Quelle Nummer 351

Rubrik 07 : POLITIK   Unterrubrik 07.12 : KOMMUNALPOLITIK

FRANKFURTER RUNDSCHAU
MITTWOCH, 20.10.1971, NR.243, S. 9- (KOMMUNALPOLITK)


001  Leerstehende Häuser müssen gemeldet werden/Wucherer
002  dürfen nicht bauen/Wertausgleichsabgabe soll erhoben werden.
003  Der Magistrat macht Ernst mit der Sozialbindung.
004  Hausbesitzer schießen zurück: " Bruch der Rechtsstaatlichkeit ".
005  Frankfurt will ein Beispiel geben dafür, wie der
006  Grundgesetz-Artikel über die Sozialbindung des Eigentums,
007  bezogen auf das Eigentum an Grund und Boden, in die Praxis
008  umgesetzt werden kann. Am Montag verabschiedete der Magistrat
009  einen umfangreichen Katalog von Maßnahmen, der bis spätestens 15.
010  Januar 1972 von den Juristen der Stadt in eine beschlußreife
011  Satzungsform gebracht werden soll. Meldepflicht für leerstehende
012  Häuser, Abgabepflichten für Bauherren und Sanktionen gegen
013  Eigentümer, die sich " sozialwidrig " verhalten, sind die
014  Kernpunkte des " Frankfurter Modells ". Alle
015  Hauseigentümer sollen bei Androhung von Bußgeld verpflichtet
016  werden, Wohnungen und Häuser, die länger als einen Monat
017  leerstehen, dem Amt für Wohnungswesen zu melden. Dieses Amt
018  verständigt dann die Wohnheim-GmbH, die mit den
019  Eigentümern Verhandlungen über eine zeitweilige Nutzung aufnimmt.
020  Wer ein Nutzungsangebot der Wohnheim-GmbH ablehnt oder wer
021  schon einmal wegen Mietwuchers bestraft oder mit Bußgeld belegt
022  worden ist oder gegen den ein entsprechendes Verfahren läuft, soll
023  keine Baugenehmigung erhalten. Bei Eigentümerwechsel werden
024  solche Verfehlungen, sofern sie von einem früheren Eigentümer
025  begangen worden sind, auch dem neuen Eigentümer angelastet. Von
026  allen Bauherren, die Befreiungen von den Festsetzungen eines
027  Bebauungsplans begehren, wird eine " Wertausgleichsabgabe "
028  erhoben, die dem zusätzlichen Flächenbedarf entspricht, der bei
029  Einhaltung des Bebauungsplans notwendig gewesen wäre.
030  " Ausgleich " für Stiftung. Hier ein Beispiel: Ein Bauherr
031  will auf einem Grundstück von 1000 Quadratmetern, für das im
032  Bebauungsplan die Geschoßflächenziffer 1,0 gilt, nicht nur
033  1000 Quadratmeter Geschoßfläche errichten (etwa ein Haus mit
034  fünf Geschossen von je 200 Quadratmetern), sondern 2000
035  Quadratmeter Geschoßfläche (etwa zehn Geschosse von je 200
036  Quadratmeter). Bei Einhaltung des Bebauungsplans würde der
037  Bauherr, wenn er auf seinem Projekt beharrt, ein 2000
038  Quadratmeter großes Grundstück benötigen, also 1000
039  Quadratmeter mehr, als er nach unserem Beispiel zur Verfügung
040  hat. Er soll nun den Wert dieser ihm durch die Baubefreiung
041  ersparten zusätzlichen 1000 Quadratmeter als " Wertausgleich "
042  an eine Stiftung abführen, und zwar legt der Ausschuß für
043  Grundstücksbewertung den Verkehrswert dieser zusätzlichen
044  Fläche fest. Bezahlen kann der Bauherr den Wertausgleich
045  entweder bar oder in Form von Schuldverschreibungen oder durch
046  Übereignung wertgleicher Grundstücke und Häuser an anderer
047  Stelle. Das Vermögen der " Stiftung Wertausgleich " soll
048  dazu dienen, Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau und für
049  Gemeinschaftseinrichtungen zu beschaffen und außerdem der Wohnheim
050  -GmbH die Defizite zu ersetzen, die ihr bei der Renovierung
051  leerstehender Häuser und Wohnungen zur zeitweiligen Nutzung
052  entstehen. Bußgeld angedroht. Für alle Maßnahmen, die
053  darauf abzielen, Wohnungen oder Wohnhäuser unbewohnbar zu machen,
054  will der Magistrat eine Genehmigungspflicht einführen. Wer
055  solche Maßnahmen ohne Genehmigung ausführt, soll mit Bußgeld
056  belegt werden. Der Abbruch von Häusern soll erst dann erlaubt
057  werden, wenn den bisherigen Bewohnern zumutbare andere Wohnungen
058  angeboten worden sind, wenn ein Bauantrag mit Aussicht auf
059  Genehmigung vorliegt und der Bauherr glaubhaft macht, daß er in
060  Kürze mit dem Neubau beginnen wird. Alle diese Richtlinien
061  müssen erst noch in Paragraphenform gebracht und von den
062  städtischen Gremien beschlossen werden, bevor sie in Kraft treten.
063  Oberbürgermeister Möller versicherte am Montag, daß der
064  Magistrat bereit sei, eventuelle Prozesse bis zum
065  Bundesverfassungsgericht durchzufechten. Die Hausbesitzer
066  wehren sich. Der Hausbesitzer-Verein und
067  Grundbesitzer-Verein, Frankfurt, hat außerordentlich
068  negativ auf die Ankündigung eines Programms zur Durchsetzung der
069  Sozialbindung des Grundeigentums durch Oberbürgermeister Walter
070  Möller reagiert. Sein Geschäftsführer, Klaus Rupp,
071  erklärte am Dienstagvormittag, wenn es wirklich dazu kommen sollte,
072  daß Möllers Gedanken zu diesem Thema, die am Montag vom
073  Magistrat gebilligt wurden, in Frankfurt Ortssatzung werden, so
074  sei eine Normenkontrollklage durch den Hausbesitzer-
075  Verein und Grundbesitzer-Verein absolut sicher. Die
076  Frankfurter Bauverwaltung bewege sich schon jetzt teilweise
077  außerhalb der Legalität, behauptete Klaus Rupp. Es
078  widerspreche teilweise jeder rechtsstaatlichen Praxis, Bauanträge
079  monatelang oder gar jahrelang nicht zu bearbeiten, nur
080  weil man die Bauherren zu Abgaben veranlassen wolle, die in keinem
081  Gesetz vorgeschrieben seien. Besonders bemerkenswert sei ein
082  solches Verhalten der städtischen Stellen deswegen, weil nicht
083  nur Baugenehmigungsverfahren für Bürobauten verzögert würden,
084  sondern auch Baugenehmigungsverfahren für Wohnbauten. Es sei ein
085  " Bruch jeder Rechtsstaatlichkeit ", die Erteilung von
086  Baugenehmigungen an Sachverhalte binden zu wollen, die mit
087  bauaufsichtlichen Notwendigkeiten überhaupt nichts zu tun hätten,
088  betonte Rupp. Das müsse doch auch einem Nichtjuristen klar sein.
089  Völlig unmöglich sei aber die von Möller angestrebte
090  " Sippenhaft ", indem er gegenwärtigen bauwilligen Eigentümern
091  die Baugenehmigung allein deswegen versagen wolle, weil frühere
092  Eigentümer des gleichen Grundstücks Wuchermieten genommen oder
093  sich gegen eine zeitweise Überlassung leerer Häuser an die
094  Wohnheim GmbH gewehrt hätten. Der Hausbesitzer-
095  Verein und Grundbesitzer-Verein begrüßt alle Maßnahmen,
096  die der Bundesgesetzgeber gegen den Mietwucher ergreife,
097  versicherte Rupp. Der jetzt in Frankfurt beschrittene Weg lege
098  aber die Vermutung nahe, daß ohne gesetzliche Absicherung die
099  Bauwilligen erpreßt werden sollten, um wieder ein Stückchen dem
100  Ziel einer Kommunalisierung von Grund und Boden näherzukommen.
101  Rupp schreibt die Haltung Möllers unter anderem dem aktiven
102  Wirken verschiedener Bürgeraktionen zu. Die
103  Aktionsgemeinschaften leisteten aber keinen Beitrag zur notwendigen
104  Umstrukturierung und Verdichtung der Bebauung. Sie verhinderten
105  vielmehr jede moderne und zukunftweisende städtebauliche
106  Entwicklung. Das Programm des Magistrats sei zwar erst ein
107  Antrag an die Juristen, die rechtlichen Möglichkeiten
108  überprüfen und dann die Richtlinien in beschlußreife Paragraphen
109  zu fassen, räumte Rupp ein, es zeige aber schon deutlich, in
110  welche verfahrene Situationen sich die bisherige Stadtplanungs
111  politik und Baupolitik der Stadt selbst gebracht habe.
112  Enttäuscht zeigte sich Rupp auch darüber, daß weder
113  Oberbürgermeister Walter Möller noch einer seiner Mitarbeiter
114  in Vorbereitung des Magistratsbeschlusses vom Montag den Weg zum
115  Hausbesitzerverein und Grundbesitzerverein gefunden habe.
116  Dieser Verein habe schließlich in Zusammenarbeit mit der
117  Wohnheim GmbH zunächst sogar gegen eine skeptische
118  Stadtverwaltung ein Konzept zur zeitweiligen Nutzung leerstehender
119  Häuser entwickelt. Differenzen dauern noch an.
120  Palitzsch sucht nach Kriterien. Die Differenzen um die
121  personellen Veränderungen im Schauspiel der Städtischen Bühnen
122  für die Spielzeit 1972 sind immer noch nicht ausgeräumt: In
123  einer Sitzung bemühten sich am vergangenen Sonntag die " Gruppe
124  Palitzsch " und die autorisierte Kommission des Gesamtbeirats
125  erneut um eine Annäherung der beiden Standpunkte. Wie berichtet
126  hatten Peter Palitzsch und seine Mitarbeiter, das künftige
127  Direktorium des Frankfurter Schauspiels von der Spielzeit 1972 an,
128  im Frühjahr 24 Schauspielern des bisherigen Ensembles die
129  Verträge nicht erneuert. Diese Beschlüsse wurden gemeinsam mit
130  Vertretern des künstlerischen Beirats getroffen, vom
131  Gesamtbeirat jedoch nicht gutgeheißen. Im Juli nun war die
132  Wirksamkeit der Nichtverlängerungen bis zum 25.Oktober
133  ausgesetzt worden, um die Fälle neu diskutieren zu können. In
134  der Sitzung vom vergangenen Sonntag wurde noch über 19
135  Schauspielmitglieder verhandelt, nachdem die anderen von sich aus
136  auf ein Reengagement verzichtet hatten. Im Verlauf dieser
137  Gespräche wurde sieben Ensemblemitgliedern ein Reenagement
138  angeboten, zweien wurde der Vertrag nicht verlängert. Über neun
139  Fälle muß in kürzester Zeit (bis zum 25.Oktober
140  spätestens) eine Entscheidung gefunden werden. Im gegenseitigen
141  Einverständnis mit der Gruppe Palitzsch und den Betroffenen soll
142  in diesem Zusammenhang nach Kriterien gesucht werden. Stadt
143  muß für die Schulen viel zahlen. Magistrat bewilligte für
144  den Mobil-Bau 50 Millionen Mark/Abhängig von Wiesbaden
145  Tief in die Tasche greifen muß die Stadt, will sie das
146  allein für das mobile Schulbauten vorliegende Bauprogramm für
147  1972 erfüllen. Jedenfalls bewilligte der Magistrat am Montag
148  zunächst dafür 30 Millionen Mark. Die Realisierung machte er
149  allerdings davon abhängig, in welcher Höhe das Land Hessen
150  Zuschüsse gibt. Stimmt der interministerielle Ausschuß, der
151  zunächst am 19.Oktober und dann Anfang November wieder in
152  Wiesbaden tagen wird, dem mobilen Bauprogramm der Stadt zu, gibt
153  auch Frankfurt grünes Licht. Nach den bisherigen Erfahrungen
154  hat das Land 35 bis 50 Prozent von den notwendigen Bausummen für
155  Schulbauten zugegeben. Jetzt regelt der interministerielle
156  Ausschuß diese Dinge über einen sogenannten Investitionsfonds
157  und macht den Zuschuß für die Stadt von dem Vorliegen der
158  Gesamtprojekte für Hessen abhängig. Im einzelnen umfaßt das
159  mobile Bauprogramm folgende Schulen: die Konrad-Henze-
160  Schule, die wegen der größeren Schülerzahl einen
161  Erweiterungsbau erhalten soll. Ähnlich sieht die Situation bei
162  der Kirchnerschule, der Grunelius-Schule und der
163  Carlo-Mierendorff-Schule aus. Die Karl-von-
164  Ibell-Schule in Höchst erhält in mobiler Bauweise einen
165  Neubau auf einem städtischen Grundstück, damit die heute mit ihr
166  gemeinsam untergebrachte Kaufmännische Berufsschule 6 endlich den
167  notwendigen Platz bekommt. Die zahlreichen neuen Wohnbauten am
168  Sachsenhäuser Berg sind die Ursache für die geplante Errichtung
169  einer Grundschule. Auf einem städtischen Areal, das
170  ursprünglich nicht für Schulbauten projektiert war, soll nun eine
171  mobile Grundschule entstehen. Nach einem Abkommen mit dem
172  Landeswohlfahrtsverband (LWV) wird durch einen mobilen Neubau
173  auch eine weit verbesserte Lösung für sprachbehinderte Kinder
174  herbeigeführt. In der Nachbarschaft will der LWV dann zugleich
175  ein Haus für Gehörgeschädigte bauen. Später soll die August
176  -Henze-Schule generalüberholt werden, so daß die Schule
177  für sprachbehinderte Kinder dorthin überwechseln und der
178  Landeswohlfahrtsverband den Neubau ganz für die
179  Gehörgeschädigten nutzen kann. Weitere mobile
180  Erweiterungsbauten sollen die Wöhlerschule, die Werner-von
181  -SiemensSchule und die Gutenbergschule erhalten.
182  Schließlich wird auch das Bethmann-Schulhaus in der
183  Seilerstraße - das Domizil mehrerer Berufsschulen - durch
184  einen solchen Erweiterungsbau mehr Räume erhalten. Zwei
185  Schwerverletzte bei Arbeitsunfällen. Zwei Schwerverletzte gab
186  es bei Arbeitsunfällen am Montag in Frankfurt. Auf einer
187  Baustelle in der Mörfelder Landstraße 2-4 war ein
188  40jähriger Mann aus Offenbach mit dem Entladen eines
189  Sattelschleppers von vier Quadratmeter großen und zwölf
190  Zentimeter dicken Betonplatten beschäftigt. Die Teile sollten
191  mit einem Kran zur Baustelle transportiert werden. Als eine der
192  Platten hängenblieb, versuchte der 40jährige, sie aus ihrer
193  Verankerung zu lösen. Die Platte kippte um und quetschte den
194  Mann ein. Er erlitt vermutlich innere Verletzungen und wurde vom
195  Notarztwagen in die Universitätsklinik gebracht. Knapp eine
196  Stunde später verlor ein 18 Jahre alter italienischer Arbeiter
197  auf einem Rohbau in der Ferdinand-Hofmann-Straße in
198  Sindlingen das Gleichgewicht und stürzte von der Außenmauer
199  knapp drei Meter tief in den Keller. Noch an Ort und Stelle
200  wurde er vom Notarzt behandelt, der schwere innere Verletzungen
201  diagnostizierte. Der junge Mann liegt in bedenklichem Zustand im
202  Höchster Krankenhaus. Jetzt wurden auch die Komplizen
203  festgenommen. Der Raubüberfall vom 10.September dieses
204  Jahres auf die Griesheimer Volksbank scheint geklärt zu sein.
205  Wie berichtet, hatten damals drei junge Männer mit Waffengewalt
206  65000 Mark erbeutet. Während einer der Verdächtigen, ein
207  23jähriger Kraftfahrzeugschlosser, bereits wenige Tage später
208  festgenommen wurde, brachte die Kriminalpolizei nach umfangreichen
209  Ermittlungen jetzt auch seine mutmaßlichen Komplicen hinter
210  Schloß und Riegel. Bei einer Gegenüberstellung mit Zeugen des
211  Raubüberfalls wurden ein 29 Jahre alter Kraftfahrer und ein
212  28jähriger Metzger einwandfrei als Täter identifiziert.
213  Während der Metzger gegenwärtig ohnehin eine längere
214  Freiheitsstrafe absitzen muß, erließ der Untersuchungsrichter
215  gegen den Kraftfahrer Haftbefehl. Obwohl beide ihre Unschuld
216  beteuerten und auch nicht im Besitz von Banknoten waren, die aus
217  dem Raub stammen, sprechen die Indizien gegen sie. Der Metzger
218  soll den zum Coup benutzten und in der Dürkheimer Straße
219  gestohlenen Wagen gefahren haben. " Analphabeten ".
220  Da steht doch wieder so ein " Ausländer " bei der Frankfurter
221  Bahnauskunft. Bittet um eine Verbindung, vielleicht zu einem
222  neuen Arbeitsort - vielleicht auch zurück nach Italien,
223  Griechenland oder wo immer er herkommt. Der Auskunftsbeamte
224  schreibt ihm diese aus. So weit, so gut. Nun aber stellt sich
225  heraus, daß der gute Mann mit dieser Auskunft nichts anfangen
226  kann, da die Städtenamen so hingeschmiert sind, daß er sie nicht
227  lesen kann. Auf seine Bitte, doch Rücksicht zu nehmen, daß er
228  Ausländer ist, und etwas deutlicher zu schreiben, beginnt der so
229  peinliche, aber typische Vorfall. " Du glaubst doch wohl nicht,
230  daß ich wegen dir noch schönschreiben lerne. " Die Brust des
231  Beamten schwillt. Er schaut beifallheischend in die Runde. Der
232  Gastarbeiter aber läßt sich nicht beirren und hält ihm weiterhin
233  den Zettel hin. Soviel Aufdringlichkeit (und das kurz vor
234  Schichtwechsel) von irgendeinem Gastarbeiter erfordert eine
235  deutliche Sprache. Der Beamte nimmt den Zettel und verbessert
236  sein Geschmier mit den Worten: " Du blöder Kerl, gib doch zu,
237  daß Du nicht lesen und nicht schreiben kannst! " Später
238  lacht er mit seinen Kollegen noch über seinen witzigen Einfall und
239  über die Reaktion des Ausländers. Ohnmächtig vor hilflosem
240  Zorn, hat der seinen Auskunftszettel demonstrativ zerrissen. Das
241  Ganze ist nicht der erste Vorfall dieser Art in unserem
242  Weltstadtbahnhof. Ihr Bastian Ärzte und
243  ein Computer stellen die Diagnosen. Medizinisches
244  " Vorsorge-Zentrum " für Niederrad/100 Patienten am Tag
245  Ein bisher für die Bundesrepublik einmaliges
246  " Medizinisches Vorsorgezentrum ", in dem sich täglich bis zu 100
247  Patienten für jeweils 335 Mark mittels eines Computers, eines
248  Spezialistenteams von fünf Ärzten und einer Vielzahl modernster
249  Apparaturen " auf Herz und Nieren " untersuchen lassen können,
250  ist in Frankfurt-Niederrad errichtet worden. Initiator des in
251  rund neun Monaten erstellten Zwei-Millionen-Mark-
252  Projekts, das am 2.November eröffnet werden soll, ist der
253  frühere Frankfuter Prominenten-Arzt, Dr. Leo Krutoff,
254  auf dessen Initiative auch die " Wiesbadener Mayo-Klinik "
255  deutsche Klinik für Diagnostik, entstand. Wie Dr.
256  Krutoff, inzwischen Aufsichtsratsvorsitzender der neugegründeten
257  Kommanditgesellschaft " Deutsche Zentren für medizinische
258  Vorsorge " (DZM) in Frankfurt mitteilte, werden in dem
259  Vorsorgezentrum bei jedem Patienten innerhalb von drei Stunden
260  etwa 50 verschiedene Einzeluntersuchungen vorgenommen, angefangen
261  bei der elektronischen Körpertemperatur-Messung bis zur
262  eingehenden Lungenfunktions-Prüfung. Über einen
263  Kleincomputer werden dem Patienten zu Beginn der Untersuchung
264  etwa 280 Fragen zu seiner Krankheitsvorgeschichte und seinen
265  Risikofaktoren wie das Zigarettenrauchen gestellt. Die
266  eigentliche Schlußuntersuchung und eingehende Beratung durch den
267  Arzt erfolgt einige Tage später, wenn der Computer alle Daten
268  ausgewertet hat. Für 40 Mark zusätzlich wird dem Patienten von
269  der DZM-Gesellschaft bescheinigt, wie krank oder gesund er
270  ist. Auf Wunsch werden ausführliche Befunde dem Hausarzt oder
271  dem Betriebsarzt zur Weiterbehandlung mitgeteilt. Ziel der
272  medizinischen Vorsorgezentren in Frankfurt, München
273  (Eröffnung im November), Hamburg (Eröffnung im Februar 1972),
274  Stuttgart (Eröffnung April 1972) und Essen (Eröffnung
275  Ende nächsten Jahres) ist es, ein möglichst dichtmaschiges
276  Netz zur Früherkennung von Krankheiten zu spannen. Rechtzeitig
277  entdeckt lassen sich nach Angaben von Dr. Krutoff nicht nur
278  zahlreiche Herzerkrankungen und Kreislauferkrankungen,
279  sondern auch 80 Prozent der Krebserkrankungen heilen.

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