Quelle Nummer 341

Rubrik 05 : KULTUR   Unterrubrik 05.01 : SCHULWESEN

REDE (LIBERALE BILDUNGSPOLITIK)
HILDEGARD HAMM-BRUECHER
VERWIRKLICHUNG LIBERALER BILDUNGSPOLITIK,
REDE DES STAATSSEKRETAERS IM BUNDESMINISTERIUM FUER
BILDUNG UND WISSENSCHAFT AUF DEM 21. ORDENTLICHEN
PARTEITAG DER FDP AM 24.6.1970 IN DER BONNER BEET-
HOVENHALLE
LIEBERAL-VERLAG GMBH, BONN BONNER TALWEG 57, S. 3-


001  Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Parteifreunde!
002  Die F. D. P. ist Partner und Teilhaber einer
003  Regierung, die vor allem in zwei Bereichen der Politik ein
004  schweres, mit Hypotheken konservativ verhärteter Ideen
005  losigkeit und Tatenlosigkeit schwer belastetes Erbe angetreten
006  hat: in der Ostpolitik und in der Bildungspolitik. Beide
007  Bereiche waren Schwerpunkte unserer Wahlaussage, beide Bereiche
008  sind Schwerpunkte des Regierungsprogramms der sozial-liberalen
009  Koalition, und für beide Bereiche tragen wir bewußt und gewollt
010  Mitverantwortung in der Regierung. Darüber hinaus liegt für
011  einen politischen Liberalismus, der sich als progressive, als
012  radikal-demokratische Mitte versteht, sowohl in der Ostpolitik
013  als auch in der Bildungspolitik noch eine spezifische
014  Bewährungsprobe. Meine Damen und Herren, wir haben die
015  Courage zur Aussage gehabt; nun darf uns auch der Mut zum
016  Handeln nicht fehlen! Daran kann und darf auch der Rückschlag
017  des 14.Juni nichts ändern, so viel Nervenkraft uns das
018  gelegentlich auch abverlangen mag. Dieser Rückschlag zwingt uns
019  jedoch zur Selbstkritik nach innen - und wir haben davon in den
020  letzten Tagen viel geübt -; er zwingt uns aber auch zu mehr
021  Eigenständigkeit nach außen, und er zwingt uns in der täglichen
022  Arbeit zu einem sehr viel längeren Atem, als wir bisher
023  aufzubringen imstande waren. Weder Zickzackkurse nach rechts oder
024  links noch CDUwohlgefällige Leisetreterei oder SPD
025  wohlgefällige Leisetreterei, sondern Stehvermögen in der Sache
026  und Zusammenstehvermögen bei ihrer Durchsetzung werden am Ende
027  über unsere Glaubwürdigkeit entscheiden. In diesem Sinne,
028  meine Damen und Herren, steht dieser Parteitag im Zeichen
029  politischer Verantwortung. In diesem Sinne verzichtet dieses
030  bildungspolitische Referat auf neuerliche Programmatik. Es
031  handelt vielmehr von den konkreten bildungspolitischen Zielen, die
032  die Freien Demokraten in dieser Koalition erreichen wollen, und
033  von den - wenig bequemen - Wegen und Marschbedingungen, die
034  dorthin führen sollen. Wir bringen in die gesamtstaatliche
035  bildungspolitische Verantwortung gute Voraussetzungen mit, und
036  daran dürfen wir uns auch erinnern: Über zwei Jahrzehnte haben
037  wir unsere bildungspolitischen Vorstellungen in ungezählten
038  Entwürfen erarbeitet, diskutiert und fortentwickelt. Freie
039  Demokraten waren es, die von Bayern bis Niedersachsen der
040  unheilvollen Konfessionalisierung unseres Schulwesens widerstanden
041  und ihr schließlich Einhalt geboten haben. Freie Demokraten
042  waren es, die die ländlichen Zwergschul-Idylle entzaubert,
043  Schulbücher entrümpelt, die krasse Chancenungleichheit unseres
044  Schulsystems, das elffache Bildungsgefälle und die elffache
045  Bildungsmisere nachgewiesen und das Bürgerrecht auf Bildung ins
046  öffentliche Bewußtsein getragen haben. Freie Demokraten waren
047  es, die zuerst die Konzeption für eine radikal-demokratische,
048  offene und differenzierte, aber bewußt nicht sozialistisch-
049  vereinheitlichende Gesamtschule und Gesamthochschule begründet und
050  vertreten haben - und vertreten werden! Und Freie Demokraten
051  waren es, die von allem Anfang an die unheilvolle Zersplitterung
052  und Provinzialisierung des Schulwesens und
053  Hochschulwesens erkannt und für notwendige Bundeszuständigkeiten
054  gekämpft haben und, meine Damen und Herren, wenn nötig,
055  kämpfen werden. Jeder unter uns, der sich an diese harten,
056  mühseligen, oft schier hoffnungslos erscheinenden Kämpfe, an die
057  Flut von Verleumdungen, Verdächtigungen und Beschimpfungen
058  erinnert, kennt die Bewährungsproben, die wir hinter uns haben.
059  Liberale Politiker im allgemeinen und liberale Bildungspolitiker
060  im besonderen haben das Fürchten längst verlernt! Jeder von uns,
061  der das Ausmaß der Bildungsmisere kennt, weiß aber auch, daß
062  all dies ein Kinderspiel war im Vergleich zu dem, was nun vor uns
063  liegt. Um es mit einem Vergleich aus der gegenwärtig so
064  populären Welt des Fußballs auszudrücken. Es ist vorteilhaft,
065  daß uns das harte bildungspolitische Training in der Regionalliga
066  fit gemacht hat für die nun bevorstehenden Kämpfe in der
067  bildungspolitischen Bundesliga. Sehen Sie, ich lerne sogar etwas
068  vom Fußball! Da es nicht möglich ist, unsere Schulen und
069  Hochschulen, wie es nötig wäre, für ein paar Jahre " wegen
070  totaler Renovierung " zu schließen, muß der Umbau in vollem
071  Betrieb, im Zustand zwischen Aufruhr und Resignation und mit
072  unzureichenden Mitteln beginnen. Dies verlangt uns nun allerdings
073  mehr und anderes ab als " nur " eine progressive Konzeption. Der
074  organisierte Ausbruch aus der Vergangenheit erfordert von jedem,
075  der daran mitwirken will, neben Sachverstand und schöpferischem
076  Umsetzungsvermögen auch ganz simple Fähigkeiten, wie sie
077  hierzulande im Reich der Bildung meist unterschätzt oder sogar
078  verschmäht werden: Wir brauchen den Mut zur Improvisation, die
079  Nüchternheit für die ganz alltäglichen Geschäfte und
080  Kaltblütigkeit im Krisenmanagement, und hierzu, meine Damen und
081  Herren, ist die Hilfe aller Freien Demokraten nötig. Bei
082  aller Entschlossenheit, den bildungspolitischen Fortschritt, wenn
083  es nicht anders geht, millimeterweise zu erkämpfen, möchte ich
084  vor der Hoffnung auf Wunder dringend warnen. Niemand verkenne das
085  Ausmaß der Misere und die Mühsal, aus den Mini-
086  Kompetenzen des Bundes überhaupt konkrete Ansätze zu entwickeln.
087  Sichtbare Fortschritte sind frühestens in zwei Jahren - für
088  die Gesamtentwicklung in vier Jahren - zu erwarten. Jedermann
089  realisiere nicht nur den minimalen verfassungsrechtlichen Spielraum
090  der Bundeszuständigkeit, sondern jeder - auch in unseren Reihen
091  - muß leider die Aussichtlosigkeit realisieren, daran in
092  absehbarer Zeit etwas Entscheidendes ändern zu können: im
093  Bundestag vielleicht, im Bundesrat keinesfalls. Niemand
094  unterschätze die Widerstände, die draußen vor Ort sowohl von
095  konservativ beharrender als auch von linksradikal verweigernder,
096  leider zunehmend sabotierender Seite auf Schritt und Tritt zu
097  überwinden sind. Angesichts dieser Realitäten sind die
098  Erwartungen und Hoffnungen, die in die im Bund bildungspolitisch
099  Verantwortlichen gesetzt werden, gelegentlich unvernünftig,
100  manchmal beängstigend, oft sehr komisch. Nicht genug, daß
101  Bildungsminister und Bildungsstaatssekretär natürlich von
102  faustischer Gelehrsamkeit und Udo-Jürgen " scher
103  Popularität sein sollen; sie müssen auch Herkules, Midas und
104  Atlas in einem sein und dürfen sich keinesfalls als Utopisten und
105  schon gar nicht als Technokraten zeigen. Sie sollen in Schulen
106  und Hochschulen endlich " Ordnung schaffen "; wehe aber, wenn
107  sie verdächtig sind, " law and order " zu vertreten. Innerhalb
108  eines Zeitraumes, in dem man nicht einmal ein Einfamilienhaus
109  bauen kann, sollen Gesamthochschulen errichtet, der Numerus
110  clausus weggezaubert und die Bildungsfinanzierung gesichert sein.
111  Da kann ich manchmal nur mit Bismarck hoffen, daß uns Gott vor
112  unseren Freunden schützen möge. Mit unseren Gegnern wollen wir
113  es dann gern gemeinsam aufnehmen. Wenn die uns nämlich
114  beispielsweise " Versäumnisse und Konzeptionslosigkeit
115  " vorwerfen, weil der Bildungsbericht der Bundesregierung, der in
116  der Regierungserklärung für Mai angekündigt war, am 5.Juni,
117  also fünf Tage später, veröffentlicht wird, dann kann man
118  nicht einmal mehr mit den bildungspolitischen Versäumnissen der
119  CDU/CSU replizieren, sondern bestenfalls noch die Achseln
120  zucken. Oder: Wenn es dem Wissenschaftsminister nach großen
121  Mühen und gegen aller Widerstände gelingt, eine häufig gemachte
122  Anregung aufzugreifen und zum erstenmal den Kapitalmarkt mit einer
123  Bildungsanleihe in Höhe von einer Milliarde Mark in Anspruch zu
124  nehmen, und wenn es dann aus allen oppositionellen Ecken höhnt,
125  was denn mit solchen " Bagatellbeträgen " wohl geholfen sei,
126  dann kann man solche Stimmen ohne Schwierigkeiten mit einer
127  Gegenrechnung disqualifizieren und blamieren - ich will es jetzt
128  tun: Immerhin nämlich ermöglicht diese " Bagatell "-
129  Milliarde Milliarde - in Worten tausend Millionen Mark -, den
130  Gesamthaushalt des Bildungsministeriums, der 1970 2,8
131  Milliarden DM, davon 100 Millionen DM gesperrt, beträgt,
132  bereits für 1971 - ungeachtet der feststehenden Steigerung im
133  Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung - um weitere 33 Prozent
134  und damit insgesamt um über 50 Prozent in einem Anlauf zu steigern.
135  Das hat es bisher noch nicht gegeben. Mit diesem "
136  Bagatellbetrag ", meine Damen und Herren, könnte
137  beispielsweise der Anteil der Bundesmittel im Bereich des
138  Hochschulbaues, der derzeit bei 800 Millionen liegt - unter
139  Minister Stoltenberg waren es zuletzt 616 Millionen -, bereits
140  mehr als verdoppelt werden; man könnte den Bundesanteil bei der
141  Forschungsförderung spürbar erhöhen, könnte Modellversuche im
142  Schulbereich, in der beruflichen Bildung und in der Weiterbildung
143  unterstützen. All dies würde mit der verhöhnten " Bagatell
144  " -Milliarde möglich sein. Genug davon, meine Damen und
145  Herren! Übergehen wir die Selbstgerechtigkeit der CDU/
146  CSU; ihre bildungspolitischen Versäumnisse stehen ohnehin mit
147  schwarzen Lettern im Schuldbuch der Nachkriegsgeschichte unseres
148  Landes; die Selbstgerechtigkeit der CDU ist nur fatal - und
149  blamabel! Wenden wir uns der eigenen Verantwortung mit einer
150  lapidaren Eröffnungsbilanz zu: In diesem Lande gab es bei
151  der Übernahme der Regierungsverantwortung durch die SPD und F.D.
152  P. keinerlei gesamtstaatliche Konzeption für ein
153  demokratisches Bildungswesen. In diesem Lande gab es bis zu
154  dieser Zeit keine gesamtstaatliche Bildungspolitik, nicht einmal
155  Ansätze dazu; die Schubladen waren total leer. In diesem
156  Lande gab es kein Instrumentarium zur Realisierung einer
157  gesamtstaatlichen Bildungspolitik; von der KMK will ich lieber
158  schweigen. In diesem Lande blieben und bleiben
159  bildungspolitische Forderungen so lange Lippenbekenntnisse, als
160  ihre Finanzierung nicht gewährleistet ist. Hinter dieser
161  Eröffnungsbilanz verbirgt sich der harte Kern unserer
162  unbewältigten bildungspolitischen Vergangenheit: Denn weil es in
163  der Bundesrepublik bisher keine gesamtstaatliche Konzeption und
164  keinen Konsens für ein demokratisches Bildungssystem von der
165  Vorschulerziehung bis zur Weiterbildung gegeben hat, konnte es
166  auch keine gesamtstaatliche Bildungspolitik, geschweige denn eine
167  durchdachte Bildungsfinanzierung geben. Statt dessen wuchs das
168  Labyrinth der Versäumnisse - auch und vor allem als Folge einer
169  elffachen, an landespolitischer und landesparteipolitischer Optik
170  orientierten Bildungspolitik. Das sind die bildungspolitischen
171  Realitäten des Jahres 1969: Die Hochschulmisere vor allem,
172  aber auch im Schulbereich unübersichtliche und nicht mehr
173  kontrollierbare Teilreformen, bildungspolitisches Flickwerk mit
174  der Folge zunehmender Ungereimtheiten und vor allem Unfähigkeit,
175  mit neuen Problemen, beispielsweise bei der Bildungsplanung, bei
176  der Organisation der Bildungsforschung und Curriculumentwicklung,
177  fertig zu werden; von den überfüllten Klassen, den geplagten
178  Lehrern, Eltern und Schülern ganz zu schweigen. Um
179  einen Ausweg aus diesem Labyrinth der Zuständigkeiten und
180  Versäumnisse zu finden, stellen sich der sozial-liberalen
181  Koalition, stellen sich insbesondere uns Liberalen, fünf
182  aktuelle Hauptaufgaben: Ein klares und umfassendes Konzept
183  für die Erneuerung des Bildungswesens. Es liegt mit dem Bericht
184  der Bundesregierung zur Bildungspolitik vor, und ich darf sagen,
185  daß dieser Bericht nächste Woche in Buchform erscheinen wird und
186  jederzeit in unserem Ministerium einzeln oder in Sammelbestellungen
187  bestellt werden kann. Eine gesamtstaatliche bildungspolitische
188  Konzeption, die nach unseren Vorstellungen bis Mitte des
189  nächsten Jahres von Bund und Ländern gemeinsam erarbeitet und
190  beschlossen werden muß. Wir nennen es den Bildungsgesamtplan.
191  Das Instrumentarium zur Entwicklung und Kontrolle einer
192  gesamtstaatlichen Bildungspolitik. Dazu wird hoffentlich noch in
193  dieser Woche das Abkommen über die Errichtung einer Bund-
194  Länder-Kommission zur Bildungsplanung und
195  Forschungsförderung abgeschlossen. Berechnung und Sicherung
196  der Bildungsfinanzierung, das Bildungsbudget. Eine
197  vernünftige - und das ist sehr wichtig, meine Damen und Herren
198  - Flurbereinigung zwischen den zahlreichen bildungspolitischen
199  Gremien: KMK, Planungsausschuß, Wissenschaftsrat und
200  Bildungsrat, wo immer dieselben Leute, nur mit anderen Hüten,
201  auftreten. Zur ersten Aufgabe: Zum erstenmal in der
202  Geschichte der Bundesrepublik wurde mit der Vorlage eines "
203  Berichtes zur Bildungspolitik " von einer Bundesregierung eine
204  umfassende Konzeption für ein demokratisches, fortschrittliches
205  und leistungsfähiges Bildungssystem von der Vorschulerziehung bis
206  zur Weiterbildung erarbeitet und zur Diskussion gestellt. Diese
207  Tatsache und die Klarheit der Konzeption hat, wie nicht anders zu
208  erwarten war, bei der Opposition und bei einigen Gralshütern des
209  Postkutschenföderalismus Unmut erregt. Ich möchte deshalb bei
210  dieser Gelegenheit neuerlich klarstellen, welche Absichten mit der
211  Vorlage des Bildungsberichtes verbunden sind, und welche nicht.
212  Zu Beginn des Berichtes heißt es ausdrücklich und ganz
213  unmißverständlich, daß die Bundesregierung " mit der Darlegung
214  eigener Zielvorstellungen die unmittelbare Verantwortung und
215  Zuständigkeit der Länder für das Bildungswesen nicht berühren
216  will ". Nachdem aber der Bund durch den neuen Grundgesetzartikel
217  91 b, unter dem sich bis vor kurzem noch niemand etwas vorstellen
218  konnte, meine Damen und Herren, eine verfassungsrechtliche
219  Grundlage für eine gemeinsame Bildungsplanung mit den Ländern
220  erhalten hat und nachdem diese gemeinsame Bildungsplanung nun
221  keinerlei Aufschub und neuerliche Verzögerung duldet, schien es
222  uns erforderlich, nicht mit allgemeinen Postulaten und abermaligen
223  Deklamationen in diese Beratung einzutreten, sondern bereits mit
224  klar beschriebenen Zielvorstellungen und mit konkreten Angeboten
225  zur Zusammenarbeit mit den Ländern. Nur mit Hilfe dieser
226  dezidierten Vorarbeit, die nun auf über 200 Seiten vorliegt,
227  können bei den bevorstehenden Bund-Länder-Beratungen
228  neue zeitraubende Umwege, die wir uns nicht mehr leisten können,
229  vermieden werden. Und wenn der amtierende Präsident der KMK
230  meint, der Bildungsbericht der Bundesregierung hätte doch zuvor
231  mit den Ländern abgesprochen werden sollen, dann möchte ich hier
232  in aller Freundschaft erwidern, daß der leidgeprüfte Präsident
233  wohl am besten wissen müßte, wie lange, wie oft jahrelang und wie
234  oft überhaupt nicht gemeinsame Übereinkünfte zwischen den
235  Ländern in der Bildungspolitik zustande kommen. Es gibt ja
236  Spötter, die meinen, das Reichskammergericht zu Wetzlar sei im
237  Vergleich zur KMK ein flottes Management gewesen. Also, meine
238  Damen und Herren, so viel Zeit hatten wir einfach nicht. Es
239  mußte gehandelt werden! Mit dem inhaltlichen Umfang und der
240  Systematik des Berichts soll dokumentiert werden, daß sich der
241  Reformwille in der Bundesrepublik nach unserer Ansicht nicht
242  länger in Teilreformen verzetteln und erschöpfen darf, sondern
243  daß die grundlegenden Veränderungen des Bildungssystems an Haupt
244  und Gliedern, also umfassend, rasch und gemeinsam von Bund,
245  Ländern und Gemeinden verwirklicht werden müssen.
246  Gesellschaftspolitisches Ziel aller Bildungsreformen ist die
247  Verwirklichung des Rechts auf Bildung, wie es unseren liberalen
248  Vorstellungen entspricht. Welches sind, meine Damen und Herren,
249  die bildungspolitischen Ziele? Ich nenne sie: Nicht
250  privilegierende Auslese, sondern Chancengleichheit durch
251  individuelle Begabungsförderung ist ihr wichtigster Grundsatz;
252  nicht Nivellierung, sondern Differenzierung der Bildungsziele
253  und qualitative Verbesserungen sind ihr notwendiger Maßstab.
254  Bildung soll durch Lernen und Erleben demokratischer Werte sowie
255  durch Einsicht in die gesellschaftliche Entwicklung und ihre
256  Veränderungen eine dauerhafte Grundlage für freiheitliches
257  Zusammenleben schaffen.

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