Quelle Nummer 275

Rubrik 05 : KULTUR   Unterrubrik 05.02 : SCHULBUCH

DOKUMENTE ZUR GESAMTHOCHSCHULE
KLAUS VON DOHNANYI (HRSG.)
DIE SCHULEN DER NATION
ECON VERLAG DUESSELDORF UND WIEN 1971, S.290
(DOKUMENTE ZUR GESAMTHOCHSCHULE)


001  Dokumente zur Gesamthochschule.
002  Bundesassistentenkonferenz: Integrierte wissenschaftliche
003  Gesamthochschule. Das Problem der Gesamthochschule läßt
004  sich in drei Schritten behandeln, die von den Notwendigkeiten der
005  beruflichen Ausbildung auf die Organisation und Gestaltung der
006  Hochschule hinführen: Theorie und Praxis:
007  " Berufsbild " oder " Tätigkeitsfeld " als gesellschaftlicher
008  Bezugsrahmen der wissenschaftlichen Ausbildung (2-3);
009  Forschung und Lehre: " Forschendes Lernen " als
010  didaktisches Prinzip der Gesamthochschule (4-5);
011  Konzeption und Organisation der Gesamthochschule:
012  bildungspolitische Kriterien und organisatorische Folgerungen (6
013  -9). Die Richtigkeit der Gedankengänge läßt sich erst
014  durch Anwendung auf bestimmte Tätigkeitsfelder bzw.
015  Disziplinen überprüfen. Die BAK hat mehrere Fachrichtungen
016  eingehend erörtert, ohne daß darauf im folgenden näher
017  eingegangen werden kann: Ingenieurausbildung:
018  Überwindung der bisherigen Stufung in Techniker, Ingenieure und
019  Diplomingenieure sowie der Hierarchie der entsprechenden
020  Ausbildungsstätten; Lehrerausbildung: Aufhebung
021  der bisherigen Einteilung nach Schularten und der entsprechenden
022  Trennung der Ausbildungsstätten; Juristenausbildung:
023  Zur Studienmotivation und zur didaktischen Reform der
024  herkömmlichen All-round-Ausbildung. Die BAK geht
025  davon aus, daß die Hochschulen bisher entweder
026  Ausbildungsaufgaben nur unwillig übernahmen oder weithin unkritisch
027  auf bestimmte Berufe hin ausbildeten. Beide Haltungen lassen sich
028  verschiedenen Hochschularten bzw. Fakultäten zuweisen, sind
029  aber insofern verwandt, als sie von festen und unveränderlichen
030  Berufsbildern ausgehen. Diese Berufsbilder können nicht
031  länger als fraglos vorgegeben gelten, weil sie keine Anpassung
032  an die sich schnell wandelnde gesellschaftliche Praxis erlauben,
033  weil sie Überschneidungen auf Grenzgebieten zwischen
034  verwandten oder bisher entfernten Berufen verhindern und die
035  Ausformung neuer Berufe verzögern, weil sie die Kreativität
036  und Selbständigkeit des einzelnen eher lähmen als fördern.
037  Für eine Reform ist es ungenügend, die Berufsbilder - wie
038  vielfach gefordert - an die gesellschaftliche Entwicklung
039  anzupassen. Statt dessen ist davon auszugehen, daß die
040  Ausbildung in Zukunft gar nicht auf feste Berufsbilder, sondern
041  auf flexible Tätigkeitsfelder ausgerichtet sein wird. Das
042  Tätigkeitsfeld umfaßt die Summe der jeweils von der
043  Aufgabenstellung her auszuübenden Tätigkeiten. Flexibilität
044  bedeutet Aufhebung starrer Grenzen, sowohl zwischen Fächern und
045  Berufszielen (horizontale Flexibilität) als auch zwischen
046  institutionellen Ausbildungsstufen und Berufsabschlüssen im Sinne
047  von Graden und Berechtigungen (vertikale Flexibilität). Damit
048  wird zugleich die Beziehung des Studiums auf die Praxis gefördert
049  und andererseits die Auslieferung der Ausbildung an die Normen
050  bestimmter Berufsbilder verhindert. Die Ausbildung leitet
051  vielmehr auf berufliche Aufgaben hin, bezieht aber gleichzeitig
052  deren gegenwärtige und künftige Strukturprobleme ein und bereitet
053  auf deren Bewältigung dadurch vor, daß sie die Fähigkeit und
054  Bereitschaft zur Umstellung einübt. Die BAK geht davon
055  aus, daß wissenschaftliches Verhalten als verantwortliches
056  Handeln auf allen Stufen des Bildungswesens das maßgebende
057  Lernziel sein muß, weil darin die einzig erreichbare, zugleich
058  für die Gesellschaft lebenswichtige Form der Allgemeinbildung
059  für unsere Zeit bestehen kann. Wissenschaftliches Verhalten wird
060  hier als die Fähigkeit zur Lösung von Problemen verstanden, zu
061  der Entschiedenheit und Fragehaltung, Spontaneität und Planung,
062  Selbständigkeit und Kooperation, Methode und Kritik,
063  Beharrlichkeit und Toleranz erforderlich sind, also
064  wissenschaftliche und zugleich gesellschaftliche Grundeinstellungen.
065  Die objektive Neuheit eines Ergebnisses für die Wissenschaft,
066  die ohnehin in der gewaltigen Wissensmasse der empirischen und
067  positivistischen Forschung immer weniger erkennbar ist, entscheidet
068  nicht allein und nicht in erster Linie über die
069  Wissenschaftlichkeit, sondern die methodische Erarbeitung und
070  subjektive Neuheit, also die Haltung des Forschens, selbst wenn
071  dabei Bekanntes wiederentdeckt wird oder ein Ansatz scheitert.
072  Das Studium aller Studenten muß somit wissenschaftlich sein oder,
073  in eine Formel gefaßt: es muß sich als " Forschendes
074  Lernen " vollziehen. Lernen als Forschen oder Forschendes
075  Lernen ist nicht nur ein didaktisches Problem der bisherigen
076  Universitäten, sondern ein didaktisches Problem auch für den
077  bisherigen Bereich der Fachschulen bzw. Fachhochschulen und
078  mithin auch für eine künftige Gesamthochschule. Entweder
079  konstituiert Forschendes Lernen die didaktische Einheit der
080  Gesamthochschule oder es wird keine innere Einheit der
081  Gesamthochschule geben, sondern nur eine formale Organisation.
082  Auf den verschiedenen Stufen des Bildungswesens wird der Grad der
083  Komplexität der jeweils zu lösenden Probleme steigen, somit auch
084  die Vielfalt der Lernprozesse, die durchlaufen sein müssen.
085  Dabei gilt, daß keine Stufe des Lernens ohne rezeptives, rein
086  aufnehmendes Lernen und keine ohne genetisches, also entwickelndes
087  Lernen denkbar ist. Auf allen Lernstufen muß aber der Übergang
088  zum Forschenden Lernen als fruchtbarer Moment im
089  Erkenntnisprozeß das Ziel sein, das durch die Organisation der
090  Lehre zu begünstigen ist. Dieser Übergang vermittelt sich im
091  tertiären Bereich des Bildungswesens grundsätzlich dadurch, daß
092  die Studenten aktiv an der Forschung im weitesten Sinne des
093  Wortes teilnehmen, auch wenn diese Teilnahme zunächst
094  exemplarische Gegenstände betrifft und nicht ohne weiteres zur
095  selbständigen Beherrschung eines Gegenstandsfeldes führt.
096  Zur leichten Erreichbarkeit Forschenden Lernens ist eine
097  Integration der bestehenden Institutionen der tertiären
098  Bildungsstufe erforderlich, die darauf abzielt, daß alle
099  Studenten an der Gesamthochschule als gemeinsamer Institution
100  studieren und daß die unterschiedlichen Studiengänge der heute
101  noch getrennten Hochschulsysteme vereinheitlicht und zugleich durch
102  Gliederung in austauschbare Studieneinheiten flexibel gestaltet
103  werden. Es genügt also nicht, lediglich aus bildungsökonomischen
104  Gründen die Studiengänge und die Kapazitäten im Bereich der
105  verschiedenen Institutionen aufeinander abzustimmen.
106  Universitäten, Pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen
107  können nicht als ein wirtschaftliches Verbundsystem organisiert
108  werden, das ausschließlich an der Bedarfslage in den verschiedenen
109  Berufszweigen von Wirtschaft, Verwaltung und Schulwesen
110  orientiert ist. Vielmehr ist ihre notwendige Verbindung tiefer in
111  einer gemeinsamen didaktischen Aufgabe begründet. Aus diesem
112  Grunde scheiden als Zielperspektive Modell eines " gegliederten
113  Hochschulbereiches " oder einer " kooperativen Gesamthochschule "
114  zugunsten einer integrierten Gesamthochschule aus. Die Art
115  der Integration allerdings bildet die entscheidende Frage.
116  Diese Entscheidung muß verschiedene Grundsätze für die
117  Organisation einer Gesamthochschule berücksichtigen: Die
118  Gesamthochschule muß das Recht auf Ausbildung und die
119  Gleichheit der Bildungschancen sichern; Forschendes Lernen
120  als problembezÖgens, auf gesellschaftliche Tätigkeitsfelder
121  bezogenes wissenschaftliches Verhalten entwickeln; als offenes
122  System dem Abbau institutioneller Schranken und der Einleitung
123  problembezogener wissenschaftlicher Kooperation dienen;
124  Forschung und Lehre in ihrer kritischen Dimension sichern, die
125  Kontrolle ihrer gesellschaftlichen Voraussetzungen und Folgen
126  ermöglichen und eine ökonomische Verwendung der erforderlichen
127  Mitteln gewährleisten; politisch handlungsfähig sein, um
128  die durch das Grundgesetz nicht nur individuell, sondern auch
129  institutionell verbürgte Freiheit der Wissenschaft wahrzunehmen;
130  organisationssoziologisch sowohl optimale Größe als auch
131  durchschaubare Gliederung im Aufbau der Selbstverwaltung
132  vereinigen. Eine organisatorische Verschmelzung
133  verschiedenartiger Bildungsstätten der tertiären Stufe ergibt
134  nocht keine integrierte Gesamthochschule. In vielen Fächern ist
135  eine solche Zusammenführung verschiedener Institutionen ohnehin
136  nicht möglich, da keine Instituionen unter bzw. neben den
137  Universitäten bestehen. Auch und gerade in solchen Fächern
138  (wie Medizin und Rechtswissenschaft) versagt das heutige
139  Hochschulsystem. Insofern ist auch in ihnen eine neue
140  hochschuldidaktische Konzeption (enges Ineinander von Theorie und
141  Praxis, kritischer Bezug auf zukünftige gesellschaftliche
142  Tätigkeit, Forschendes Lernen) nötig, die nur durch
143  Schaffung von " Integrierten Gesamthochschulen " praktisch
144  erprobt und politisch durchgesetzt werden kann. Bedingungen
145  für jede Gesamthochschule, die sich vom konventionellen Zustand
146  entfernt und damit diesen Namen verdient, sind deshalb:
147  integrierte Lehrtätigkeit und Forschungstätigkeit,
148  einheitlicher, gleichberechtigter Lehrkörper, intergrierte,
149  gemeinsame Studiengestaltung, einheitliche Studentenschaft,
150  integrierte Finanzplanung, Personalplanung
151  und Bauplanung, vollintegrierte Selbstverwaltungsorgane,
152  Haushalt etc.. Eine Integration dieser Art kann nicht
153  durch Zusammenlegung der Hochschulspitzen, sondern nur durch
154  Integration in den einzelnen Wissenschaftsdisziplinen und
155  Fachbereichen erreicht werden. Nicht wo es niemanden kümmert,
156  sondern wo es einen schmerzhaften Schnitt und Bruch mit allzu
157  lieben und bequemen Gewohnheiten bedeutet, müssen die Wandlungen
158  einsetzen. Um Idee und Gestalt einer Gesamthochschule
159  konkreter bestimmen zu können, müssen mehrere Themenkreise und
160  verschiedene Stufen des Problems durchgearbeitet werden.
161  Analyse der politischen Situation und der vorliegenden
162  Vorschläge, Studienplanung, Studienorganisation,
163  Studienaufbau (Curricula, Baukastensystem oder Projektgruppen,
164  Theorie und Praxis, Forschendes Lernen),
165  Forschungsplanung, Forschungsorganisation,
166  Forschungsfinanzierung und Forschungskontrolle, Mikrostruktur
167  (Größe, Bauplanung, Organisation, Gliederung, räumliche
168  Zuordnung der Gebäudekomplexe und Fachbereiche),
169  Makrostruktur (Standorte und Kapazitäten zukünftiger
170  Gesamthochschulen in der BRD), Probleme der Überprüfung
171  (Überleitung, Stufenpläne, Stillegungen und Verlegungen).
172  Gemessen an der Konzeption einer in allen ihren Teilen voll
173  wissenschaftlichen Integrierten Gesamthochschule bedeuten die
174  meisten vorgelegten Pläne oberflächliche, teils rein
175  terminologische Änderungen. Der " progressive " Begriff wird
176  hier eher zur Verschleierung der inhaltlichen Immobilität gewählt.
177  Allenfalls organisatorische Zusammenschlüsse sind vorgesehen.
178  Vielfach sind noch " kooperative Gesamthochschulen " im
179  Gespräch. Diese hätten schon bislang eine
180  Selbstverständlichkeit sein müssen; angesichts der
181  Kooperationsunfähigkeit ist diese Konzeption unhaltbar.
182  Kooperative Gesamthochschulen sind allenfalls noch mittelfristige
183  Übergangslösungen oder ein Alibi für weitere Untätigkeit.
184  Die Ziele des Studiums an der Gesamthochschule sind von der
185  BAK schon früher bestimmt worden (Forschendes Lernen,
186  Überlegungen zur Gesamthochschule etc.). Darüber hinaus
187  führt ein weiterer Schritt, indem verschiedene Funktions
188  modelle, Aktionsmodelle und Organisationsmodelle
189  für die Lehre an der Integrierten Gesamthochschule aufgestellt
190  werden: Drei Grundmuster der Studiengestaltung, nämlich
191  Curricula (Studiengänge), Baukastenmodell (Studieneinheiten)
192  und Projektgruppen sind abzugrenzen, zu vergleichen und auf ihren
193  didaktischen Wert zu überprüfen. Ausschließliche
194  Gültigkeit verbindlicher Curricula ist eindeutig abzulehnen, weil
195  diese starr sind, die Studenten unselbständig machen, die
196  Motivation ersticken können und insofern keine geeignete
197  Vorbereitung für eine selbständige und kritische Berufspraxis
198  bilden. Studieneinheiten sind vorzuziehen, bergen aber Gefahren,
199  insofern ihre Erstarrung zu vorgefertigten unproblematischen
200  Informationsblöcken zu befürchten ist und sie wegen des
201  Übermaßes an komplexer Organisation schwer zu handhaben sein
202  werden. Forschungsbzogene Projektgruppenarbeit stellt an sich ein
203  Optimum dar, kann aber angesichts der schwachen Motivation vieler
204  Studenten, der Schwierigkeit selbständiger
205  Informationsbeschaffung durch Arbeitsgruppen und des
206  organisatorischen Aufwandes gegenwärtig noch nicht hauptsächliche
207  Grundlage eines Studiums sein. Aus der Darstellung dreier
208  Grundmuster lassen sich funktionale Unterschiede ablesen, die
209  zumindest im jetzigen Zeitpunkt Übergänge und Mischformen in der
210  Organisation der Lehre notwendig machen. Keines der drei
211  didaktischen Konzepte kann allein für die Didaktik der
212  Gesamthochschule verbindlich sein. Vielmehr müssen
213  Rahmencurricula zur Orientierung und allgemeinen Definition der
214  methodischen Ziele erstellt werden; dazu müssen Lehreinheiten
215  treten, die von gleichrangigen Hochschullehrern abgehalten werden.
216  Schließlich sind Projekte von Arbeitsgruppen (darunter auch rein
217  studentischen) konstituierender Bestandteil jedes Studiums, nicht
218  nur ein nebensächliches und zusätzliches Element. Zu den
219  unterschiedlichen Arbeitsformen tritt eine individuelle und
220  ausführliche Studienberatung und Orientierung, die zu
221  Experimenten ermutigen und Spontaneität wecken soll, statt die
222  Studenten zu manipulieren; schließlich müssen alle
223  Hochschulmitglieder an Planung und Gestaltung der Lehre in einem
224  demokratischen Willensbildungsprozeß beteiligt werden.
225  Vorläufig sind folgende wichtige Ergebnisse für die
226  Forschungsorganisation festzuhalten: Die Institute der
227  hochschulfreien Forschung sind in die Gesamtplanung der
228  Hochschulen einzubeziehen und mindestens durch Übernahme von
229  Graduiertenstudien an der Ausbildung zu beteiligen. Alle
230  Integrierten Gesamthochschulen, also auch die neu zu gründenden,
231  sind mit Forschungsschwerpunkten (Sonderforschungsbereiche)
232  auszustatten; bei der Themenwahl sind Bildung und Erziehung
233  stärker zu berücksichtigen. Die Forschung darf nicht aus der
234  Reform der Hochschulen ausgeklammert werden, wie es immer wieder
235  versucht wird; Mitbestimmung, kollegiale Entscheidung,
236  Transparenz und Kontrolle sind bei ihr ebenso wichtig wie in der
237  Lehre. Alle Hochschullehrer sind an der Forschung zu
238  beteiligen, wenn sie sich auch durch individuelle Entscheidung
239  verschiedene Schwerpunkte wählen werden; allen Studenten ist die
240  Chance Forschenden Lernens zu bieten. Die Überlegungen zur
241  Mikrostruktur der Integrierten Gesamthochschule sind noch nicht
242  abgeschlossen, doch stehen einige Grundsätze bereits fest:
243  Die Integrierten Gesamthochschulen sollten nicht mehr als maximal
244  30000, nicht weniger als minimal 10000 Studenten und entsprechend
245  1000 bis 3000 Hochschullehrer haben. Trotz der erwägenswerten
246  Lösung einer Gliederung der Hochschulen nach Problem
247  bereichen oder Projektbereichen wird zunächst an der
248  Einteilung gemäß Disziplinen in Fachbereiche festgehalten.
249  Dabei müssen allerdings interdisziplinäre Arbeit und
250  Flexibilität der Fachbereichsgrenzen schon in das organisatorische
251  Modell eingebaut werden. Eine Integrierte Gesamthochschule
252  von 20000 Studenten sollten etwa 25 Fachbereiche haben, denn ein
253  Fachbereich darf nicht mehr als 800 bis 1000 Studenten und 80 bis
254  100 Hochschullehrer haben, wenn eine durchschaubare Willensbildung
255  mit maßgeblichem Einfluß der Betroffenen gewährleistet sein soll.
256  Aus den gleichen Gründen sollen die Fachbereiche sich in
257  Sektionen untergliedern, wobei jeder Wissenschaftler mehreren
258  Sektionen angehören kann. Nur das Modell der BAK für die
259  Lehrkörperstruktur und Personalstruktur ist in der Lage,
260  die für die Gesamthochschule erforderliche größere Zahl, eine
261  höhere Mobilität und einen intensiveren Praxisbezug der
262  Hochschullehrer herzustellen. In einer Grobplanung zur
263  Makrostruktur werden die Standorte und Studienplatzkapazitäten
264  der zukünftigen Gesamthochschulen vorgeschlagen. Demnach sind bis
265  für 1980 insgesamt 63 Gesamthochschulen mit einer Kapazität von 1,
266  12 Mio. Plätzen auszubauen bzw. neu zu errichten. Die
267  Planung geht von dem Gesichtspunkt einer gleichmäßigen
268  regionalen Versorgung mit Hochschulen gemäß der zukünftigen
269  Bevölkerungsdichte aus, soll zur Entlastung der
270  Ballungszentren dienen, die immer weniger zur Aufnahme großer
271  Mengen zusätzlicher Einwohner in der Lage sind, will einen
272  Beitrag zur Strukturverbesserung von bildungsmäßig
273  benachteiligten Gebieten durch Ansiedlung von Gesamthochschulen
274  leisten (Veränderung der wirtschaftlichen und kulturellen
275  Struktur in diesen Regionen). Die Integrierte
276  Gesamthochschule läßt sich nicht von heute auf morgen
277  verwirklichen, da sie nebst finanziellen und organisatorischen
278  Voraussetzungen auch eines umfassenden Bewußtseinswandels in
279  Hochschule und Gesellschaft bedarf. Der politischen Strategie
280  und der Problematik der Überleitung kommt deshalb dabei große
281  Bedeutung zu. Die Integration der Studiengänge, des
282  Lehrkörpers sowie der Planung und Verwaltung läßt sich nur
283  schrittweise erzielen: Während sich die Studentenschaft
284  sozial rasch integrieren läßt, bedeutet der Übergang zu einer
285  neuen Form von Studien eine langfristige Aufgabe, bei der noch
286  viel experimentiert und neue Motivation erzeugt werden muß.
287  Zwischen den getrennten Institutionen sind gemeinsame
288  Rahmencurricula aufzustellen, Studieneinheiten durchzuführen und
289  Projektgruppen einzurichten. Die Integration des
290  Lehrkörpers ist wesentlich schwieriger. Statt einer mechanischen
291  Anhebung aller Stellen außerhalb der bisher wissenschaftlichen
292  Hochschulen sollen die zahlreichen neuen Stellen funktional so
293  geplant und so ausgeschrieben werden, daß Bewerber aus allen
294  bisher getrennten Institutionen gleiche Chancen haben. Dadurch
295  freigewordene Stellen erhalten ihrerseits eine neue
296  Funktionsbeschreibung (Dozentenstellen und
297  Assistentenstellen fallen weg) und werden neu besetzt.

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