskopen.
211  Man unterscheidet prinzipiell zwischen Durchstrahlungs
212  elektronenmikroskopen und Oberflächenelektronenmikroskopen.
213  Bei ersteren muß das Präparat so dünn sein, daß es für die
214  Elektronen durchstrahlbar ist, während letztere kompakte
215  Präparate verwenden. Die meisten Elektronenmikroskope sind im
216  Prinzip ähnlich wie Lichtmikroskope aufgebaut, d. h. sie
217  bestehen aus hintereinandergeschalteten vergrößernden Linsen.
218  Der prinzipielle Aufbau eines Durchstrahlungs-
219  Elektronenmikroskopes (Transmissions-Elektronenmikroskop,
220  TEM) sei an Hand von Bild besprochen. Die
221  Haarnadelkathode (Wolfram) emittiert im glühenden Zustand
222  Elektronen, die durch die Anode beschleunigt und außerdem durch
223  den Wehneltzylinder am Ort der Anode gebündelt werden (" Cross
224  over "). Durch die Kondensorlinse (in der Praxis werden zur
225  Steigerung der Wirkung meist zwei Kondensorlinsen hintereinander
226  geschaltet, Doppelkondensor) wird der divergente Elektronenstrahl
227  zum ersten Mal fokussiert, und zwar genau auf:en Ort des
228  Präparates. Mit Hilfe eines Doppelkondensors kann man die aus
229  der Spitze der Haarnadelkathode austretenden Elektronen auf diese
230  Weise als Fokus von nur 3 (...) 5 *ym Durchmesser am Präparatort
231  abbilden bzw. konzentrieren. Dies ist eine wesentliche
232  Voraussetzung für eine hohe Lichtstärke bei der Durchstrahlung
233  des Präparates. (Abb.) Ist letzteres kristallin, so entstehen
234  hinter dem Präparat 1nfolge der Braggschen Beugung an dem
235  Kristallgitter der Probe neben dem Primärstrahl
236  Kristallinterferenzen wie bei den Röntgenstrahlen (Näheres
237  s. Abschnitt und Kapitel). Bei Metallpräparaten
238  sind die Braggschen Beugungswinkel so groß, daß die abgebeugten
239  Strahlen durch die Objektivaperturblende abgefangen werden:
240  Diese befindet sich ungefähr in der hinteren Brennebene des
241  Objektivs (back focal plane), in der auch jeder der durch
242  Braggsche Beugung abgelenkten Strahlen zu einem Punkt fokussiert
243  wird. Die Gesamtheit dieser durch die abgebeugten Strahlen (von
244  denen in Bild nur zwei gezeichnet sind) gebildeten Punkte ist
245  das Braggsche Beugungsdiagramm. Mittels der durch die
246  Objektivaperturblende durchgelassenen Strahlen vergrößert die
247  Objektivlinse nun das Präparat zum einstufig vergrößerten Bild.
248  In der Ebene dieses " 1.Zwischenbildes " befindet sich die
249  sogenannte Selektorblende. Zwischenlinse und Projektivlinse
250  vergrößern das erste Zwischenbild sukzessive noch zweimal, wobei
251  sich die Gesamtvergrößerung hintereinandergeschalteter Linsen
252  wiederum wie in der Lichtoptik durch Multiplikation der
253  Einzelvergrößerungen ergibt. Das dreistufig vergrößerte Bild
254  wird auf dem fluoreszierenden Endbildleuchtschirm sichtbar gemacht
255  bzw. nach Wegklappen desselben auf der Photoplatte registriert.
256  Folgende Zahlenangaben mögen zur besseren Vorstellung dienen:
257  Beschleunigungsspannungen wahlweise 40kV 60kV
258  80kV 100 kV (vgl. jedoch Abschnitt), wobei
259  die Anode auf Erdpotential liegt Kathodenheizung 2-3 V;
260  Elektronenstrom (Strahlstrom) 0-60 *ymn A regulierbar durch
261  eine am Wehneltzylinder liegende Hilfsspannung Vergrößerung
262  durch das Objektiv allein 200 X; vgl. jedoch Abschnitt
263  Vergrößerung durch Objektiv und Zwischenlinse 2600 X
264  Förderliche elektronenoptische Vergrößerung durch alle drei
265  Linsen 8000 (...) 200000 X, regulierbar durch variablen
266  Zwischenlinsenstrom sowie verschiedene Projektivpolschuhe
267  (Revolversystem) Abstand Kathode - Anode ca. 13 mm
268  Objektivbrennweite 2,8 mm Mikroskoprohrlänge insgesamt 1,
269  25 m Vakuum (Formel) (...) (Formel) Torr, wobei der Objektraum und
270  die Plattenkammer jeweils durch eigene Schleusen zwecks schnellem
271  Objektwechsel bzw. Plattenwechsel abgetrennt werden
272  können. Bild soll die Wirkung einiger Grund-
273  Vergrößerungsstufen an derselben Objektstelle veranschaulichen.
274  (Durchstrahlungsaufnahmen einer elektrolytisch abgedünnten Al-
275  Folie, Abschnitt. Infolge der im vorigen Kapitel
276  abgeleiteten Schraubenbahn der Elektronen im EM verdreht sich das
277  Bild bei Veränderung der Vergrößerung (magnetische Rotation,
278  Abschnitt. Dieser Effekt ist gleichfalls in Bild
279  eingezeichnet. Auf weitere Einzelheiten wird jeweils in den
280  folgenden Kapiteln eingegangen. Im Übrigen sei auf die
281  ausführlichen Bedienungsanleitungen bzw. Prospekte der
282  Hersteller hingewiesen, für die hier kein Ersatz gegeben werden
283  soll und die in jedem Falle als Voraussetzung bzw. Ergänzung
284  zu betrachten sind. Aus diesem Grunde enthält dieses Buch auch
285  keine Abbildungen kommerzieller Geräte. Dies gilt auch für die
286  zahlreichen, oft sehr wertvollen Zusatzgeräte, von denen
287  insbesondere die speziellen Objektpatronen (Probenhalterungen) zu
288  nennen sind, die es gestatten, die Präparate um definierte
289  Achsen senkrecht zum Strahl zu kippen, sie zu heizen, zu kühlen,
290  elastisch-plastisch zu dehnen oder ähnliche Manipulationen
291  während der Beobachtung vorzunehmen.

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