Quelle Nummer 269

Rubrik 15 : GEOGRAPHIE   Unterrubrik 15.22 : GEOGRAPHIE

WALD UND STEPPE
WOLFGANG ZIEHEN
WALD UND STEPPE IN RHEINHESSEN
EIN BEITRAG ZU GESCHICHTE DER NATURLANDSCHAFT
BUNDESFORSCHUNGSANSTALT FUER LANDESKUNDE UND RAUM-
ORDNUNG, SELBSTVERLAG BONN-BAD GODESBERG 1970, S.73-


001  Wald und Steppe in Rheinhessen in ihrer historischen
002  Entwicklung. Das 4.Kapitel zeigte das räumliche
003  Nebeneinander der Bodentypen und der mit ihnen verbundenen
004  Vegetationsgesellschaften des Waldes und der Steppe in der
005  heutigen Landschaft Rheinhessens im Rahmen der Grenzen des
006  Arbeitsgebietes auf. Dabei wurde, soweit es die Unterlagen
007  zuließen, auch den Sukzessionen beider nachgespürt, deren
008  verschiedene Stufen sich teilweise nebeneinander auffinden lassen.
009  Dieses Kapitel stellt nun die zeitliche Abfolge in der Entstehung
010  der Bodentypen und Vegetationsgesellschaften des Waldes und der
011  Steppe im Sinne einer historischen Entwicklung seit der
012  Späteiszeit dar. Es soll versucht werden, den " weißen Fleck ",
013  den Rheinhessen in FIRBAS' " Waldgeschichte
014  Mitteleuropas " bildet, etwas mit Farbe auszufüllen. Die
015  Aufteilung in die sechs Geographischen Zonen der jeweils
016  vorherrschenden Bodenart oder des vorherrschenden Bodentyps ist aus
017  Kapitel 4 übernommen, und es wird hier wie dort gegliedert in:
018  die Zone der Sandböden die nördliche Zone
019  der verbraunten Böden die Nördliche Zone der
020  Degradierten Tschernoseme die Zone der Tschernoseme
021  die Südwestliche Zone der Degradierten
022  Tschernoseme die Südwestliche Zone der verbrauchten
023  Böden. Die sechs Bodenzonen. Die Zone
024  der Sandböden Wie schon das vorangegangene Kapitel zeigte,
025  lassen sich zum Thema dieser Arbeit die eingehendsten
026  Untersuchungen in Zone 1 anstellen. Die folgenden Darlegungen
027  bestätigen dies abermals. Zone 1 dient vor allem als Schlüssel
028  zur zeitlichen Parallelisierung der Waldgeschichte und
029  Steppengeschichte der übrigen Zonen. Die drei Sandgruben
030  WALTER im nördlichsten Teil der Gemarkung Finthen südlich
031  des Geiersköpfel (zwei Gruben) und des Bernhardsborn (eine
032  Grube) liefern dazu die meisten Hinweise. Hier liegen mehrere
033  fossile Böden übereinander aufgeschlossen, deren Alter mit
034  Hilfe des bereits genannten Tuffbandes bestimmt werden kann.
035  Unter ihm fand W. Th. STÖHR die Abdrücke zweier
036  Kiefernzapfen und einiger Kiefernnadeln. Da das Tuffband dem
037  Mittleren Alleröd angehört, haben wir also aus dieser Zeit die
038  ältesten bestimmten Pflanzenreste, die Zeugnis über die
039  Vegetation der Sandbodenzone ablegen. Unter dem Tuffband liegen
040  weißgraue, kalkhaltige Flugsande. An ihrer Obergrenze fanden
041  SONNE *und STÖHR in der östlichen Sandgrube WALTER
042  im Tuff " eine ganze Anzahl stengeliger, konvexer Abdrücke von
043  2-5 mm Durchmesser und 3-5 cm Länge (...), die Abdrücke
044  von Pflanzenteilen darstellen " und die ihrer Lage nach als
045  gleichaltrig mit den Kiefernresten anzusehen sind. Unter ihnen
046  konnte auch Landreitgras (Calamagrostis epigeios L.) bestimmt
047  werden. Der Verlauf des Tuffbandes zeigt an, daß das Relief
048  der Landschaft damals wie heute von Dünen geprägt wurde. Der
049  Neigungswinkel ihrer Hänge betrug bis 11^ 17 " (mittlere
050  Sandgrube WALTER). Wir ermitteln also für das Mittlere
051  Alleröd im Zeitpunkt der Tuffablagerung zunächst nur auf Grund
052  der Bodenfunde eine von Kiefern und " stengeligem " Kraut
053  bewachsene Dünenlandschaft, die in ihrem Gesamteindruck der des
054  nördlichen Teiles des Naturschutzgebietes " Mainzer Sand
055  " sehr ähnlich gewesen sein dürfte. Damit steht fest, daß die
056  Kiefer in der Sandbodenzone ebenso alt ist, wie die durch Pollen
057  nachgewiesenen Kiefern der westpfälzischen Moorniederung bei
058  Landstuhl. Auf Grund der pollenanalytischen Untersuchung einer
059  Torfprobe aus den Riedwiesen von Ohnenheim in der
060  oberelsässischen Rheinebene durch OBERDORFER folgert
061  FIRBAS, daß im Alleröd im südlichen Teil der
062  Oberrheinebene eine vorübergehende Ausbreitung von Corylus,
063  Ulmus und Quercus stattgefunden habe. Das Klima von Ohnenheim
064  ist dem in unserem Gebiet sehr ähnlich. Man darf es daher wohl
065  als möglich ansehen, daß Hasel, Ulme und Eiche im Alleröd
066  bis in unser Gebiet vorgedrungen sind, zumal über
067  Eichenpollenfunde aus dieser Zeit durch MULLENDERS *und
068  GULLENTOPS in den Niederlanden 1965 berichtet wird.
069  Neben der klimatischen Ähnlichkeit beider Landstriche kann auch
070  ein Verbraunungshorizont unter dem Tuffband, den SONNE *und
071  STÖHR in der östlichen Sandgrube WALTER (170-175 m
072  NN) feststellten, für diese Behauptung als Stütze
073  herangezogen werden. Zwar schreiben beide Verfasser, es müsse "
074  sich nicht unbedingt um eine Bodenbildung handeln, weil auch
075  Lösungsabsätze aus dem überlagernden Bimstuff derartige
076  Verfärbungen verursachen können. " Doch zeichnet sich die
077  Schicht durch einen geringeren Kalkgehalt und eine Mächtigkeit
078  von 1-2 cm aus. Sie wird von den beiden Autoren im Text
079  allgemein als " Boden " angesprochen. Auf S. 35 hatten wir
080  nachgewiesen, daß die Eiche wesentliche Trägerin des
081  Verbraunungsvorganges ist, der die Pararendzina (1Z) zur
082  Parabraunerde (1L) überführt, und daß sich unter den
083  einzelnen Eichengebüschen, begrenzt auf engstem Raum, entkalkte
084  Verbraunungshorizonte von zunächst sehr geringer Stärke ausbilden,
085  die inmitten einer weiten Fläche von Pararendzina (1Z) liegen.
086  Die Beobachtungen von SONNE *und STÖHR, daß " die
087  bräunliche Bodenzone gelegentlich " auftritt, stimmt mit unseren
088  Beobachtungen im Übergangsgebiet von Pararendzina (1Z) zu
089  Parabraunerde (1L) auffällig überein. Der gleiche
090  Verbraunungshorizont wie in der östlichen Sandgrube WALTER
091  ist, wenn auch nicht sehr deutlich ausgeprägt, in der mittleren
092  Sandgrube WALTER (180-182,5 m NN) und in der
093  westlichen Sandgrube WALTER (192,5 m NN) unter dem
094  Tuffband zu beobachten. Die Mächtigkeit ist hier
095  durchschnittlich 1 cm. An einer Stelle war eine zäpfchenartige
096  Ausbildung von 5 cm Länge zu finden. Dasselbe Tuffband
097  beschrieben SONNE *und STÖHR auch aus der Kiesgrube
098  NIKOLAI bei Heidesheim-Uhlerborn. Ihr Profil lag in
099  der nordöstlichen, inzwischen zu einem großen Badeteich
100  umgestalteten Grube. Ein weiteres konnte der Verfasser in der
101  südwestlichen Grube untersuchen, die in dem Wäldchen an der
102  Höhe 88,8 m NN ausgehoben wird. Auch hier ist der
103  Verbraunungshorizont unter dem Tuffband zu beobachten, jedoch mit
104  einer Stärke von 2-5 cm deutlicher, auch in seiner Farbe,
105  ausgeprägt als in den drei WALTERschen Sandgruben rund 100 m
106  höher. Während dort die unterlagernden Sande keinerlei
107  Schichtung aufweisen, besitzen sie hier einen ganz gleichmäßigen,
108  waagerechten Aufbau. Es handelt sich um fluviatile Rheinsande
109  der Niederterrasse. Die im Vergleich zu den Sandgruben
110  WALTER niedrigere Lage, zudem im Bereich des Rheines, mag
111  die Ursache für die stärkere Ausbildung des verbraunten
112  Bodenhorizontes sein. Vielleicht bildeten sich hier, wo auch
113  heute noch die Übergangszone vom Bereich der Sandkiefernwälder
114  zu den natürlichen Auenwäldern zu denken ist, erste Ansätze zu
115  wohl mehr buschartigen Uferwäldern aus, in denen dann auch die
116  Ulme aufgetreten sein mag. Die Dünenlandschaft der
117  nordöstlichen Finther Gemarkung ist heute wie damals kein
118  Standort der Ulme. Die geringe Mächtigkeit des verbraunten
119  Bodenhorizontes zeigt deutlich, daß die Ausbildung eines "
120  Waldes " im Alleröd nur an günstigen Stellen und nur in
121  Ansätzen möglich war. Nach FIRBAS dauerte das Alleröd
122  etwa 1 000 Jahre an. Wenn man bedenkt, daß die klimatischen
123  Voraussetzungen zur Bewaldung mit Laubhölzern (außer Birke)
124  nicht gleich zu Beginn des Alleröd in vollem Umfang gegeben waren,
125  sondern sich erst entwickeln mußten, so ist diese dünne "
126  Parabraunerde " durchaus verständlich. Den Angaben bei
127  FIRßAS über die Verbreitung der einzelnen Holzarten in den
128  verschiedenen Perioden der Späteiszeit und Nacheiszeit
129  zufolge können wir außer mit den schon genannten mit einer ganzen
130  Reihe weiterer Baumarten bzw. Gebüscharten im
131  Alleröd rechnen. Hierzu gehören die Weide (Salix), deren
132  Hauptausbreitungszeit allerdings schon vorüber war, und die Birke
133  (Betula), die sowohl zusammen mit der Kiefer wie auch als deren
134  unmittelbarer Vorläufer in der Abfolge der Sukzessionen auftritt.
135  Die Bimssteintuffe des Brohltales in der Eifel enthalten
136  Blätter von Zitterpappeln (Populus tremula) und Traubenkirsche
137  (Prunus padus). Darüber hinaus teilt SCHWEITZER für
138  den Trass des Brohltales und für den von Glees folgende Arten
139  mit: Segge (Carex spec., Untergattung Eucarex),
140  Kriechweide (Salix repens), Korbweide (Salix viminalis),
141  Warzen-Birke (Betula pendula), Moor-Birke (Betula
142  pubescens), Große Brennessel (Urtica dioica), Wolfs-
143  Eisenhut (Aconitum lycoctonum) oder Scharfer Hahnenfuß
144  (Ranunculus acer), wahrscheinlich Alpen-Johannisbeere
145  (Ribes spec. cf. alpinum), Himbeere (Rubus idaeus) oder
146  Echtes Mädesüß (Filipendula ulmaria), Purgier-
147  Kreuzdorn (Rhamnus cathartica), Wiesen-Bärenklau
148  (Heracleum sphondylium), Wald-Ziest oder Alpen-Ziest
149  (Stachys spec., silvatica oder alpina), Schwarze Königskerze
150  (Verbascum nigrum), Nordisches Labkraut (Galium boreale),
151  Gemeines Labkraut oder Wald-Labkraut (Galium spec.,
152  mollugo oder silvaticum), Hainkreuzkraut (Senecio nemorensis),
153  Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium) und vielleicht Kohl
154  -Kratzdistel (? Cirsium oleraceum). Da Tuffe und Trass
155  dort sich zu der gleichen Zeit ablagerten wie die Tuffe in unseren
156  Sanden, kamen die genannten Pflanzen mit hoher Wahrscheinlichkeit
157  auch in unserer Alleröd-Vegetation vor. Auf Grund einer 1
158  -5 cm mächtigen Verbraunungszone unter dem Tuffband in den
159  Sanden der Sandbodenzone, Funden von Kiefernzapfen und
160  Kiefern nadeln, Pflanzenabdrücken sowie klimatischen und
161  paläobotanischen Vergleichen ergibt sich für das Alleröd im
162  Zeitpunkt der Tuffniederschläge der Laacher-See-
163  Eruption in der Sandbodenzone das Bild einer von Kraut
164  bewachsenen und mit Kiefern in lockerem Verband bestandenen
165  Dünenlandschaft auf Pararendzina (1Z). Sie befand sich in
166  ihren höher gelegenen, südlichen Teilen stellenweise, in ihren
167  tiefer gelegenen, nördlichen Teilen aber vollständig in jenem uns
168  aus dem nordwestlichen Teil des Naturschutzgebietes " Mainzer
169  Sand " bekannten Übergangsstadium von Pararendzina (1Z) zu
170  Parabraunerde (1L), das durch einen gebüschartigen Laubwald
171  mit Eiche und Hasel, stellenweise auch Weide, Birke und Ulme,
172  sowie Zitter-Pappel und Traubenkirsche im Verband mit Kiefer
173  und einer Krautschicht gekennzeichnet war. In der östlichen
174  Sandgrube WALTER beobachteten SONNE *und STÖHR
175  zwischen 31 und 38 cm unter der Basis des grauen Tuffes " eine mit
176  bloßem Auge gerade noch erkennbare Verbraunungszone (geringerer
177  Kalkgehalt) im Flugsand parallel zur Bimsbasis eingeschaltet ".
178  Sie beschrieben sie nur von einer Stelle und haben sie offenbar im
179  Sand nicht weiter verfolgt. In der südwestlichen Sandgrube
180  NIKOLAI konnte der Verfasser ebenfalls eine Verbraunungszone
181  gleicher Ausbildung von durchschnittlich 0,5-1 cm Stärke
182  finden und längs der gesamten Sandgrubenwände auf einer Strecke
183  ca. 100 m verfolgen. Sie liegt hier 87 cm unter der Basis des
184  Tuffbandes und weist stellenweise eine gegenüber den über
185  lagerten und unterlagerten Sanden deutlich feinere Fraktion auf.
186  Hin und wieder kommen auch Kalkröhrenbildungen vor. Diese sind
187  Hinweis auf eine tiefergelegene, feuchtigkeitsstauende Schicht,
188  die sich folgerichtig bei Nachforschungen auffinden ließ. Es
189  handelt sich um ein 1 cm-mächtiges, stark kalkhaltiges,
190  schluffiges, bankig verhärtetes Band mit einzelnen pflanzlichen
191  Einschlüssen, wahrscheinlich Wurzelresten, 35 cm unter dem
192  Verbraunungshorizont. Es wird seinerseits von einem völlig
193  gleichartigen Band, in dem allerdings keine pflanzlichen
194  Einschlüsse vorhanden waren, 10 cm tiefer begleitet. Zwischen
195  beiden lagern geschichtete Sande. Ob die beiden Bändchen auch in
196  den Sandgruben WALTER auftreten, konnte nicht festgestellt
197  werden, da die östliche und die mittlere bereits zu sehr verfallen
198  sind, die westliche aber nicht genügend tief aufgeschlossen ist.
199  Der Verbraunungshorizont ist als Bodenbildung anzusehen. Sein in
200  der WALTERschen Grube geringerer Abstand als in der
201  NIKOLAIschen zu dem Tuffband hat vermutlich seine Ursache
202  darin, daß die Sande in jenem Bereich als Flugsande mehr
203  umgelagert und verweht wurden als in diesem, in dem sie der Fluß
204  feucht hielt und gleichmäßig aufsandete. Seine Entstehung muß
205  der Horizont einem ähnlichen Interstadial verdanken, wie ihn das
206  Alleröd darstellte. Dieses kann nur das Bölling-
207  Interstadial sein. Es ist das nächstältere Interstadial vor dem
208  Alleröd, trennt die Älteste Ältere Dryaszeit von der
209  Jüngeren Älteren Dryaszeit und wurde nach WOLDSTEDT
210  außer an der namengebenden Stelle in Jütland auch in Ostpreußen,
211  den Niederlanden und am Bodensee nachgewiesen. FIRBAS
212  bezeichnet die Jüngere Ältere Dryaszeit auch als Älteste
213  Birken-Kiefern-Zeit und berichtet von " Zeichen der
214  ersten Wiederausbreitung der Gehölze ". " In klimatisch
215  begünstigteren Landschaften ", zu denen unser Gebiet wohl zu
216  rechnen ist, fänden sich viel Pollen von Birke (Betula) und
217  Kiefer (Pinus), die Nichtbaumpollen nähmen an Zahl ab,
218  ebenso die Pollen von Weide (Salix). Das der Jüngeren
219  Älteren Dryaszeit vorangegangene Bölling-Interstadial muß
220  nicht nur die gleiche Vegetation besessen haben, sondern
221  zusätzlich noch weitere Holzpflanzen, die in der darauffolgenden
222  Zeit wieder eingingen und die den Verbraunungseffekt hervorriefen.
223  Um welche Arten es sich dabei handelte, muß zunächst offen
224  bleiben. Den zuerst von SONNE *und STÖHR in der
225  östlichen Sandgrube WALTER gefundenen Verbraunungshorizont
226  konnte der Verfasser nun auch in der südwestlichen Sandgrube
227  NIKOLAI bei Heidesheim-Uhlerborn nachweisen. Er ist
228  als Bodenbildung des Bölling-Interstadials und als Nachweis
229  der ältesten, späteiszeitlichen Bewaldung in unserem Gebiet
230  anzusehen. Über die Zusammensetzung seiner Vegetation sind nur
231  Vermutungen möglich. Das Auftreten von Kalkwurzeln sichert
232  Baumbewuchs. Die genannten beiden schluffig-kalkigen
233  Bänkchen sind im Vor-Bölling entstanden, in der Ältesten
234  Älteren Dryaszeit. Da pflanzliche Einschlüsse sich nur in dem
235  oberen der beiden Bändchen fanden, ist wieder ein Beweis für die
236  Verbindung von Verkalkungen und feuchtigkeitsstauendem Horizont im
237  Sand geliefert. Die wahrscheinlichen Wurzelreste sind als die
238  ältesten pflanzlichen Relikte der Späteiszeit in den Sanden der
239  Sandbodenzone anzusehen. Das Tuffband des Alleröd dient nicht
240  nur für die darunterliegenden, sondern auch für die
241  darüberliegenden Sande als Zeitmarke. Ihre Mächtigkeit ist
242  sehr unterschiedlich, am größten dort, wo über einem
243  allerödzeitlichen Dünental heute ein Dünenberg, geringer da,
244  wo auch heute ein Dünental sich befindet. Örtlich schneidet
245  sogar die heutige Bodenoberfläche das Tuffband ab und zeigt damit,
246  wie stark die Umlagerung der Sande durch den Wind seitdem das
247  Relief verändert hat. Spuren des auf das Alleröd folgenden,
248  nächstjüngeren Zeitabschnittes, der Jüngeren Dryaszeit,
249  finden wir noch in den Tuffen selbst. SONNE *und STÖHR
250  beobachteten Kryoturbationen, die als " wenige zentimeter
251  dicke oder millimeterdicke, keulenförmige Flugsandschläuche
252  aus den liegenden oder hangenden Flugsandschichten bis tief in den
253  schwarzbraunen Tuff hineinreichen " sowie bis 25 cm breite und 30
254  cm lange Frostkeile, die die damals schon verfestigten Tuffe in
255  einzelne " Schollen " zerbrachen und in tiefere Schichten
256  verschleppten. Die Jüngere Dryaszeit bedeutete nach der ersten
257  ausgeprägten Erwärmung des Alleröd im Spätglazial einen
258  letzten Kälterückschlag, der nicht unerheblich gewesen sein muß,
259  wie die Würgeböden in unserem klimatisch begünstigten Gebiet
260  zeigen; GROSS berichtet über solche auch aus den
261  Niederlanden. Über die Art der Vegetation liegen keine
262  Hinweise aus Rheinhessen vor. Das Fehlen eines
263  Verbraunungshorizontes zeigt aber an, daß die Sande wieder
264  verstärkt ins Wandern gerieten und sich eine dementsprechende
265  Krautflora ausbildete, zu der in mehr oder minder großer Zahl
266  Arten wie der Moosfarn (Selaginella), Sanddorn (Hippophae),
267  Beifuß (Artemisia) und Alpenjohannisbeere (Ribes alpinum),
268  die wir noch heute im Lennebergwald finden, gehört haben mögen.
269  Auch Birke (Betula) und Weide (Salix) werden stärker
270  aufgetreten, Eiche (Quercus), Hasel (Corylus) und Ulme
271  (Ulmus) sowie die übrigen Laubbäume und Sträucher des
272  Alleröds dürften jedoch wieder verdrängt worden sein. Sicher
273  gehörte die Kiefer (Pinus) noch zu den überdauernden Bäumen.
274  STÖHR möchte sie in unserem Bereich sogar als älter als das
275  letzte Hochglazial ansehen und meint, daß die Darmstadt-
276  Kiefer sich aus einer Kiefer entwickelte, die längere Zeit unter
277  erheblich ungünstigen klimatischen Bedingungen gedeihen mußte.
278  Der Verfasser möchte schon die etwa 800 Jahre währende Periode
279  der Jüngeren Dryaszeit für eine entsprechende Anpassung an
280  veränderte Umweltbedingungen von ausreichendem Einfluß ansehen.

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