Quelle Nummer 382
Rubrik 12 : BILDENDE Unterrubrik 12.01 : PRESSE
FRANKFURTER RUNDSCHAU
MITTWOCH, 20.10.1971, NR.243, S.25 (FEUILLETON)
001 Ein Konservativer. Zum ersten Mal seit langer Zeit
002 hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels sich keine im
003 Verlagsgewerbe zweitrangige Persönlichkeit zu seinem Vorsteher
004 gewählt. Ernst Klett ist einer der größten westdeutschen
005 Schulbuchverleger, er verlegt daneben aber auch bedeutende
006 geisteswissenschaftliche Werke zum Teil betont konservativen
007 Zuschnitts, wie etwa die Ernst Jüngers, aber auch mehr links
008 stehende Autoren wie Jean Am‚ry und Bücher über
009 Friedensforschung. Revolutionäre wird man bei ihm freilich
010 vergebens suchen. Sehr engagiert hat Klett sich bei der
011 Erschließung neuer Medien für Unterrichtszwecke, ohne sich
012 dabei in Illusionen zu verlieren. Dazu ist er ein zu kühler
013 Rechner. Er ist auch nicht der Mann, der sich als unvermeidlich
014 erkannten Entwicklungen entgegenstemmen wird. Als unvermeidlich
015 betrachtet er die Konzentration im Verlagswesen und hat sich für
016 sein eigenes Unternehmen längst darauf eingestellt. Mit Klett
017 als Vorsteher wird der altehrwürdige Börsenverein die Wandlung
018 von der Standesorganisation zur Berufsinteressenvertretung
019 durchmachen. Der Apparat wird gestärkt werden. Die
020 Schriftsteller werden wissen, daß sie in Klett einen harten
021 Gegenspieler haben. Seine eigene Position hat Klett jüngst im
022 " Merkur " (Ausgabe 281) so umrissen: " Wir haben es als
023 eine Idylle bezeichnet, wenn die Intelligenten unter den frühen
024 Konservativen, älter geworden, resignierend-heiter dem
025 Ausgleich das Wort redeten. Im Grunde hat sich nichts geändert,
026 nur weht ein sehr viel schärferer Wind. Hier gilt es, stärker
027 gegenzuhalten, das Equilibrium zu sichern. Eine Zeit wie diese
028 hat es noch nicht gegeben. Der konservative Auftrag ist deutlicher
029 erteilt als in den letzten Generationen. Er lautet: In Frage
030 stellen, das überkommene Wertesystem prüfen, nicht zu verhindern
031 trachten wenn das Verbrauchte ausgeschieden wird, ja, stoßen,
032 wem zu fallen bestimmt ist; aber zäh und unerbittlich kämpfen
033 für das Unverzichtbare. Und was ist das, worauf nicht verzichtet
034 werden kann? Eben das zu bestimmen, ist die Aufgabe. Jeder
035 muß sie für sich selbst leisten. " Börsianer. Horst
036 Tappert in einem Balzac-Gastspiel-Als überraschend
037 modern erwies sich das einzige, selten gespielte Stück des
038 Franzosen Honor‚ de Balzac " Das Finanzgenie ", vom
039 Theater an der Berliner Allee in einer präzisen Inszenierung von
040 Fred Nolte im Schauspiel geboten. In dieser satirischen
041 Komödie werden die Methoden und Mechanismen der Börsianer, das
042 gerissene Spiel zwischen Gläubigern und Schuldnern, dank
043 geistreicher Dialoge auf sehr vergnügliche Weise deutlich.
044 Freilich hatte die Aufführung in Horst Tappert als völlig
045 verschuldetem, aber wie ein Millionär lebendem Hasardeur
046 Mercadet einen Protagonisten voller Esprit und Eleganz, von
047 einer sprachlichen Delikatesse, wie sie auf unseren Bühnen selten
048 ist. Wie dieser Weltmann und Gauner von Format seine Verfolger
049 immer auf jenen früheren Sozius " Godeau " ansetzt, der nicht
050 kommen will (Beckett hat seinen Godot tatsächlich bei Balzac
051 gefunden), ist bestes Florettgefecht. Daß dieser als deus ex
052 machina dann tatsächlich alles in Ordnung bringt, ist von
053 ironischer Raffinesse. Um Tappert ein Ensemble von
054 unterschiedlichem Vermögen. Reicher Beifall für einen
055 Komödienabend mit französischem Flair. Solschenizyn:
056 Nobelpreis kein Diebesgut. Der sowjetische Literatur -
057 Nobelpreisträger von 1970, Alexander Solschenizyn, hat in einem
058 Brief an den norwegischen Journalisten Per Egil Hegge den
059 schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme kritisiert und
060 gefragt, ob der Nobelpreis eine Art Diebesgut sei, das man
061 hinter verschlossenen Türen und ohne Zeugen überreichen müsse.
062 Er glaube jeoch nicht, daß die Situation in der Sowjetunion
063 bereits reif sei, um eine Feier jetzt nachzuholfen. " Wir
064 können also wohl nichts anderes tun als abwarten ", heißt es
065 wörtlich. Vor einer Woche hat der schwedische
066 Schriftstellerverband gegen die Behandlung Solschenizyns durch die
067 Nobelstiftung und das Außenministerium in Stockholm protestiert.
068 Inzwischen haben die Nobelstiftung und die schwedische Akademie
069 ihre Bereitschaft erklärt, die Auszeichnungsurkunde in Moskau zu
070 überreichen. Der mit der Verleihung verbundene Betrag von 400000
071 Kronen (etwa 270000 Mark) war Solschenizyn schon über seinen
072 Vertreter in Genf zugestellt worden. In seinem Brief erklärt
073 Solschenizyn, er sei zutiefst bewegt von dem Angebot der
074 schwedischen Akademie. Erwartung nicht ganz ohne bange
075 Gefühle. Situation der Darmstädter Oper, dargestellt an
076 zwei Neuinszenierungen. So anachronistisch, weil vorwitzig den
077 kulturellen und wirtschaftlichen Tendenzen zuwiderlaufend, die
078 Eröffnung eines großen neuen Theaterbaus auch anmutet: das
079 große Haus, in das die Ensembles von Darmstadts Schauspiel und
080 Oper noch in der nächsten Spielzeit einziehen werden, erweckt
081 schon heute neben bangen Gefühlen auch Neugier, die sich darauf
082 richtet, wie noch einmal, in Zeiten abgeflauter
083 Besucherkonjunktur, eine Situation nachgeholt werden könnte, die
084 in anderen Städten in der Regel ein Jahrzehnt nach Kriegsende
085 durch die WiederHerstellung oder Neu-Herstellung
086 repräsentativer Tempel für darstellende Kunst gegeben war. Kann
087 die nach vorübergehender fruchtbarer Beunruhigung nun doch
088 allgemeiner spürbare Resignation an den Theatern hier in einem
089 Modell durch den neuen Theaterbau wenigstens vorübergehend
090 aufgebrochen, verheißungsvoll verschreckt werden? Was die Oper
091 betrifft, so dürfte feststehen, daß einige Impulse von den doch
092 sehr zahlreich hinzuzugewinnenden neuen künstlerischen Mitarbeitern
093 zu erwarten sind. Das ist auch bitter nötig. Denn die
094 Darmstädter Sängerequipe hat sich in vielen Jahren
095 kontinuierlicher Arbeit an diesem Theater entschieden verbraucht.
096 Nur wenige, darunter der in seinen darstellerischen Möglichkeiten
097 unvergleichliche George Maran, werden den neuen Anforderungen,
098 wenigstens als unentbehrliche und profilierte Chargen, gerecht
099 werden können. Aufgezehrt scheinen aber auch die inszenatorischen
100 Spezifika, die den Opernaufführungen in der Orangerie zumindest
101 für die Zeit bis etwa 1965 ein besonderes, im deutschen
102 Musiktheater durchaus unverwechselbares Kolorit gegeben haben.
103 Wenn man auch von auswärts die Darmstädter Oper gern besuchte,
104 eher allerdings des Sehens als des Hörens wegen, dann war das
105 einst das unbestrittene Verdienst der Inszenierungskunst von Harro
106 Dicks, der, nach seiner langjährigen Oberspielleiter
107 tätigkeit und Quasi-Operndirektorentätigkeit, auch im
108 neuen Haus weiter zur Verfügung stehen wird. Es bleibt
109 abzuwarten, ob Dicks die Anregungen der größeren Bühne zu
110 einer Erfrischung seines seit Jahren nicht mehr recht
111 wandlungsfähigen Stils nutzen wird. Der Strawinski-Abend,
112 der als zweite Opernpremiere der Saison in der nüchternen
113 Alternativ-Spielstätte zur Orangerie, der Stadthalle, in
114 Szene ging, zeigte den Regisseur Dicks allerdings von einer eher
115 problematischen Seite. So begann " Die Geschichte vom Soldaten "
116 mit aktuellen Dokumentar-Filmbildern aus Vietnam und
117 anderen exotischen Kriegsländern. Die makabre Entrada wurde vom
118 Erzähler (Horst Schäfer) alsbald weggewischt mit einer
119 " Freunde, nicht diese Töne, laßt uns angenehmere anstimmen "
120 - Geste, wodurch sich die inszenatorische Maßnahme als
121 aufgeklatscht, als beziehungslos zum Ganzen, bestenfalls als
122 tagebuchartiges Einsprengsel eines von der Politik irgendwie
123 verunsicherten Kulturschaffenden bloßstellte. Zumal dann im
124 Stück selbst an keiner Stelle mehr darauf refklektiert wurde.
125 Dabei wäre es gewiß ein leichtes gewesen, der im schweizerischen
126 Nirgendwo angesiedelten " Historie " entweder von 1917 oder von
127 heute her kritisches Relief zu geben. Die musikalische Seite der
128 Aufführung lag in Händen von Peter Schrottner, der sich mit
129 ebenso prägnanten wie plastisch-gedrungenem Dirigieren als
130 Anwärter auf eine künftige erste Kapellmeisterstelle in
131 Darmstadt nachdrücklich empfahl. Seine besondere Stärke
132 dürften romantisch-expressive Partituren sein. Doch auch das
133 schwierige " Mavra "-Dirigat hinter der Stadthallen-
134 Bühne (die Sänger reagierten auf per Fernsehen übermittelte
135 Dirigierimpulse Schrottners) gelang ihm mit größter
136 Selbstverständlichkeit. Diese leichtgewichtige " russische "
137 Groteske Strawinskis aus den zwanziger Jahren wurde von Dicks in
138 bewährter Puppenstuben-Manier inszeniert. Das
139 Landestheaterorchester hat sich mit den Jahren durch die
140 beständige Arbeit des Generalmusikdirektors Hans Drewanz doch
141 entscheidend verbessert und gehört wohl auch für ein künftiges
142 Haus zu den sicheren künstlerischen Faktoren. Bei der im Juni
143 in den Spielplan aufgenommenen Neuinszenierung von " Pique Dame "
144 (in der Orangerie) erwies es sich als ein durch die
145 Raumakustik gewiß nicht begünstigter, aber hinreichend
146 zuverlässiger Klangkörper. Die Tschaikowski-Oper ist von
147 dem Gastregisseur Bohumil Herlischka für Darmstadt noch
148 einschneidender bearbeitet worden als in der früheren Frankfurter
149 Herlischka-Inszenierung von " Pique Dame ". Die
150 Irrenhaus-Finalität kündigt sich bereits in den ersten
151 Szenen an, die konventionellen Gesellschaftsmusik-
152 Bleigewichte wurden beseitigt, das Ganze zum " inneren " Drama
153 des Outsiders Hermann drastisch umfunktioniert. Ruodi Barths
154 Spiegelkabinett-Bühnenbild suggeriert die Ausweglosigkeit des
155 Hermannschen Seelenkäfigs, der einzig auf die fixe Idee der
156 " drei Karten " aufgebaut ist. Der differenzierte Realismus
157 Puschkins, der auch bei der Originalfassung Tschaikowskis noch
158 durchscheint, wird dergestalt zu einer Psychostudie verkürzt.
159 Man kann dieser gewiß nicht in allen Punkten einleuchtenden
160 Konzeption die künstlerische Stringenz nicht absprechen. In
161 Charles O " Neill stand ein Protagonist zur Verfügung, der
162 das Manisch-Dumpfe der Hauptfigur auch stimmlich recht
163 plakativ hervorlodern ließ: mit kultiviertem Operngesang hatte
164 das manchmal bedrückend, aber meist glaubwürdig wenig zu tun.
165 Dorothea von Stein als greise dämonische Gräfin war ebenfalls
166 eine echte Horror-Gestalt. Auch diese Sängerin wird sich
167 aufgrund ihrer persönlichen Ausstrahlung noch künftig zu den
168 Stützen des Darmstädter Opernensembles rechnen können.
169 Solange kein junges Regisseur-Bühnenbildner-Team
170 entscheidend an der Entwicklung eines neuen, auch fürs größere
171 Haus attraktiven Darmstädter Opernstils hinzugezogen werden kann,
172 wäre es zweifellos ein großer Gewinn, wenn ein Inszenator wie
173 Herlischka regelmäßig als Regiegast in Darmstadt wirken könnte.
174 Faust Zwo. Göthes Spätstück riskiert - und
175 daran gescheitert. Den zweiten Teil von Goethes " Faust " zu
176 spielen, hat für kluge Theaterleute immer etwas Deprimierendes.
177 Denn wie zuversichtlich einer diesen Text (den Goethe in den
178 Tagebüchern der Jahre 1827/28 oft sein " Hauptgeschäft
179 " nennt) auch einstreicht, wie selbstsicher er auch gegen das kühn
180 und groß gemalte Bild sein notwendig schmales Konzept behauptet
181 - er wird doch selber spüren, daß das Hauptgeschäft des
182 Inszenierens hier darin besteht, zu lernen, wie weit das auf der
183 Bühne schließlich Sichtbare vom Denkbaren entfernt bleiben muß.
184 In Kassel sehr weit. Dabei hat Günter Fischer, der eine
185 eigene Fassung herstellte und Regie führte, den Betrieb schon
186 aufs äußerste strapaziert, die Probezeit auf immerhin zwei
187 Monate ausgedehnt; der ganze Apparat des Stadttheaters ächzte
188 unter der enormen Anstrengung. Auch wer viel von Goethe hält,
189 das Stück bewundert und den Mut des Kasseler Theaters nicht
190 geringschätzt, mag dennoch fragen, ob es wirklich sinnvoll war,
191 diese Anstrengung zu unternehmen, von der doch abzusehen war, daß
192 sie über alle Kräfte gehen würde. Der Regisseur würde wohl
193 antworten, daß die Zeit für " Faust 2 " jetzt günstig ist.
194 Daran ist richtig, daß unsere Theater sich im Moment hier und
195 dort mit dem neunzehnten Jahrhundert beschäftigen, Ibsens "
196 Peer Gynt " in Berlin, das Hölderlin-Stück von Peter
197 Weiss (in dem Goethe als hemmender, reaktionärer Dichterfürst
198 vorkommt, was man mit " Faust 2 " nicht gerade als vertretbare
199 Deutung beweisen könnte) sind dafür die auffälligsten Beispiele.
200 Warum dann nicht gleich zurück " zu den Müttern ", wenn
201 schon ins vorige Jahrhundert, dann doch wohl zum " Faust "?
202 So weit, so einfach gedacht. Aber Fischer denkt noch weiter,
203 schreibt im Programmheft, nicht " Erneuerung eines unkritischen
204 Goethe-Gedächtnisses " sei das Ziel der Arbeit, sondern
205 die Möglichkeit habe sie zeigen wollen, " in eine Diskussion mit
206 Goethe einzutreten ". Das heißt also: kritische Regie,
207 heißt: nachprüfen, was das Stück " noch wert ist ", was uns
208 daran " interessieren " könnte. Die Abgegriffenheit solcher
209 Beschreibungen der Absichten, von denen diese Inszenierung
210 vielleicht ausging, ist schon ein Teil der Antwort auf die Frage
211 nach ihrem Ergebnis. Was hat die Mühe eingebracht? Dies
212 zunächst und vor allem: viereinhalb Stunden lang beobachtet man,
213 wie zwischen den oft mangelhaft artikulierten, sinnverdunkelnd
214 geredeten Wörtern, Sätzen, Versen, die man hört, und dem,
215 was die Schauspieler dazu auf der Bühne tun, ein Riß ist, der
216 von Augenblick zu Augenblick weiter aufklafft. Die Aufführung
217 besteht aus zwei Lagen - die eine ist ein Text mit den
218 Erinnerungen und Assoziationen, die er ausklinkt, die andere ist
219 Stadttheatermimerei in einer durch den Text immer wieder
220 zusätzlich denunzierten, nachgerade idiotischen Ausprägung.
221 Etwas Eigenartiges geschieht da. Immer wenn ein potentiell
222 pathetischer, " schwerer " Augenblick im Sinne eben des "
223 kritischen " Zugriffs locker ein bißchen veralbert werden soll,
224 etwas Ernsthaftes als Falsches vorgeführt wird, wirkt sich fatal
225 aus, daß die Schauspieler das Ernsthafte, auch wenn sie es ernst
226 meinen, nur als falsche Hohlform zeigen können. Weil die
227 Aufführung das, was sie von Goethe als wahr und richtig
228 akzeptiert, auch schon falsch vermittelt, gerät ihr das, was sie
229 als falsch deutet, gleichsam doppelt falsch. Die Schwierigkeit,
230 der Kasseler Unternehmung noch irgendwie gerecht zu werden, rührt
231 dann daher, daß unverkennbar ist, wo sie Ironie will und wo sie
232 einfach versehentlich ironische Wirkungen produziert. Der Faust
233 -Spieler Carsten Bodinus zum Beispiel macht sich so
234 inbrünstig, so verzweifelt die Hände ringend, so total in einer "
235 großen Rolle aufgehend " über seine Verse her, daß das
236 alles ihm natürlich auch dann nachhängt, wenn er einen Gedanken,
237 einen Wunsch, eine Hoffnung Fausts gleichsam herunterspielen will.
238 (Fried Gärtner hat seinen Mephisto etwas vorsichtiger angelegt,
239 was allerdings zur Folge hat, daß er nun unentschieden wirkt
240 inmitten falscher Entschiedenheiten und als Position darum fast
241 ausfällt). Man muß sich den Plan der Inszenierung, weil sie
242 ihn dauernd verwischt, selber konstruieren. Es könnte sein, daß
243 die Regie und der Bühnenbildner Richter-Forg ch
244 versucht haben, die Differenz zwischen der Textlage und
245 der Spiellage durch forciert schäbige, verdünnte Arrangements
246 zur Stilfigur auszubilden. Die Kraft großer, phantastischer,
247 Gesellschaft theatralisch definierender Bilder und Vorstellungen,
248 in Wörtern lebendig - und dagegengestellt: das kleine,
249 verengte Leben am Hof des Kaisers, wo Faust und Mephisto das
250 Papiergeld erfinden (also: demonstrieren, was Kapitalwirtschaft
251 ist), das muffige Tischrücken bei den Müttern, der schale
252 Geschmack der Erscheinung Helenas (Lin Lougear, tönend,
253 schmelzlos, eine Figur wie aus Gips), die Schlacht mit dem
254 Gegenkaiser, Artillerie donnert los, über Feldtelefone
255 gesteuert, schließlich Fausts " Erlösung " nach dem Mord an
256 Philemon und Baucis, ein katholisches Ritual, nicht himmlische
257 Mächte, sondern ein Priester mit Weihrauchkessel, so sehen
258 unsere Erlösungen aus. Richter-Forg ch hat Trümmer
259 von Säulen und Büsten auf der Bühne abgestellt, ein
260 häßliches Bild, aber man vermutet es als Versuch zum Kontrast:
261 So herrschaftlich verfügt dieser Faust über die Welt - und
262 so platt, arm, eng ist sie.
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