Quelle Nummer 456

Rubrik 11 : LITERATUR   Unterrubrik 11.05 : LITERATURGESCHICHTE

NORDISTIK
WILHELM FRIESE
NORDISCHE LITERATUREN IM 20. JAHRHUNDERT
KROENER VERLAG STUTTGART, 1971, S. 1-


001  Strukturen und Tendenzen in Literatur und Gesellschaft.
002  In der Literaturgeschichte ist die Zusammenarbeit unter den
003  nordischen Ländern nur wenige Male so intensiv und lebhaft gewesen
004  wie in den letzten drei Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts.
005  Nahezu gleichzeitig oder doch in einem Abstand von nur wenigen
006  Jahren vollzieht sich innerhalb der einzelnen Literaturen des
007  Nordens eine radikale Abkehr von jener Dichtung, die in den
008  Jahrzehnten um die Jahrhundertmitte die literarische Landschaft
009  ausmacht. Das Biedermeier und der poetische Realismus in
010  Dänemark, die Nationalromantik in Norwegen und Island und die
011  Spätromantik in Schweden werden im achten Jahrzehnt des
012  Jahrhunderts durch etwas Neues abgelöst: " Det moderne
013  genembrud " (Der moderne Durchbruch) wird diese gründliche
014  Umgestaltung in den siebziger und achtziger Jahren von der
015  skandinavischen Literaturwissenschaft genannt. Nicht länger mehr
016  zeigt die Literatur idealistische oder idyllische Züge, nicht
017  mehr gefragt ist das romantisch Epigonale und das erhebend
018  Pathetische. Die Schriftsteller entdecken neue Themen und
019  Stoffe: die Welt und die Probleme der Gegenwart. Nicht mehr
020  fernen Zeiten und Regionen entnehmen sie ihre Muster und Modelle,
021  sondern der sie umgebenden Wirklichkeit. Voran gehen dabei
022  norwegische und dänische Autoren - die kulturellen Verbindungen
023  zwischen Dänemark und Norwegen sind zu jener Zeit noch recht eng,
024  und sie sind keinesfalls nur negativ zu beurteilen -, sie bilden
025  die Spitze in der Phalanx der Männer des " modernen Durchbruchs "
026  und sind die Voraussetzung für eine ähnliche Entwicklung im
027  benachbarten Schweden und auf dem fernen Island. Als erster wagt
028  Bj (Zeichen)n rnstjerne BJ (Zeichen)n RNSON (1832-1910) mit seinem
029  Schauspiel En Fallit (1875; Ein Fallissement, 1876;
030  später: Ein Bankrott) den Sprung in das moderne Leben:
031  in die Welt des Kapitalismus. Nicht länger mehr tummeln sich in
032  seinen Stücken die Recken und Heldenkönige des Mittelalters,
033  er läßt sich - wie Georg Brandes dies nennt - auf die
034  Tragikomödie des Geldes ein. Zwei Jahre später schreibt
035  Henrik IBSEN (1828-1906) - nach den historischen
036  Dramen mit Motiven aus der Sagawelt und Märchenwelt,
037  nach der durch Kierkegaard inspirierten Forderung des " Alles
038  oder nichts " in dem dramatischen Gedicht Brand und nach
039  dem welthistorischen Schauspiel Kejser og Galil (Zeichen)n er (1873;
040  Kaiser und Galiläer, 1888) mit seiner utopischen Synthese
041  von Antike und Christentum - das erste Gegenwartsdrama
042  oder Gesellschaftsdrama: Samfundets st (Zeichen)n tter (1877;
043  Stützen der Gesellschaft, 1878). Mit Bj (Zeichen)n rnson
044  Kaufmann Tj (Zeichen)n lde und Ibsens Reeder und Konsul Bernick
045  stehen zwei Exponenten der bürgerlich-kapitalistischen
046  Gesellschaft im Rampenlicht der Bühne: das Theater wird zu
047  einer moralischen Anstalt. Die entschiedene Absage an den
048  althergebrachten christlichen Glauben und an ein metaphysisches
049  Weltbild tut sich in J. P JACOBSENS (1847-1885)
050  Werk kund: schon in seiner ersten, 1872 veröffentlichten
051  Prosaarbeit, der Novelle Mogens (dt. 1910), setzt
052  er Charles Darwins Lehre über die Natur und den Menschen in ein
053  Stück poetische Wirklichkeit um. Die ganze Schwere und
054  Problematik der sich als Teil der Natur in einer materialistisch
055  -entgötterten Umwelt begreifenden menschlichen Existenz wird
056  jedoch in dem Geschick der Titelfigur - dem " halben Helden "
057  - des Romans Niels Lyhne (1880; Niels Lyhne, 1889)
058  offenbar. Erblickt Niels im Tod den einzigen Ausweg aus seiner
059  Situation, so wendet sich die Hauptfigur eines anderen Romans,
060  Arvid Falk, der unbarmherzige Kritiker seiner Stockholmer
061  Umwelt, wieder dem Leben zu, doch diese Unterwerfung des alter
062  ego des Autors in Röda rummet (1879; Das rote Zimmer,
063  1889) ist nur scheinbar und vorläufig; denn sehr bald werden
064  die Prosa und Dramen August STRIpnDBERGS (1849-1912)
065  die schwedische Gesellschaft in ihren Grundfesten erschüttern.
066  In einem knappen Jahrzehnt verändert sich die Physiognomie der
067  nordischen Literaturen ganz wesentlich. Für diesen Wandel läßt
068  sich eine Reihe von Gründen aufführen, die letztlich
069  entscheidende Ursache aber ist in der ökonomisch-sozialen
070  Entwicklung Skandinaviens in der zweiten Hälfte des 19.
071  Jahrhunderts zu suchen. Seit dem Beginn des Ackerbaus in der
072  Steinzeit vollzieht sich in diesem Zeitraum die bedeutsamste,
073  gewiß aber folgenreichste gesellschaftliche Umstrukturierung in den
074  Ländern Nordeuropas. Diesen Umschichtungsprozeß registrieren
075  die Schriftsteller nicht nur wie Seismographen, sie nehmen aktiv
076  und sehr häufig mit größter Leidenschaft an ihm teil: sie sind
077  sich des Heraufkommens einer neuen Zeit bewußt. Die technisch
078  -industrielle Revolution rüttelt an der Ordnung der
079  traditionellen Standesgesellschaft: an der Beamtenhierarchie und
080  an den patriarchalischen Formen der Landwirtschaft. Noch lassen
081  sich die politischen Konsequenzen dieser Entwicklung, begünstigt
082  durch die periphere Lage Skandinaviens, von den beharrenden
083  Kräften der Gesellschaft, insbesondere von den Landwirten und
084  Beamten, um einige Jahre hinausschieben, aber nur noch bis zur
085  Jahrhundertwende. Der politische Einfluß der Konservativen
086  nimmt ganz gewiß im letzten Drittel des Jahrhunderts immer mehr ab,
087  doch müssen die Lieberalen lange und heftig ringen, ehe der
088  Machtwechsel (systemskiftet) eintritt. In Norwegen siegen die
089  Liberalen bereits 1884, in Dänemark wird 1901 ein liberales
090  Ministerium (Venstre) berufen, in Schweden setzt sich die neue
091  politische Kraft 1905 durch. Sicherlich sind sehr große Teile
092  der Bevölkerung noch von der politischen Willensbildung
093  ausgeschlossen, doch bereiten die letzten Jahrzehnte des 19.
094  Jahrhunderts den Boden für das parlamentarische System der
095  neuzeitlichen Demokratie, die sich endgültig im zweiten Jahrzehnt
096  des 20.Jahrhunderts durchsetzen wird. Manifestieren sich die
097  Veränderungen in der gesellschaftlichen Struktur erst um die
098  Jahrhundertwende im politischen Leben, so ist die Loslösung und
099  Befreiung von den bislang vorherrschenden Formen im Bereich der
100  Wirtschaft bereits in den voraufgehenden Jahrzehnten zu beobachten.
101  Die schnell voranschreitende Industrialisierung beseitigt
102  traditionelle Privilegien und bringt für bestimmte
103  Bevölkerungsschichten stets größer werdende Freiheiten mit sich.
104  Ganz besonders gilt dies für das durch die expansive industrielle
105  Revolution in Westeuropa und Amerika am unmittelbarsten betroffene
106  Land: Norwegen. Der naturgegebene Reichtum der Wälder des
107  Landes fördert die Entstehung einer Papierindustrie und
108  Zelluloseindustrie in den sechziger Jahren, die Erfindung der
109  Harpunenkanone durch einen Norweger macht den Walfang zu einem
110  äußerst wichtigen Industriezweig neben der
111  Fischkonservenverarbeitung, am stärksten aber werden diese
112  Jahrzehnte durch die enorme Zunahme der Segelschiffe geprägt.
113  Da der Welthandel immer mehr Transportmittel verlangt, erhöht
114  sich die Tonnage in den Jahren von 1850 bis 1880 von 284000 auf 1 1
115  (math.Op.) 2 Millionen Tonnen, und nach der Jahrhundertwende besitzt das
116  Land die drittgrößte Handelsflotte der Welt. Eine der Folgen
117  dieses wirtschaftlichen Aufschwungs ist die Veränderung der
118  Bevölkerungsstruktur: die städtische Bevölkerung, die in der
119  Mitte des Jahrhunderts etwa 12 % der Gesamtbevölkerung
120  ausmacht, steigt bis 1900 auf nahezu 30 %. Die ständig
121  zunehmende Zahl der Einwohner des Landes vermag aber auch die
122  Industrie nicht aufzunehmen, und so emigrieren viele
123  Hunderttausende nach Nordamerika. Riesig ist auch der Strom der
124  schwedischen Auswanderer nach dem Norden Amerikas; denn das
125  Land kann die steigende Bevölkerungszahl nicht mehr versorgen.
126  Die umfassenden Flurbereinigungen führen nicht nur zur Bildung
127  von großen landwirtschaftlichen Besitzungen, sondern auch zu einer
128  zunehmenden Verelendung der landwirtschaftlichen Arbeiter: So
129  verlassen allein in den achtziger Jahren etwa 347000 Menschen ihre
130  Heimat. Endgültig setzt sich die moderne Industrie in den
131  Jahren von 1870 bis 1890 durch: die Eisenwerke und
132  Stahlwerke passen sich den neuen Erfordernissen an, die
133  Dampfkraft und die neuzeitlichen Sägewerke lassen die
134  holzverarbeitende Industrie rasch wachsen. In diesem
135  Industriezweig ereignet sich im Norrland 1879 auch der erste
136  Arbeiterstreik, der aber durch das Militär niedergeschlagen wird
137  - dies geschieht im selben Jahr, da Strindbergs Roman
138  Röda rummet erscheint. Im Vergleich zu Norwegen oder
139  Schweden verläuft die Industrialisierung Dänemarks in ruhigeren
140  Bahnen, dies gilt insbesondere für die Modernisierung der
141  Landwirtschaft, den zu jener Zeit wichtigsten Erwerbszweig des
142  Landes. In dem zum Königreich Dänemark gehörenden Island
143  aber zieht die Technik der Neuzeit erst im 20.Jahrhundert ein.
144  Freiheit für die Entwicklung des Wirtschaftslebens verlangt der
145  Liberalismus, unweigerlich gerät er mit dieser Forderung in
146  Opposition zu den alten ökonomischen und politischen Mächten,
147  die den Staat tragen und die öffentliche Meinung bilden:
148  Institutionen wie die Staatskirche und das Beamtentum sind so die
149  Bollwerke gegen alle Formen des Liberalismus. Zusammen mit dem
150  Wunsch nach mehr wirtschaftlicher Freiheit ergeht nämlich auch der
151  Ruf nach der Freiheit des Individuums und nach der freien
152  Entfaltung der Persönlichkeit. Henrik Ibsen schreibt 1875 in
153  Et rimbrev (Ein Reimbrief, 1903) - der Adressat ist
154  G. Brandes - von " einer Leiche im Laderaum " eines sich
155  mit Kurs auf " neue Lande " befindenden Dampfschiffes: diese
156  Metapher charakterisiert die vielfachen Vorurteile im Denken und
157  Tun der Menschen, all jene Vorurteile auf den Gebieten der
158  Moral, Philosophie und Politik, welche die Gesellschaft noch
159  aus der alten Zeit mitschleppt. Die Kritik und der indignierte
160  Protest der liberalen Intellektuellen und Schriftsteller gelten
161  dieser Welt. Der Däne Holger DRACHMANN (1846-1908)
162  prophezeit in den Versen seiner ersten, 1872 erscheinenden
163  Gedichtsammlung die Weltrevolution und verhöhnt mit bitter-
164  bösen Worten die bürgerliche Gesellschaft. Henrik Ibsen
165  postuliert den Geist der Wahrheit und der Freiheit in
166  Samfundets st (Zeichen)n tter (1877; Stützen der Gesellschaft, 1878),
167  setzt sich in Et dukkehjem (1879; Nora oder Ein
168  Puppenheim, 1880) für die Selbstverwirklichung des Individuums
169  ein, demonstriert in Gengangere (1881; Gespenster,
170  1884), welch eine Nemesis über die Nachkommen hereinbricht,
171  wenn es der Mensch nicht wagt, aus der konventionellen Moral
172  auszubrechen. Die heuchlerische Autorität der Staatskirche
173  Attackiert Alexander KIELLAND (1849 bis 1906) in dem
174  Roman Garman *und Worse (1880; Garman *und Worse,
175  1881), in Arbejdsfolk (1881; Arbeiter, 1881) macht
176  er die Beamten und in Else (1881; Else, 1882) die
177  Bigotterie der Bourgeoisie zur Zielscheibe seines Spotts. Nicht
178  weniger scharf geht August STRINDBERG in den
179  Prosaarbeiten der achtziger Jahre, in Röda rummet, Giftas
180  1 (1884; Heiraten, 1889) und den autobiographischen
181  Schriften, mit dieser Gesellschaft ins Gericht. Bj (Zeichen)n rnson
182  und Ibsen stehen in der vordersten Reihe der Phalanx der Männer
183  des " modernen Durchbruchs " im Norden Europas (die Gründe
184  sind - wie zuvor kurz angedeutet - in der ökonomisch-
185  gesellschaftlichen Entwicklung gegeben), zu ihnen stoßen die
186  Dänen Jacobsen, Drachmann, Schandorph, die Schweden
187  Strindberg und Geijerstam, die Isländer Gestur P lsson
188  und (Zeichen)n orgils Gjallani. Sie brechen mit dem wirklichkeitsfernen
189  Idealismus, der biedermeierlichen Idylle und stellen in ihren
190  Arbeiten " Probleme zur Debatte ", da dies allein das
191  wesentliche Kennzeichen einer Literatur ist, die " in unseren
192  Tagen " lebt, wie Georg BRANDES (1842-1927) im
193  November 1871 zur Eröffnung seiner Kopenhagener Vorlesungsreihe
194  über die Hovedstr (Zeichen)n mninger i det 19.aarhundredes
195  litteratur (gedruckt 1872-90; Hauptströmungen in der
196  Literatur des 19.Jahrhunderts, 1872 ff. u. a.)
197  dekretiert: Eine Literatur, die dieser Forderung nicht
198  nachkomme, werde an Bedeutung verlieren. Die schon lang währende
199  Stagnation im Dichten und Denken Nordeuropas soll durch die
200  Aufnahme des europäischen Geisteslebens, durch die neuen
201  Anschauungen über die Religion, Geschichte, Moral, Kunst und
202  Literatur überwunden werden. Ludwig Feuerbachs psychologische
203  Deutung der Religion - die Götter ein Produkt der Wünsche,
204  Träume und Phantasie des Menschen, besser wäre es, diese
205  starken Gefühle und Kräfte dem Menschen zu Gute kommen zu
206  lassen (diese Gedanken finden sich in Jacobsens Niels Lyhne)
207  - zählt zu diesen neuen Ideen ebenso wie Auguste Comtes
208  Positivismus, Hippolyte Taines Theorie des kausalen
209  Zusammenhangs von Rasse, Milieu und Moment und Karl Marx'
210  dialektischer und historischer Materialismus. Charles Darwins
211  Evolutionslehre findet durch J. P. Jacobsens
212  Übersetzungen von On the Origin of Species (1859
213  Arternes oprindelse, 1872) und The Descent of Man
214  (1871; Menneskets afstamning, 1874 bis 75) im Norden
215  Verbreitung; eine besonders nachhaltige Wirkung erzielen Herbert
216  Spencers Anwendung der Entwicklungslehre auf die Moral und
217  Gesellschaft und John Stuart Mills Verkündung eines liberalen
218  Individualismus. Georg Brandes selbst übersetzt Mills
219  Utilitarianism (1863) im Jahr 1872 und The Subjection
220  of Women (1869) im gleichen Jahr, da das Original erscheint.
221  Zusammen mit diesen geistigen und naturwissenschaftlichen
222  Erkenntnissen und Lehren erreichen auch die neuen literarischen
223  Strömungen den Norden: Balzacs realistische Darstellung der
224  französischen Gesellschaft, Flauberts nüchterne Beobachtung und
225  psychologische Analyse, Zolas naturalistische Theorie und
226  Romankunst, das zeitgenössische Fragen aufgreifende Drama
227  Augiers und Dumas fils', Charles Dickens' und der Russen
228  Dostoevskij und Tolstoj realistische Prosa und die stimmungsvoll
229  -lyrische Sprache Turgenevs. Nicht zuletzt der
230  Impressionismus Turgenevs hat den Stil der dänischen Autoren
231  Jacobsen, Drachmann, Bang und des Norwegers Lie stark
232  beeinflußt: Bei den Dänen findet vor allem der Charakter des
233  weichen, willensschwachen, " überflüssigen " Menschen eine
234  verständnisvolle Aufnahme - Rudin (1856) übersetzt V.
235  M (Zeichen)n ller, Redakteur der Zeitschrift Nyt dansk
236  maanedsskrift (Neue dänische Monatsschrift), die anfangs
237  der siebziger Jahre das Organ der neuen Literatur ist, 1872 ins
238  Dänische. Die Wirklichkeitsferne, der Zug zum Träumen und
239  Phantasieren, die ästhetische Lebenshaltung ist für Jacobsens,
240  Drachmanns, Schandorphs und Bangs Helden charakteristisch: Er
241  ist En Overkomplet (Ein überflüssiger Mensch) - ein
242  Romantitel von Drachmann aus dem Jahr 1876 -, ein Mensch
243  Uden midtpunkt (Ohne inneren Halt, 1881), wie die zentrale
244  Figur in Schandorphs gleichnamigen Roman von 1878, ein Ästhet
245  und Atheist wie Jacobsens Niels Lyhne oder Bangs William H
246  (Zeichen)n g in Haabl (Zeichen)n se sl (Zeichen)n gter (1880;
247  Hoffnungslose Geschlechter, 1900). " Einen tiefen Graben
248  zwischen gestern und heute " bilden - nach einem Wort Ibsens -
249  Georg Brandes' Vorlesungen und Schriften im geistigen und
250  literarischen Leben des Nordens der siebziger und achtziger Jahre,
251  seine Ideen dringen bis nach Island, wo junge Autoren, die
252  Brandes in Kopenhagen gehört hatten, sie in den Zeitschriften
253  Ver (Zeichen) andi (1882) und Heimdallur (1884 ff.)
254  vorstellen. Der glanzvolle und dialektisch gewandte Redner
255  Brandes eröffnet Horizonte, die in einer stockkonservativen und
256  biedermeierlichen Umwelt den Beginn einer neuen Zeit ankündigen.
257  Brandes kulturgeschichtliche Position erscheint aus nicht-
258  skandinavischer Perspektive unbegreiflich, sie wird erst
259  verständlich, wenn man die Welt, der seine Verachtung und sein
260  ganzer Zorn galt, ein wenig genauer betrachtet. Die Hovedstr
261  (Zeichen)n mninger (Hauptströmungen) sind weniger ein
262  literarwissenschaftliches als ein geistesgeschichtliches Werk:
263  Für Brandes - gewiß kein tiefer Denker und origineller
264  Gelehrter - stehen bei seiner Behandlung der europäischen
265  Literatur des 19.Jahrhunderts nicht ästhetische Fragen im
266  Vordergrund, er mißt den Wert eines Schriftstellers an seinem
267  aufrührerischen Geist (opr (Zeichen)n rsaanden) und an seinem Einsatz
268  Einsatz für die Idee der Freiheit.

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