Quelle Nummer 421
Rubrik 03 : PHILOSOPHIE Unterrubrik 03.00 : PHILOSOPHIE
SPRACHPHILOSOPHIE
JOSEPH MOELLER
WAHRHEIT ALS PROBLEM
TRADITIONEN - THEORIEN - APORIEN
ERICH WEWEL VERLAG MUENCHEN UND FREIBURG 1971,S.158-
001 Wahrheit und Sprache. Wahrheit und Sprache sind
002 zumindest aufeinander bezogen. Indem der Mensch spricht und
003 Sprache ausbildet, ist er zugleich - und zwar notwendig - ein
004 wahrheitsbezogenes Wesen. Wahrheit bildet sich mit der Sprache
005 aus, und zwar so, daß sich in Sprache Wahrheit zeigt. Und doch
006 ist dieses " Bilden " nicht schlechthin menschlichem Ermessen
007 anheimgegeben. Also ein absolutes Moment in der Sprache? Ist
008 aber die Sprache, so könnte man fragen, mehr als ein Instrument
009 der Kommunikation? Ist darum Wahrheit durch den
010 Instrumentalcharakter der Sprache geprägt oder weist Wahrheit
011 darüber hinaus? Oder sprengt die Sprache selbst ihren
012 Instrumentalcharakter? Sprache als Werkzeug der
013 Menschen. Der Sprache ist ein Instrumentalcharakter zu eigen.
014 Lassen wir es einmal dahingestellt sein, ob Sprache in solchem
015 Charakter aufgeht. Sprache ist zumindest auch ein Instrument,
016 das zu vielen Zwecken verwendet werden kann. Wenn ich in einem mir
017 fremden Kulturkreis lebe, kann ich die Sprache - wenigstens bis
018 zu einem gewissen Grad - erlernen. Dann bin ich noch kein
019 Einheimischer, aber ich kann mich verständigen. Auch die
020 Verständigungsmöglichkeiten der eigenen Sprache kann ich steigern
021 und verfeinern. Neue Worte können für Erfindungen und sich
022 ergebende Zusammenhänge geprägt werden. Technik und politische
023 Konstellationen lassen neue Worte entstehen. Statistiken zeigen,
024 daß einem Großteil der Leser diese Termini, die er früher
025 nicht gelernt hat, fremd bleiben. Manche Zeitungen versuchen
026 systematisch, das neue Vokalubar zu erklären. Man weiß, wie
027 sehr Sprache zur Verbreitung politischer Meinung verwendet,
028 verändert und mißbraucht werden kann. Es gibt ein " nationales ",
029 ein " demokratisches ", ein kommunistisches Vokabular.
030 Politische Propaganda arbeitet immer mit Teilwahrheiten und einer
031 nie zu subtilen Auslegung. Sie versucht eine sprachliche
032 Harmonisierung bestimmter politischer Ziele mit dem Wunschdenken
033 jener Schicht, an die man sich wendet. Es kann dabei ein
034 bestimmter Stil geschaffen werden. Doch auch sonst gibt es eine
035 Stilprägung, die durchaus bewußt geschehen kann und Sprache als
036 Instrument gebraucht. So können Zeitungen bewußt einen eigenen
037 lapidaren Stil prägen, der an einer gewissen Durchschnittssprache
038 orientiert ist. Sachlich-technisch geprägte Redewendungen
039 stecken an. Man kann eine technische Ausdrucksweise wählen,
040 betont kurze Sätze bilden, einen Stil imitieren, bewußt mit
041 Phrasen arbeiten. Wir sind in der Lage, Verständigungsweisen
042 zu analysieren. Das ist eine der Hauptaufgaben der modernen
043 Linguistik geworden. Sprache erscheint hier als ein Gebilde, das
044 in seinen Elementen aufgezeigt werden soll. Man kann diese
045 Elemente verallgemeinern und kommt so zu Kunstsprachen.
046 Nachrichten können auf den Morsecode übertragen werden. Sowohl
047 die Kybernetik als auch die Logistik arbeiten mit Kunstsprachen.
048 Die Formeln der Logistik sind grundsätzlich international
049 verstehbar. Die Kybernetik gerät bei der Übersetzung eines
050 nicht-technischen Textes immer an gewisse Grenzen: Sprache
051 ist als Instrument nicht restlos manipulierbar. Vielleicht ist sie
052 doch etwas, was in dem Instrumentalcharakter nicht ganz aufgeht.
053 Denn auch den Menschen kann man als Instrument betrachten und
054 behandeln. Das hat die Sklavenhaltergesellschaft bis zu modernen
055 Menschenversuchen hin praktiziert. Auch damit ist der Mensch noch
056 nicht schlechthin zum Instrument geworden. Sprache wird zum
057 Mittel zwischenmenschlicher Kommunikation, zum Mittel der
058 Herrschaft von Menschen über Menschen, zum Mittel der
059 Umweltbewältigung, zum Mittel, um technischen Fortschritt zu
060 gewährleisten. (Freilich: Überdenkt man alle diese
061 Phänomene, so zeigen sich auch Grenzen der Manipulierbarkeit und
062 Formalisierbarkeit. Sprache ist, indem sie Instrument ist, nie
063 nur Instrument.) Was besagt das für das Wahrheitsproblem?
064 Zunächst möchte man vielleicht folgern, daß auch Wahrheit in
065 gewissem Grad manipulierbar sei. Oder man meint, die meisten
066 Wahrheitsprobleme auf letzte Formeln bringen zu können, die dann
067 wirklich der Vernunft standhielten. Dann wäre die eigentliche
068 Basis des Wahrheitsproblems nichts anderes als eine logische
069 Kohärenz (repräsentiert in logistischen Formeln oder einem
070 bestimmten Code). Also weg vom Subjekt zur Wahrheit, und zwar
071 um der Wahrheit willen. Keine subjektive Wahrheit, keine
072 göttliche Wahrheit (wie sollten wir sie finden?), sondern eine
073 kohärente Vernunftwahrheit. Bedeutet dies die Neubegründung
074 einer systematischen Einheitswissenschaft, aber gerade nicht von
075 Parmenides und der Metaphysik her, sondern in der sich zeigenden
076 Kohärenz menschlicher Vernunft? Stimmen die Folgerungen als
077 Folgerungen des Phänomens? Oder sind sie selbst wieder
078 konstruiert? Das Gesamtphänomen wenigstens sieht anders aus.
079 Die Umsetzung jeder Umgangssprache in einen Code (gehen wir
080 jetzt nicht auf die Frage ein, in welchem Maß eine solche
081 Übertragung adäquat und inwiefern sie inadäquat bleibt) ist
082 zweifellos einerseits menschliche Leistung, andererseits ein
083 Umgang mit der Sprache, die nicht in jeder Hinsicht modelliert
084 und verändert werden kann. Jeder Hinweis auf den
085 Instrumentalcharakter der Sprache zeigt zugleich, daß dieses
086 " Instrument " nicht einfach willkürlich entworfen wurde. Sprache
087 entspringt dem Menschen und ist auf den Menschen bezogen. Auch
088 Wahrheit ist auf den Menschen bezogen. Aber sie ist zugleich dem
089 Menschen vorgegeben. Vorgegebene Denkzusammenhänge müssen
090 irgendwie verifizierbar sein. Wahrheit geht nicht in logischer
091 Kohärenz auf. Jede Wahrheit als logische Kohärenz ist auf das
092 Seiende bezogen. Und sie ist als logische Kohärenz zugleich auf
093 ein Subjekt bezogen. Wahrheit ist als logische Wahrheit
094 Offenwerden des Subjekts und enthüllt zugleich damit
095 ursprüngliche Strukturen, die nicht in jeder Weise manipulierbar
096 sind. Wie steht es um diese " Strukturen ", denen man gerade
097 heutzutage immer wieder nachfragt? Strukturen der Sprache
098 Das Thema ist vielschichtig, unübersehbar. Strukturen der
099 Sprache sahen schon die alten Grammatiker. Ausbildung der Logik
100 setzt voraus, daß Sprache Strukturen aufweist. Ohne Strukturen
101 keine Allgemeinbegriffe, keine verbindlichen Aussagen. Ohne
102 Strukturen kein Verstehen, keine Interpretation. Von
103 Aristoteles bis zu Wölfflin galt die Form als das Bestimmende.
104 Strukturen: nicht nur, daß Sätze und Worte in ihre Elemente
105 zerlegt werden, daß wir von Morphemen und Phonemen sprechen, von
106 Buchstaben und Lautbild. Nicht nur, daß es Einzelbegriffe
107 und Allgemeinbegriffe gibt, Substantive, Verben,
108 Adverbien und Präpositionen. Nicht nur Verschiedenheit der
109 Sätze in ihrem Aufbau. " Struktur ", das Wort schillert in
110 seiner Bedeutung der *sw, " forma ", Monade, Wesen, Gesetz,
111 im Sinne der dialektischen " Struktur ", der geschichtlichen
112 Struktur Diltheys bis zur Bedeutung im Sinn der modernen
113 Linguistik, des Positivismus und Strukturalismus. Man kann
114 keinen Weg angeben, um das Wort eindeutig zu bestimmen. Auch
115 dürfte es wohl keine Methode geben, um die Klassifikation aller
116 Sprachstrukturen aufzuzeigen. " Struktur " beinhaltet etwas
117 Gemeinsames und Allgemeines im sprachlichen Bereich. Nicht,
118 daß individuelle Kunstwerke nicht strukturiert wären; sie sind
119 eben nicht einfach nur individuell. Strukturelle Gleichheit in
120 Verschiedenem besagt, daß das Individuelle von allgemeiner
121 Bestimmtheit durchherrscht ist. Wir können nicht zu einem
122 Essentialismus zurückgehen; Phänomene lassen sich nicht auf
123 Wesenheiten reduzieren. Beziehungen zum Individuellen sind nicht
124 einfach auszuklammern. Und doch: Es gibt in der Sprache ein
125 Beziehungssystem nicht nur der Worte und Sätze, sondern auch
126 allgemeiner Strukturen. Nachdem Dilthey die geistesgeschichtliche
127 Betrachtung in " Strukturen " inaugurierte und die Psychologie
128 die " Gestalt " neu entdeckte, hat HANS SEDLMAYR der
129 Strukturanalyse in der Kunstwissenschaft neue Bedeutung gegeben.
130 Hier wird versucht, durch die Interpretation von Strukturen die
131 Wahrheit des Kunstwerks zu eröffnen. Für jede
132 Strukturbetrachtung gilt: Sobald ich diese Strukturen im
133 Kunstwerk analysiere und vergleiche, werde ich auf den sprechenden
134 Menschen verwiesen. Jede andere Betrachtungsweise bleibt abstrakt.
135 Goethes Faust und Dantes Divina Commedia
136 lassen sich nicht auf ein mathematisches Modell zurückführen.
137 Doch gibt es in Dichtungen Strukturen, die ich mit denen anderer
138 Kunstwerke vergleichen kann, aber die " Wahrheit " der Dichtung
139 erschließt sich uns auf diese Weise nicht. Im Gegensatz zu der
140 historischen Strukturbetrachtung im Diltheyschen Sinn ist der
141 heutige Strukturbegriff vieldeutig. Vieldeutig vor allem deswegen,
142 weil er nicht genügend philosophisch reflektiert ist. Gegen die
143 historische Richtung der Sprachwissenschaft wandte sich
144 SAUSSURE in seinem 1916 erschienenen Cours de
145 Linguistique G‚n‚rale. Gefordert wird eine
146 allgemein beschreibende Sprachwissenschaft. Viele Grundbegriffe
147 Saussures sind durchaus nicht so neu, wie man oft annimmt. So
148 wurde der Problemkreis von Zeichen, Bezeichnetem und
149 Bezeichnendem bereits von Aristoteles, der Stoa und der
150 Scholastik ausführlich erörtert und geht keinesfalls auf Saussure
151 zurück. Die bekannten Unterscheidungen von Diachronie und
152 Synchronie, von " langue " und " parole " finden sich bereits
153 bei G. von der GABELENTZ (Die Sprachwissenschaft,
154 Leipzig 1891). Der Strukturalismus geht nicht auf
155 Saussure zurück, wiewohl sich dort schon Ansätze dieser
156 Richtung finden. Den " Strukturalismus " im Sinne einer nach
157 Strukturen forschenden Sprachwissenschaft vertritt zuerst die
158 sogenannte Prager Schule der zwanziger Jahre; daneben
159 unterscheidet man die Kopenhagener, die Englische und
160 Nordamerikanische Schule. Durch ein beschreibendes Verfahren
161 werden die Einheiten der Sprache erforscht. Gefragt wird, in
162 welchem Maß diese Einheiten vertauschbar und nicht vertauschbar
163 sind. So werden beispielsweise Phoneme als distinktive Einheiten
164 gekennzeichnet. Bei Oppositionen, die für Definitionen
165 herangezogen werden, fragt man nach dem Identischen in der Einheit.
166 Erörtert wird auch, ob Begriffe der Phonologie auf den
167 übrigen Bereich der Sprache übertragen werden können. Weit
168 umfassender in seinem Anspruch ist der französische
169 Strukturalismus von LEVI-STRAUSS und seiner Schule.
170 Hier wird mit einem Strukturbegriff gearbeitet, der sowohl
171 Einheiten der Sprache als auch Einheiten von Texten und
172 Kunstwerken überhaupt und nicht zuletzt das in Mythen eingefangene
173 menschliche Verhalten betrifft. " Struktur " erscheint selbst
174 als Kombinationsmöglichkeit in der Doppeldeutigkeit einer
175 ursprünglichen Einheit und der Zusammenfassung atomarer Elemente;
176 das geschichtliche Werden wird in jedem Fall ausgeklammert.
177 " Struktur " ist so einerseits in positivistischem Sinn ein
178 Zueinander ursprünglicher Einheiten, erscheint andererseits als
179 Vorgegebenheit für eine wissenschaftlichen Methode, die nicht nur
180 die historische Betrachtungsweise, sondern auch jede Dialektik
181 ablösen will. Besondere Akzente sind in dem Strukturbegriff
182 WITTGENSTEINS gesetzt. Für Wittgenstein ist der
183 Gegenstand das Feste, Bestehende. Die Konfiguration der
184 Gegenstände bildet den Sachverhalt. " Die Art und Weise, wie
185 die Gegenstände im Sachverhalt zusammenhängen, ist die Struktur
186 des Sachverhalts. ". Damit wird jedem Sachverhalt eine
187 Struktur zugeordnet. Diese wird als Weise des Zusammenhangs von
188 Gegenständen bestimmt. Ob dieser Zusammenhang selbst im Sinne
189 einer ontologischen Realität zu deuten ist, bleibt mehr als
190 zweifelhaft. Näher liegt die nominalistische Interpretation.
191 Tractatus 2033: " Die Form ist die Möglichkeit der
192 Struktur " würde sich dann auf die logische Form beziehen.
193 Struktur wäre durch logische Form ermöglicht und so Bestimmung
194 der Sprache. In der " Struktur " käme also einerseits ein
195 Zueinander der Gegenstände, andererseits ein Bezug der Elemente
196 des Bildes (in Gedanken und Sprache) zum Ausdruck. Damit
197 steht der Strukturbegriff Wittgensteins in der Aporie seiner
198 Abbildungslehre, die zunächst weder rein empirisch noch
199 scholastisch-thomasisch (also auch nicht neuplatonisch) noch
200 transzendentalphilosophisch zu interpretieren ist. Am ehesten wäre
201 noch eine phänomenologisch-deskriptive Deutung mit
202 neopositivistischem Akzent angebracht: Ontologische Probleme
203 sollen durch eine neue sprachkritische Methode überwunden werden.
204 Die " Wahrheit " des Zueinander und die " Wahrheit " der
205 Zuordnung der verschiedenen Strukturen wird in der
206 Abbildungstheorie vorausgesetzt. " Strukturen " scheinen
207 irgendwie umgrenzt und irgendwie unverbindlich zu sein. Das
208 Individuelle verweist immer auf " allgemeine " Strukturen.
209 Prüfen wir die Bedeutung des Wortes in der heutigen Situation,
210 dann zeigen sich im Grund zwei Alternativen. Einmal könnte man
211 Struktur als Eröffnung eines Geschehens ansehen. Sprachliche
212 Struktur wäre als menschliche Struktur wesentlich geschichtlich.
213 Dasselbe gilt von den Strukturen eines Kunstwerks. Im anderen
214 Fall wäre Struktur als Ordnungsschema aufzufassen und damit als
215 logisches Gesetz, das sich von geschichtlicher Individualität
216 abhebt. In beiden Fällen bleiben zwei Fragen offen: Wie steht
217 es mit der Gesamtstruktur einer Sprache, ist sie nur als
218 Summationsphänomen zu würdigen, oder zeigt sich hier eine
219 Einheit und welche? Zweitens: Das Wort " Struktur " steht
220 in der ersten wie in der zweiten Alternative in einer ontisch-
221 logischen Doppeldeutigkeit, die weiterer Erhellung bedarf. Es
222 gibt die aristotelische, nominalistische und kantische Lösung.
223 Läßt sich die Fragestellung in neuer Weise aufrollen? Nun
224 würde ein analytisches wie strukturalistsisches Denken den Begriff
225 der Ganzheitsstruktur in Frage stellen und auf ein jeweils zu
226 erforschendes Gefüge verweisen. Mit der logisch-ontischen
227 Doppeldeutigkeit ist das semantische Problem impliziert, das vom
228 Logistiker, vom frühen und späten Wittgenstein in verschiedener
229 Weise angegangen wird, während es die Vertreter der Ordinary-
230 Language-Theorie von ihrem Ausgangsmodell aus zu überwinden
231 oder zu umgehen versuchen. Alt und modern ist die schon in Platons
232 Kratylos gestellte Frage, ob " Struktur " letztlich
233 durch Konvention zu erklären sei oder ob sich hier ein innerlich
234 notwendiges Moment melde. Der Verweis auf Strukturen führt
235 notwendig auf die Bedeutung der Strukturen. Mit Strukturen ist
236 immer Bedeutung gegeben. Strukturen vermögen nicht bedeutungslos
237 zu sein. Strukturen sind in sich selbst differenziert und verweisen
238 auf ardere Strukturen. Grammatikalische Strukturen verweisen auf
239 logische Strukturen. Logische Strukturen verweisen auf faktische
240 Zusammenhänge. Strukturen verweisen auf Tatsachen. Das
241 Bedeutungsproblem ist nicht rein logisch zu entscheiden. Wohl
242 vermag die logische Analyse klärend abzugrenzen und Fehldeutungen
243 auszuschließen. Das Bedeutungsproblem ist deswegen auch ein onto
244 -logisches, weil sich Bedeutungen nicht auf logische Strukturen
245 reduzieren lassen. Die Bedeutung des Gesprochenen geht immer
246 zugleich auf faktische Zusammenhänge. Darum kann das
247 Bedeutungsproblem weder nur deskriptiv noch nur logisch-
248 analytisch gemeistert werden. Die Analyse muß vielmehr immer das
249 Phänomen berücksichtigen. Das Phänomen fordert die denkerische
250 Analyse, diese aber bedarf des Phänomens. Ordinary-
251 Language-Theorie und Theorie einer Kunstsprache bleiben als
252 Modelltheorien, sofern sie umfassenden Anspruch erheben, immer
253 einseitig. Gibt es überhaupt eine Modelltheorie einer Sprache?
254 Überbietet nicht jede Sprache das entsprechende Modell? Mit
255 anderen Worten: Verweisen nicht Strukturen auf das gesamte
256 differenzierte Gefüge einer Sprache zurück? Die modernen
257 linguistischen Theorien, wie die von Chomsky, bestätigen in
258 differenzierter Weise die alte Herdersche Auffassung neu.
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