Quelle Nummer 385

Rubrik 12 : BILDENDE   Unterrubrik 12.01 : PRESSE

STUDENTISCHER FILMCLUB BONN
SOMMERSEMESTER 1971 (VERANSTALTUNGSPROGRAMM), S.3-


001  SCHWEDISCHE FILMWOCHE:. In
002  Zusammenarbeit mit dem Schwedischen Filminstitut, den Freunden
003  der Deutschen Kinemathek und der Schwedischen Botschaft zeigt der
004  Stud. Filmclub vom 10.bis 13.Mai vier
005  schwedische Filme, die auf der letzten Berlinale gespielt wurden
006  und bisher in der BRD nicht zu sehen waren. Alle Filme laufen
007  im schwedischen Original mit deutschen Untertiteln.
008  Schweinejagd. Regie: Jonas Cornell Schweden 1970. In
009  seinem neuen Film beweist Cornell wiederum sein Talent zur Satire.
010  Wie in seinen früheren Werken ullustriert Cornell die Tendenz
011  der modernen Gesellschaft sich abhängig von Geld, Ansehen und
012  Klassenlage einem streng hierarchischen System zu unterwerfen.
013  Der Regierungspräsident eines imaginären Staates, der die
014  Ausrottung aller Schweine auf der Insel Gotland fordert,
015  verkörpert die Bürokratie, die selbstzufrieden es Maschinen
016  überläßt, wichtige Entscheidungen zu treffen. Durch den
017  Dialog wird schnell klar, daß die betroffenen Schweine genau so
018  gut Menschen sein könnten und daß der Präsident und seine
019  Mitarbeiter mehr an den Methoden der Ausrottung als an den Opfern
020  interessiert sind. Die grüne Landschaft von Gotland ist ein
021  perfekter Hintergrund für die verzweifelten Anstrengungen der
022  steifen Beamten, ihre Beute zu finden. Der Yankee.
023  Regie: Lars Forsberg Schweden 1970. Dank der
024  schauspielerischen Leistung Anita Ekströms als Inga ist " Der
025  Yankee " ein überzeugender Kommentar der sozialen Probleme im
026  heutigen Schweden. Nach einer kurzen Affäre mit einem
027  Amerikaner wird Inga schwanger und weder der hochgelobte
028  Wohlfahrtsstaat Schweden noch die Gesellschaft können ihre
029  Probleme lösen: Nach der Entbindung offenbart sich die
030  Untauglichkeit der Gesellschaft, als weder ihre Mutter noch ihr
031  Freund, der ihre Wohnung teilt und später als gmeiner Hehler
032  entlarvt wird, ihre finanziellen Schwierigkeiten zu beseitigen
033  versuchen. Sie lügen. Regie: Viljot Sjöman Schweden
034  1970. Der Film spielt zeitweise im Langholm-Gefängnis,
035  in dem Sjöman in seiner Jugend als Wärter arbeitete. Lasse,
036  ein Alkoholiker, und Björn werden Freunde, und Björn versucht
037  für Lasse eine Heilbehandlung statt einer Strafe zu erreichen.
038  Durch abwechselnde Dokumentation und Fiktion erreicht Sjöman
039  eine große Eindringlichkeit. Das Erleben wirklichen Sex' nach
040  Monaten der Masturbation und die stumme Wut, mit der Lasse
041  unzählige Bierflaschen bei der ersten kauft, steht neben den
042  Szenen, in denen Björns und Lasses Mutter die Briefe aus dem
043  Gefängnis lesen und aufgebracht wegwerfen. Weitere Informationen
044  veröffentlichen wir in einem Sonder-Programmheft zur Woche.
045  DAS KINO ALS IDEOLOGIEFABRIK.
046  " IDEOLOGISCHE TENDENZEN IN DEUTSCHEN
047  FILMEN ". In sieben Folgen einer für das Westdeutsche
048  Fernsehen produzierten Sendereihe untersuchte der Berliner
049  Publizist K. Kreimeier ideologische Aspekte, Stereotypien
050  und Leitbilder des deutschen Films aus der Weimarer Republik,
051  dem Dritten Reich und der Zeit nach 1945. Filme werden in dieser
052  Sendereihe nicht in erster Linie als Kunstwerke gesehen, sondern
053  als indirekte Dokumente für politische und soziale Entwicklungen.
054  Dabei soll die Dialektik besonders des Unterhaltungsfilms
055  aufgedeckt werden, der einerseits gesellschaftliche und politische
056  Wirklichkeit abbildet, andererseits bestimmte restaurative
057  Verhaltensweisen und Tendenzen in dieser Wirklichkeit mit
058  produziert und sich somit, neben anderen Massenmedien, als
059  stabilisierender Faktor in unserer Gesellschaft erweist. Der
060  Filmclub wird in diesem Sommersemester sein Publikum die gesamte
061  Folge in Verbindung mit vier Beispielfilmen und einem
062  filmsoziologischen Seminar präsentieren. Wir orientieren uns
063  damit am Beispiel des Berliner " Arsenals ", das die
064  Sendereihe mit großem Erfolg spielen konnte. 1.Termin:
065  Donnerstag, 6.Mai 71, 20 Uhr, Hörsaal X (!) 1.
066  Folge: " DIE STRASSE ". Sie enthält
067  Ausschnitte aus früheren deutschen Großstadtfilmen von den
068  Anfängen um 1900 bis zu Leni Riefenstahls Reichsparteitag-
069  Film " Triumph des Willens ". Anhand der Filme werden
070  gesellschaftliche Symptome und Fehlentwicklungen aufgedeckt. 2.
071  Folge: " GESELLSCHAFTSSPIELE ".
072  Untersuchung von Filmen mit erotischen Themen aus der Zeit vor
073  dem 1.Weltkrieg bis zum Ende der Zwanziger Jahre. Der
074  Zustand und die Ideologie der bürgerlichen Ehe, stereotype
075  Konfliktsituationen, die Unterdrückung der Frau, schließlich
076  die großstädtische Prostitution stehen als Beispiele für eine
077  Gesellschaft, die auch in dieser Beziehung den Tauschcharakter
078  der Warenwirtschaft verinnerlicht hat. Die Befunde kehren in den
079  Filmen allerdings verformt wieder; sie werden beschönigt,
080  bagatellisiert oder als unabänderlich hingenommen. 3.Folge:
081  " DEUTSCHE FRAUEN ". Anmerkungen zu
082  weiblichen Hauptrollen in Filmen aus der Zeit des
083  Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit. Besonders die
084  publikumswirksamen Filme propagieren offen oder nur unzulänglich
085  verschleiert eine patriarchalische, gegen die Emanzipation der
086  Frau gerichtete Ideologie. Faschistische Denkkategorien und
087  Verhaltensschablonen wie die der " Heldenmutter " kehren auch im
088  deutschen Nachkriegsfilm wieder. 2.Termin: Mittwoch,
089  19.5.71, 20 Uhr, Hörsaal X (!) 4.Folge:
090  " DIE ELENDEN ". Der Stummfilm der Zwanziger
091  Jahre spiegelt in großen Teilen die Klassensituation und die
092  widersprüchliche Bewußtseinslage des deutschen Proletariats nach
093  1918 wider. In der Sendung wird nach den Gründen dafür gesucht,
094  daß der Beitrag des frühen realistischen Kinos zu einer
095  politischen Aufklärung aller Gesinnungsradikalität zum Trotz so
096  gering ausgefallen und ohne Erfolg geblieben ist. Dazu der
097  Beispielfilm: " MUTTER KRAUSENS FAHRT INS
098  GLÜCK " von Piel Jutzi, Deutschland 1929. +.
099  Termin: Montag, 7.Juni 71, 20 Uhr, Hörsaal X (!)
100  5.Folge: DIE UNTERNEHMER ". Die
101  Darstellung des kapitalistischen Großunternehmers im deutschen
102  Film nach 1945 läßt eine deutliche politisch-gesellschaftliche
103  Ausrichtung erkennen. Die faschistische Ideologie der "
104  Volksgemeinschaft " und des patriarchalischen Betriebsführers,
105  wie sie Veit Harlan und Wolfgang Liebeneiner propagieren, kehrt
106  in nur oberflächlich demokratisierter Form nach dem Kriege wieder.
107  Dazu der Beispielfilm: " REGINE " (noch nicht
108  sicher) 4.Termin: Donnerstag, 24.Juni 71, 20 Uhr,
109  Hörsaal X (!) 6.Folge: "
110  SCHLACHTBESCHREIBUNGEN ". In den Filmen
111  der Deutschen spiegelt sich ihre Lust am Untergang sowohl wie ihre
112  Unlust zur Reflexion, zu einschneidender Selbstkorrektur. Die
113  Sendung versucht, Spuren solcher Regression in einigen deutschen
114  Filmen, die nach 1918 und 1945 entstanden sind und sich mit dem
115  Krieg auseinandersetzen, ausfindig zu machen und historisch-
116  politisch zu definieren. Dazu der Beispielfilm: "
117  KAMERADSCHAFT " von G. W. Pabst,
118  Deutschland 1931. 5.Termin: Donnerstag, 1.Juli 71,
119  20 Uhr, Hörsaal X (!) 7.Folge: "
120  TYRANNENSCHAU ". In dieser Sendung werden
121  Herrschaftsverhältnisse dort aufgesucht, wo sie sich direkt am
122  konkretesten manifestieren: in der Darstellung bildhafter oder
123  abschreckender, verklärter oder auch bewußt verkleinerter
124  Autoritätsfiguren. Positive und negative Ausprägungen des
125  deutschen Tyrannen geistern durch die gesamte Filmgeschichte; sie
126  tauchen lange vor Hitler auf und sind bis heute nicht verschwunden.
127  Dazu der Beispielfilm: " FRIEDRICH SCHILLER
128  " von Herbert Maisch, Deutschland, 1940. Filmclub-
129  Seminar Sommersemester 1971:. DIE
130  INTERPENDENZEN ZWISCHEN FILM,
131  FILMWIRTSCHAFT + GESELLSCHAFT.
132  ANSÄTZE ZU EINER FILMSOZIOLOGIE.
133  Einem kleinen, progressiven Teil der Filminteressierten und
134  Filmemacher ist klar, daß es mit der westdeutschen Filmpolitik,
135  so wie es augenblicklich der Fall ist, nicht weitergehen darf.
136  Ihrer Ansicht nach ist das miserable Filmangebot in den
137  kommerziellen Kinos Folge: der Monopolbildung in der
138  westdeutschen Filmwirtschaft, der von den Produzenten
139  verbänden, Verleiherverbänden und
140  Filmtheaterbesitzerverbänden durchgesetzten
141  Filmförderungsmaßnahmen des Bundes, der internationalen
142  Marktherrschaft des US-Filmmonopols (s. z. B.
143  Beteiligung an westdeutschen Firmen). Erste Gegenmaßnahmen
144  waren das " Kuratorium Junger Deutscher Film " sowie
145  verschiedene Filmemacherkooperativen; augenblicklich sind
146  Gründungen von Kommunalen Kinos im Gange (vgl. Duisburger
147  Modell), zuletzt, am 31.3.71, wurde in derselben Stadt
148  ein " arbeitskreis nichtkommerzielles Kino " ins Leben gerufen.
149  Der Filmclub hat mit Einzelbeiträgen in seinen Programmheften
150  und in " akut " auf diese Entwicklungen hinzuweisen versucht.
151  Während dem einen Filmfan lediglich auffalen mag, daß in den
152  Kinos fast kaum noch Streifen von hoher " künstlerischer
153  " Bedeutung laufen, so stellt der andere - kritischer - fest,
154  daß Förderung und Produktion billiger Massenfilme (s. Porno
155  welle, Aufklärungswelle und Paukerwelle) in
156  einem Zusammenhang mit der übrigen gesellschaftlichen Entwicklung
157  der BRD stehen müssen. Letzterem fällt nämlich auf, daß
158  insbesondere gesellschaftskritische oder ansatzweise die eigentlichen
159  Bedürfnisse oder Interessen der ausgebeuteten Massen
160  formulierende Filme aus dem Kommerziellen Filmprogramm
161  verschwunden sind. Was nun die Filmkritik in den meisten
162  Tageszeitungen (rühmliche Ausnahme z.B. " Frankfurter
163  Rundschau "), Illustrierten und Fachzeitschriften betrifft, so
164  wurde einigen Filmclubmitgliedern in letzter Zeit immer bewußter,
165  daß sie die gesellschaftspolitische Bedeutung des Mediums Film,
166  eben den Zusammenhang zwischen Filmproduktion und
167  Gesellschaftsstruktur und die systemstabilisierende Funktion von
168  Filmen, entweder nicht erfaßt oder aber verschleiert. Die
169  Tageszeitungen bringen meist nur periphere Informationen, erlauben
170  sich in ihren Rezensionen kaum deutliche Kritik, weil sicher
171  abhängig von den lukrativen Filmtheaterinseraten. Die
172  Illustrierten kommen über Klatschgeschichten um Stars und
173  Sternchen nicht hinaus. Die Filmfachblätter schließlich
174  enthalten in erster Linie Rezensionen, die mit Kategorien der
175  konventionellen (d.h. bürgerlichen) Ästhetik operieren
176  oder sich in versponnen subjektivistischen Filmerlebnissen ergehen
177  (besonders die " Filmkritik " bis etwa 1969). Wenn sich auch
178  neuerdings soziologische Betrachtungen mehren, die zum Teil bis
179  zum Kernproblem der Filmkritik vorstoßen, und das ist heute das
180  dialektische Verhältnis von monopolistischer Filmproduktion (math.Op.)
181  ihrer massenhaften Rezeption in der spätkapitalistischen
182  Klassengesellschaft, so gilt unserer Ansicht nach doch insgesamt,
183  daß die westdeutsche Filmkritik die " Emanzipation des Publikums
184  " verhindert. Zu einer gründlichen Diskussion des Problems:
185  Dient der Film den Interessen des Publikums oder denen der
186  Filmwirtschaft? bietet sich nun als - vorläufig - bestes
187  Ausgangsmaterial die von Dieter PROKOP vorgelegte "
188  Soziologie des Films " an. PROKOP erarbeitet in diesem
189  Buch eine umfangreiche historische Analyse der Zusammenhänge
190  zwischen Produktionsbedingungen und Publikumsverhalten seit Beginn
191  der kommerziellen Auswertung des Films. Gegenstand der
192  Untersuchung ist in erster Linie Hollywood, in Exkursen wird auf
193  die europäische Situation eingegangen. Die analytischen Methoden
194  entstammen dem " Strukturellen Funktionalismus " von Talcott
195  PARSONS (dem sicher ein marxistischer Ansatz
196  gegenübergestellt werden müßte). Da dem Filmclub
197  gegenwärtig die Analyse der Beziehungen zwischen den
198  Produktionsbedingungen des Films und dem Publikumsverhalten
199  (ADORNO *und HORKHEIMER: " Zirkel von
200  Manipulation und rückwirkendem Bedürfnis ") bei weitem
201  wichtiger zu sein scheint als etwa die Erörterung ästhetischer
202  Probleme um Underground-Film etc., hat er sich
203  entschlossen, im SS 71 ein Seminar über Filmsoziologie zu
204  veranstalten. Filminteressierte und evtl. schon in Teilfragen
205  (etwa der Politökonomie, Soziologie, Psychologie, Filmwirkung)
206  eingearbeitete Studenten sind hiermit zur Mitarbeit aufgefordert
207  und eingeladen. Es ist vorgesehen, daß in diesem Seminar als
208  Diskussionsgrundlage neben dem PROKOP - Text zur
209  Konkretisierung der theoretischen Arbeit die oben erläuterte
210  Sendereihe von K. KREIMEIER incl. der Filmbeispiele
211  herangezogen wird. Der Filmclub wird bei dem ersten Treffen
212  der an der Teilnahme interessierten (nach der
213  KREIMEIER - Veranstaltung am 6.Mai 71)
214  einen Arbeitsplan vorlegen, der dann gleich besprochen und als
215  verbindlich für das Vorgehen verabschiedet werden kann. Im
216  Interesse der Effektivität des Seminars sollte allen
217  teilnehmenden Studenten folgende Literatur unbedingt
218  bekannt sein: PROKOP, D.: " Soziologie des
219  Films " WALSER, M.: " Über die Neueste
220  Stimmung im Westen " HAUG, W. F.: " Zur Kritik
221  der Warenästhetik " ENZENSBERGER, H. M.: "
222  Baukasten zu einer Theorie der Medien "
223  HUFFSCHMIDT, J.: " Die Politik des Kapitals.
224  " Empfehlenswert sind: BENJAMIN, W.: " Das
225  Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit ",
226  Drei Studien zu Kunstsoziologie. 1963. BARAN, P.A.
227  *und P. M. SWEEZY: " Monopolkapital ".
228  BRECHT, B.: " Radiotheorie " Filmfachliteratur und
229  Filmzeitschriften (ab Jahrgänge 1955 oder 58) können in der
230  Filmclubbibliothek gelesen werden. Die Struktur der
231  Filmwirtschaft im Polypol als Rahmenstruktur der
232  Entwicklungsmöglichkeiten des Films.. THESE: Im
233  Polypol ist es - sowohl von der Konkurrenzsituation (viele
234  kleinere Anbieter) her als auch aufgrund der bei geringen Kosten
235  erforderlichen schmalen Amortisationsbasis - notwendig, auf die
236  Präferenzen begrenzter Gruppen von Nachfragern einzugehen. Dies
237  gestattet die Entwicklung unterschiedlicher Filmformen und
238  Filminhalte. THESE: Im Polypol läßt die
239  innerbetriebliche Strukutur eine begrenzte Initiative des
240  künstlerischen und technischen Personals zu. Eine strikte
241  Trennung von VerwaltungsFunktionen und künsterlischen
242  Funktionen besteht nicht. THESE: Im Polypol besteht
243  bei begrenzten Einflußmöglichkeiten der Produzenten (these),
244  fehlender Kalkulierbarkeit der Zensurinstanzen und angesichts des
245  Attraktionswertes des Films keine Notwendigkeit einer allgemein
246  verbindlichen Selbstzensur der Filmwirtschaft. THESE:
247  Zur Zeit des Polypols besteht das Filmpublikum hauptsächlich aus
248  Angehörigen der städtischen Unterschichten. (...) im Oligopol
249  THESE: Im Oligopol ist von der Marktsituation her
250  die Produktion von Filmen notwendig, die 1.eine
251  Auseinandersetzung auf dem Kapitalsektor zulassen (Starsystem,
252  Ausstattung bzw. B-Filme) und 2.auf die beim breiten,
253  kaufkräftigeren Teil des Publikums vermuteten Präferenzen
254  ausgerichtet sind (Standardisierung nach marktgängigen Rezepten).
255  THESE: Im Oligopol erfolgt die Umwandlung in einen
256  arbeitsteiligen, hierarchisch gegliederten Produktionsbetrieb.
257  Die Entscheidungsbefugnisse des künstlerischen und technischen
258  Personals werden zugunsten des Managements, bzw. der
259  Interessen der Kapitalgeber reduziert. Dies bedeutet die
260  weitgehende Ausschaltung der Möglichkeit formaler und inhaltlicher
261  Experimente. THESE: Im Oligopol erfordert die
262  Notwendigkeit eines einheitlichen Absatzmarktes die Absicherung
263  gegenüber den Einflußchancen des effektiv organisierten Publikums
264  durch eine Selbstzensur. THESE: Zur Zeit des
265  Oligopols findet sich auf der Publikumsseite ein Übergang vom
266  Unterschichtpublikum zum Mittelschichtpublikum. Durch
267  die ökonomischen Rahmenbedingungen (These 1 bis 3) wird diese
268  Strukturveränderung initiiert und beschleunigt. Aufgrund der
269  Prestigefilmpolitik der Oligopolisten (These 1) gestattet dies
270  eher " phantastische " Filme (" göttliche " Stars,
271  ungewöhnliche Milieus) als " realistische " oder "
272  sozialkritische " Filme. (...) im Monopol THESE:
273  Im Monopol ist von der Marktsituation her die Produktion von
274  Filmen notwendig, die 1.eine Aufrechterhaltung des auf hohen
275  Investitionen beruhenden Angebotsmonopols erlauben (kostspielige
276  Prestigefilme) und 2.langfristiger kalkulierter auf die beim
277  breiten, kaufkräftigen Teil des internationalen Publikums
278  vermuteten Präferenzen ausgerichtet sind. Dies führt in Monopol
279  allmählich und von Absatzkrisen begleitet zur
280  Institutionalisierung von " Rezeptivität ". THESE:
281  Im Monopol erfolgt die Unterordnung des künstlerischen und
282  technischen Personals unter die Befehlsgewalt der
283  Verwaltungsspezialisten. Die Erstellung von nach Vorschriften
284  vorausbestimmbaren Leistungen wird mittels spezifischer
285  Zwangsmittel (hohe Bezahlung, spezifische Vertragsverhältnisse,
286  schwarze Listen) garantiert. THESE: Im Monopol
287  erhält die freiwillige Selbstzensur die zusätzliche Funktion der
288  Ausschaltung der mit konkurierenden Produktionsgestaltungen
289  (sozialkritische Filme, ästhetische Experimente) auftretenden
290  kleineren Firmen.

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