Quelle Nummer 292

Rubrik 06 : RECHT   Unterrubrik 06.31 : KRIMINOLOGIE

KRIMINOLOGIE
HANS GOEPPINGER
EINE EINFUEHRUNG
C.H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG MUENCHEN 1971,
S. 208-


001  Die Einheit " Der Täter in seinen sozialen
002  Bezügen ". Problemstellung. Betrachtet man die
003  einzelnen bei den Delinquenten (H-Probanden) festgestellten
004  Auffälligkeiten (s. o.) und vergleicht sie mit den
005  Erhebungen über die von uns untersuchten Vergleichspersonen (V
006  -Probanden), so zeigt sich, daß - isoliert gesehen - die
007  einzelne Auffälligkeit auch bei einer dieser - nicht
008  kriminellen - Vergleichspersonen auftreten kann. Umgekehrt gibt
009  es bei den unter den Vergleichspersonen festgestellten Einzelfakten
010  keines, das nicht auch - eben als Einzelfaktum - bei einem
011  Häftling vorliegen könnte. In vielen Bereichen finden sich
012  sowohl bei den Häftlingen als auch bei den Vergleichspersonen alle
013  Variationen der Skala zwischen den jeweils möglichen Extremen,
014  wenn auch in verschiedener Verteilung: so etwa bei der
015  Intelligenz, oder - im Sozialbereich - bei der
016  Schichtzugehörigkeit der Eltern. Zwar lassen sich die einzelnen
017  Fakten korrelieren, ohne daß damit jedoch mehr als eine - für
018  den Einzelfall nicht verbindliche - (statistische)
019  Wahrscheinlichkeitsaussage gewonnen wird. Die zuverlässige
020  Erhebung differenzierter Einzelfakten an mehreren tausend
021  Probanden, die erst entsprechende Korrelationsrechnungen ergiebig
022  machen würden, ist aus technischen Gründen unmöglich. Würden
023  sämtliche Probanden von der gleichen
024  Forschergruppe untersucht, so würde dies Jahrzehnte dauern, wenn
025  man die Erhebungen auf ihre Richtigkeit überprüfen will. Eine
026  solche (wiederholte) Überprüfung bereits der Erhebungen
027  erscheint jedoch unerläßlich. Würden andererseits die Probanden
028  von einer Vielzahl von ständig wechselnden Untersuchern und
029  Forschergruppen befragt, so könnte mehr als Oberflächliches kaum
030  festgestellt werden. Zum eigentlichen kriminologisch relevanten
031  Problem dringt man hier wie dort nicht vor. Hier, weil der
032  Täter in seinen sozialen Bezügen zu vielschichtig ist, als daß
033  man Wesentliches bei Befragungen einheitlich erfassen könnte;
034  dort, weil sich kaum eine Forschergruppe findet, die
035  jahrzehntelang die gleiche Untersuchung durchführt, aber auch,
036  weil sich während einiger Jahrzehnte gerade die sozialen Bezüge
037  geändert haben könnten - man denke etwa an die Änderung der
038  Einstellung zur Sexualität während der letzten Jahre. Dies
039  kann jedoch nicht bedeuten, daß solche Untersuchungen nur für den
040  Augenblick geeignet, für die spätere Anwendung der Ergebnisse
041  aber irrelevant wären, da sich die sozialen Verhältnisse ja
042  fortlaufend ändern. Hat man erst einmal einen Grundbestand an
043  Erfahrungswissen über den Täter in seinen sozialen Bezügen, so
044  ist es später durchaus möglich, nicht nur dieses Grundwissen
045  laufend zu korrigieren und zu verbessern, sondern auch einzelne
046  Veränderungen im Sozialbereich oder neue Erkenntnisse im Sozial
047  bereich und Persönlichkeitsbereich zu berücksichtigen.
048  Um die Bedeutung einzelner Fakten im Zusammenhang zu
049  erforschen, bedarf es zunächst der systematischen Erhebung,
050  Analysierung und folgenden Gewichtung somatischer, psychischer und
051  sozialer Einzelheiten aus den verschiedenen Einzelbereichen sowohl
052  im Querschnitt als auch im Lebenslängsschnitt. Unter
053  Heranziehung dieser Erhebungen und mit Hilfe differenzierter
054  Tageslauf-Analysen wird man weiter versuchen müssen, durch
055  besondere Untersuchungen ein Bild über das Wertgefüge und die
056  Bezüge der Probanden zu gewinnen. Damit liegen die wesentlichen
057  Einzeldaten über die Persönlichkeit (Täter; V-
058  Probanden) in ihren sozialen Bezügen vor, deren Zusammenwirken
059  in bestimmten Konstellationen von entscheidendem Gewicht für eine
060  Aussage über die kriminelle Relevanz ist. Neben mehr oder
061  weniger unverbindlichen Merkmalshäufungen finden sich dabei
062  kriminovalente Konstellationen und kriminoresistente
063  Konstellationen. Zu diesen Erhebungen kommt eine genaue Analyse
064  des Lebenslaufes, die meist eine gewisse Regelmäßigkeit des
065  Lebenslängsschnittes, bisweilen aber auch Einbrüche in die
066  Geschlossenheit der Lebensentwicklung aufweist. Hierbei hat die
067  Stellung der Tat im Lebenslängsschnitt ihre besondere Bedeutung.
068  Bei einer solchen Erfassung des Täters in seinen sozialen
069  Bezügen als Einheit dürften sich die Delinquenz und der Täter
070  meist nicht nur ohne Zwang und Konstruktionen (systematisch)
071  einordnen lassen, sondern es werden sich auch Anhaltspunkte für
072  die Prognose und die soziale Eingliederung finden. Unvermeidlich
073  wird es auch dann Grenzfälle geben, und es wird vieles nicht
074  aufgehen - nicht anders, als in der Medizin, die es ja " nur "
075  mit dem (kranken) Menschen zu tun hat und bei der dem
076  Sozialbereich eine weit geringere Bedeutung zukommt als in der
077  Kriminologie. Zur Zeit stehen wir erst am Anfang solcher
078  Forschungen. Den voraussichtlichen Weg zeichnen wir trotzdem
079  schon auf, weil wir bei unseren derzeitigen Untersuchungen bei
080  vielen H-Probanden nicht nur einige Regelmäßigkeiten im
081  Lebenslängsschnitt und Ähnlichkeiten des Wertgefüges und der
082  Bezüge, sondern auch gewisse kriminovalente Konstellationen
083  feststellten, die bei den (nichtkriminellen) V-Probanden
084  nicht vorkamen. Bei diesen wiederum lagen andere Verhältnisse,
085  andere Wertgefüge und Bezüge sowie kriminoresistente
086  Konstellationen vor, die bei den H-Probanden fehlten
087  (abgesehen vom kriminellen Übersprung). Noch sind diese
088  Feststellungen nicht systematisch überprüft, so daß sie bisher
089  nur als mehr oder weniger unverbindliche Eindrücke
090  bezeichnet werden können. Dabei sei besonders erwähnt, daß sie
091  ausschließlich aus der bei den Tübinger Forschungen untersuchten
092  Auswahl gewonnen wurden. Trotzdem erscheint uns ein Hinweis
093  darauf nicht nur berechtigt, sondern sogar geboten (auch auf die
094  Gefahr hin, daß sie sich nicht bestätigen), damit eine
095  möglichst breite und kritische empirische Überprüfung und
096  Weiterentwicklung auch durch andere unmittelbar
097  erfahrungswissenschaftlich arbeitende Forscher erfolgen kann.
098  Kriminovalente und kriminoresistente Konstellationen.
099  Kriminovalente Konstellationen. Unter kriminovalenten
100  Konstellationen verstehen wir das Zusammentreffen bestimmter
101  Fakten, die - in dieser Konstellation - im Zusammenhang mit
102  Kriminalität ein besonderes Gewicht haben. Dies muß jedoch
103  nicht notwendigerweise bedeuten, daß auch bei der einzelnen
104  speziellen Straftat jeweils ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen
105  der Tat und einer kriminovalenten Konstellation (oder einem
106  Einzelfaktor innerhalb derselben) besteht. So kann z.B.
107  in einer ganz bestimmten Konstellation das Schuleschwänzen
108  eines Kindes ein solcher Einzelfaktor sein, wenn es in
109  entsprechenden anderen Auffälligkeiten eingebettet ist, obgleich
110  die ernsthafte Delinquenz selbst erst Jahre später, z. B.
111  in Form von Einbruchdiebstählen, einsetzt. In einer anderen
112  Konstellation, in einem anderen Zusammenhang bleibt das
113  Schuleschwänzen als Faktor, als Symptom für Delinquenz
114  irrelevant, weil ergänzende, ungünstige weitere Faktoren fehlen.
115  Oder es kann - allerdings nur in bestimmten Konstellationen -
116  die sexuelle Promiskuität ein gewichtiger Faktor sein; die
117  Delinquenz braucht dabei keinerlei Zusammenhang mit Sexualität zu
118  haben. Von besonderer Bedeutung bei kriminovalenten
119  Konstellationen scheint uns die Kombination der folgenden Faktoren
120  zu sein: Vernachlässigung des Arbeitsbereiches bzw.
121  Leistungsbereiches, familiärer und sonstiger sozialer Pflichten
122  sowie inadäquat hohe (materielle) Ansprüche.
123  Kriminoresistente Konstellationen. Nicht weniger wichtig, wenn
124  auch in anderem Zusammenhang, sind jene Konstellationen, die eine
125  besondere Resistenz gegen die Straffälligkeit mit sich bringen.
126  Auch darüber gibt es noch keine systematischen Forschungen, und
127  unsere eigenen Eindrücke sind weniger Ergebnis einer auf dieses
128  Ziel gerichteten Forschungskonzeption, als vielmehr Resultat
129  eingehender Einzelfalluntersuchungen. Dabei wurden bei zahlreichen
130  (nicht kriminellen) V-Personen bestimmte Faktenkombinationen
131  festgestellt, aus denen sich einige kriminoresistente
132  Konstellationen ergeben, die wir bei Probanden der H-Gruppe
133  bisher nie fanden. Das Wertgefüge und die Bezüge.
134  Das Wertgefüge. Eine besondere Bedeutung haben das
135  Wertgefüge und die Bezüge. Das Wertgefüge bildet das
136  Fundament oder zumindest den bestimmenden Hintergrund für die
137  selbstverständlichen täglichen Verhaltensweisen und Abläufe,
138  ohne daß es in der Regel als solches bewußt wird. So ist die
139  Persönlichkeit einerseits in das Wertgefüge eingebettet,
140  andererseits umgreift sie es. Dabei werden jedoch für verschiedene
141  Individuen die gleichen Werte und Normen zugänglich, aber nicht
142  in gleicher Weise relevant. Dies ist schon wegen der verschiedenen
143  psychischen Strukturen der individuellen Persönlichkeiten nicht
144  möglich. Welche Mechanismen im einzelnen die individuelle
145  Entstehung eines Wertgefüges bestimmen, ist - trotz einiger
146  erster empirischer Ansätze in Psychiatrie und (Sozial-)
147  Psychologie zur Beantwortung dieses Problems - zumindest
148  vorläufig noch weitgehend ungeklärt. Das Wertgefüge zeigt nicht
149  nur inhaltlich, sondern auch formal sehr verschiedene
150  Gestaltungsmöglichkeiten. Diese sind zudem ebenso wie der
151  inhaltliche Bereich nicht statisch, auch nicht nach Abschluß der
152  (biologischen) Entwicklung, sondern - in einem individuell
153  verschiedenen Ausmaß - dynamisch, wobei es im Extremfall sogar
154  zu einem abrupten Einbruch kommen kann. Nach unseren bisherigen
155  Eindrücken scheinen quantitative und qualitative Unterschiede -
156  bei andererseits auch vorhandenen Gemeinsamkeiten - zwischen den
157  Probanden der H-Gruppen und V-Gruppe zu
158  bestehen. Systematische Forschungen unter diesem Blickwinkel
159  stehen noch aus. Die Bezüge. Nicht weniger wichtig,
160  bei unmittelbarer Betrachtung vielleicht sogar von größerer -
161  zumindest leichter erkennbarer - Bedeutung für die individuelle
162  Straffälligkeit sind die Bezüge. Es sind damit diejenigen
163  personellen, sachlichen und Ortsbezüge gemeint, die für einen
164  bestimmten Menschen im (alltäglichen) sozialen Leben relevant
165  werden. Während die Persönlichkeit in das Wertgefüge
166  eingebettet ist, besteht zu den Bezügen ein mehr oder weniger
167  emotionales Verhältnis. So haben sie im allgemeinen eine
168  ausgeprägte persönliche Note; bisweilen sind sie geradezu
169  persönlichkeitsspezifisch. - Auch hier gibt es zahllose
170  inhaltliche Varianten. Aber auch die Art der diversen Bezüge
171  bei einer Person und ihr Verhältnis zueinander - im Sinne eines
172  Gefüges - ist recht verschieden. Das gleiche gilt für die
173  Intensität. Dabei spannt sich der Bogen von der
174  verhältnismäßig losen Beziehung über ein reges Interesse bis
175  zum Drang nach dem Bezug. Bei der stärksten Intensität kann
176  von den Bezügen geradezu ein Sog ausgehen, der am ehesten mit den
177  Verhältnissen (dem Ausgeliefertsein) bei der Süchtigkeit
178  vergleichbar ist. In eindrucksvoller Weise erleben wir bei
179  Häftlingen nach ihrer Entlassung aus der Strafhaft, wie
180  bisweilen sofort (Unterbrechung der Bahnhfahrt) oder nach einer
181  gewissen Zeit geordneter Lebensführung wieder jene alten Bezüge
182  wirksam werden, und es die Häftlinge etwa zu einem bestimmten
183  Milieu hinzieht, beinahe gegen ihren Willen, oft trotz ihrer
184  Vorsätze und ihrer (rational) ablehnenden Einstellung hierzu.
185  Umgekehrt zieht es manche V-Personen nach einigen Tagen
186  Bummeln oder bereits vor dem Ende des vorgesehenen Urlaubs wieder
187  nach Hause, zum Arbeitsplatz, zu den Freunden, zum Hobby, zum
188  geordneten Leben. Noch stehen auch in diesem Bereich die
189  unmittelbaren erfahrungswissenschaftlichen Forschungen am Anfang.
190  Nach den Eindrücken bei bisherigen eigenen Untersuchungen
191  bestehen jedoch gewichtige Unterschiede zwischen den Bezügen bei
192  H-Probanden und V-Probanden. Die Tat im
193  Lebenslängsschnitt des Täters. Versuch einer
194  kriminologischen Erfassung. In der Regel nimmt die unmittelbare
195  Straftat in der Lebensgeschichte des Täters nur einen
196  verschwindend kleinen Raum ein. Es handelt sich um Minuten,
197  allenfalls um wenige Stunden, die er für die Vorbereitung und
198  Durchführung der Tat aufwendet und nur ganz wenige - allerdings
199  meist besonders gefährliche - Verbrecher leben gewissermaßen
200  (von Berufs wegen) in der Kriminalität, so etwa
201  Angehörige eines Verbrechersyndikats oder dergleichen. Trotzdem
202  fügt sich bei der Mehrzahl der später wiederholt rückfälligen
203  Kriminellen das Delikt folgerichtig in ihre Lebensentwicklung,
204  ihre Lebensweise und die für sie relevanten Bezüge ein. So
205  erfolgt auch die einzelne Straftat trotz der Kürze der für sie
206  unmittelbar aufgewendeten Zeit meist nicht aus heiterem Himmel,
207  zufällig, grundsätzlich unvorhergesehen. Sie nimmt vielmehr als
208  Möglichkeit meist lange vorher schon ihren Platz in der
209  Gedankenwelt, vielfach auch in den Gesprächen ein. Manchmal
210  zeichnen sich die Konturen der späteren Tat schon zuvor ab, wobei
211  diese intermittierend an Bedeutung gewinnen oder verlieren kann;
212  manchmal besteht nur eine zunächst unspezifische Bereitschaft oder
213  eine in Einzelheiten noch nicht fixierte Intention zu einer
214  Straftat. Häufig ist es deshalb dem Delinquenten später
215  nicht möglich, anzugeben, warum er gerade an diesem Tag, bei
216  dieser Gelegenheit und nicht früher oder später oder bei einer
217  anderen Gelegenheit das Delikt beging. Andererseits berichten
218  manche Täter, daß sie sich beim Weggehen von Zuhause am Tattag
219  im klaren waren, daß " heute etwas passieren würde ", ohne im
220  einzelnen etwas geplant zu haben und obgleich sie z. B. im
221  Falle eines Diebstahls zu jener Zeit noch genügend Geld zur
222  Verfügung hatten. Die sich plötzlich bietende " Gelegenheit "
223  nimmt eine " durchschnittliche " Persönlichkeit gar nicht wahr
224  oder erkennt sie zumindest nicht als " günstige Gelegenheit " bzw.
225  lehnt deren Ausnutzung ab. Manchmal sieht sich der Kriminelle
226  aber auch durch seinen Lebensaufwand oder durch seine Rolle im
227  Kameradenkreis oder Mädchenkreis gezwungen, Geld zu
228  beschaffen, sei es durch Arbeit oder ein Delikt; oder aber er
229  muß um seines Renommees willen etwas " drehen ".
230  Verhältnismäßig selten dagegen kommt es aus einem sozial
231  unauffälligen Leben heraus unmittelbar und wiederholt zur
232  Straffälligkeit (am ehesten im Straßenverkehr, bisweilen auch
233  bei berufsabhängigen Taten). Der Mensch wird zwar juristisch
234  erst mit der Verletzung einer Strafrechtsnorm zum Verbrecher.
235  Seine Persönlichkeits-Entwicklung und soziale
236  Entwicklung, sein seelisches Erleben und seine Maßstäbe bewegen
237  sich oftmals jedoch schon lange vorher mehr oder weniger zum
238  Verbrechen hin. Um aber Aufschluß über die Stellung des
239  Delikts im Lebenslängsschnitt des Täters zu gewinnen und damit
240  eine möglichst komplexe Erfassung des Täters in seinen sozialen
241  Bezügen zu ermöglichen, bedarf es einer sorgfältigen
242  Untersuchung und beschreibenden Analyse seiner Lebensentwicklung.
243  Die folgenden Beschreibungen nehmen nicht Stellung zu der Frage,
244  warum der eine Mensch straffällig wird und der andere nicht.
245  Systematische Forschungen hierzu setzen Grundlagenwissen voraus,
246  zu dem nicht nur die Kenntnis von einzelnen Fakten, sondern auch
247  die von gewissen Regelmäßigkeiten und Verschiedenheiten in den
248  Lebensläufen und der Stellung der Tat innerhalb derselben gehört.
249  Nähere Aufschlüsse über die Zusammenhänge der
250  Straffälligkeit könnten unter Umständen auf dieser Grundlage
251  durch eine sorgfältige Analyse und eine Gegenüberstellung der
252  Lebensläufe von Kriminellen und Nichtkriminellen gewonnen werden.
253  Erst eine detaillierte Darstellung der Einzelbereiche der
254  individuellen Delinquenten, der bei ihnen vorliegenden
255  Konstellationen, der für sie relevanten Bezüge sowie der
256  Stellung der Tat im Lebenslängsschnitt erlauben es,
257  Erfahrungen über die (kriminelle) Weiterentwicklung der Täter
258  und damit ihre Gefährlichkeit zu sammeln, aber auch
259  Rückschlüsse auf die Möglichkeit einer Beeinflussung, sei es
260  durch Sanktionen, sei es durch Therapie oder sonstige
261  Einwirkungen, zu ziehen. Die (kontinuierliche)
262  Hinentwicklung zum Verbrechen. Abgrenzung.
263  Hierunter verstehen wir ein sich meist schon früh, seltener erst
264  im dritten oder vierten Lebensjahrzehnt abzeichnendes Ausscheren
265  aus der allgemeinen Ordnung. Dabei kommt es oft schon im
266  strafunmündigen Alter zunächst zu einem (im Sinne der
267  nordamerikanischen Kriminologie) " delinquenten Verhalten " (z.B.
268  " Sich-Herumtreiben ", " Lügnereien ",
269  " hartnäckige Trotzhaltung ", " sexuelle Spielereien ") und
270  dann auch zur eigentlichen Straffälligkeit.

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