Quelle Nummer 291
Rubrik 11 : LITERATUR Unterrubrik 11.03 : DIDAKTIK
KOMISCHE VERSLITERATUR
HERMANN HELMERS
LYRISCHER HUMOR
STRUKTURANALYSE UND DIDAKTIK DER KOMISCHEN VERSLITE-
RATUR
ERNST KLETT VERLAG STUTTGART 1971, S. 157-
001 Die Lösungswege desUnterrichts im lyrischen Humor.
002 Didaktische und methodische Lösungswege. Wichtig erscheint
003 aus dem Aspekt des Lehrplans die Frage nach didaktischen und
004 methodischen Lösungswegen, die für den Unterricht im lyrischen
005 Humor in Frage kommen. Es ist zu überlegen, welche von den im
006 Literaturunterricht heute möglichen Lösungswegen insbesondere
007 für den Unterricht im lyrischen Humor diskutabel sind, wobei die
008 Stufengebundenheit der Lösungswege als Faktor hinzutritt. Unter
009 den didaktischen Lösungswegen erscheinen der Ausgang von
010 der Form und der Ausgang vom Inhalt gleichermaßen
011 geeignet, wobei prinzipiell zu unterstellen ist, daß kein
012 Literaturunterricht mit der alleinigen Berücksichtigung der Form
013 einerseits oder des Inhalts andererseits auskommen kann, wenn er
014 nicht zum Formalismus oder zur subjektiven Einfühlung absinken
015 will. Der Ausgang von der Form ist insbesondere bei der
016 Klanglyrik und bei den Reimspielen möglich, oft sogar nötig.
017 Hier ist die Struktur primär durch die Form bestimmt - und ein
018 auf den Inhalt gerichteter didaktischer Aspekt würde die Struktur
019 nicht erfassen. Hingegen sind lachende Moral und komische
020 Erzählgedichte in den meisten Fällen eher vom Inhalt her
021 verstehbar. Verkehrte Welt und Lügengedichte nehmen, je nach
022 Beschaffenheit der Textstruktur, eine Mittelposition ein, bei
023 der sowohl der Ausgang vom Inhalt wie der von der Form möglich
024 sind. - Zu diesen beiden Lösungswegen (Inhalt/Form)
025 tritt als weiterer Lösungsweg der Ausgang vom Textvergleich.
026 Insbesondere dort, wo der Unterricht sich mit den
027 literarästhetischen Strukturen von Texten des lyrischen Humors in
028 der Reklameliteratur und in der Schlagerliteratur befaßt, wird
029 ein Vergleich mit poetischen Texten oft für die kritische Wertung
030 nötig sein. - Kaum in Betracht kommt bei Texten des lyrischen
031 Humors der Ausgang vom Leben des Autors, das heißt der
032 biographische Lösungsweg. Die methodischen Lösungswege
033 erscheinen in dieser graduellen Reihenfolge für den Unterricht im
034 lyrischen Humor geeignet: 1.Leitfrage, 2.Nachgestalten,
035 3.Erlesen (und Ersprechen), 4.Zergliedern, 5.
036 Vorgestalten, 6.freies Besprechen. Die Rangordnung ergibt
037 sich aus den folgenden Überlegungen. In vielen Texten des
038 lyrischen Humors steckt ein strukturelles Problem, das sich auch
039 in die semantischen Bereiche fortsetzen kann. Damit die Schüler
040 dieses strukturelle Problem erfassen, ist es nötig, daß sie in
041 einem didaktisch überlegten Unterrichtsgang die Teilfragen
042 durchdiskutieren. Um dabei die Erziehung zum selbständigen und
043 kritischen Verstehen zu gewährleisten, wird es gleichfalls oft
044 wichtig sein, daß die Schüler auf längeren Strecken sich
045 selbständig üben im Strukturerfassen. Dem dient vor allem die
046 Methode der Leitfrage. Der Lehrer überlegt sich hierbei
047 in der Vorbereitung des Unterrichts jene beherrschenden
048 Teilprobleme der Struktur, die es zu rezipieren gilt. Von daher
049 ergeben sich Situationen des Unterrichtsablaufs, die durch die
050 jeweils gestellte Leitaufgabe bestimmt sind. Nach der Methode der
051 Leitfrage ist es die Methode des Nachgestaltens, die für
052 den Unterricht im lyrischen Humor in Frage kommt. Während die
053 Geeignetheit der Leitfragen-Methode im gesamten
054 Literaturunterricht der Gegenwart bestätigt wird, erscheint die
055 Geeignetheit der Methode des Nachgestaltens als ein Spezifikum
056 des Unterrichts in lyrischem Humor. Die Texte des lyrischen
057 Humors sind wie keine anderen Texte heute in der literarischen
058 Kommunikation lebendig oder leicht zum Leben zu erwecken, weil sie
059 lebensfähig geblieben sind. So ergeben sich besonders gute
060 Möglichkeiten für eigene Gestaltungsversuche der Schüler.
061 Diese Gestaltungsversuche folgen einem literarischen Muster; es
062 wird also nach einem Muster gestaltet, mithin
063 nachgestaltet. (In dem Begriff " Gestaltungsversuch " steckt
064 das mögliche Mißverständnis, als bliebe es hier notwendigerweise
065 immer beim " Versuch " der Schüler, während nur die
066 " richtigen Dichter " gestalten könnten. Dieses Relikt eines
067 esoterischen Literaturverständnisses kommt bei dem neutralen
068 Begriff des " Nachgestaltens " nicht auf.) Das Nachgestalten
069 kann im Bereich des lyrischen Humors außerdem häufig als erste
070 Einführung benutzt werden (gewöhnlich wird erst nachgestaltet,
071 wenn mehrere Texte des Musters bekanntgemacht worden sind). Die
072 Struktur bestimmter Texte des lyrischen Humors ist relativ einfach
073 zu durchschauen (z. B. bei den Schüttelreimen), so daß
074 beim Versuch, es dem Original gleichzutun, von Anfang an die
075 Strukturfaktoren erkannt werden. Die Methode des Nachgestaltens
076 steht im Dienst der Erziehung zur Kreativität. Wie wir
077 gesehen haben, ist das Moment der Kreativität beim lyrischen
078 Humor in starkem Maße vorhanden. Deshalb wird die Erziehung zur
079 Kreativität durch das Umgehen mit Texten des lyrischen Humors in
080 jedem Fall gefördert. Die Möglichkeiten für sprachliche
081 Kreativität sind dort besonders groß, wo zur Eigenproduktion
082 aufgerufen ist. Die weiter unten mitgeteilten Schülertexte zeugen
083 von den vielen Möglichkeiten, die hier liegen. Auch die
084 Bevorzugung der Methode des Erlesens (und Ersprechens)
085 ist eine didaktische Eigenart der Texte des lyrischen Humors. Da
086 diese Texte oft von den unteren Einheiten der Sprache aus
087 strukturiert sind, lassen sie sich primär von der Klanggestalt her
088 erfassen (ganz deutlich wird das etwa bei Zungenbrechern). Von
089 daher ist die von der Technik des lauten Lesens (oder des
090 auswendigen Sprechens) her gesteuerte Diskussion als Lösungsweg
091 der Strukturerfassung möglich. Hinter den Methoden des
092 Leitfragens, des Nachgestaltens und des Erlesens treten beim
093 lyrischen Humor die Methoden des Zergliederns (kursorisches
094 Textfortschreiten), des Vorgestaltens und des freien Besprechens
095 ein wenig zurück. Das Zergliedern, das der Sequenz des
096 Textes folgt, ist dort möglich und oft nötig, wo der betreffende
097 Text als eine Art semantische Chiffre erscheint (z. B.
098 bei Jandls Gedicht " falamaleikum "), die mit dem
099 Textfortschritt sukzessiv erschlossen werden kann. Bei vielen
100 Texten des lyrischen Humors bedeutet die autoritative Methode des
101 Zergliederns aber ein zu starkes Einengen der Schülerinitiativen.
102 - das Vorgestalten ist beim lyrischen Humor im Grunde
103 ebenso denkbar wie das Nachgestalten. Da das Nachgestalten aber
104 die kreativen Faktoren erhöht, ist es in allen Fällen, wo das
105 möglich erscheint, dem Vorgestalten vorzuziehen. -
106 Schließlich ist noch das freie Besprechen zu erwähnen.
107 Hier wird auf didaktische Planung im einzelnen verzichtet; die
108 Schüler diskutieren ohne Hilfe durch den Lehrer. Abgesehen von
109 manchen Texten der lachenden Moral sind alle anderen Texte des
110 lyrischen Humors für diese Methode wenig geeignet, weil sie von
111 sich aus zur Dispersion neigen und weil eine semantische Klammer
112 oft nicht besteht. Allerdings ist zu sagen, daß mit
113 fortschreitender Bildungsstufe die Möglichkeiten des freien
114 Besprechens sich steigern, weil die Schüler inzwischen die
115 Methoden des Literaturunterrichts in ihrer Vielfalt kennengelernt
116 haben. Das gilt insbesondere für die Sekundarstufe 2.. Bei
117 genauerem Zusehen stellt sich aber heraus, daß es sich in diesem
118 Fall zumeist um die Methode des selbständigen Erarbeitens
119 handelt: die Unterrichtsdiskussion folgt erlernten Stufen der
120 kritischen Reflexion. Insgesamt ist zur Frage der Wahl
121 geeigneter methodischer Lösungswege zu sagen, daß mit zunehmender
122 Bildungsstufe die Möglichkeit wächst, mit den Schülern vor
123 Beginn der Erarbeitung die in Frage kommenden Methoden kritisch
124 durchzudiskutieren und den Schülern die Möglichkeit einzuräumen,
125 sich für eine Methode zu entscheiden. Das erfordert eine
126 intensive didaktische Planung durch den Lehrer, weil er den
127 Schülern die vom Text her möglichen Methoden zunächst in ihrer
128 Relativität vorstellen muß, bevor die kritische Diskussion
129 beginnen kann. Beispiel für eine Unterrichtseinheit im 9.
130 Schuljahr: Die " Lüge " in Dichtung, Schlagerliteratur und
131 Reklameliteratur. Als Beispiel für eine Unterrichtsanalyse
132 aus dem Bereich des lyrischen Humors sei das Lügengedicht im
133 Literaturunterricht des 9.Schuljahres gewählt. Ausgehend von
134 Ringelnatz, " Das Lied von der Hochseekuh " sollen
135 verwandte Strukturen in der Schlagerliteratur und in der
136 Reklameliteratur besprochen werden. Die kritische und
137 selbständige Stellungnahme der Schüler zu den in den zu
138 besprechenden Texten gespeicherten literarischen Problemen ist
139 Ziel der Unterrichtseinheit. Sie ist im Rahmen der allgemeinen
140 Beschäftigung mit Literatur und mit lyrischem Humor im 9.
141 Schuljahr und im Rahmen des speziellen Lehrplans für die
142 kritische Rezeption der " Lügendichtung " zu sehen. Die
143 Unterrichtseinheit besteht aus drei Teileinheiten, die jeweils
144 eine oder mehrere Unterrichtsstunden umfassen können: 1.
145 Ringelnatz, " Lied von der Hochseekuh "; 2.Verwandte
146 Schlagerliteratur; 3.Verwandte Reklameliteratur.
147 Erster Teil der Unterrichtseinheit. Ziel: Rezeption
148 von Ringelnatz, " Das Lied von der Hochseekuh " als Text der
149 " Lügendichtung " Literarische Analyse (Textanalyse).
150 Der Text ist auffällig charakterisiert durch die Elemente
151 des Lügengedichts, wie es aus der Verstellung von Welt durch die
152 Möglichkeiten der Sprache resultiert. Schon die Überschrift
153 verrät das " Seemannsgarn ". Der Begriff " Chanty " (in
154 der zweiten Überschrift) stammt aus der speziellen Berufssprache
155 des Seemanns; in Verbindung mit dem Begriff " Hochseekuh "
156 (in der ersten Überschrift) erwartet der Leser den Bericht von
157 einem Seeungeheuer. Die Überschrift wirkt somit als
158 Vorausdeutung und als Schein-Beglaubigung für die
159 Irrealität des zu erwartenden Textes. Daß es um irreale,
160 " lügenhafte " Vorstellungen geht, ist in dem Refrain " ohei!
161 - - uha! " demonstriert. Dieser Refrain erfüllt als
162 " Lügensignal " die Aufgabe einer Versicherung des Hörers, daß
163 es sich tatsächlich um Irrealität, um " Lüge " im
164 außermoralischen Sinn handelt: die Laute, die nach der
165 Überschrift die Seeleute beim Zuhören ausstoßen, klingen wie
166 Laute ungläubiger Verwunderung. Das Lügengedicht ist
167 prinzipiell darauf bedacht, seine Basis, nämlich die Verstellung
168 von Welt durch Sprache, ins Bewußtsein der Hörer zu heben.
169 Daß wirklich eine Verstellung der bekannten
170 Vorstellungsmechanismen erfolgt, und zwar in der Sprache des
171 Seemannsgarns (man beachte die Beziehung zwischen " Garn " und
172 " Tau ") ergibt sich aus der irrealen Übersteigerung von
173 Elementen der " Hochseekuh ". Im Rahmen des Möglichen
174 bewegen sich nur wenige Eigenschaften: " sie lebt am
175 Meeresgrunde ", " sie taucht auch manchmal aus dem Meer und
176 wedelt mit dem Schweife (...) und dann bedeckt sich ringsumher das
177 Meer mit Schaum ". Unterschiedlich anormal sind alle anderen
178 Faktoren: das Gewicht des Tieres (12 Tonnen); die
179 Hochseekuh stößt " Seife aus "; sie hat einen Sonnenstich;
180 sie " riecht nach Zimt und Nelken "; sie kann sich " mit ihren
181 Hufen " unter Wasser melken. Diese Angaben zeichnen ein
182 zoologisches Porträt, das gewollt außerhalb der realen
183 Möglichkeiten ist. Die durch die Kraft der Sprache erreichte
184 " Verstellung " der Realität wirkt komisch. Sprache strebt auf
185 diese Weise aus ihrer Mitte heraus; die Verstellung ist eine
186 zentrifugale Sprachtendenz und tritt als solche neben die anderen
187 beiden zentrifugalen Sprachtendenzen der Übertragung und der
188 Befremdung (vgl. " Sprache und Humor des Kindes "). Die
189 komische Wirkung der Verstellung wird erhöht durch zusätzliche
190 Faktoren. Da ist zunächst der unziemliche Vergleich: Zum
191 einen wird die Hochseekuh menschlich gesehen (ist " dumm " und
192 hat einen Sonnenstich); ausgerechnet Sprecher und Hörer des
193 Gedichts (" du und ich ") werden als menschliche
194 Vergleichsfiguren herangezogen. Zum anderen wird die Hochseekuh
195 mit einem Schiff verglichen, und zwar durch die Wendung " läuft
196 zehn Knoten in der Stunde ". (Dieser Vergleich mit einem
197 Schiff wird übrigens schon durch den Begriff " Hochseekuh "
198 evoziert. Die Zusammensetzung mit " Hoch " erinnert etwa an
199 " Hochseekutter "). Der Rhythmus benutzt die Grundstruktur des
200 Leberreims. Der sechsmalige Refrain gibt in den Text ein
201 abstraktes Moment ein, das von sich aus die komischen Tendenzen
202 verstärkt. Diese zusätzlichen komischen Tendenzen vereinen sich
203 mit der Tendenz der Verstellung und ergeben insgesamt einen Text,
204 der nicht den Anspruch einer exakt realistischen Weltbeschreibung,
205 wohl aber den Anspruch von Humor erhebt: Produzent und
206 Rezipient finden sich im Wissen um den besonderen Charakter von
207 Seemannsgarn; in dieser augenzwinkernden Kommunikation des
208 Humors liegt soziale Integration. Didaktische Analyse
209 (Analyse der Bildungsinhalte). die semantische Verstellung der
210 Vorstellungswelt durch die zentrifugale Tendenz der Sprache ist
211 schon dem jüngeren Kind geläufig. Etwa ab einem Alter von 8
212 Jahren benutzt das Kind z. B. die Möglichkeit des In-
213 den-April-Schickens (die nicht auf das deutsche
214 Sprachgebiet beschränkt ist). Mit der Lügendichtung hat das
215 In-den-April-Schicken die außermoralische Position
216 gemein: Vom " Versteller " wird nicht behauptet, daß seine
217 Verstellung Wahrheit sei; jedenfalls hebt der " Versteller "
218 stets seine Verstellung wieder auf oder signalisiert diese
219 Möglichkeit, damit der gewünschte Lacherfolg gesichert ist.
220 Solche momentanen semantischen Verstellungen sind symptomatisch
221 für die Haltung des jüngeren Kindes. Längere Verstellungen
222 kann es noch nicht ertragen, weil seine soziale Erfahrung als
223 Gegengewicht nicht ausreicht. Von daher kommt der leicht
224 überschaubaren lyrischen Verstellung (dem Lügengedicht also)
225 zunächst größere Bedeutung zu als der epischen Verstellung, die
226 mit der Münchhausen-Figur das Kind von 10 bis 12 Jahren an
227 interessiert. Im vorgelegten Lehrplan des lyrischen Humors
228 erscheint Ringelnatz' Gedicht in einem Lehrgang, der im 2.
229 Schuljahr beginnt und von der einfachen Umkehrung bis zur
230 Verstellung (ab 6.Schuljahr) führt. Im Rahmen der
231 Verstellung von Welt treten nacheinander als Bezugsfaktoren die
232 irreale Zeit und der durch Reisebericht und Jagdabenteuer
233 scheinbar beglaubigte irreale Ort auf. Der vorliegende Text
234 bringt das Seemannsgarn. Es ist den Schülern in der epischen
235 Vorlage wahrscheinlich durch Sindbad dem Seefahrer und
236 Münchhausen bekannt. An diese epischen Vorlagen könnte der
237 Unterricht anknüpfen. Der didaktische Bildungswert des
238 vorliegenden Textes ruht in der Tatsache, daß er die
239 Lügendichtung und in ihr das Seemannsgarn exemplarisch
240 dokumentiert und die Diskussion auf diesen literarischen Bereich
241 lenkt. Daß von der Lügendichtung aus die Diskussion auf die
242 Irrealität in den Texten anderer literarischer Bereiche
243 (Schlagerliteratur, Reklameliteratur) gerichtet werden kann,
244 erhöht den Bildungswert. Mit Ringelnatz begegnet den Schülern
245 ein bekannter Autor des lyrischen Humors, der wahrscheinlich in
246 den davorliegenden Schuljahren bereits hier und da aufgetaucht ist.
247 Über den didaktischen Bildungswert des Textes hinaus besitzt
248 dieser jene erzieherische Bedeutung, die dem
249 realitätsverstellenden Sprachspiel des kindlichen Humors
250 prinzipiell zukommt: Es handelt sich dabei um eine Übung von
251 Sprechen und Denken in ihrer auf die Realität gerichteten
252 Widerspiegelungstätigkeit. Es wird durch die offensichtliche
253 Lüge der Lügendichtung der Vorstellungsapparat in kritische
254 Bewegung gesetzt, indem logische Wahrscheinlichkeitsprofile
255 abgetastet werden. In der sozialen Bestätigung dieser
256 Wahrscheinlichkeitswerte (z. B. auch im Verband einer
257 Schulklasse als Gruppe) entstehen sozial integrierende Effekte,
258 die u. a. für das Individuum dessen Wahrnehmungs
259 mechanismen und Vorstellungsmechanismen trainieren. Als
260 didaktischer Lösungsweg bietet sich eine Kombination des Ausgangs
261 von der Form mit dem Ausgang vom Inhalt an. Die Form des
262 vorliegenden Textes ist an verschiedenen Positionen vorspringend:
263 besonders im Refrain und in der rhythmischen Konstruktion
264 (Leberreim-Modell). Der Akzent liegt auf den semantischen
265 Verschiebungen; von daher kann man von der Gestaltung der Bilder
266 ausgehend den Inhalt zum Gegenstand des Unterrichtsgesprächs
267 machen. Dabei wird sich die relative Ungefügtheit der
268 semantischen Struktur herausstellen (die einzelnen Bilder vereinen
269 sich nicht zu einer geschlossenen Ausssage). Das lenkt zur Form
270 zurück.
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