Quelle Nummer 420

Rubrik 03 : PHILOSOPHIE   Unterrubrik 03.00 : PHILOSOPHIE

INDUKTIVE LOGIK
WILHELM K. ESSLER
INDUKTIVE LOGIK
GRUNDLAGEN UND VORAUSSETZUNGEN
VERLAG KARL ALBER FREIBURG/MUENCHEN 1970, S. 292-


001  Jede induktive Methode c, ob sie nun im Kontinuum liegt oder
002  nicht, ist durch gewisse Aprioribewertungen der
003  Zustandsbeschreibungen charakterisiert; wenn sie darüber hinaus
004  auch (2) (a) erfüllt, ist sie bereits durch die
005  Aprioribewertungen der einzelnen statistischen Verteilungen (die
006  objektive Wahrscheinlichkeiten beschreiben) eindeutig festgelegt.
007  Es gilt demnach im Hinblick auf die deduktive Logik: Der
008  erste Unterschied zwischen der deduktiven und der induktiven Logik
009  besteht darin, daß diese genötigt ist, solche
010  Aprioribewertungen vorzunehmen, jene hingegen nicht. Jede
011  adäquate induktive Methode ist darüber hinaus mit der Annahme
012  eines Uniformitätsgrades gleichwertig, während die deduktive
013  Logik ohne derartige Annahmen auskommt. Dieser Unterschied ist
014  nicht so zu verstehen, daß es demnach verkehrt war, die induktive
015  Logik als eine Logik der partiellen Implikation zu verstehen, die
016  als Grenzfall die deduktive Logik enthält. Vielmehr kann man
017  erst durch eine derartige Deutung des induktiven Arguments sehen,
018  warum die deduktive Logik ohne solche Aprioribewertungen (und a
019  fortiori ohne Annahmen über die Uniformität) auskommt: Wenn
020  *zy aus *zf logisch folgt, dann enthält der Spielraum von *zy als
021  Teilklasse den von *zf und dann ist der Spielraum von *zy (math.Op.) *zf
022  mit dem von *zf identisch; nach D 3 ist dann 1 der c-Wert,
023  gleichgültig, wie die Zustandsbeschreibungen bewertet werden, d.h.
024  welche Aprioriwerte c den Elementen dieser Spielräume
025  zuordnet. Analog verhält es sich bei logischer Unverträglichkeit,
026  die den c-Wert 0 zur Folge hat. Dieser vollständige
027  Einschluß des einen Spielraums im anderen bzw. dieser
028  vollständige Ausschluß dieser beiden Spielräume bewirkt also,
029  daß die tatsächlich vorgenommene Bewertung der
030  Zustandsbeschreibungen uninteressant und ohne Bedeutung für die
031  Berechnung des Grades der partiellen Implikation ist; notwendig
032  ist sie allerdings, wenn der Spielraum der Prämisse *zf nicht
033  Teilklasse des Spielraums der Hypothese *zy ist: Dann hängt
034  der c-Wert von eben diesen Aprioribewertungen ab. Wenn im
035  folgenden von Unterschieden zwischen deduktiver und induktiver
036  Logik gesprochen wird, so ist dabei ebenfalls stets, so wie hier,
037  nicht von einer Zurücknahme der Ausgangsbasis die Rede, sondern
038  lediglich von deren Verdeutlichung. Wenn die Anzahl der
039  Gegenstandsausdrücke und der Eigenschaftsausdrücke
040  abzählbar unendlich ist (sowie dies auch bei
041  Vollständigkeitsbeweisen für die einfache Typentheorie
042  vorausgesetzt werden muß), dann gibt es eine umkehrbar eindeutige
043  Entsprechung zwischen den einzelnen möglichen Uniformitätsgraden
044  (den reellen Zahlen zwischen 0 und 1) und den einzelnen L-
045  Methoden. Die Gesamtheit der L-Methoden ihrerseits ist
046  durch die Bedingungen (1) bis (4) und durch die
047  Limeskonventionen charakterisiert. Einige dieser Forderungen,
048  nämlich die Bedingungen (2) und (3), stehen und fallen mit der
049  Forderung des Gesamtdatums, einer außersystematischen Regel also,
050  die besagt, daß ein induktives Argument von einer Person x im
051  allgemeinen nur angewandt werden darf, bzw. von ihr im
052  allgemeinen nur korrekt angewandt wird, wenn die Prämisse das
053  gesamte Wissen formuliert, das x zur Verfügung steht bzw. das
054  x akzeptiert (es sei denn, es steht schon fest, daß ein Teil
055  dieses Wissens für die Hypothese im Hinblick auf den Rest
056  irrelevant ist). Diese Forderung des Gesamtdatums ist nun
057  allerdings nicht aufgestellt worden, um (2) und (3) zu
058  rechtfertigen, sondern um Paradoxien von der Art des 2.
059  Abschnitts des 2.Kapitels behandelten Beispiels
060  auszuschließen; ist sie verletzt, so führt die Verwendung einer
061  beliebigen regulären Bestätigungsmethode, die symmetrisch
062  bezüglich der Gegenstandsausdrücke ist, zu eben diesen induktiven
063  Widersprüchen; wenn man zugibt, daß bei induktiven Argumenten
064  ein Zusatzwissen den Wahrscheinlichkeitsgrad im allgemeinen ändert,
065  so wird man die Forderung des Gesamtdatums oder eine damit im
066  wesentlichen gleichwertigen Bedingung als vernünftig ansehen
067  müssen. Der zweite Unterschied zwischen der deduktiven und
068  der induktiven Logik besteht also darin, daß die Anwendung
069  der induktiven Argumente jener Forderung des Gesamtdatums zu
070  genügen hat, was für die Anwendung der deduktiven Schlüsse
071  nicht gilt. Für den Fall, daß *zy von *zf logisch impliziert
072  wird und damit gilt, daß c (*zy, *zf) (math.Op.) 1, ist ja der
073  Spielraum von *zf in dem von *zy eingeschlossen. Ein zusätzliches
074  Wissen *zg kann den Spielraum der Prämisse nur noch weiter
075  einschränken, so daß also der Spielraum von *zf (math.Op.) *zg echte
076  oder unechte Teilklasse des Spielraums von *zf und damit wiederum
077  Teilklasse des Spielraums von *zy ist; also gilt dann weiterhin:
078  c (*zy, *zf (math.Op.) *zg) (math.Op.) 1. Ist hingegen *zy mit *zf logisch
079  unverträglich, so daß deren Spielräume elementfremd sind und c
080  (*zy, *zf) (math.Op.) 0, so sind auch die von *zy und *zf (math.Op.) *zg
081  elementfremd, da der Spielraum von *zf ja den von *zf (math.Op.) *zg
082  enthält; es gilt dann also ebenfalls: c (*zy, *zf (math.Op.) *zg)
083  (math.Op.) 0. Ich habe bisher stets vorausgesetzt, daß die
084  Objektsprache in einer gewissen Weise interpretiert ist, und habe
085  gelegentlich auch Beispiele für derartige Deutungen angegeben.
086  Hingegen bin ich nicht darauf eingegangen, ob diese
087  Interpretationen gewissen Bedingungen zu genügen haben, und wenn
088  ja, welchen. In der deduktiven Logik spielen derartige Fragen
089  keine Rolle. Die Gültigkeit eines deduktiven Schlusses ist
090  unabhängig davon, wie vernünftig oder wie verrückt die in den
091  Sätzen *zy und *zf vorkommenden Begriffe interpretiert sind. Die
092  folgenden Beispiele zeigen, daß die Frage, was die Bedeutung
093  der objektsprachlichen Begriffe ist, durchaus ein Problem der
094  induktiven Logik ist. Zur Bestimmung der faktischen relativen
095  Weiten (also nicht der durch (2) (b) vorgenommenen apriorischen
096  relativen Weiten) der Farbprädikate ist es wichtig, zu wissen,
097  wie diese Begriffe definiert oder zumindest näher festgelegt sind.
098  Definiert man den Begriff " rot " etwa unter Bezugnahme auf die
099  Frequenz der elektromagnetischen Schwingungen, so ergibt sich für
100  seine relative Weite vermutlich ein anderer Wert, als wenn diese
101  durch den Quotient der Anzahl meiner Sehnerven, die rot
102  wahrnehmen können, zur Anzahl meiner Sehnerven, die Farben
103  wahrnehmen können, festgelegt wird, und wiederum andere
104  relative Weiten erhält man sicherlich, wenn dieser Quotient bei
105  anderen Personen ermittelt wird. Als naheliegender und durchaus
106  befriedigender Ausweg bietet sich hier der Vorschlag an, bei der
107  Bestimmung der optimalen induktiven Methode auf die a priori
108  gegebenen relativen Weiten der Begriffe zurückzugreifen und die
109  Theorie über die faktischen relativen Weiten als Zusatzwissen den
110  übrigen Erfahrungsdaten hinzuzufügen, also das Problem von der
111  induktiven Logik auf die Einzelwissenschaften zu verschieben
112  (wohin es auch tatsächlich gehört). Doch auch die korrekte
113  Bestimmung der apriorischen relativen Weiten der Prädikate
114  scheint gelegentlich schwierig zu sein. Eine Person x etwa sei
115  rot-grün-blind, d.h. sie habe die gleichen
116  Empfindungen, wenn Frequenzen, die für rot, und solche,
117  die für grün charakteristisch sind, auf ihre Sehnerven
118  treffen. Es erscheint dann auf den ersten Blick als adäquat,
119  wenn x von den fünf Grundprädikaten " rot-grün ",
120  " orange ", " gelb ", " blau " und " violett " ausgeht. Die
121  Wahrscheinlichkeitswerte, die x für eine Hypothese *zy
122  hinsichtlich eines Erfahrungsdatums *zf mit einer Methode (Formel)
123  ermittelt, werden sich dann von denen einer Person y unterscheiden,
124  die nicht rot-grün-blind ist und die von sechs
125  Grundprädikaten ausgeht, und zwar auch hinsichtlich solcher
126  Hypothesen, die an Prädikaten nur " orange ", " gelb ",
127  " blau " und " violett " enthalten. Dieser Unterschied kann durch
128  ein hinreichend großes Erfahrungsdatum überspielt und beliebig
129  klein gemacht werden, doch ist damit das theoretische Problem nicht
130  gelöst. Seine Lösung erreicht man, wenn man sich
131  vergegenwärtigt, wie y die Situation des x betrachtet: Für x
132  sind die beiden Eigenschaften (bzw. Klassen) rot und
133  grün ja identisch; wenn y dieser Identitätsbehauptung
134  seinen sonstigen Axiomen (bzw. den Prämissen aller induktiven
135  Argumente) hinzufügt, so werden seine (Formel)-Werte mit denen
136  des x identisch. Größere Schwierigkeiten entstehen der
137  induktiven Logik durch Eigenschaftsausdrücke und deren
138  Interpretationen, die noch stärker als " rot-grün " von
139  denen abweichen, die wir im Alltag wie auch in den Wissenschaften
140  verwenden. Auf dieses Problem hat mit aller Deutlichkeit erstmals
141  Nelson Goodman hingewiesen. Gegeben sei etwa eine Urne mit 20
142  Kugeln, die alle einfarbig sind, und zwar entweder rot oder grün;
143  " grün " ist in diesem speziellen Fall also durch " nicht rot "
144  definierbar, so daß man " rot " als das einzige
145  Grundprädikat ansehen kann. Die Sprache, die diese Situation
146  beschreibt, enthalte die außerlogischen Ausdrücke " (Formel) ",
147  sowie " rot ". Dann ist der Begriff " grot " definierbar als
148  " rot und verschieden von (Formel), oder nicht rot und mit (Formel) identisch ".
149  Die Identität wird dabei als logische Relation angesehen.
150  Durch Postulate möge behauptet werden, daß die 20 Dinge
151  voneinander verschieden sind, d.h. es liege eine sogenannte
152  strenge Identität vor. Nun ist " (Formel) " per definitionem
153  äquivalent mit " (Formel) ", während " (Formel) " per definitionem
154  äquivalent ist mit " (Formel) ". Dann gilt für jedes (Formel): (Formel) Es
155  gilt damit für das definierte Prädikat " grot ": (Formel) Wählt
156  man andererseits " grot " als Grundprädikat, so ist ja " rot "
157  definierbar als " grot und verschieden von (Formel), oder nicht grot und
158  mit (Formel) identisch ". Unter Verwendung der gleichen Funktion (Formel)
159  erhält man dann: (Formel), und entsprechend für das hier definierbare
160  Prädikat " rot ": (Formel). Nun ist für jede positive reelle
161  Zahl L jedoch (Formel); lediglich für (Formel) stimmen die Zahlenwerte
162  überein. Man sieht unmittelbar, daß dieses von Goodman
163  entdeckte Paradoxon keine spezifische Eigenheit der L-
164  Methoden ist, sondern daß es für beliebige Funktionen c gilt,
165  die in wenigstens einem Fall einen Wahrscheinlichkeitswert ergeben,
166  der von der Aprioriwahrscheinlichkeit abweicht, daß es also alle
167  von (Formel) verschiedenen Funktionen c betrifft. Zur Verdeutlichung
168  sei der Begriff des Lernens aus der Erfahrung nochmals und etwas
169  allgemeiner definiert, so daß die Analyse nicht nur für
170  Funktionen, die auch (1), (2) und (3) erfüllen, adäquat
171  ist, sondern allgemein gilt: (Formel) c ermöglicht es, aus der
172  Erfahrung zu lernen, genau dann, wenn für jedes V-Prädikat
173  2 für beliebige Gegenstandsausdrücke (Formel), (wobei (Formel)), für
174  jede individuelle Verteilung *zf für die Gegenstandsausdrücke (Formel)
175  bezüglich 2 und für alle nicht in *zf vorkommenden
176  Gegenstandsausdrücke *ya und *yb gilt: (Formel), sowie (Formel).
177  Wie das obige Beispiel zeigt, ergibt sich das Paradoxon der
178  Abhängigkeit der Wahrscheinlichkeitswerte von der Wahl der
179  Grundbegriffe, wenn Bedingung (Formel) durch c erfüllt ist,
180  unabhängig davon, ob auch (a) gilt oder nicht gilt. Von einem
181  deduktiven Widerspruch kann allerdings noch nicht gesprochen werden,
182  da es ja denkbar, wenn auch gegen alle Intuition ist, daß der
183  Wahrscheinlichkeitswert nicht von dem abhängt, was die Sätze
184  aussagen, sondern davon, welche Begriffe Grundbegriffe und welche
185  definiert sind. Es ist jedoch nicht sinnvoll, sich mit diesem
186  Sachverhalt resignierend zufriedenzugeben. Es ergeben sich
187  nämlich keine derartigen Paradoxa, wenn man an Stelle von " rot "
188  als Grundbegriffe " blau ", " grün ", " nicht rot ",
189  " rot oder blau " oder irgendeinen anderen der üblichen einfachen
190  oder auch zusammengesetzten Begriffe wählt. Lediglich die
191  Ersetzung von " rot " durch " grot " und ähnliche Begriffe,
192  die man als " zerrüttet " bezeichnen kann, schaffen jene paradoxe
193  Situation. Das von Goodman aufgeworfene Problem dieser
194  zerrütteten Prädikate ist nicht, wie es zunächst erscheinen mag,
195  ein spezifisches Problem der induktiven Logik, sondern ein
196  allgemeines und grundlegendes Problem der Erkenntnistheorie, das
197  durch die Fragen " Wie erlernen wir erstmals eine Sprache? "
198  und " Worüber sprechen wir mit der Sprache? " umrissen werden
199  kann. Wenn ich eine Sprache, etwa die englische, nicht dadurch
200  erlerne, daß mir Übersetzungsregeln in eine andere, mir schon
201  bekannte, gegeben werden, so wird dies im allgemeinen so vor sich
202  gehen, daß mir jemand die einzelnen Begriffe durch Hinweise
203  näher zu bringen sucht, indem er z.B. auf bestimmte
204  Gegenstände zeigt, und dabei jedesmal " red " sagt und auf eine
205  Reihe von anderen Dingen hinweist und hierbei die Worte " not red "
206  ausspricht; aus seinen Gebärden möge mir klargeworden sein,
207  daß " not " für die Negation bzw. für das Komplement steht.
208  Er macht mich also, mit anderen Worten, mit einem Teil der
209  Extension des Begriffs " red " und mit einem Teil der
210  Extension des Begriffs " not red " bekannt und hofft, daß
211  ich nun gelernt habe, wie er dieses Begriffspaar gebraucht,
212  daß ich nun weiß, was er mit den Begriffen " red " und
213  " not red " intendiert, daß ich also die Intension
214  dieser Begriffe erfaßt habe. Daß seine Hoffnung nicht sehr
215  begründet ist, kann man folgendermaßen sehen: Es widerspricht
216  keinem einzigen seiner Hinweise, wenn ich annehme, daß er mit
217  " red " die Gesamtheit jener Gegenstände meint, mit der ich
218  bestimmte Politiker ärgern kann, oder aber die Gesamtheit der
219  Dinge, die in meinem Partner ein angenehmes Gefühl (etwa das
220  der kommenden Weltrevolution) hervorrufen, oder schließlich die
221  Gesamtheit der Objekte, die entweder vor dem Jahr 2324 auf ihre
222  Farbe hin überprüft worden sind und sich als rot erwiesen haben
223  oder aber, die vor diesem Zeitpunkt nicht auf ihre Farbe hin
224  untersucht worden sind und die grün sind. Verschiedene dieser
225  Intensionen können vielleicht durch weitere Hinweise ausgeschaltet
226  werden, aber es ist wohl offensichtlich, daß damit immer noch eine
227  unendliche Mannigfaltigkeit von möglichen Fehldeutungen offen
228  bleibt. Damit ist aber auch entschieden, daß dieses Problem der
229  Ausschaltung nicht intendierter Deutungen nicht mit den Mitteln
230  der induktiven Logik gelöst werden kann, so wie sie in diesem
231  Buch dargestellt worden ist. Andererseits stellt es zwar eine
232  Schwierigkeit dar, die die induktive Logik berührt, aber
233  nicht zur induktiven Logik gehört, und Carnap hat
234  daher richtig gehandelt, als er sein System der induktiven Logik
235  entwickelt hat, ohne die Lösung dieses Problems abzuwarten. Der
236  einfachste und naheliegendste Lösungsvorschlag, nämlich daß
237  " rot " das Grundprädikat und " grot " der definierte Ausdruck
238  ist, ist gleichzeitig auch der am einfachsten zu widerlegende:
239  Wie schon erwähnt worden ist, kann man ja auch den Begriff " rot "
240  durch den Ausdruck " grot " definieren, der in einer
241  geeigneten Theorie das Grundprädikat ist. Die Axiomensysteme
242  der Mathematik und der Naturwissenschaften haben die Unhaltbarkeit
243  der Aristotelischen Vorstellung gezeigt, daß es in einer
244  Disziplin die Grundsätze und die Grundbegriffe
245  gibt; ein Axiomensystem kann immer durch ein mit ihm logisch
246  äquivalentes ersetzt werden, das andere Grundsätze und andere
247  Grundbegriffe enthält. Der Mythos, daß es Grundeigenschaften
248  und zusammengesetzte Eigenschaften gibt und daß damit aus der
249  Gesamtheit jener miteinander logisch äquivalenten Axiomensysteme
250  eines ausgezeichnet ist, nämlich jenes, in dem die Grundbegriffe
251  Grundeigenschaften und die definierten Begriffe zusammengesetzte
252  Eigenschaften bezeichnen, ist aus dem gleichen Grund nicht haltbar,
253  da man dann ja die Eigenschaft, Grundeigenschaft bzw.
254  zusammengesetzte Eigenschaft zu sein, im System irgendwie
255  ausdrücken müßte und da man auch zu diesem Axiomensystem ein
256  äquivalentes finden könnte, in dem diese Begriffe nicht als
257  Grundbegriffe auftreten.

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