Quelle Nummer 257
Rubrik 02 : RELIGION Unterrubrik 02.24 : PRAKTISCHE
JOACHIM BECKMANN (HRSG.)
KIRCHLICHES JAHRBUCH FUER DIE EVANGELISCHE KIRCHE
IN DEUTSCHLAND 1970
BEGRUENDET VON JOHANNES SCHNEIDER, HERAUSGEGEBEN
VON JOACHIM BECKMANN, 97.JAHRGANG
GUETERSLOHER VERLAGSHAUS GERD MOHN 1970, S. 20-
001 die Generalsynode verabschiedete zu dem ihr erstatteten
002 Arbeitsbericht und zu den vorgelegten Thesen des
003 Planungsausschusses unter dem 9.Oktober 1970 diese
004 ENTSCHLIESSUNG. Die Generalsynode hat den
005 Arbeitsbericht des Planungsausschusses und die von ihm bisher
006 erarbeiteten Thesen zur Neuordnung der Evangelischen Kirche in
007 Deutschland entgegengenommen. Sie beauftragt ihn, seine
008 Tätigkeit im Sinne des Berichts fortzusetzen und die von den
009 Organen der Evangelischen Kirche in Deutschland inzwischen
010 eingeleiteten Arbeiten durch eigene Vorschläge zu fördern.
011 Dabei ist es notwendig, solche Gestaltungsmittel und
012 organisatorischen Formen zu entwickeln, in denen sich die
013 Gemeinschaft des christlichen Zeugnisses, der Lehre und des
014 Dienstes in Freiheit entfalten kann. Die Aufgabe der
015 Vereinigten Kirche wird in der EKD auch künftig darin bestehen,
016 den besonderen Gehalt ihrer bekenntnismäßigen und theologischen
017 Tradition in Lehre und Verkündigung so zur Wirkung zu bringen,
018 daß die Gemeinschaft und das Zusammenwirken in der EKD belebt
019 und vertieft werden. Der Planungsausschuß wird gebeten,
020 Überlegungen darüber anzustellen, wie die Arbeitsweise und die
021 regionale Gliederung der Vereinigten Kirche nach den bisherigen
022 Erfahrungen und in Anpassung an die Entwicklungen in der EKD
023 verbessert werden können. D. Die Arnoldshainer Konferenz
024 Am 3.Oktober 1970 verabschiedete die Arnoldshainer
025 Konferenz THESEN ZUR
026 VERFASSUNGSREFORM DER EVANGELISCHEN
027 KIRCHE IN DEUTSCHLAND. Ausgehend von der
028 Grundsatzentschließung der EKD-Synode in Stuttgart vom 10.
029 bis 15.Mai 1970 nehmen die nachstehenden Thesen zu der
030 Frage Stellung, wie die Grundordnung der EKD zu gestalten
031 wäre, wenn die Gliedkirchen zur vollen Kirchengemeinschaft
032 zusammengeführt werden und auf dieser Grundlage zwischen ihnen und
033 der EKD ein engeres Verhältnis gegenseitiger Bindung und
034 Einflußnahme hergestellt werden kann. Die Thesen suchen auch die
035 Erfahrungen zu berücksichtigen, die bei der Anwendung der
036 Grundordnung bisher gemacht worden sind. Zum Vorspruch
037 und zu Artikel 1 bis 5 GO (Grundbestimmungen). Der
038 Hinweis in Absatz 3 des Vorspruchs auf die
039 Verschiedenheit der in den Gliedkirchen geltenden Bekenntnisse
040 sollte in den Rahmen einer positiven Aussage über die gemeinsame
041 reformatorische Bekenntnisgrundlage der in der EKD Gestalt
042 annehmenden Kirchengemeinschaft gestellt werden. Für den Inhalt
043 dieser Aussage werden die Ergebnisse der in Gang befindlichen
044 interkonfessionellen Gespräche, insbesondere der lutherisch-
045 reformierten Gespräche in Europa (Leunberg 1969/70) und in
046 der EKD (vgl. die vorliegenden " Thesen zur
047 Kirchengemeinschaft " vom 4.Mai 1970) wesentlich sein. Im
048 Vorspruch sollte festgestellt werden, daß die reformatorischen
049 Bekenntnisse keine kirchentrennende Bedeutung mehr haben. Auf
050 dieser Grundlage wäre in Artikel 1 die Kennzeichnung der
051 EKD als Gemeinschaft (vgl. Artikel 1 Absatz 2)
052 voranzustellen. Die Gemeinschaft sollte als eine solche der
053 deutschen evangelischen Christenheit, ihrer Glieder, Gemeinden
054 und Kirchen, ihrer Vereinigungen und Werke umschrieben werden.
055 Hieran könnte sich die Aussage anschließen, daß sich die EKD,
056 ungeachtet der Begrenzung ihres organisatorischen und rechtlichen
057 Wirkungsbereichs auf die Bundesrepublik Deutschland und Berlin
058 (West) zur Gemeinschaft der ganzen evangelischen Christenheit in
059 Deutschland bekennt und die hieraus sich ergebenden gemeinsamen
060 Aufgaben in freier Partnerschaft mit dem Bund der Evangelischen
061 Kirchen in der DDR wahrnehmen wird. In einem folgenden Absatz
062 sollten thematisch die in Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 (Achtung
063 des gliedkirchlichen Bekenntnisstandes) und Abs. 2 Satz 2 und
064 3 (Bezug auf Barmen als Orientierung bekennender Kirche) der
065 geltenden GO enthaltenen Aussagen aufgenommen und zusammengefaßt
066 werden. In diesem Zusammenhang könnte der föderative
067 Charakter der EKD als Verfassungsprinzip festgestellt werden.
068 Der gelegentlich als Arbeitstitel verwendete Begriff der
069 " Bundeskirche " sollte nicht in den Verfassungstext aufgenommen
070 werden. In Analogie zum Staatsrecht interpretiert, ist dieser
071 Begriff dem ekklesiologischen Sachverhalt der als Kirche
072 verstandenen EKD nicht angemessen. Im Rahmen der
073 Kirchenverfassung ausgelegt, kann er in Richtung eines, die
074 gesamtkirchliche Verantwortung schwächenden landeskirchlichen
075 Partikularismus mißverstanden werden. Dieses Mißverständnis
076 scheint - zumal nach der bisherigen Entwicklung der EKD -
077 näher zu liegen als das einer zentralistischen Einheitskirche.
078 In Art. 2 sollten in Ausgestaltung des jetzigen
079 Absatzes 1 die Bindung der gesamtkirchlichen und
080 gliedkirchlichen Rechtsgestaltung und Rechts anwendung
081 an das Bekenntnis und ihre dem Auftrag der Kirche dienenden
082 Aufgaben angesprochen werden. Der in Artikel 5 als
083 Verfassungsgrundsatz anerkannte " usus legis spiritualis " könnte
084 in diesem Sachzusammenhang übernommen werden. Die limitierende
085 Funktion gesamtkirchlicher gegenüber gliedkirchlicher Rechtsetzung
086 im Sinne von Artikel 2 Abs. 2, 2.Satzhälfte, sollte
087 ausdrücklich ausgesprochen bleiben. In Artikel 4
088 sollten die jetzigen Bestimmungen durch eine normative Regelung
089 voller Kanzelgemeinschaft und Sakramentsgemeinschaft
090 ersetzt werden. Verhandlungen einzelner Gliedkirchen oder
091 gliedkirchlicher Vereinigungen mit anderen Kirchen über Kanzel
092 gemeinschaft und Sakramentsgemeinschaft sollten nur im
093 Benehmen mit der EKD geführt werden. Für die Stellung
094 der EKD zur Ökumene sollte die farblose Aussage in
095 Artikel 2 Absatz 3 durch einen eigenst diesem Thema gewidmeten
096 Artikel ersetzt werden. Dieser sollte - evtl. unter
097 Fortentwicklung der in Artikel 18 getroffenen Regelung - der
098 heutigen und künftigen Bedeutung ökumenischer Orientierung und
099 Verantwortung der Partikularkirchen Rechnung tragen. Die GO
100 sollte die unmittelbare Mitgliedschaft der EKD im Ökumenischen
101 Rat der Kirchen zum Ausdruck bringen. In die
102 Grundbestimmungen sollte eine Regelung über die - durch die
103 Zugehörigkeit zu einer Kirchengemeinde und Gliedkirche
104 vermittelte - Kirchenmitgliedschaft des einzelnen
105 evangelischen Christen in der EKD aufgenommen werden.
106 Die ausschließlich landeskirchliche Bindung der Mitgliedschaft
107 ist eine Konsequenz aus dem Rechtscharakter der EKD als bloßem
108 Kirchenbund. Die von allen Gliedkirchen abgeschlossene
109 zwischenkirchliche Vereinbarung über das Mitgliedschaftsrecht von
110 1969 ist als Übergangsregelung ein deutlicher Schritt auf die
111 unmittelbare Mitgliedschaft des einzelnen evangelischen Christen in
112 der EKD als Kirche. Aus einer Kirchenmitgliedschaft in der
113 EKD legen sich einige verfassungsrechtliche Folgerungen für die
114 Änderung der Grundordnung nahe. Von den hierbei in Betracht zu
115 ziehenden Gesichtspunkten sei beispielsweise auf folgende
116 hingewiesen: gesamtkirchliche Kompetenz und Verantwortung
117 (mindestens im Sinne einer Rahmengesetzgebung) für Ordnung und
118 Fortentwicklung des Mitgliedschaftsrechts und der mit ihm
119 unmittelbar zusammenhängenden Rechtsmaterien. Stärkung der
120 Leitung durch die Synode als Repräsentation der Kirchenglieder
121 und Kirchen gemeinden (evtl. im Zusammenhang mit einer
122 Reform des Verfahrens zur Bildung der EKD-Synode),
123 ferner andere Ordnungshilfen für eine Beteiligung der
124 Kirchenglieder am gesamtkirchlichen Meinungsbildungsprozeß
125 und Willensbildungsprozeß neben und in Ergänzung zu den
126 entsprrechenden Vorgängen in den Gliedkirchenleitungen und ihrer
127 Vertretung in der Kirchenkonferenz. Gesamtkirchliche
128 Verantwortung für die Verwendung der Kirchensteuermittel (als
129 Mitgliedschaftsbeiträge) in gesamtkirchlichen Aufgabenbereichen
130 sowie für den Finanzausgleich zwischen den Gliedkirchen.
131 Dimissoriale über landeskirchliche Grenzen hinweg. Zu
132 Artikel 6-20 GO (Aufgaben). Der zweite Abschnitt
133 der geltenden GO weist zwar der EKD eine Reihe von Aufgaben zu,
134 stattet sie jedoch nicht mit wirksamen Mitteln zur Erfüllung
135 ihrer Aufgaben aus. Künftig sollte klar zum Ausdruck kommen,
136 daß die Gliedkirchen die Pflicht haben, wesentliche Fragen, die
137 sie gemeinsam betreffen, auf dem Boden der EKD zu klären und
138 die im Rahmen der Grundordnung zustande gekommenen
139 gesamtkirchlichen Entschließungen als verbindlich zu behandeln.
140 Bei den gemeinsamen Fragen kann es sich, wie auch die
141 Entschließung der Stuttgarter Synode deutlich macht, um
142 theologische Grundsatzfragen oder auch um solche der Ordnung
143 handeln, sie können auf den mannigfachen Gebieten der
144 innerkirchlichen Aufgaben liegen wie auch im Bereich der
145 Mitverantwortung der Kirche für das Leben in Staat und
146 Gesellschaft. Eine abschließende Aufzählung in der
147 Grundordnung ist nicht möglich. Vielmehr sollten die Organe der
148 EKD ermächtigt sein, unter Berücksichtigung der jeweiligen
149 Lage selbst die gemeinsam zu beratenden Gegenstände zu bestimmen
150 sowie Art und Maß verbindlicher Regelungen festzulegen. Dabei
151 sollte in Anbetracht der unmittelbaren Verantwortung, welche die
152 gliedkirchlichen Leitungen je für ihren Bereich haben, künftig
153 neben Synode und Rat die Kirchenkonferenz als dasjenige Organ,
154 in dem die Leitungen der Gliedkirchen an der Leitung der EKD
155 teilnehmen, maßgeblicher als bisher zur Mitwirkung an den
156 gesamtkirchlichen Entscheidungen berufen sein. Aus dieser Sicht
157 ergeben sich im einzelnen die folgenden Erwägungen. In
158 Artikel 6, der in seiner jetzigen Fassung der EKD nur
159 allgemein umschriebene Hilfsfunktionen zuweist, sollte die eigene
160 Verantwortung der Gesamtkirche für die Erfüllung des kirchlichen
161 Auftrags vorangestellt und sodann ihre besondere Aufgabe dahin
162 gekennzeichnet werden, daß sie in den wesentlichen Fragen des
163 kirchlichen Lebens und Handelsn (vgl. Artikel 6 Abs. 2)
164 eine gemeinsame Willensbildung herbeiführen, den Gliedkirchen bei
165 der Erfüllung ihres Dienstes helfen und sich des Austausches
166 ihrer Kräfte und Mittel annehmen solle. Im Anschluß hieran
167 sollte die Pflicht der Gliedkirchen Ausdruck finden, die EKD
168 bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen und Fragen,
169 deren Bedeutung über den Bereich der einzelnen Gliedkirche
170 hinausgeht, auf dem Boden der EKD zur Klärung zu bringen.
171 Die Artikel 8 bis 10 nennen als Mittel. durch die die
172 EKD auf die Gliedkirchen einwirken kann: Anregungen (Artikel
173 8), deren Beachtung freisteht, Richtlinien (Art. 9),
174 über deren Verbindlichkeit nichts ausgesagt wird und deren
175 Gegenstände auf bestimmte Gebiete beschränkt sind, sowie den
176 Weg der Gesetzgebung (Art. 10), der jedoch, wenn es sich
177 nicht um einen der wenigen bereits gesamtkirchlich geregelten
178 Gegenstände handelt, nur mit dem Einverständnis der
179 " beteiligten Gliedkirchen " beschritten werden darf, eine
180 Bestimmung, deren Anwendung sich rechtlich und praktisch als sehr
181 schwierig erwiesen hat. Bei dieser Abstufung sollte es zwar
182 bleiben mit der Maßgabe, daß der Begriff " Anregungen "
183 besser durch " Empfelungen " zu ersetzen wäre und daß der
184 verbindliche Charakter von Richtlinien, unbeschadet ihrer
185 Eigenart als allgemeiner, der Ausgestaltung Raum gebender
186 Richtschnur, klargestellt werden sollte. Wesentlich wäre jedoch,
187 daß die Aufzählung der unter die Richtlinienkompetenz fallenden
188 Gegenstände (Art. 9) durch eine Generalklausel ergänzt wird,
189 die eine Regelung weiterer Gegenstände zuläßt, deren
190 Bedeutung die Innehaltung übereinstimmender Grundsätze erfordert.
191 Wird diese Möglichkeit eröffnet, so sollte man über die
192 Frage, wann von ihr Gebrauch gemacht wird, die in der
193 Kirchenkonferenz versammelten Leitungen der Gliedkirchen
194 maßgeblich entscheiden oder mitentscheiden lassen. Was ferner den
195 Weg der Gesetzgebung betrifft, so sollte er für die schon jetzt
196 der Richtlinienkompetenz unterliegenden Gegenstände mit
197 Zustimmung der Kirchenkonferenz freigegeben werden und für weitere
198 Sachgebiete dann, wenn sich die Kirchenkonferenz mit Zweidrittel
199 -Mehrheit einverstanden erklärt. Wenn solche ergänzenden
200 Regelungen wirksam sein sollen, wäre es jedoch erforderlich, daß
201 sich die Gliedkirchen, wenn die EKD die Beratung eines
202 Gegenstandes mit dem Ziel verbindlicher Regelung beschließt,
203 für eine angemessene Zeit eigener Regelung dieses Gegenstandes
204 enthalten. Um Ziel und Auswirkung vorstehender Vorschläge zu
205 verdeutlichen, wird hiermit die Skizze für eine Neufassung und
206 Ergänzung der Art. 9 und 10 GO umrissen: Artikel 9
207 (1) Die Evangelische Kirche in Deutschland kann für die
208 Gliedkirchen verbindliche Richtlinien aufstellen a) bis f)
209 für (...) (wie bisher in Art. 9) g) für andere Sachgebiete,
210 wenn ihre Bedeutung die Innehaltung übereinstimmender
211 Grundsätze erfordert. (2) Richtlinien werden von der Synode
212 mit Zustimmung der Kirchenkonferenz oder von dieser beschlossen und
213 im letzteren Falle vom Rat vollzogen. Im Falle des Absatzes 1
214 Buchstabe g bedarf es in der Kirchenkonferenz einer Mehrheit von
215 zwei Dritteln der Stimmen. Artikel 10 Die Evangelische
216 Kirche in Deutschland kann gesetzliche Bestimmungen mit Wirkung
217 für die Gliedkirchen erlassen a) für Sachgebiete, die im
218 Bereich der EKD bereits einheitlich geregelt sind, b) für
219 die in Art. 9 Abs. 1 unter Buchstaben a-f genannten
220 Sachgebiete, wenn sich die Kirchenkonferenz einverstanden erklärt
221 c) für andere Sachgebiete, wenn sich die Kirchenkonferenz mit
222 einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen einverstanden
223 erklärt, Artikel 10a (neu) (1) Beschließen die
224 Synode oder der Rat mit Zustimmung der Kirchenkonferenz oder
225 beschließt diese, ein Sachgebiet gemäß Art. 9 oder Artikel
226 10 einer verbindlichen Regelung zuzuführen, so haben sich die
227 Gliedkirchen, wenn nicht der Beschluß etwas anderes zuläßt,
228 für die Dauer eines Jahres eigener Regelung des Gegenstandes zu
229 enthalten. (2) Im übrigen bleibt die Zuständigkeit der
230 Gliedkirchen zur Rechtsetzung unberührt, solange und soweit das
231 Sachgebiet nicht von der EKD geregelt ist. Mit dem letzten
232 Satz wäre auch klargestellt, daß sich das - insbesondere auch
233 durch Rahmengesetze auszuübende - Gesetzgebungsrecht der EKD
234 auf eine konkurrierende Gesetzgebung beschränkt. Wird die
235 Kirchenkonferenz in der vorgeschlagenen Weise an gesamtkirchlicher
236 Normsetzung beteiligt, sollte der Anwendungsbereich des Artikels
237 27 (Bekenntniskonvente) auf die Kirchenkonferenz
238 erstreckt werden. In einer als Kirche verstandenen EKD und bei
239 Übereinstimmung darüber, daß die reformatorischen Bekenntnisse
240 ihre kirchentrennende Bedeutung verloren haben, sollte freilich
241 Artikel 27 Abs. 3 dahin präzisiert werden, daß Einwendungen
242 des Bekenntniskonvents nicht die Rechtsetzung der EKD für die
243 nicht dem betreffenden Konvent angehörenden Gliedkirchen
244 verhindern (ähnlich bereits die zutreffende Auslegung und Praxis
245 für das Einverständnis der " beteiligten Gliedkirchen " in
246 Artikel 10 Buchstabe b)). Nach Artikel 11 haben
247 die Gliedkirchen über die Bestellung des Vorsitzenden ihrer
248 Kirchenleitung mit dem Rat der EKD Fühlung zu nehmen. Die
249 Tatsache, daß die Vorsitzenden überwiegend durch die
250 Landessynoden gewählt werden, erschwert die Anwendung dieser
251 Bestimmung. Zu erwägen wäre, ob nicht die Fühlungnahme
252 dadurch verstärkt werden könnte, daß der Rat zur Wahlhandlung
253 oder, wenn ein anderes Gremium vorschlagsberechtigt ist, zu dessen
254 Beratungen einzuladen wäre. Ansätze hierfür finden sich bereits
255 im gliedkirchlichen Recht. Die Verpflichtung der
256 Gliedkirchen, Gesetze und sonstige Ordnungen mit Gesetzeskraft
257 spätestens mit der Verkündung dem Rat der EKD vorzulegen
258 (Art. 12), sollte schon auf den Zeitpunkt bezogen werden,
259 in dem der Entwurf an die rechtsetzende Körperschaft der
260 Gliedkirche geleitet wird. Die EKD sollte ferner berechtigt
261 sein, nicht nur die Vereinbarkeit der vorgesehenen Ordnung mit dem
262 gesamtkirchlichen Recht zu prüfen, sondern auch die Frage, ob
263 wegen einer überregionalen Bedeutung des Gegenstandes oder wegen
264 einer erwünschten Rechtsangleichung eine Regelung des Sachgebiets
265 durch die EKD in Betracht kommt. Zur Verneinung dieser Frage
266 sollten jedoch, damit die Rechtsetzung der Gliedkirchen in
267 laufenden Angelegenheiten nicht aufgehalten wird, die
268 Kirchenkanzlei oder ein bei ihr zu bildender Ausschuß ermächtigt
269 werden. Diese Grundsätze sollten auch für diejenigen
270 Vereinigungen von Gliedkirchen gelten, die mit Wirkung für ihre
271 Glieder Recht zu setzen vermögen. Es besteht kaum noch eine
272 Meinungsverschiedenheit darüber, daß die EKD einen geordneten
273 Finanzausgleich unter ihren Gliedkirchen durchführen soll.
274 Ein diese Verpflichtung ausdrückender Grundsatz sollte in
275 Abschnitt oder im Rahmen von Artikel 33 Aufnahme finden.
276 Zu Artikel 21 GO (Gliederung). Die Synode hat in
277 ihrer Stuttgarter Erklärung mit Recht eine " ausgewogene
278 regionale Gliederung " der EKD als geboten bezeichnet. In
279 der Grundordnung sollte dieses Ziel programmatisch umschrieben
280 werden, wobei auf die Notwendigkeit sowohl räumlich wie funktional
281 sinnvoller Strukturen hinzuweisen wäre. Die EKD sollte die
282 Aufgabe haben, eine entsprechende Entwicklung von sich aus zu
283 fördern, und berechtigt sein, an entsprechenden Verhandlungen und
284 Entschließungen der Gliedkirchen mitzuwirken. Nach
285 Artikel 21 Abs. 3 steht jede Gliedkirche, unbeschadet
286 ihrer Zugehörigkeit zu einer konfessionell oder territorial
287 bestimmten Vereinigung von Gliedkirchen, im unmittelbaren
288 Verhältnis zur Leitung der EKD. Dieser Grundsatz wird
289 bedeutsam bleiben, da die EKD weiterhin von der Existenz
290 derartiger Vereinigungen wird ausgehen müssen, doch sollten diese
291 nach der Grundordnung an die gesamtkirchliche Verfassung gebunden
292 sein. In dieser Bindung können derartige Vereinigungen als
293 Träger arbeitsteiliger Kooperation und Koordination für die
294 Gemeinschaft in der EKD förderlich sein. Beschlüsse der
295 Gliedkirchen über Vereinigungen und Zusammenschlüsse sollten
296 schon wegen der Rückwirkungen auf die Zusammensetzung der
297 leitenden Organe der EKD deren Zustimmung bedürfen.
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