Quelle Nummer 439

Rubrik 15 : GEOGRAPHIE   Unterrubrik 15.22 : GEOGRAPHIE

KARTOGRAPHIE
GEORG JENSCH
DIE ERDE UND IHRE DARSTELLUNG IM KARTENBILD
DAS GEOGRAPHISCHE SEMINAR
HERAUSGEGEB. VON FELS, EDWIN U.A.
GEORG WESTERMANN VERLAG, BRAUNSCHWEIG 1970, S. 39-


001  Die Orientierung auf der Erde. Die örtliche
002  Orientierung. Ein allseitig gekrümmter Körper hat keinen
003  Anfang und kein Ende, so daß eine Orientierung auf ihm zunächst
004  nicht möglich erscheint. Auf der Erde jedoch hat die Natur zwei
005  Fixpunkte geschaffen, durch die es möglich wird, der quasi
006  kugeligen Oberfläche ein sphärisches Koordonatensystem anzulegen.
007  (Abb.) Diese Fixpunkte sind die beiden Pole, und das
008  Koordinatensystem ist das Gradnetz. Die Pole sind definiert als
009  Punkte auf der Erde mit der Rotationsgeschwindigkeit null. Durch
010  sie läßt sich eine Schar von größten Kreisen legen,
011  Längenkreise oder Meridiane genannt, die die Erde von N
012  nach S oder umgekehrt, wie Fangarme umspannen. Ihre Abstände
013  untereinander sind gegeben durch die Richtungswinkel (Azimute) an
014  den Polen bzw. durch den Schnittwinkel zweier Meridianebenen in
015  der Erdachse. Absolute Angaben für die Richtungswinkel aber
016  sind erst möglich, wenn ein Meridian sich als Anfangsmeridian
017  auszeichnet. Da das von Natur aus nicht der Fall ist, mußte ein
018  Nullmeridian festgelegt werden. Im Laufe der Geschichte ist das
019  öfter geschehen, mit anderen Worten, der Nullmeridian hat des
020  öfteren seine Position gewechselt. Bekannt sind die
021  Anfangsmeridiane von Ferro (westlichste der kanarischen Inseln)
022  aus dem 17.Jahrhundert, von Paris aus dem 18.Jahrhundert
023  und von Pulkowo bei Leningrad. Daneben gab es eine Reihe von
024  nationalen Nullmeridianen wie die von Berlin, Moskau und Tokio.
025  Heute ist der Meridian, unter dem die Sternwarte von Greenwich
026  bei London liegt, international als Nullmeridian anerkannt. Von
027  ihm aus werden die Längenkreise in östlicher und westlicher
028  Richtung bis jeweils 180^ gezählt und unter Angabe des Winkels
029  *yl als östliche Länge von Greenwich oder westliche Länge von
030  Greenwich oder allgemein als geographische Länge bezeichnet. (Abb.)
031  Mit den beiden Erdpolen sind weiterhin zwei Tangentialebenen
032  festgelegt, denen sich eine Schar von parallelen Ebenen zuordnen
033  läßt, die die Erde schneiden. Die Schnittlinien dieser Ebenen
034  mit der Erdoberfläche heißen Parallelkreise oder
035  Breitenkreise. Sie alle treffen unter senkrechtem Winkel auf
036  die Meridiane und sind im Gegensatz zu diesen Kleinkreise, d.h.
037  sie sind - mit einer Ausnahme - kleiner als die Meridiane
038  und auf jeder Halbkugel untereinander verschieden groß. Die
039  Ausnahme ist der Äquator, der auch ein Großkreis ist und die
040  Erde sowie die Meridianschar halbiert. Als solcher ist er ein
041  ausgezeichneter Kreis, der sich als Zählbasis bzw. als
042  Nullinie anbietet, und so werden von ihm aus die Parallelkreise
043  von 0^ bis 90^ N und 90^ S gezählt. Ihr Abstand vom
044  Äquator wird als geographische Breite bezeichnet und durch den
045  Winkel *yf in einer Meridianebene angegeben, den ihre Normale mit
046  der großen Halbachse des Rotationsellipsoids bildet. Genügt es,
047  die Erde als Kugel zu betrachten, so wird *yf zu ihrem
048  Mittelpunktswinkel. Die jeweils den Winkeln der Länge oder
049  Breite zugehörigen Entfernungen auf der Erdoberfläche werden am
050  besten Parallelkreisbögen (p) bzw. Meridianbögen
051  (m) genannt und in Grad nördlicher oder südlicher Breite
052  bzw. Grad östlicher oder westlicher Länge angegeben. Zum
053  Unterschied davon gibt es Längengrade und Breitengrade, die
054  jeweils die Flächen zwischen zwei Meridianen (sphärische
055  Zweiecke) bzw. Parallelkreisen (Kugelzonen) bezeichnen.
056  Die Flächenstücke, die von zwei Meridianen und zwei
057  Parallelkreisen ausgeschnitten werden, heißen Gradfelder, die
058  Meridianbögen zwischen dem Äquator und den Polen Erdquadranten.
059  Die Meridianbögen zwischen gleichen Breitendifferenzen ((Formel))
060  sind überall auf der Erde, sofern diese als Kugel angesehen wird,
061  gleich groß, nämlich für (Formel) ist (Formel) (vgl. S. 27 die
062  Werte für das Rotationsellipsoid). Die Längen der
063  Parallelkreise dagegen und ihre Bögen zwischen gleichen
064  Längendifferenzen nehmen vom Äquator zum Pol hin ab, und zwar
065  nach dem aus Abb. 14 leicht ablesbaren Gesetz (Erde (math.Op.) Kugel):
066  (Formel) oder für (Formel) ist (Formel) (vgl. S. 26 die Formel für
067  das Rotationsellipsoid). Der Ausdruck wird für den Äquator
068  wegen (Formel), d.h., die äquatorialen Parallelkreisbögen
069  sind genau so groß wie die Meridianbögen. Für die Pole wird
070  die Gleichung wegen cos 90^ (math.Op.) Null. In diesem sphärischen
071  Koordinatensystem ist jeder Punkt auf der Erdoberfläche
072  festlegbar. Es ist nur nötig, jeweils seine geographischen
073  Koordinaten, d.h. Breite (*yf) und Länge (*yl) zu
074  kennen bzw. sie zu bestimmen. Dafür gibt es eine Reihe von
075  Meßverfahren. Für die Breitenbestimmung ist das
076  gebräuchlichste die Messung der Polhöhe, aus der sich
077  unmittelbar die geographische Breite *yf ergibt, denn beide Winkel
078  sind gleich ((Formel)). Es ist dabei nicht notwendig, die Höhe des
079  Himmelspols selbst zu messen, sondern sie ist indirekt aus den
080  Höhenwinkeln eines Zirkumpolarsternes, die sich bei seinen
081  Meridiandurchgängen über und unter dem Himmelspol ergeben, zu
082  ermitteln. Allerdings ist bei solchen Messungen eine
083  Refraktionskorrektur zu berücksichtigen, die sich aus der
084  Lichtbrechung bzw. Lichtstrahlablenkung ergibt. Gemessen wird
085  ja die scheinbare Höhe eines Sternes, die infolge der Ablenkung
086  stets größer ist als die wirkliche. Weil diese Ablenkung bei
087  senkrechtem Strahlengang durch die Atmosphäre entfällt, werden
088  zur Polhöhenbestimmung oder Breitenbestimmung deshalb
089  vorteilhafter Zenitsterne benutzt, also solche, die bei ihrer
090  Wanderung durch den Zenit des Meßstandortes gehen oder wenigstens
091  in der Nähe des Zenits vorbeiziehen. Der Zenitwinkel (z)
092  des Sternes ist in solchem Falle leicht meßbar, und seine
093  Polentfernung (e) kann Sternkatalogen entnommen werden.
094  Damit ergibt sich die Polhöhe bzw. geographische Breite zu (Formel).
095  In ähnlicher Weise wie die Fixsterne dient auch die Sonne zur
096  Breitenbestimmung, eine Methode, die besonders in der Schiffahrt
097  angewendet wird (Meßinstrument ist hier der Spiegelextant).
098  Gemessen wird die mittägliche Kulminationshöhe der Sonne (Formel),
099  die Polentfernung e ist infolge der Schiefstellung der
100  Erdachse und der Revolution der Erde eine Veränderliche in der
101  Zeit und kann den nautischen Jahrbüchern entnommen werden. Mit
102  Hilfe beider Werte läßt sich (Formel) errechnen: (Formel). In einem
103  besonderen Falle ergibt sich die geographische Breite unmittelbar
104  aus der Sonnenhöhemessung. Dann nämlich, wenn e (math.Op.) 90^
105  ist und die Gleichung vereinfacht lautet: (Formel). Der Fall
106  tritt zweimal im Jahre für alle Punkte der Erde ein, nämlich am
107  21.März und am 23.September, wenn die Sonne senkrecht
108  über dem Äquator steht und die Sonnenhöhe (Formel) gleich ist der
109  Äquatorhöhe (Formel), die ja ihrerseits das Komplement der Polhöhe
110  bzw. der geographischen Breite ist. Die Bestimmung der
111  geographischen Länge *yl kommt im wesentlichen auf einen
112  Zeitvergleich hinaus, denn der Winkel *yl zwischen zwei
113  Meridianebenen steht infolge der Erdrotation in einer bestimmten
114  Beziehung zur Zeit. Mit der Rotation vollführt ein Meridian
115  innerhalb von 24 Stunden eine volle Drehung um die Erdachse, d.h.
116  der Winkel *yl wächst in der Zeit von seinem
117  angenommenen Anfangswert 0^ auf 360^ an. Mithin entsprechen
118  360^ Drehung 24 Stunden Zeit, was gleichbedeutend ist mit den
119  Gleichungen 15^ Länge (math.Op.) 1 Zeitstunde bzw. 1^ Länge
120  (math.Op.) 4 Zeitminuten usw.. Es ist also die geographische Länge
121  durch die Zeit ersetzbar. Da nun alle Punkte eines Meridians in
122  bezug auf dessen Lage zum Sonnenstand eine eigene Zeit, die
123  Ortszeit, haben, so ist es nur notwendig, diese zu kennen und sie
124  mit der Ortszeit eines in seiner geographischen Länge bekannten
125  Punktes zu vergleichen. Aus dem Zeitunterschied ergibt sich dann
126  der Längenunterschied der beiden Punkte. Ein solcher
127  Zeitvergleich ist auf verschiedenen Wegen möglich.
128  Beispielsweise können mit genau gleichgehenden Uhren an zwei
129  verschiedenen Orten die Zeiten der Meridiandurchgänge eines
130  Fixsternes registriert werden. Die Zeitdifferenz gibt die
131  Längendifferenz der beiden Orte an. Während bei dieser Methode
132  die Eintrittszeiten zweier Ereignisse (zwei Meridiandurchgänge)
133  mit Hilfe gleichgehender Uhren ermittelt werden, besteht auch
134  umgekehrt die Möglichkeit, an zwei Orten die Eintrittszeiten nur
135  eines Ereignisses mit verschieden gehenden, d.h. die
136  Ortszeit anzeigenden Uhren festzustellen. Solche gleichzeitig von
137  verschiedenen Orten aus beobachtbaren Ereignisse sind gegeben durch
138  Finsternisse, künstliche Blitze, den sich verhältnismäßig
139  rasch bewegenden Mond oder neuerdings durch Erdsatelliten. Die
140  moderne Methode der Längenbestimmung beruht auf der
141  Funkübermittlung der Ortszeit ihrer nach Lage bekannten Orten
142  (etwa Greenwich (math.Op.) Weltzeit). Damit ist ein Zeitvergleich in
143  jedem Augenblick in allen Punkten der Erde durchführbar, sofern
144  nur die Ortszeit des in Frage stehenden Punktes bestimmt worden
145  ist. Es kann aber heute auch auf diese, wie überhaupt auf einen
146  Zeitvergleich verzichtet werden, wenn zur Standortbestimmung die
147  Funkpeilung oder Radarpeilung angewandt wird, ein dem
148  Rückwärtseinschneiden bei der terrestrischen Vermessung
149  entsprechendes Verfahren, bei welchem durch Peilrichtungen
150  (Visurlinien) nach lagebekannten Funkstationen Winkel ermittelt
151  werden, die eine genaue Standortbestimmung nach Länge und Breite
152  ermöglichen. Mitunter werden für Orientierungszwecke auf der
153  Erdoberfläche über die geographische Ortsbestimmung hinaus
154  Entfernungsmessungen notwendig. Dabei handelt es sich im
155  geographischen Sinne immer um die kürzesten Entfernungen zwischen
156  zwei Punkten, d.h. um die Bögen auf Großkreisen. Die
157  Anwendung des Kosinussatzes und eines Additionstheorems 1n Abb.
158  16 ergibt für die Entfernung (Formel) in Bogenmaß (Formel). Die
159  entsprechenden Azimute bei (Formel) und (Formel) ergeben sich aus: (Formel).
160  Der Entfernungsbogen auf einem Großkreis wird Orthodrome
161  (gerader Weg) genannt. Daneben gibt es auf der Kugel noch eine
162  andere Verbindungslinie zwischen zwei Punkten, das ist die
163  loxodrome. Der Unterschied zwischen beiden läßt sich am
164  besten am ebenen Beispiel zeigen: (Abb.) Im rechtwinkligen ebenen
165  Koordinationssystem erfüllt jede gerade Strecke zwei Bedingungen:
166  Sie ist die kürzeste Entfernung zwischen zwei Punkten und ihre
167  Richtung gegen die Orientierungsordinaten bleibt in allen Punkten
168  der Strecke erhalten. In einem Koordinatensystem dagegen, in
169  welchem die Ordinaten wie bei der Erdkugel gegen einen Pol
170  konvergieren, können im allgemeinen beide Bedingungen nicht
171  gleichzeitig erfüllt werden. Entweder ist die Verbindung zweier
172  Punkte die kürzeste Entfernung, dann schneidet sie jede
173  Orientierungsordinate (meridiane) unter einem anderen Winkel -
174  oder sie schneidet alle Orientierungsordinaten unter gleichem
175  Winkel, dann ist sie nicht mehr die kürzeste Verbindung, sondern
176  ein bestimmter längerer Weg, eben die Loxodrome (schiefer Weg).
177  Loxodromische Linien sind z.B. sämtliche
178  Parallelkreise, während die Meridiane sowohl loxodromische als
179  auch orthodromische Richtung haben, denn der Winkel gegen die
180  Orientierungsordinaten (sie selbst) ändert sich nicht (ist null),
181  und sie sind zugleich größte Kreise, stellen also die
182  kürzesten Entfernungen zwischen zwei Punkten auf ihnen selbst dar.
183  Der loxodromische Umweg wächst mit der geographischen Breite.
184  Trotzdem genoß er in der Schiffahrt bis in unsere Tage den
185  Vorzug, da er die Einhaltung des gleichen Kurses gestattet.
186  Heute spielen diese Erleichterungen keine Rolle mehr, denn mit
187  Hilfe der Funkpeilungen ist die orthodromische Fahrt ohne
188  Schwierigkeiten möglich. Die zeitliche Orientierung.
189  Infolge der verschiedenen Bewegungen der Erde bilden sich auf ihr
190  Zeitrhytmen aus, die für das Leben der Menschen von
191  grundlegender Bedeutung geworden sind - der Tag und das Jahr.
192  Der Tag läßt sich definieren als die Zeit, die zwischen zwei
193  Sonnenkulminationen verstreicht. Diese Zeit wird in 24 Teile
194  zerlegt und ein Teil jeweils als Stunde bezeichnet. Genaue
195  Zeitmessungen (Quarzuhren) haben jedoch ergeben, daß nicht alle
196  Tage des Jahres 24 Stunden lang sind, sondern teils länger
197  (Februar und Juli), teils kürzer (November und Mai). Zwar
198  beträgt die Schwankungsbreite nur ca. (math.Op.) 16 Minuten, dennoch
199  aber muß auf Grund dieser Ungleichförmigkeiten unterschieden
200  werden zwischen dem wahren Sonnentag, der ungleich lang ist, und
201  dem mittleren Sonnentag, dessen Dauer mit stets 24 Stunden
202  gleichsam den Durchschnittswert der verschiedenen Längen aller
203  wahren Sonnentage im Jahr darstellt. Die Ungleichheit hat zwei
204  Ursachen: Nach dem 2.Keplerschen Gesetz bewegt sich die
205  Erde auf ihrer Bahn im Perihel schneller als im Aphel.
206  Demzufolge wird der wahre Sonnentag im Perihel verlängert und im
207  Aphel verkürzt. Selbst wenn eine gleichförmige
208  Geschwindigkeit der Bewegung der Erde auf ihrer Bahn angenommen
209  wird, bewirkt die Schiefe der Ekliptik, daß die wahren
210  Sonnentage ungleich lang sind. An beiden Zeitpunkten der
211  Äquinoktien bilden Äquator und Ekliptik einen Winkel von ca.
212  23 1 (math.Op.) 2^, und die Deklination der Sonne ist Null. Einen
213  Tag später hat sich die Erde auf der Ekliptik um einen bestimmten
214  Betrag weiterbewegt und eine auf dem Äquator zu messende Rotation
215  um 360^ vollführt, bis zur nächsten Sonnenkulmination aber
216  plus einem Winkelbetrag, der dem ekliptikalen Bewegungsbetrag,
217  projiziert auf den Äquatorbogen, entspricht. Dieser muß wegen
218  der Ekliptikschiefe kleiner sein als jener. Mit anderen Worten,
219  an diesen Stellen der Erdbahn (Taggleichen und
220  Nachtgleichen) ändert sich die Rektaszension der Sonne langsamer
221  als ihre ekliptikale Länge. - Zu den Zeiten der Solstitien
222  (Sonnenwenden) jedoch, wenn die Deklination der Sonne ihren
223  Maximalwert erreicht und Ekliptik und Äquator einander parallel
224  verlaufen, ändert sich umgekehrt die Rektaszension der Sonne
225  schneller als die auf der Ekliptik gemessene Länge, d.h.
226  der zusätzliche Winkelbetrag, den die rotierende Erde über 360^
227  hinaus bis zur nächsten Sonnenkulmination benötigt, ist
228  größer als die dazugehörige ekliptikale Länge. Diese
229  Winkelunterschiede in Zeit ausgedrückt bedeuten nichts anderes,
230  als daß der wahre Sonnentag zur Zeit der Äquinoktien ein wenig
231  kürzer ist als der zur Zeit der Solstitien. Die Differenz
232  beträgt 5 Winkelminuten (math.Op.) 20 Zeitsekunden. Als drittes
233  Zeitmaß gibt es den Sterntag, der als die Zeitdauer zwischen
234  zwei Kulminationen nun nicht der Sonne, sondern eines Fixsternes
235  definiert ist. Diese Zeitdauer beträgt (Formel); der Sterntag ist
236  also um ca. (Formel) kürzer als der mittlere Sonnentag und ist
237  gleichbedeutend mit der Dauer einer Erdrotation. Umgekehrt ist
238  entsprechend der mittlere Sonnentag um (Formel) länger als der Sterntag.
239  Innerhalb eines Jahres summiert sich die Differenz so weit,
240  daß schließlich das Jahr einen vollen Sterntag mehr hat als
241  Sonnentage. Die Verkürzung findet ihre Erklärung in folgender
242  Überlegung. Ein Fixstern kulminiere in der Erdstellung I
243  im Punkte A, dann wird er nach einer Drehung der
244  Erde um 360^ (Stellung 2) wiederum in demselben Punkte a
245  kulminieren, obwohl die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne
246  inzwischen um den Winkel *ya vorangeschritten ist. Wenn dagegen
247  die Sonne in der Erdstellung I in B kulminiert,
248  dann kulminiert sie nach einer 360^-Drehung der Erde
249  (Stellung 2) in B noch nicht wieder, sondern erst,
250  nachdem B bis (Formel) weitergewandert ist, d.h.
251  die Erde sich um den Winkel 360^ (math.Op.) a gedreht hat. Da
252  a sich in einem Jahr (365,25636 Tage, vgl. S.
253  34) zu 360^ summiert, beträgt sein Wert an einem Tag o,
254  986^ oder in Zeiteinheiten ausgedrückt (Formel). Der Unterschied
255  zwischen Sterntag und Sonnentag erklärt sich also aus
256  der Revolution der Erde, die für den weit entfernten Bezugspunkt
257  " Stern " praktisch keine Rolle spielt, die aber für den
258  näheren Bezugspunkt " Sonne ", den die Erde ja umwandert,
259  wesentlich ist. Er kommt deutlich darin zum Ausdruck, daß die
260  Aufgangszeiten und Untergangszeiten sowie die
261  Meridiandurchgänge der Fixsterne sich täglich um (Formel) verfrühen.
262  Infolge dessen werden am Osthimmel im Verlauf eines Jahres zu
263  derselben Abendstunde immer neue Sternbilder sichtbar, und ebenso

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