Quelle Nummer 450

Rubrik 13 : GESCHICHTE   Unterrubrik 13.03 : TEILGEBIETE

ARCHAEOLOGIE
JOACHIM REHORK
FAZINIERENDE FUNDE
ARCHAEOLOGIE HEUTE
GUSTAV LUEBBE VERLAG, BERGISCH-GLADBACH, 1971, 98-


001  Fand der Trojanische Krieg statt?
002  Bodenfunde sind das einzige Quellenmaterial, das für die
003  Erforschung der frühesten Phasen der Menschheitsgeschichte zur
004  Verfügung steht. Bei späteren Zeitabschnitten kommen
005  literarische Zeugnisse hinzu - schriftliche Urkunden im weitesten
006  Sinne: Inschriften, Augenzeugenberichte, Darstellungen
007  zeitgenössischer Historiker und was sonst als Dokument von
008  Bedeutung sein kann. Wie steht es jedoch um den
009  Informationsgehalt antiken Sagengutes? Ausgeklammert sei, was
010  die in diesem Sagengut zum Ausdruck kommenden Vorstellungen der
011  vergleichenden Kulturwissenschaft, der Völkerkunde, der
012  Religionswissenschaft und verwandter Disziplinen an
013  Arbeitsmaterial liefern. Nur ein einziger Aspekt der oben
014  angesprochenen Frage beschäftigt uns hier: Wie weit lassen sich
015  antike Sagentraditionen mit archäologischen Befunden zur Deckung
016  bringen? Dieser Teilaspekt läßt sich nicht betrachten, ohne
017  daß von Homers Welt und Werk - und damit von Troja und vom
018  Trojanischen Krieg - die Rede ist. Zuvor jedoch sei der Blick
019  auf eine Insel der Südägäis geworfen, deren Erforschung in
020  jüngster Zeit ihrerseits Anlaß gegeben hat, die Frage nach dem
021  " historischen Wahrheitskern ", dem Informationswert antiker
022  Sagen zu stellen. Als im Jahre 1871 zur Einweihung des
023  Italienischen Theaters in Kairo Verdis " Aida " uraufgeführt
024  wurde, war diese Premiere gleichzeitig die Nachfeier der
025  Eröffnung des 1869 fertiggestellten Suezkanals. Keiner der
026  Gäste dieses Galaabends dürfte geahnt haben, daß die Anlage
027  des neuen Schiffahrtsweges zur Entdeckung der ersten Überreste
028  aus minoischer Zeit geführt hatte. Man war beim Abbau von
029  Rohmaterial auf sie gestoßen, das man für die Herstellung des
030  Zements für den Suezkanalbau benötigte. Allerdings stand die
031  Entdeckung des minoischen Kreta durch Sir Arthur Evans noch
032  bevor. Erst sie sollte es ermöglichen, die betreffenden Funde in
033  den richtigen Zusammenhang einzuordnen. Ein besonderer
034  Glücksfall war es, daß ein heftiger Vulkanausbruch die
035  Aufmerksamkeit der Gelehrtenwelt auf die Inselgruppe lenkte, wo
036  man den Rohstoff für den Suezkanalzement gewann. Vulkanologen
037  waren es, die die Geschichte der archäologischen Grabungen auf
038  diesem kleinen Archipel einleiteten. Bei der fraglichen
039  Inselgruppe handelt es sich um ein vulkanisches Gebilde oder
040  vielmehr um die Bruchstücke eines solchen. Fluggäste, die von
041  Athen nach Iraklion (Kreta) unterwegs sind, erblicken es an
042  Backbord, kurz bevor ihre Maschine die Inselwelt der Südägäis
043  hinter sich läßt und sich unter ihnen die insellose Weite des
044  Kretischen Meeres breitet. Teils in stumpfem Aschgrau, teils im
045  schimmernden Glanz unzähliger aschenfeiner Partikelchen
046  vulkanischen Glases heben sich die steilufrigen Inselfragmente vom
047  tiefen Blau der See ab. Die Inselbruchstücke umrahmen eine
048  weite Bucht, in deren Mitte man einen jüngeren Vulkankegel -
049  gelegentlich sogar in Tätigkeit - bemerkt. Der größte
050  Inselrest bietet sich dem Blick als ein nach Westen hin offenes,
051  annähernd halbmondförmiges Gebilde dar, an dessen innerer,
052  konkaver Krümmung man sogar vom Flugzeug aus mit bloßem Auge
053  eine Steilküste von ungewöhnlicher Schroffheit erkennt. Man hat
054  die Inselgruppe von Thera vor sich, den - wie man feststellen
055  muß: geborstenen - südlichen Eckpfeiler der Kykladen.
056  Schutzpatronin Irene. Nach der Überlieferung geht Theras
057  Name auf Theras, den Gründer der griechischen (dorischen)
058  Ansiedlung auf der Hauptinsel der Gruppe, zurück. Die heutige
059  Aussprache des Inselnamens lautet " Thira ", das " Th " am
060  Anfang entspricht einem gelispelten englischen th. Die
061  Türken versuchten auf ihre Weise, den lautlichen Verhältnissen
062  des Neugriechischen Rechnung zu tragen, und verwandelten " Thira "
063  in " Phira ". Den Venezianern verdankt die Insel ihren
064  zweiten Namen: Santorin. " Santorin " ist nichts anderes als
065  eine Verballhornung des Namens der christlichen Schutzpatronin
066  Theras, einer Märtyrerin, die auch anderen Orten im Bereich
067  der Kykladen ihren Namen gegeben hat. Es handelt sich um die
068  heilige Irene. H gia Eire81ne8 -
069  neugriechisch: Ayia Ir¡ni - heißt beispielsweise ein
070  Ort auf der Insel K‚a gegenüber Kap Sunion, der
071  Südspitze des attischen Festlandes. Sant' Irene ist die
072  italienische Entsprechung zu H gia Eire81ne8,
073  und aus Sant' Irene wurde - zumal die Venezianer von den
074  Einheimischen ja nicht Eire 81ne8, sondern Ir¡
075  ni hörten - Santorini, und aus Santorini schließlich Santorin.
076  Das griechische Wort eire81ne8 bedeutet " Friede ",
077  und Santorins Bewohner mögen, wenn sie den Namen der
078  christlichen Patronin ihrer Insel aussprechen, damit den Wunsch
079  nach friedlichem Verhalten jener Naturkraft verbinden, die
080  ständig die Insel bedroht - sei es auch nur, daß Schwaden
081  vulkanischer Gase frischgetünchte Häuser mit einem giftig-
082  grellen Farbüberzug versehen und den Inselbewohnern Kopfschmerzen
083  und Überkeit bereiten. Ganz Santorin-Thera ist ein einziges
084  erschreckendes Zeugnis der Gewalt, die die unterirdischen Mächte,
085  einmal entfesselt, zu entfalten vermögen. Wenn man zu Schiff
086  in das Rund zwischen den Inselfragmenten der Thera-Gruppe
087  einläuft, ist dies ein womöglich noch großartigeres Erlebnis als
088  ein Flug über die Inselruinen. Rund 300 Meter hoch ragen, von
089  weißschimmernden Massen vulkanischer Glaspartikelchen gekrönt,
090  von schwarzen Lavaflözen durchzogene Steilhänge aus Tuff und
091  Brekzien, gröberem Vulkanauswurf, nahezu unmittelbar aus dem
092  Meer. Mehr als 200 Meter setzt sich der Steilabfall noch unter
093  dem Meeresspiegel fort, so daß auch nahe dem Ufer kein Schiff
094  Anker werfen kann: Schiffe, die Thera anlaufen, müssen an
095  Bojen und Dalben festmachen. Stellenweise senkt sich der Boden
096  des ungeheuren Kessels zwischen den Inselbruchstücken bis zu einer
097  Tiefe von 400 Metern hinab. Wie die bronzene Mauer einer
098  Zyklopenfestung wirkt im Abendsonnenschein die Steilküste dieses
099  Kessels. Zu anderen Tageszeiten sind die Farben Rot, Schwarz
100  und Weiß, die Farben von Tuff, Lava und Bimsstein-
101  Asche, die vorherrschenden Töne dieser Landschaft.
102  Verloren wirken in dieser wie von Giganten geschaffenen Szenerie
103  die weißgetünchten Behausungen der Inselbewohner, die hoch oben
104  in schwindelnder Höhe am Rande des steilen Kliffs horsten. In
105  den Inseln und Inselchen der Thera-Gruppe hat man die
106  Randfragmente eines riesigen Vulkaneinsturzkessels vor sich, und
107  mit dem spanischen Wort für " Kessel ", caldera,
108  bezeichnet in der Tat der Geologe Gebilde dieser Art. Daß man
109  gerade einen spanischen Ausdruck wählte, ist darauf
110  zurückzuführen, daß die caldera der Kanareninsel Palma
111  bei der Übernahme des Begriffs in die vulkanologische Fachsprache
112  Pate stand. Eine caldera ist kein Vulkankrater im
113  üblichen Sinn. Sie entsteht vielmehr nur dann, wenn ein Vulkan
114  sich in einem Ausbruch von ganz besonderer Heftigkeit, in einer
115  Eruption von unvorstellbarer Gewalt, gleichsam selbst enthauptet
116  oder wenn nach explosionsartigem Abblasen des Gasdrucks einer
117  Magmakammer deren Decke einstürzt und den darüber befindlichen
118  Vulkankegel mit in die Tiefe reißt. Meist sind beide
119  Komponenten am Entstehen einer caldera beteiligt. Das
120  Phänomen ist nicht nur von den Inseln Palma und Thera-
121  Santorin bekannt; eine typische caldera bildete sich auch
122  nach dem furchtbaren Ausbruch des Krakatau in der Sundastraße im
123  Jahre 1883, durch dessen Folgen auf Java und Sumatra mehr als
124  36000 Menschen ums Leben kamen und dessen Druckwelle mehrmals
125  meßbar um den gesamten Erdball lief. Die calderas findet
126  man schließlich nicht nur im Zusammenhang mit Vulkanen, die sich
127  auf dem Meeresboden erheben, sondern auch auf dem Festland.
128  Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist der Crater Lake
129  (" Kratersee ") im Kaskadengebirge in Oregon (USA).
130  Nicht immer bot Thera-Santorin einen so bestürzenden Anblick
131  wie heute. Wo sich nun die von jäh abfallenden, schroffen
132  Klippen umrahmte caldera-Bucht breitet, ragte einst
133  wohl bis zu einer Höhe von 1600 Metern ein vulkanisches
134  Bergmassiv empor. Heute gibt es auf Thera kein Süßwasser.
135  Wenn die Regenwasserzisternen austrocknen, muß ein Logger
136  Wasser in einem Kunststoffcontainer herbeischleppen, und das
137  kostbare Naß wird dann kliffaufwärts in die Vorratstanks des
138  Inselhauptorts gepumpt. Als Thera jedoch noch unzerstört war,
139  scheint die Insel gut bewässert gewesen zu sein. Entdeckung
140  der minoischen Kultur. Trotz gravierender Schwierigkeiten der
141  Wasserversorgung gibt es heute auf Theras vulkanischem Boden eine
142  Landwirtschaft, die durchaus diesen Namen verdient. Doch Theras
143  derzeitiger Reichtum besteht vor allem in seinen ungeheuren
144  Vorkommen vulkanischen Auswurfmaterials. Der Vulkan, der die
145  Insel bedroht, sichert zugleich ihre wirtschaftliche Existenz.
146  Theras Hauptausfuhrprodukt ist die sogenannte " Santorin-
147  Erde ", ein " Pozzuolan-Mehl " (nach der gleichfalls auf
148  vulkanischem Grund errichteten Stadt Pozzuoli bei Neapel benannt)
149  - vulkanisches Rohmaterial für einen vorzüglichen, rasch
150  abbindenden, gegen Seewasser äußerst widerstandsfähigen Zement.
151  Ungeheure Mengen dieses auf Thera schier unerschöpflichen
152  Rohstoffs wurden abgebaut, als man den Suezkanal anlegte und Port
153  Said mit einem modernen Hafen versah. Unter den mächtigen
154  Lagern des begehrten Bimssteinmehls stieß man auf Thera auf
155  Mauerreste aus dem Altertum. Es waren Überreste der
156  Spätbronzezeit, die ersten Spuren einer minoischen Siedlung -
157  Jahrzehnte vor der Entdeckung der minoischen Kultur gefunden.
158  Für Theras Erforschung war es ein Glücksfall, daß damals,
159  als unter seinen Aschenschichten die ersten Spuren bronzezeitlicher
160  Besiedlung zum Vorschein kamen, ein heftiger Ausbruch des
161  inmitten der caldera wieder emporwachsenden jungen Vulkans
162  die Aufmerksamkeit der Gelehrten auf sich zog. Vulkanologen, die
163  zur Beobachtung der Eruption nach Thera gekommen waren, leiteten
164  die Geschichte der Ausgrabungen auf der Inselgruppe ein.
165  Abermals zeigte sich der Vulkan von einer durchaus nicht nur
166  bedrohlichen Seite. Allerdings dürfte mancher wertvolle Fund
167  verlorengegangen sein, weil das Unternehmen, das den Abbau der
168  Aschenbänke betrieb, nicht bereit war, die Rohstoffausbeute
169  zeitweilig zu stoppen, um den Gelehrten Zeit für ausgiebigere
170  Untersuchungen zu lassen. Doch nachdem Thera einmal auch in
171  archäologischer Hinsicht fündig geworden war, blieb das
172  Interesse der Wissenschaftler wach. Den ersten Architekturresten,
173  die ans Licht gekommen waren, folgten Keramikfunde, und schon
174  damals wurde unweit einer Stelle auf dem Südschenkel der Thera
175  -Hauptinsel, die erst kürzlich wieder den Archäologen
176  Erfolge beschert hat, eine umfangreichere Grabung durchgeführt.
177  Sie brachte abermals Spuren bronzezeitlichen Lebens zutage. Zum
178  erstenmal standen damals die Wissenschaftler vor einem minoischen
179  Fresko. Allerdings verblaßten die strahlenden Farbtöne dieser
180  Wandmalerei förmlich vor den Augen ihrer Entdecker, als das
181  freigelegte Kunstwerk mit der Luft in Berührung kam. Den ersten
182  Versuchen französischer Gelehrter, das spätbronzezeitliche
183  Thera zu ergraben, folgte um die Jahrhundertwende die Freilegung
184  des griechischen Thera bei Kap Mesa Vun¢, der
185  Südostspitze der Insel, einem langen, steilen Kalkrücken.
186  Der Name des deutschen Gelehrten und Schliemann-Freundes
187  Wilhelm Dörpfeld, der damals Direktor des Deutschen
188  Archäologischen Instituts in Athen war, ist mit dieser Grabung
189  verbunden, vor allem aber der Name eines deutschen Aristokraten:
190  des Freiherrn Hiller von Gaertringen. Groß war die
191  archäologische Ausbeute auf dem Gebiet der guterhaltenen antiken
192  Stadt. Theater, Gymnasien, Tempel, die Garnison, ganze
193  Straßenzüge mit Privathäusern kamen zum Vorschein.
194  Tatsächlich spielte das Thera des sogenannten " Klassischen
195  Altertums " - wenn man diesen Begriff ein wenig weitherzig
196  auslegt und ihn auf das gesamte 1.Jahrtausend v. Chr.
197  bezieht - eine wichtige Rolle in der griechischen Welt.
198  Zwischen der Insel und Nordafrika schien schon in der Antike eine
199  gewisse Anziehungskraft zu bestehen. Von dorischen Griechen
200  besiedelt, war Thera Mutterstadt der um 630 v. Chr. auf
201  afrikanischem Boden begründeten griechischen Kolonie Kyrene,
202  deren Ruinenstätte an der libyschen Küste etwa mitten zwischen
203  der Großen Syrte und der Westgrenze Ägyptens liegt. Umgekehrt
204  gewann Thera später Bedeutung als Stützpunkt eines afrikanischen
205  Staates. In hellenistischer Zeit - nach dem Zusammenbruch des
206  Alexanderreichs - herrschte in Ägypten die makedonische
207  Dynastie der Lagiden (Ptolemäer). Damals war Thera eine
208  wichtige ägyptische Basis. Es war Sitz eines ptolemäischen
209  Nauarchen. Wichtige Beiträge zur Erforschung der Geschichte
210  des griechischen Alphabets lieferten jedoch nicht Funde aus der
211  hellenistischen Zeit, sondern aus einer viel früheren Phase der
212  Geschichte Theras; es handelt sich um Inschriften aus der
213  archaischen Periode, der vorklassischen Zeit. Über die
214  Ausgrabung der Griechenstadt auf Thera berichtete Freiherr
215  Hiller von Gaertringen in einer vielbändigen Publikation, die
216  der wissenschaftlichen Öffentlichkeit in den Jahren 1899 bis 1909
217  vorgelegt wurde. Thera war eine der großen archäologischen
218  Stätten des Mittelmeerraums geworden. Doch erst in neuester
219  Zeit wandte man sich dann wieder der Frühgeschichte
220  Theras zu. Es ist ein prominenter griechischer archäologe,
221  Professor Spyridon Marinatos, der Direktor der staatlichen
222  Altertümerverwaltung Griechenlands, der 1967 zusammen mit
223  amerikanischen Gelehrten abermals auf dem Südschenkel der Thera
224  -Hauptinsel den Spuren der bronzezeitlichen Bewohner der Insel
225  nachzugehen begann. Von Professor Marinatos' Ergebnissen wußte
226  die Presse am 8.November 1969 zu melden: " Gerade in diesen
227  Tagen wurde durch ein Archäologenteam in Athen bekanntgegeben,
228  daß auf Thera Gebäudekomplexe freigelegt werden konnten, die -
229  ein zweites Pompeji - in Stil, Art und Alter mit denen des
230  Minos auf Kreta korrespondieren. " Einer archäologischen
231  Forschung ganz großen Stils stehen allerdings auf Thera
232  bedeutende Hindernisse im Wege: Die bronzezeitliche Stadt ist
233  teilweise unter regelrechten Bergen vulkanischen Auswurfsmaterials
234  begraben. Sehr treffend formuliert das das Nachrichtenmagazin
235  Der Spiegel vom 10.November 1969: " Vorerst können
236  die Archäologen (...) nur an solchen Stellen bis auf die 3500 Jahre
237  alte Siedlungsschicht vorstoßen, an denen die Aschendecke von
238  Wind und Regen und von Zementbrennern schon nahezu abgetragen
239  worden ist. Um etwa einen ganzen Stadtbezirk mit Tempeln,
240  Schatzkammern und Waffenkammern, Bädern, Arenen und
241  Tontafelarchiven freizulegen, müßten die Forscher Bulldozer und
242  Feldbahnen einsetzen - oder (...) die Bimsberge mit Stollen
243  unterhöhlen. " Dies freilich wäre ein nicht ungefährliches
244  Unternehmen. Die Gelehrten hätten dann stets den Einsturz der
245  lockeren Aschenmassen zu fürchten. " Die Wohlgerundete "
246  Es waren nicht so sehr die archäologischen Funde selbst oder
247  irgendwelche besonderen Begleitumstände ihrer Entdeckung, die im
248  Zusammenhang mit den neuesten Grabungen auf Thera die
249  Öffentlichkeit erregten, sondern vor allem zwei Aspekte dieser
250  Forschungsarbeiten. Der erste wird von Werner Helwig in der
251  Düsseldorfer Rheinischen Post vom 8.November 1969
252  umrissen: " Was dort (auf Thera) jetzt durch Ausgrabungen
253  sichtbar gemacht wird, dürfte - so die Worte der Archäologen
254  - die einzige wohlerhaltene prähistorische Stadt sein, von der
255  Aufschlüsse über den Verlauf der minoischen Geschichte zu
256  erwarten sind. " Der zweite Aspekt: Am Anfang der
257  Grabungsgeschichte Theras stand nicht archäologisches, sondern
258  vulkanologisches Interesse. Ein Ausbruch des Thera-Vulkans
259  lenkte die Aufmerksamkeit der Gelehrtenwelt auf die Insel. Nicht
260  sehr viel anders verhält es sich auch jetzt. Theras Geschichte
261  ist, dies steht außer Zweifel, zu einem nicht geringen Teil die
262  Geschichte seines Vulkans. Noch ehe man 1967 den Spaten ansetzte,
263  um das bronzezeitliche Thera freizulegen, lagen Resultate
264  naturwissenschaftlicher Sondierungen vor, die Aufschluß über
265  jenen Thera-Ausbruch gaben, dem die Ansiedlung der
266  Bronzezeit zum Opfer gefallen war. Diese Resultate, von
267  Seismologen und Ozeanographen erzielt, gaben einer Spekulation
268  Nahrung, der schon am 19.Februar 1909 ein Belfaster
269  Gelehrter in der Londoner Times Ausdruck verliehen hatte.

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