Quelle Nummer 464

Rubrik 13 : GESCHICHTE   Unterrubrik 13.03 : TEILGEBIETE

AUSGRABUNGEN
KURT SCHIETZEL
BERICHTE UEBER DIE AUSGRABUNGEN IN HAITHABU (BERICHT
4) (SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES LANDESMUSEUM FUER VOR-
UND FRUEHGESCHICHTE SCHLESWIG, SCHLOSS GOTTORP)
DAS ARCHAEOLOGISCHE FUNDMATERIAL I (1963-1964)
KARL WACHHOLTZ VERLAG, NEUMUENSTER 1970, S. 46-


001  EINLEITUNG. Von der Menge der in Haithabu
002  während der Ausgrabungen 1963-1964 gefundenen Gefäßscherben
003  hebt sich eine kleine Gruppe ab, die durch die Herstellung auf der
004  schnell rotierenden Töpferscheibe, die feine Aufbereitung des
005  Tones, den harten Brand und die auffallende Dünnwandigkeit
006  deutlich von der übrigen Keramik unterschieden ist. Eine
007  makroskopische Betrachtung der zahlreichen Gefäßfragmente zeigt,
008  daß diese Tonware durchweg der Keramik entspricht, die aus
009  rheinischen Töpferwerkstätten des frühen Mittelalters bekannt
010  ist. Arten, Formen und Verbreitung der Importkeramik in
011  den Grabungsflächen. Gefäßfragmente folgender
012  Verarbeitungsarten sind vertreten: Von den Gefäßen Badorfer
013  Art sind Scherben aller Verarbeitungsarten gefunden worden, die
014  im Bereich dieser Werkstätten gebräuchlich gewesen sind. Hinzu
015  kommen Bruchstücke von Kannen vom Tatinger Typ und Gefäßreste
016  Pingsdorfer Art. Bemerkenswert sind die Bruchstücke von
017  glasierten Gefäßen. Die wenigen Scherben dieser Art
018  entsprechen in ihrer Tonverarbeitung der Pingsdorfer Keramik.
019  Auf der Außenfläche sind sie z. T. mit mehrzeiligen
020  Bändern von Rechteckrollrädchenstempeln verziert. Die
021  Außenfläche ist mit einer dicken, gelblichbraunen Glasur
022  überzogen, die in einzelnen Streifen auf der Innenseite in das
023  Gefäß hineinläuft. Sie hat einen leicht olivgrünen Schimmer.
024  Die Hauptmasse der Scherben gehört zur Gruppe der Badorfer und
025  Pingsdorfer Art. Nur 6 Fragmente, die offensichtlich zu 3
026  Gefäßen gehören, sind glasiert. Der Formenschatz, wie er in
027  den gefundenen Gefäßfragmenten erkennbar wird, ist sehr begrenzt.
028  Soweit die Fragmente eine Einordnung ermöglichen, gehört die
029  überwiegende Masse der Scherben zu rundbauchigen Gefäßen mit
030  Linsenboden und schräg nach außen ansteigender, schwach
031  profilierter Randlippe. Nur eine kleine Gruppe zeigt eine
032  rundstabartig verdickte, scharf nach außen umgelegte Randlippe.
033  Die Reliefbandamphoren sind mit den beiden gebräuchlichen Formen
034  vertreten. Neben solchen mit scharf abgesetztem, lang ausgezogenem
035  Rand finden sich andere mit kurzem, verdicktem Rand, der direkt
036  auf der Mündung aufliegt. Die Tatinger Kannen gehören durchweg
037  zu dem häufig beschriebenen Typ. Ein einziges Gefäß aus dem
038  gleichen Ton scheint eine rundbauchige Form gehabt zu haben;
039  jedoch erlaubt die geringe Größe der Scherbe keine sichere
040  Beurteilung. Die Gefäße Pingsdorfer Art haben - soweit die
041  Fragmente eine Rekonstruktion zulassen - in der Mehrzahl zur
042  Gruppe der hohen, bauchigen Krüge mit kurzer Ausgußtülle und
043  gewelltem Standring gehört. Wenige Scherben lassen auch eine
044  Rekonstruktion zu rundbauchigen Töpfen mit Linsenböden zu. Die
045  Randlippen aller dieser Gefäße sind kantig profiliert. Die
046  Form der wenigen glasierten Gefäße ist nicht eindeutig erkennbar.
047  Die Streuung der Scherben von Gefäßen Badorfer,
048  Pingsdorfer und Tatinger Art erstreckt sich annähernd gleichartig
049  über die gesamte untersuchte Fläche. Auffällig ist daher die
050  Verbreitung von Fragmenten der Reliefbandamphoren. Diese
051  konzentrieren sich - abgesehen von zwei Scherben -
052  ausschließlich in den Flächen nördlich des alten Bachlaufes und
053  fehlen südlich davon. Eine Bewertung dieser Beobachtung kann
054  jedoch nur im Zusammenhang mit den übrigen Ergebnissen der
055  Grabung möglich sein. Die Datierung. Eine absolute
056  Datierung dieser verschiedenen Keramikgruppen ist aus den
057  Fundumständen der Grabungsflächen 1963-1964 in Haithabu
058  nicht möglich. Die Badorfer Keramik kann mit Hilfe datierender
059  Funde von anderen Plätzen jedoch in die Zeit vom letzten Drittel
060  des 8.bis in die ersten Jahrzehnte nach der Mitte des 9.
061  Jahrhunderts eingeordnet werden. Die Kannen Tatinger Art lassen
062  sich gleichfalls seit dem ausgehenden 8.bis zum Ende des 9.
063  Jahrhunderts nachweisen. Die Tonware Pingsdorfer Art erscheint
064  in den letzten Jahrzehnten des 9.Jahrhunderts und bleibt bis
065  ins hohe Mittelalter in Gebrauch. Eine Untergliederung des
066  langen Zeitraums ist im Augenblick nicht möglich, da eine
067  zusammenfassende Bearbeitung dieser Gruppe noch fehlt. Inwieweit
068  es möglich sein wird, ausgehend vom Untergang Haithabus, einen
069  chronologischen Festpunkt für diese Keramik zu gewinnen, kann im
070  Augenblick nicht gesagt werden. Auch für die Anfangsdatierung
071  der glasierten Keramik fehlen noch umfassende Untersuchungen. Mit
072  Sicherheit kann nur gesagt werden, daß während des 9.
073  Jahrhunderts Tonware dieser Art im nordwestlichen Europa noch
074  unbekannt ist. Wann die Anfänge der Herstellung solcher Keramik
075  im Rheinland anzunehmen sind, bleibt daher ungewiß.
076  DIE ANZAHL DER IMPORTIERTEN GEFÄSSE
077  Die Probleme, die sich aus der Frage nach dem mengenmäßigen
078  Anteil der beschriebenen Keramikgruppen an der Tonware von
079  Haithabu ergeben, können im Augenblick nur zu einem Teil
080  behandelt werden. Zu einer endgültigen Auswertung sind vor allem
081  die noch ausstehenden statistischen Aufarbeitungen der übrigen
082  Keramikgruppen nötig. Allerdings werden bereits jetzt einige
083  Ergebnisse sichtbar, über die hier kurz berichtet werden soll.
084  (Abb.) Mengenmäßig stehen sich 142 Scherben Pingsdorfer Art und 15
085  Badorfer Art gegenüber Dieses Zahlenverhältnis wird eindeutig
086  zugunsten der Tonware Badorfer Technik verschoben, zählt man die
087  132 Scherben von Reliefbandamphoren hinzu, die durchweg in
088  Badorfer Art hergestellt worden sind. Um dieses Zahlenbild nicht
089  unnötig zu verkomplizieren, sind die Fragmente von zwei Töpfen
090  Badorfer Art und drei Töpfen Pingsdorfer Art, die sich jeweils
091  zu größeren, zusammenhängenden Stücken rekonstruieren ließen,
092  nicht mit in die Zählung einbezogen worden. Diese zunächst
093  auffallend hohe Zahl von Fragmenten importierter Keramik darf
094  jedoch, wie die Betrachtung der Verteilung und der Fragmente
095  selbst zeigt, nicht überbewertet werden. Wie der Plan (Abb.
096  1) zeigt, lassen sich die Mehrzahl der
097  Reliefbandamphorenfragmente wenigen Gefäßen zuweisen. Bereits
098  eine Betrachtung der Muster zeigt, daß nur fünf verschiedene
099  Rollrädchenornamente nachweisbar sind. Ein Vergleich der
100  Gefäßfragmente miteinander, bei dem sich häufiger einzelne
101  Scherben zusammensetzen ließen, die von weit entfernten
102  Fundpunkten stammten, zeigt, daß die Masse der Fragmente zu
103  etwa 9 Amphoren gehört hat. Bei einer Anzahl weiterer Stücke
104  läßt sich nicht klären, ob sie zu einem Gefäß dieser Gruppe
105  gehört haben oder ob sie kleinere Fragmente anderer Amphoren sind.
106  (Abb.) Ähnlich, wenn auch nicht so auffällig, ist das Ergebnis
107  bei der Betrachtung der Verbreitung von Scherben Tatinger Kannen.
108  Insgesamt sind 62 Scherben gefunden worden. Ihre
109  Materialbeschaffenheit sowie die Lage der Fundstellen zeigen an,
110  daß an mindestens acht Stellen mehrere Fragmente einer Kanne
111  verteilt sind. Auch die nicht zu große zahlenmäßige Diskrepanz
112  von Henkelfragmenten, Randscherben und Bodenstücken weist darauf
113  hin, daß es sich um nicht allzu viele Gefäße gehandelt haben
114  wird. Auf Grund dieser Verteilung ist anzunehmen, daß die Zahl
115  der Tatinger Kannen, zu denen alle Fragmente gehören, am
116  wahrscheinlichsten zwischen 10 und 20 zu suchen ist. Schwieriger
117  ist die Beurteilung der Fragmente von Gefäßen Badorfer Art.
118  Bei der Gleichförmigkeit des Materials, der Dünnwandigkeit der
119  Fragmente und der dadurch bedingten kleinen Scherben ist es in der
120  Mehrzahl der Fälle nicht möglich, eine exakte Zuweisung von
121  Wandstücken zu einem bestimmten Gefäß vorzunehmen. In der
122  Darstellung sind daher nur die mit Rollrädchenmuster verzierten
123  Scherben erfaßt. Auch hier wiederum zeigt sich, daß das
124  Verbreitungsbild es ermöglicht, mehrere Fragmente einem Gefäß
125  zuzuordnen, so daß die 55 verzierten Scherben zu etwa 35
126  Gefäßen gehören. Daß damit der Umfang des Vorkommens von
127  Töpfen Badorfer Art mengenmäßig recht zutreffend erfaßt wird,
128  im Verhältnis zu den etwa 100 unverzierten Wandscherben, ist
129  wahrscheinlich. Bestärkt wird die Annahme dadurch, daß bei den
130  oben genannten zwei Töpfen, die zudem nur sehr fragmentarisch
131  erhalten sind, die Zahl der zugehörigen Scherben sehr hoch
132  gewesen ist. In einem Fall gehören 35, im anderen 39 Scherben
133  zusammen. Ausgehend von diesen Befunden wird man daher eher mit
134  weniger als 35 Gefäßen Badorfer Art für die untersuchte
135  Fläche rechnen können. Dies um so mehr, da Beobachtungen an
136  unversehrten Gefäßen gezeigt haben, daß die Form der
137  Rollrädchenmuster während des Brennprozesses am gleichen Gefäß
138  sich partiell stark verändert. Ebenso kann auch die Farbe der
139  Gefäßoberfläche, abhängig von dem Hitzegrad, der im Ofen an
140  bestimmten Stellen herrscht, starken Schwankungen unterworfen sein.
141  In zahlreichen Fällen ergeben sich dabei solche Differenzen im
142  Aussehen, daß verschiedene Partien des gleichen Musters und
143  Gefäßes keine Übereinstimmung mehr zeigen. Diese Fehlerquelle
144  muß bei einer statistischen Auswertung mit berücksichtigt werden,
145  so daß auch von dieser Sicht her die Gefäßzahl eher niedriger
146  als höher angesetzt werden kann. Das Vorkommen von nur elf
147  Randscherben und sieben Bodenstücken unterstützt diese Vermutung.
148  Eine klare Beurteilung der Pingsdorfer Ware in ihrer Beziehung
149  zum Gesamtmaterial ist - ausgehend allein von den Funden des
150  letzten Grabungsabschnittes - kaum möglich. Da das
151  Zahlenverhältnis von Gefäßfragmenten dieser Art zu solchen
152  Badorfer Art schon anzeigt, daß in den untersuchten Schichten
153  die letztgenannte Gruppe stark überwiegt, muß unter Hinzuziehung
154  der Beobachtungen der Vorkriegsgrabung in Haithabu angenommen
155  werden, daß die Mehrzahl der Pingsdorfer Scherben durch
156  Störungen aus jüngeren darüberliegenden Schichten nach unten
157  gelangt ist. Eine Bestimmung der ungefähren Gefäßzahl kann
158  daher nur unter Hinzuziehung des Fundgutes der älteren
159  Grabungsabschnitte erfolgen, ein Vorhaben, das im Rahmen der
160  abschließenden Gesamtbearbeitung erfolgen soll. Unter diesen
161  Umständen möchten wir auch der Zahl von 21 verschiedenen
162  Randprofilen, die zu Gefäßen Pingsdorfer Art gehören, keine
163  weitergehenden Schlüsse entnehmen. ERGEBNIS.
164  Soweit der makroskopische Befund eine Zuweisung erlaubt, kommt
165  die importierte Keramik aus Werkstätten, die im Rheinland
166  gearbeitet haben. Mit Sicherheit stammt die Mehrzahl der
167  Gefäße aus den Töpfereien von Badorf am Vorgebirge bei Bonn.
168  Entsprechend der allgemeinen Situation des Keramikhandels im
169  ausgehenden 8.und im 9.Jahrhundert fehlen vor allem
170  Gefäße aus den Mayener Töpfereien. Auffällig ist zudem die
171  geringe Zahl von Gefäßen der steinzeugartig hart gebrannten Art,
172  die in den gleichen Werkstätten hergestellt worden sind, jedoch
173  nur in geringem Umfang über die Rheinmündung hinaus nach Norden
174  verhandelt worden sind. Die Betrachtung der Gefäßformen zeigt,
175  daß aus dem reichhaltigen Formengut der Werkstätten von Badorf
176  und Pingsdorf nur ganz wenige Typen nach Haithabu gelangt sind.
177  Diese Beobachtung stimmt mit Befunden von anderen Fundplätzen in
178  Norddeutschland und Skandinavien überein, die anzeigen, daß nur
179  sehr wenige Formen vom Fernhandel verbreitet worden sind. Damit
180  stellt sich erneut die Frage, ob diese Gefäße im Rahmen eines
181  Geschirrhandels oder aber nur als Behälter für andere Waren in
182  den Norden gelangt sind. Als wesentlich bei der Betrachtung der
183  Zeitstellung der importierten Tonware erscheint die Beobachtung,
184  daß keine Keramik gefunden worden ist, die in die Zeit vor dem
185  letzten Drittel des 8.Jahrhunderts gehören könnte. Dieses
186  Ergebnis wird um so beachtenswerter, als die Ausgrabungen auf
187  Helgö im Mälarsee neuerdings Keramik rheinischer Art vom
188  ausgehenden 7.und der ersten Hälfte des 8.Jahrhunderts
189  erbracht haben. Setzt man die erschlossene Zahl importierter
190  Gefäße in Beziehung zum Gesamtbestand der verwendeten Tonware,
191  dann erscheint es als sicher, daß diese nur weniger als 1 Prozent
192  der Gesamtkeramik während des 9.Jahrhunderts in Haithabu
193  ausgemacht hat. Diese Zahl, die im klaren Gegensatz zum Befund
194  vom Handelsplatz Dorestad steht, zeigt deutlich das Gefälle der
195  Zivilisation an. Dagegen scheint der Anteil der Importgefäße
196  an der Keramik von Birka entsprechend den Verhältnissen in
197  Haithabu gewesen zu sein, wenngleich auch dort eine
198  zusammenfassende Bearbeitung der Siedlungsfunde noch aussteht.
199  Völlig anders gelagert sind auf Grund der vorliegenden Berichte
200  die Verhältnisse im Handelsplatz Kaupang am Oslofjord gewesen.
201  Hier sollen - nach den Grabungsberichten - 70 Prozent der
202  Keramik aus dem Rheinland stammen. Karneolperlen aus
203  Haithabu (Ausgrabung 1963-1964). In dem Fundgut von
204  Haithabu, das während der archäologischen Untersuchungen 1963
205  -1964 geborgen wurde, befindet sich eine Anzahl von
206  Karneolperlen. Sie lagen nahezu gleichmäßig über die gesamte
207  Grabungsfläche verteilt in verschieden tiefen Siedlungsschichten;
208  zehn Perlen stammen aus gesicherter Fundlage. Die vorliegenden
209  Perlen lassen sich sechs Typen zuordnen. Mit drei Perlen ist der
210  kugelige, rundum flächig geschliffene Typ am häufigsten vertreten.
211  Zweimal kommen rechteckige Perlen mit allseitigem Rhombenschliff
212  und röhrenförmige Exemplare mit Facettenschliff vor. Je einmal
213  ist die flache Perle mit scharfkantigem, facettiertem Rand, die
214  kleine, röhrenförmige, flache Perle mit Facettenschliff und
215  eine große, runde, scheibenförmige Perle vorhanden. Über
216  diese gesicherten Funde hinaus sind aus den Vorkriegsgrabungen in
217  Haithabu weitere Karneolperlen bekannt, die als Streufunde
218  angesprochen werden müssen. Unter ihnen erscheinen die oben
219  beschriebenen Typen mit geringen Abweichungen wieder. Zusätzlich
220  kommen kugelige, runde Perlen vor. Bis auf eine Perle von
221  schmutzig gelbbrauner Färbung sind sämtliche Exemplare
222  gleichmäßig orangerot getönt. Sie weisen somit, was den
223  verarbeiteten Stein anbelangt, eine gute Durchschnittsqualität
224  auf und übertreffen die meisten auf slawischem Gebiet gefundenen
225  Stücke. Hinter den von der Krim stammenden Perlen stehen
226  diejenigen von Haithabu qualitativ allerdings zurück. Das
227  schwierigste Problem bei der Karneolperlenherstellung war nicht der
228  Schliff, sondern die Durchbohrung. Der geringste Fehler im
229  Stein führte dabei unweigerlich zum Zerspringen der Perle. Dies
230  machen auch einige Haithabufunde der Vorkriegszeit deutlich, bei
231  denen die Durchbohrungen nicht zu Ende geführt werden konnten, da
232  die Perle während des Arbeitsvorganges zerplatzte. Gerade diese
233  Bruchstücke lassen aber Details der Bohrtechnik erkennen. Wie
234  von alters her - die ältesten Werkstätten zur
235  Karneolperlenherstellung sind aus Uruk-Warka (Irak) bekannt
236  - bohrte man die Perle von zwei Seiten an. Bei den
237  Haithabuperlen muß dazu ein sehr feines Gerät verwendet worden
238  sein. Eine Verengung des Bohrkanals zur Mitte der Perle hin
239  läßt sich mit Sicherheit nur einmal nachweisen. Es hat daher den
240  Anschein, als seien überwiegend nahezu gleichmäßig starke
241  Bohrgeräte verwendet worden. Karneol als Rohstoff steht im
242  gesamten nordeuropäischen Raum nicht an. Die nächsten,
243  allerdings unbedeutenden Vorkommen, liegen in Sachsen. Neben
244  umfangreicheren Rohstoffquellen in Nordamerika und
245  Südamerika und in Madagaskar, die hier außer Betracht bleiben
246  können, finden sich ergiebige Karneolvorkommen in Vorderindien.
247  Es ist naheliegend, zunächst dieses Gebiet als Herkunftsland
248  für den in Nordeuropa auftretenden Karneol anzusprechen. In
249  Haithabu haben sich keinerlei Rohstücke gefunden. Hingegen
250  spricht das Vorhandensein von Perlenbruchstücken, die
251  wahrscheinlich bei der Herstellung des Bohrkanals zersprungen sind,
252  für eine auf diesem Handelsplatz mindestens in beschränktem
253  Umfange vorhandene Verarbeitung von Halbfertigprodukten.

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