Quelle Nummer 273

Rubrik 28 : TECHNIK   Unterrubrik 28.01 : BUECHER

TEXTILIEN
GUENTER SCHNEGELSBERG
GRUNDLAGEN EINER MORPHOLOGISCH UND TEKTONISCH BE-
STIMMTEN SYSTEMATIK DER TEXTILIEN
INAUGURAL-DISSERTATION ZUR ERLANGUNG DES DOKTOR-
GRADES DER WIRTSCHAFTS UND SOZIALWISSENSCHAFTLICHEN
FAKULTAET DER UNIVERSITAET ZU KOELN 1970
= SYSTEMATIK DER TEXTILIEN
WILHELM GOLDMANN VERLAG MUENCHEN 1971, S. 99-


001  Die realtypischen, tektonisch bestimmten
002  Erkennungsmerkmale von Textilien. Die Eingrenzung der
003  tektonischen Erkennungsmerkmale. Wenn alle Formtypen mit allen
004  tektonisch bestimmten Merkmalen zu Erkennungsmerkmalen kombiniert
005  würden, so trüge eine solche Vielzahl von Erkennungsmerkmalen
006  nicht dazu bei, die Benutzbarkeit der Schemata zu verbessern.
007  Die Übersichtlichkeit der Schemata würde sogar leiden. Aus
008  diesem Grunde werden Formtypen für die tektonisch bestimmten
009  Merkmalskombinationen auf Faserform, Fadenform und Flächenform
010  beschränkt. Für die tektonischen Erkennungsmerkmale muß daher
011  festgelegt werden, daß morphologisch formähnliche
012  Formtypen in realtypischer Sicht zusammenzufassen sind:
013  Bandgebilde werden als Bauglieder 1.den durch Fasern
014  bestimmten Erkennungsmerkmalen zugeordnet, wenn es sich um
015  Bandfasern handelt, und 2.den durch Fäden
016  bestimmten Erkennungsmerkmalen zugeordnet, wenn es sich um
017  Faserbänder, Noppenbänder oder Flicklstreifen
018  handelt. Schlauchgebilde werden als Bauglieder 1.den durch
019  Fasern bestimmten Erkennungsmerkmalen zugeordnet, wenn es sich
020  um Hohlfasern handelt, und 2.den durch Fäden
021  bestimmten Erkennungsmerkmalen zugeordnet, wenn es sich um
022  Hohlkordeln handelt. Die Zuordnungen müssen bereits bei den
023  Analysenschemata erfolgen, obwohl sie eigentlich eigene
024  Merkmalsgruppen bilden würden. Die wenigen Ausnahmen, bei denen
025  Begriffe von oben genannten Merkmalen bestimmt sind, rechtfertigen
026  eine solche Zuordnung. Die Darstellung der tektonischen
027  Erkennungsmerkmale kann sich folglich beschränken auf 6
028  teilbezogene Merkmalsgruppen, ohne daß die Analysenschemata an
029  Vollständigkeit einbüßen, da sich die nicht angewendeten
030  Formtypen tektonisch formgleich verhalten:
031  Faserfügungen, Fadenfügungen, Flächenfügungen,
032  Faserverbindungen, Fadenverbindungen,
033  Flächenverbindungen. Die Faserfügungen. Durch
034  Faserfügungen bilden sich Fäden, Bandgebilde und
035  Flächengebilde. Wie sehr die Einführung des Begriffs
036  " Bauglied " erforderlich ist, zeigt sich besonders bei den
037  Faserfügungen; denn Faserfügungen sind letztlich in jeder
038  Textilie zu finden. Bewiesen wird die Behauptung durch die
039  Verwendung des Begriffs " verspinnbar " in der Definition
040  " Textilie ". Die Verspinnbarkeit ist nicht anderes als die
041  Fügbarkeit der Fasern. Hier können jedoch nur solche
042  Faserfügungen erläutert werden, bei denen die Faser Bauglied,
043  d. h. ein vorstufiges Gebilde ist. Faserfügungen sind als
044  Faserreihung (im Zusammenhang mit der Faserfachung), als
045  Faserhäufung und als Faserschichtung möglich. Die
046  Faserreihung und die Faserfachung. Fäden, bei denen eine
047  vielfaserige Reihung aus Fasern nebeneinander vorkommt,
048  nennt man Polyfile, und eine wenigfaserige Reihung aus
049  Endlosfasern findet man beim Oligofil. Eine vielfaserige Reihung
050  hintereinander ist nur aus Stapelfasern möglich. Sie
051  schließt als Besonderheit der Faserreihung die Reihung
052  nebeneinander ein. Der Grad einer Parallelisierung kann als
053  weiteres Unterscheidungsmerkmal für die Faserreihung verwendet
054  werden. Einen hohen Parallelisierungsgrad haben
055  längenbegrenzte Fasern in Fäden, die bei der Fertigung
056  einen Kämmprozeß durchlaufen haben. Nicht gekämmte
057  Fäden haben einen niedrigen Parallelisierungsgrad. Sie
058  enthalten Verunreinigungen und Faserhäufungen. Eine planar
059  geordnete Faserreihung ist bei der Krempelwatte oder
060  Kardenwatte und bei der Wickelwatte gegeben. Die Fasern werden
061  bei der Parallelisierung vorwiegend nebeneinander und
062  hintereinander geordnet. Der von der Schalgmaschine gebildete
063  Faserverband wird Wickelwatte genannt. Bei der weiteren
064  Parallelisierung der Fasern, die sich im Wickel befinden, bildet
065  sich ein - in der Literatur und Praxis häufig so genannter -
066  Vlies. Auf die in der Fachliteratur bestehenden Unstimmigkeiten
067  soll bei der Darstellung der Faserhaftung eingegangen werden. Bei
068  einer zum Gebildeverlauf gewinkelten Faserreihung bildet
069  sich ein Faserflor. Bei der Herstellung solcher Flächengefüge
070  kann die Faserreihung durch Rauhen und Bürsten erzielt werden.
071  Wenn aus Faserbändern Faserbüschel gezupft und mit der sich
072  bildenden Fadenverbindung gleichzeitig so eingebunden
073  (Strickplüsch) werden, daß sich ein zum planaren Fadengrund
074  gewinkelter Faserflor bildet, entsteht ein pelzähnliches
075  Fadengefüge, dessen Faserflor gerichtet und gelegt werden kann.
076  Pelzähnliche Oberflächen lassen sich auch durch Flocken erzielen.
077  Geflockte Flächengefüge gehören dieser Gruppe nur scheinbar
078  an, da die hier verwendeten Fasern als nicht-textiler
079  Bestandteil (Flock) interpretiert werden müssen. Die
080  Faserfachung muß man im Hinblick auf die noch abzuhandelnden
081  Faserverbindungen betrachten. Einer Fachung fehlt die korrelative
082  Beziehung zur Verbindung: Sie muß nicht verbunden sein. Eine
083  Faserfachung jedoch ist verbunden durch die Faserhaftung.
084  Faserfachungen nebeneinander aus Endlosfasern sind demnach
085  Erkennungsmerkmal für nicht umdrehte Filamente. Aus
086  Stapelfasern ist eine Faserfachung nur in den ersten Stadien
087  des Garnherstellungsprozesses möglich: Die Fügung der
088  Faserbänder hat als Merkmal eine Reihung von Fasern, die -
089  noch nicht umdreht - als Verbindung lediglich die
090  Faserhaftung aufweisen. Eine weitere planar geordnete
091  Faserfachung ist übereinander möglich: " Fachen als
092  Vorbereitungsarbeit bei der Filzherstellung ((...))
093  bezeichnet das Bilden eines idealen Wirrfaservlieses durch
094  Ansaugen geöffneter, in der Fachkammer ((...)) durcheinander
095  gewirbelter Haare auf eine perforierte Fläche,
096  die der Form des späteren Filzerzeugnisses im
097  vergrößerten Umfang annähernd entspricht. " " Der
098  Faserverband (...) ist nicht so gleichmäßig wie der von
099  Krempelvliesen. Ein erheblicher Anteil der Fasern steht
100  senkrecht oder in einem gewissen Winkel zur (...) Ebene. Gerade das
101  aber beiwrkt daß Fache im Gegensatz zur richtungsorientierten
102  Vliesen bauschiger sind und nach allen Seiten hin gleiche
103  Zugfestigkeit haben. " Faserreihungen sind letzlich in jeder
104  Textilie zu finden - auch dann, wenn sie nicht als
105  Erkennungsmerkmal für die Analyse dienlich sind. Gleiches läßt
106  sich jedoch nicht von den Faserhäufungen sagen. Die
107  Faserhäufung. Gewollte Faserhäufungen sind bei
108  Fäden immer zusätzlich aufgebracht worden; sie können nicht aus
109  den Fasern des Fadens entwickelt werden. Faserhäufungen haben
110  eine Musterwirkung. Man muß nodöse und toriale
111  Häufungen unterscheiden. Die Möglichkeiten, Faserhäufungen
112  aufzubringen, entsprechen den Möglichkeiten, während des
113  Fertigungsprozesses Faserhäufungen in Form kleiner
114  Faserflöckchen (Nigger) einzustreuen, die vorher auf einem
115  Niggerreiber verfestigt wurden. Die Nigger können auf
116  den " Abnehmer " vor den " Hacker " einer Baumwolldeckelkarde
117  oder der letzten Maschinen eines Krempelsatzes mit einem
118  Streuapparat aufgebracht werden. Wenn die Nigger von einem
119  " Arbeiter " gesteuert werden, entstehen toriale Faserhäufungen im
120  Faden (Wulstgarn). Bleibt die Form der Nigger im wesentlichen
121  erhalten, findet man nodöse Faserhäufungen. Faserhäufungen
122  aus Endlosfasern nennt man Doppi. Obwohl der Ausdruck bisher
123  für nodöse Seidengarne vorbehalten war, wird er auch für nodöse
124  Filamente aus Chemiefasern verwendet. Die Faserhäufung als
125  Merkmal bei Flächengebilden ist eigentlich selten, da man immer
126  bestrebt ist, eine möglichst gleichmäßige Verteilung der
127  Bauglieder zu erzielen. Als Vorstufe für Flächengefüge kann
128  jedoch die Wickelwatte genannt werden, die an den unregelmäßig
129  verteilten Faserhäufungen im planar geordneten
130  Faserverband erkennbar ist. Faserhäufungen auf einem
131  Flächengefüge können gewollt oder nicht gewollt sein. Zu den
132  nicht gewollten, meist nodösen Faserhäufungen gehört die
133  Pillingbildung, die sich bei längenbegrenzten, synthetischen
134  Fasern besonders unangenehm bemerkbar machen kann, da synthetische
135  Fasern im Verhältnis zu den Naturfasern eine wesentliche höhere
136  Knickbruchfestigkeit aufweisen und somit ein Abbrechen der
137  Faserkügelchen verhindern. Für Analysenschemata haben
138  Faserhäufungen jedoch nur Bedeutung für spezielle Gebiete
139  einzelner Flächengefüge (z. B. Gewebe), wobei für
140  Musterungen auf der Oberfläche solcher Flächengefüge mit Hilfe
141  entsprechender Verfahren Fasern zu Faserhäufungen verdichtet
142  werden (z. B. Ratin‚, Wellin‚, Nopp‚,
143  Ond‚). In einer allgemeinen Übersicht für
144  Flächengebilde sind daher die Faserhäufungen nicht wesentlich.
145  Das Gegenteil muß über die Faserschichtung gesagt werden.
146  Die Faserschichtung. Die Faserschichtung kommt nur bei
147  Flächengebilden vor. Die Lage der Fasern bildet das
148  Gliederungskriterium für die Faserschichtung. Entweder ist die
149  Lage der Fasern gerichtet oder wirr. Bei der Richtungslage einer
150  Faserschicht weisen die in verschiedenen Ebenen des Faserpelzes
151  liegenden Fasern mit ihren Achsen in eine Richtung.
152  Hierbei sind längsgerichtete, quergerichtete oder
153  diagonalgerichtete Faserpelze denkbar. Wenn zwei
154  verschiedene Richtungen der Fasern in einer Faserschicht
155  erkennbar sind, handelt es sich um eine Kreuzlage. Solche
156  Kreuzlagen sind von Kreuzkrempelsätzen besonders für die
157  Fertigung von Filz kontinuierlich herstellbar. Der Kreuzwinkel
158  ist durch die Geschwindigkeit des Legers und des
159  Abzugstisches varierbar. Es muß betont darauf hingewiesen werden,
160  daß hier keine " Faserverkreuzung " vorliegt.
161  Für diese Untersuchung gilt, daß Verkreuzungen eine
162  mögliche Form der Verbindung von Baugliedern sind. Durch
163  Kreuzlagen wird nichts verbunden; es werden hier lediglich
164  Schichten gefügt. Richtungslagen und Kreuzlagen sind
165  anisotrop, d. h. sie zeigen nach verschiedenen Richtungen
166  verschiedene physikalische Eigenschaften. Bei Faserschichten, in
167  denen keine bestimmte Richtung der Fasern erkennbar
168  ist, muß eine Streulage vermutet werden. Durch
169  Blasmaschinen (nicht Krempelsätze) werden die Stapelfasern in
170  " idealer Unordnung " (Faserwirbel) zu Schichten verfestigt.
171  Streulagen aus Fasern sind immer wirr. Als Faserreihung stellt
172  eine durch Faserwirbel erzeugte Streulage eine planar geordnete
173  Faserfachung übereinander dar. Haarfilze haben also zwei
174  Erkennungsmerkmale, die von der Fügung bestimmt sind. Von
175  wirren Streulagen läßt sich sagen, daß sie isotrop sind; denn
176  " Knitterarmut, Dehnung oder Sprungelastizität sind nach allen
177  Richtungen gleichmäßig vorhanden ". Eine weitere Möglichkeit,
178  Streulagen aus Stapelfasern herzustellen, ist der
179  Papiererzeugung nachempfunden: Ein Faserbrei wird planar
180  verfestigt. Hierbei muß betont werden, daß bei der " nassen "
181  Form der Wirrlage " vorzugsweise mit Faserlängen von ca. 20
182  -400 mm " gearbeitet wird, " wozu (...) die (...)
183  Papiermachermaschinen nicht eingerichtet sind " (Naßflies).
184  Auch aus Endlosfasern werden Streulagen gebildet, indem die
185  Fasern nach Austritt aus der Düse elektrostatisch aufgeladen
186  werden, um ein gegenseitiges Abstoßen der Fasern zu erreichen.
187  Die sich bildene " Faserbrause " wird auf Papierbahnen abgelegt
188  und verfestigt (Düsenvlies). Wie bereits erwähnt, läßt sich
189  Faserflor durch Aufrauhen der Oberfläche eines Flächengebildes
190  (Rauhflor) ebenso bilden wie durch Walken (Walkflor). Ein
191  Faserflor ist häufig so dicht, daß die Fadenstruktur des
192  Flächengebildes nicht mehr sichtbar ist. Bei einem Faserflor
193  können die florbildenden Fasern sowohl aus dem Flächengebilde
194  stammen als auch aus einer aufgebrachten (geklebt oder genadelt)
195  Faserschicht. Aus Faserbändern gezupfte, eingebundene
196  Faserbüschel bilden beim Strickplüsch einen Faserflor. Hier
197  ist der Faserflor immer gerichtet. Gerauhte und gewalkte
198  Faserflore erkennt man manchmal an der in wirrer Streulage
199  geordneten Faserschicht. Durch Streichen und Bürsten lassen
200  sich die Fasern richten (Strichloden). Die Fadenfügungen
201  Fadenfügungen findet man bei Fäden, Bandgebilden,
202  Schlauchgebilden und Flächengebilden. Wie bei allen
203  anderen Fügungsarten wird auch hier eine Fadenreihung (als
204  Sonderfall: die Fadenfachung) und Fadenhäufung von einer
205  Fadenschichtung unterschieden. Die Fadenreihung und die
206  Fadenfachung. Die Fadenreihung - und die Fadenfachung als
207  Sonderfall der Fadenreihung - sind bei Fäden häufig zu
208  erkennen. Es gibt jedoch keine Garnbenennungen, die von der
209  Fadenreihung bestimmt sind. Daher kann die Fadenreihung nur
210  an Beispielen erklärt werden, die zwangsläufig noch andere
211  Bestimmtheiten enthalten müssen. Ähnlich der Faserreihung kann
212  man eine vielfädige Reihung und eine wenigfädige Reihung (bei
213  Zwirnen) unterscheiden. Eine andere Situation ist bei der
214  Fadenfachung gegeben. " Dem Zwirnen geht in der Regel das
215  Fachen (...) voraus, (...) " Einfach (d. h. nicht
216  zusammengefügt) sind demnach alle Fäden, die nicht aus
217  Fäden sondern aus Fasern zusammengesetzt sind. Analog dazu
218  sind alle Fäden, die aus Fäden gefügt sind, mehrfach
219  zusammengesetzt. Bei einer planar geordneten Fadenreihung sind
220  Fäden immer nebeneinander gereiht. Bei scheinbar übereinander
221  liegenden Fadenreihungen handelt es sich um Fadenreihungen eines
222  anderen Fadensystems (Doppelgewebe, Stickschuß). Neben den
223  korrelativen Erkennungsmerkmalen, die von der Verbindung bestimmt
224  sind, kommen Fadenreihungen aus einem Faden (Gestricke) ebenso
225  vor wie Fadenreihungen aus Fadengruppen (Geflecht). Darüber
226  hinaus gibt es Flächengefüge, die beide Möglichkeiten -
227  Fadenreihungen aus einem Faden und aus Fadengruppen - aufweisen
228  (Gewebe). Die Dichte der Fadenreihung entspricht der
229  jeweiligen Fadendichte, die bei der technologischen Konstruktion
230  durch die Berücksichtigung der Größen Einsprung und
231  Einarbeitung beeinflußbar ist. In einer Fadenfolge wird
232  die Reihung von Fäden aus verschiedenen Fadensystemen angegeben.
233  Dies ist bei Mehrlagengeweben, Doppelgeweben mit und ohne
234  Bindeketten technologisch für die zeichnerische Darstellung
235  erforderlich. Der Fadenverlauf bei der Fadenreihung ist
236  in den verschiedenen Flächengebilden sehr unterschiedlich: Der
237  Verlauf der Fäden ist lediglich in der Tendenz in vorbestimmter
238  Weise gerichtet, so daß neben schlichten (geraden) auch weliige,
239  bogige und gewendelte Verläufe möglich sind. Einen geraden
240  Verlauf haben als Fadengruppen z. B. die Kettfäden der
241  Bobinetgardinen. Bei der aus einem Faden gebildeten Fadenreihung
242  des Schusses in Geweben wird ein schlichter (gerader)
243  Verlauf des Schußfadens bei einer locker gespannten Webkette
244  erzielt (Einarbeitung); bei gespannter Kette haben die
245  einzelnen Fäden einen welligen Verlauf. Je größer die
246  Kettspannung bei Webketten ist, desto welliger ist der Verlauf
247  des Schußfadens (Einsprung). Bogige Fadenverläufe
248  sind allen Fadenreihungen bei Maschengebilden (Gestricke,
249  Gewirke) eigen. Gewendelte Fadenverläufe kommen dagegen
250  nur bei Fadeneinheiten vor (Zwirndreherfäden, Bindefadensystem
251  bei der Bobinetgardine). Alle genannten Fadenverläufe bilden in
252  der Tendenz planar geordnete Fadenreihungen. Im Gegensatz dazu
253  stehen die gewinkelt zum Flächengrund eingebundenen oder
254  aufgeklebten Fadengruppen bzw. Fadenstücke, die eine
255  Fadenreihung anderer Art darstellen. Hierüber wurde bereits im
256  Kapitel über die Fadenstücke berichtet. Die Fadenhäufung
257  Nodöse und toriale Fadenhäufungen
258  beeinflussen in starkem Maße die Fadenform. Dort sind sie bei
259  den vorstehenden Fadenteilen einzuordnen. In Korrelation zur
260  Verbindung werden die Fadenhäufungen bei Fäden der
261  Fadenumdrehung zugeordnet. Kurze, durch Fadenumdrehung gebildete
262  Fadenhäufungen sind keine Knoten sondern Knorren.
263  Daneben sind lang gestreckte, durch Fadenumdrehung gebildete
264  Fadenhäufungen möglich (Raupenzwirn). Die Fadenhäufungen
265  können auch von ungeordneten Schlaufen (Frott‚zwirn)
266  gebildet werden. Bei planar geordneten Gebilden ergänzen sich die
267  Fadenhäufung und Fadenschichtung als Merkmale und können
268  Flächengefüge mit einer Musterung versehen. Häufig sind solche
269  musternden Fäden nicht nur eingebunden (Spiegelkette,
270  Stickschuß: bei Geweben) sondern bindend (Musterkette: bei
271  Geweben). Besonders wichtig sind jedoch die planlokal
272  bindenden Fadenhäufungen, die bei der Flächenbildung
273  entstehen (Broch‚) oder die auf ein bereits bestehendes
274  Flächengebilde aufgebracht werden. Sie verfestigen nicht nur
275  Flächengefüge zusätzlich (Gesticke), sondern bilden selbst
276  Flächengefüge bei bestehenden Fadenbrücken zwischen den
277  Fadenhäufungen (Ätzgesticke). Bei der Herstellung solcher
278  Flächengefüge sind Stickböden erforderlich, die in einem
279  anschließenden Ausrüstungsverfahren weggeätzt werden.
280  Planlokal bindende Fadenhäufungen sind ein wichtiges
281  Erkennungsmerkmal für bestimmte Spitzen, unabhängig von dem
282  Verfahren, durch das sie gebildet werden. Die
283  Fadenschichtung. Für eine weitere differenzierende
284  Unterscheidung der Spitzen sind u. a. die Merkmale der
285  Fadenschichtung bestimmend. Eine Richtungslage hat
286  eine Fadenschicht immer dann, wenn nur eine Richtung der
287  Fäden bestimmt werden kann (Broch‚). Sind zwei
288  Richtungen bestimmbar, dann handelt es sich um eine
289  Fadenschichtung, die eine Kreuzlage (Nähgewirke)
290  bildet. Der sich ergebende Winkel ist für die Kreuzlage nur
291  bestimmend, wenn er erkennbar ist. Bei Fadenschichten, in denen
292  keine bestimmte Richtung der Fäden erkennbar ist, liegt
293  eine Streulage vor. Streulagen sind wirr oder
294  musternd, d. h. in Musterformen geordnet (Gesticke).

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