Quelle Nummer 246
Rubrik 13 : GESCHICHTE Unterrubrik 13.04 : ALLGEMEINE
NATIONALBEWEGUNGEN
THEODOR SCHIEDER (HRSG.)
SOZIALSTRUKTUR UND ORGANISATION EUROPAEISCHER NA-
TIONALBEWEGUNGEN
UNTER MITWIRKUNG VON PETER BURIAN HERAUSGEGEBEN
VON THEODOR SCHIEDER
R. OLDENBOURG MUENCHEN-WIEN 1971
STUDIEN ZUR GESCHICHTE DES NEUNZEHNTEN JAHRHUNDERTS
ABHANDLUNG DER FORSCHUNGSABTEILUNG DES HISTORISCHEN
SEMINARS DER UNIVERSITAET KOELN BAND 3, S. 155-
001 Zur Organisationsgeschichte und Sozialgeschichte
002 der finnisch-nationalen Bewegung im 19.Jahrhundert. Als
003 Finnland bei der Verbindung mit Rußland im Jahre 1809 eine
004 eigene staatliche Individualität erhielt, war die Einstellung der
005 Bevölkerung schon auf eine derartige Entscheidung vorbereitet.
006 Bereits in der vorangehenden Zeit war der Gedanke lebendig
007 geworden, daß Schweden wegen seiner militärischen Schwäche
008 früher oder später gezwungen sein würde, Finnland an Rußland
009 abzutreten, ein Gedanke, der den Kreis um Sprengtporten
010 veranlaßt hatte, um der Sicherheit Finnlands willen, allerdings
011 vergeblich, diese Entwicklung voranzutreiben. Auf der anderen
012 Seite herrschte unter den aufgeklärten Persönlichkeiten, die im
013 schwedisch-finnischen Reichstag tätig waren, die Auffassung,
014 daß, solange die Vereinigung mit Schweden fortbestand, die
015 finnischen Interessen zu sehr hinter den von der Mehrheit
016 vertretenen schwedischen Interessen zurückstehen müßten.
017 Obgleich die neue Lage nicht erwünscht war, erwies es sich bald,
018 daß sie auch viele Vorteile bot. Finnlands Sicherheit würde
019 nach außen hin gewährleistet sein. Seine eigenen Angelegenheiten
020 würde es nach seinen eigenen Bedürfnissen und Interessen ordnen
021 können, denn Alexander 1.bestimmte, daß die Verwaltung
022 dieser Angelegenheiten unabhänging von russischen Organen sein
023 solle. Die Staatsämter und Verwaltungsämter würden
024 ausschließlich in finnischen Händen, ohne von außen kommende
025 Konkurrenz, liegen, aber darüber hinaus boten sich in der
026 Umgebung des Zaren-Großfürsten größere
027 Laufbahnmöglichkeiten als früher. Die ganze Lage war geeignet,
028 dem Gedanken der Sonderstellung Finnlands zu einer beherrschenden
029 Stellung zu verhelfen oder der Idee, daß die finnische
030 Bevölkerung eine Nation im politischen Sinn, ein Staatsvolk,
031 sei. Wenn mann untersucht, wie sich diese Denkweise in der
032 Einstellung der verschiedenen sozialen Schichten widerspiegelte,
033 erkennt man, daß sie in hohem Grade den Wünschen des im
034 Staatsdienst befindlichen Adels und der obersten Beamtenschaft
035 entsprach. Die Sonderstellung Finnlands sicherte ihnen ihre
036 führende Stellung, und deren Aufrechterhaltung gab ihnen wiederum
037 eine zutiefst sinnvolle Ideologie. Aber sie fühlten nicht nur
038 Sympathie gegenüber der neuen Lage der Dinge, sondern die
039 Rückkehr zum Alten erschien ihnen sogar bedenklich. Schweden
040 schien zu den Parteikämpfen der Freiheitszeit zurückzukehren,
041 und die einzige Möglichkeit zur Wiedergewinnung Finnlands bestand
042 in der Hilfe von seiten des der Oberschicht verhaßten Frankreich
043 der Revolution. Aber die neue Lage fand auch Zustimmung in
044 anderen Kreisen, deren Gunst man zudem dadurch zu gewinnen
045 trachtete, daß man sie vor störenden Neuerungen schützte. Die
046 Geistlichkeit und die Universitätskreise bewahrten ihre frühere
047 bedeutende Stellung als Führer der öffentlichen Meinung und als
048 Ausbilder der Beamten. Die Bürgerschaft wurde aus der
049 Abhängigkeit von den übermächtigen Kaufmannskreisen Schweden
050 befreit, ohne daß sich von russischer Seite entsprechende
051 Benachteiligungen bemerkbar gemacht hätten. Und in bezug auf die
052 Bauern gab der Umstand, daß die rechtlichen Verhältnisse nicht
053 verändert wurden, die militärische Belastung durch die
054 vorläufige Aufhebung des Rottensystems sich dagegen verringerte,
055 der neuen Lage der Dinge eine positive Färbung. Alles sprach
056 dafür, daß man danach streben müsse, so vorteilhafte
057 Verhältnisse zu bewahren und die Anstrengungen auf die dem
058 Staatsnationsgedanken entsprechende Wirksamkeit zu konzentrieren.
059 Neue Gedanken und Änderungswünsche, die sich auf die
060 sprachliche Nationalität bezogen, konnten unter diesen Umständen
061 nur aus zwingenden praktischen Gründen oder über zu nationalen
062 Forschungsaufgaben anregende ausländische Einflüsse aufkommen,
063 aber in beiden Fällen waren Kanäle nötig, auf denen sich diese
064 Gedanken ausbreiten und Einfluß gewinnen konnten. Die Landtage
065 kamen hierfür nicht in Frage, da sie nicht vor den sechziger
066 Jahren des 19.Jahrhunderts einberufen wurden. Wünsche aus
067 der Bevölkerung konnten zu den Ohren der Regierenden nur als
068 Gesuche einzelner oder als Anregungen der örtlichen
069 Selbstverwaltung dringen, die zwar viele Wege - kirchliche,
070 judizielle oder provinzielle - darbot, jedoch stets solche, die
071 von den Behörden vollständig überwacht waren. Eine um so
072 größere Bedeutung kam den privaten Gesellschaften zu, die sich
073 um eine neue Idee bildeten und die sich im besten Fall mit
074 behördlicher Genehmigung aus Diskussionsgruppen zu Vereinigungen
075 entwickeln konnten; sie konnten den neuen Gedanken wenigstens
076 einen etwas größeren Resonanzboden bieten. Der wichtigste Kanal
077 war trotz ihrer geringen Zahl die wöchentlich oder monatlich
078 erscheinende Presse, hinter der oft eine Gesellschaft der eben
079 beschriebenen Art stand, aber die Zensur hatte große
080 Möglichkeiten, dem Auftreten unerwünschter Gedanken in den
081 Zeitungen von Anfang an Halt zu gebieten. Ein auch organisiertes
082 - und unter den gegebenen Umständen verhältnismäßig wichtiges
083 - Forum für Ideendiskussion gab es in den studentischen
084 Landsmannschaften, in denen die neuen Generationen, die später
085 die Führung des geistigen Lebens übernehmen sollten, moderne
086 Anregungen erhalten konnten und die auch die Möglichkeit boten,
087 in der Heimatgegend das Interesse für die neuen Gedanken zu
088 wecken. Auf allen diesen Wegen geriet die neue
089 Sprachnationsideologie in Bewegung, und man kann eigentlich sagen,
090 daß der Gedanke der sprachlichen Nationalität sich bis zu den
091 fünfziger Jahren des 19.Jahrhunderts gerade in diesem Rahmen
092 entwickelte. Auf alten, in der Praxis auftretenden Ursachen
093 beruhten die Beschwerden wegen der Sprache und die Gesuche um
094 Ausweitung des Gebrauches der finnischen Sprache im öffentlichen
095 Leben, die einzelne Bauern, Bauerngruppen und die lokale
096 Selbstverwaltung von Zeit zu Zeit vortrugen. Während der
097 dreißiger und zu Beginn der vierziger Jahre des 19.
098 Jahrhunderts klagten Bauerndichter in den Zeitungen über die
099 sprachlichen Schwierigkeiten des Volkes, weil die Behörden nicht
100 genügend Finnisch konnten. Um die Mitte der vierziger Jahre des
101 19.Jahrhunderts war die Unzufriedenheit schon so groß, daß
102 sieben finnische Gemeinden aus dem Innern Finnlands sich an den
103 Senat mit dem Gesuch wandten, die finnische Bevölkerung müsse
104 die Ausfertigungen der Behörden auf Finnisch erhalten. Als der
105 Senat dieses Gesuch zurückwies, wandten sich die Bauern direkt
106 nach St. Petersburg, wo sich der Erfolg auch als günstiger
107 erwies. Diese von den Bauern vertretene praktisch-
108 sprachpolitische Linie stieß auch bei der Regierung auf recht
109 großes Verständnis, wenn diese auch nicht geneigt war, die am
110 weitesten gehenden Forderungen zu verwirklichen. Der Senat hielt
111 es für nötig, sowohl die Sprachkenntnisse der Beamten zu
112 verbessern als auch den Unterricht der finnischen Sprache an der
113 Universität. Im Jahre 1824 wurde verordnet, daß die
114 Geistlichen, die sich um ein Pfarramt in einer finnischsprachigen
115 Gemeinde bewarben, eine Prüfung in der finnischen Sprache
116 ablegen sollten; aus diesem Anlaß wurde im Jahre 1828 an der
117 Universität ein Lektorat für Finnisch eingerichtet. Im Jahre
118 1841 wurde gestattet, an den höheren Schulen Finnisch als
119 zusätzliches Lehrfach einzuführen, und Lönnrot wurde eine
120 langfristige Dienstbefreiung für die Abfassung eines finnischen
121 Wörterbuches bewilligt. Zu Anfang der fünfziger Jahre wurde an
122 der Universität eine Professur für die finnische Sprache,
123 allerdings mit begrenzten Amtsbefugnissen, begründet und verordnet,
124 daß die für finnische Gemeinden zu ernennenden Beamten
125 nachweisen müßten, daß sie finnisch verstünden. Darüber
126 hinaus wurde im Jahre 1858 Finnisch in finnischen Gegenden zur
127 Sprache der Protokolle der Gemeindeversammlungen bestimmt.
128 Jedoch muß darauf hingewiesen werden, daß diesen Maßnahmen
129 keine neue Idee zugrunde lag, sondern daß sie nur die
130 Bedürfnisse der Praxis berücksichtigten und auch dies nur in
131 verhältnismäßig geringem Umfang. Ganz andere Möglichkeiten
132 zur Eroberung der Geister boten sich den neuen Ideen in der
133 Universitätswelt, wo gegen Ende des 18.Jahrhunderts die
134 Beschäftigung Henrik Gabriel Porthans und seiner Nachfolger mit
135 nationalen Themen - Sprache, Volksdichtung, Volksglaube,
136 Geschichte - einen für die Romantik günstigen
137 Interessennährboden schuf. Gegen Ende des zweiten Jahrzehnts
138 des 19.Jahrhunderts und zu Anfang der zwanziger Jahre begann
139 in Universitätskreisen in Turku (bo) das erste nationale
140 Erwachen, eine Bewegung besonders aufgrund des Gedankens des
141 sprachlichen Nationalismus. Hinter ihm standen viele jüngere
142 Lehrer der humanistischen Fächer, von denen einige bei ihrem
143 Studium in Uppsala mit den schwedischen Vertretern der Romantik
144 in Berührung gekommen waren und andere in Turku Anregungen durch
145 den dänischen Sprachforscher Rasmus Rask erhalten hatten. Im
146 Jahre 1815 wurde auf ihr Betreiben eine private Gesellschaft
147 gegründet, die in den Jahren 1817-1823 zuerst Kalender,
148 später eine literarische Zeitschrift veröffentlichte, ein
149 Mitglied dieses Kreises gab sogar die finnischsprachige
150 Wochenschrift " Turun Viikko-Sanomat " heraus. Neben ihm
151 veröffentlichte das leidenschaftlichste Mitglied des Kreises, der
152 Dozent für Geschichte A. I. Arwidsson, ein eingenes
153 Blatt " A1bo Morgonblad ", das jedoch bald eingestellt
154 wurde, vielleicht weniger wegen der neuen nationalen Verkündigung
155 als wegen der Forderung nach Pressefreiheit, denn eine
156 Erschütterung des politischen und sozialen Aufbaus konnte nicht
157 geduldet werden. Außer der starken Propaganda für den neuen
158 sprachlichen Nationalismus sammelte dieser Kreis auch eifrig
159 finnische Volksdichtung und gab so die Anregung für die
160 Schöpfung des Kalevala-epos durch den etwas jüngeren Elias
161 Lönnrot. Gerade dieses Interesse für die Volksdichtung und die
162 Schwierigkeiten, die sich bei dem Versuch zeigten, die
163 Ergebnisse auf Finnisch zu veröffentlichen, trieben die
164 Organisation voran. Nachdem die Universität nach Helsinki
165 verlegt worden war, beschlossen 12 jüngere Universitätslehrer,
166 die Finnische Literaturgesellschaft zu gründen, um die finnische
167 Sprache für literarische Zwecke zu schulen. Diese Gesellschaft,
168 deren erster Sekretär Lönnrot war, wurde das Zentrum für die
169 frühe Arbeit für das Finnentum und auf lange Zeit ihr führendes
170 Organ. Das erste Ergebnis war Lönnrots Kalevala (1835), ein
171 Werk, das auf einzigartige Weise das finnische nationale
172 Selbstbewußtsein hob, denn es zeigte die alte Kultur des Volkes
173 selbst. Ihr Einfluß erstreckte sich sogar bis in die Kreise der
174 regierenden Beamtenschaft, von denen viele die Ehrenmitgliedschaft
175 annahmen, obwohl sie nicht Anhänger der Idee des sprachlichen
176 Nationalismus waren und sicher die andere Seite von Lönnrots
177 Arbeit ebensowenig schätzten, als dieser in der zweiten Hälfte
178 der dreißiger Jahre in seiner Zeitschrift " Mehila7inen
179 systematisch einen finnischen gebildeten Wortschatz entwickelte und
180 so die Voraussetzungen für die gesteigerten Anforderungen beim
181 Gebrauch der finnischen Sprache schuf. Hinter dem Umstand, daß
182 sich die Einstellung der Universitätskreise von der Auffassung
183 der Vertreter der herrschenden Bürokratie zu scheiden begann, lag
184 eine bemerkenswerte Zweiteilung der Gesellschaft Finnlands. Die
185 oberste Bürokratie ergänzte sich in großem Umfang aus ihren
186 eigenen Kreisen, in erster Linie aus den führenden Familien des
187 Adels, so daß dessen Mitglieder bereits als junge Menschen
188 Beamtenstellungen erhielten, von denen sie dann in leitende
189 Positionen aufsteigen konnten. Zwar mußten auch sie ihre
190 Ausbildung auf der Universität erhalten, aber sie gingen im
191 allgemeinen nicht in der Gemeinschaft der Universität auf. Die
192 Söhne der obersten Schicht wählten dort im allgemeinen das
193 juristische Studium und versuchten, so schnell wie möglich das
194 Wissen zu erwerben, das für zivile Beamtenstellen gefordert wurde,
195 denn eine Anstellung war ja fast sicher erhältlich. Sie blieben
196 nicht für längere Zeit auf der Universität und übernahmen keine
197 führenden Stellungen unter den Studenten. Für andere wiederum
198 - in erster Linie für die mittleren Schichten der Gesellschaft
199 - war die Universität der Weg, der Vorwärtskommen und eine
200 gesicherte wirtschaftliche Stellung garantierte. Wenn sie schnell
201 zu einem sicheren Auskommen kommen mußten, wählten sie die kurzen
202 theologischen und Landmesserstudien und wurden dann Lehrer,
203 Pfarrer oder kleine Beamte außerhalb der Hauptstadt, aber das
204 bedeutete das Ende des Aufstiegs und wurde als eine Art
205 Verbannung betrachtet. Die Söhne der Mittelklasse, die in
206 besserer Lage waren, wählten den verhältnismäßig langen Weg
207 der philosophischen Studien, und viele und offenbar die aktivsten
208 blieben, um ihre Studien über das Staatsexamen hinaus
209 fortzusetzen, oder blieben auch auf andere Weise unter den
210 Fittichen der Universität, entweder in kleinen
211 Universitätsaufgaben oder ernährten sich als Zeitungsredakteure
212 und in anderen freien Berufen. Gerade in diesen sich weiter
213 fortbildenden Studenten erhielten die studentischen
214 Landsmannschaften die geeigneten Führer, die später allmählich
215 in leitende Universitätsstellungen aufstiegen. Den Unterschied
216 zwischen diesen beiden Gruppen unterstrich noch ein
217 sprachpolitischer Umstand. In den Augen der Bürokratie
218 bedeutete die Kenntnis der russischen Sprache einen wichtigen
219 Zusatz zum Befähigungsnachweis, handelte es sich nun um eine
220 mögliche Karriere in Rußland oder um die höchsten Stellungen in
221 Finnland, in denen man mit russischen Beamten in Berührung kam.
222 Hinter den von Regierungsseite unternommenen Maßnahmen zur
223 Vermehrung der Russischkenntnisse stand zum Teil auch das
224 Bestreben, die Notwendigkeit, Russen wegen der mangelnden
225 Russischkenntnisse der Finnen in finnische Beamtenstellungen
226 einzusetzen, nicht aufkommen zu lassen, und deswegen fanden diese
227 Bestrebungen der Regierenden leicht Widerhall in diesem Kreis.
228 Dagegen hielten die Kreise der Geistlichkeit und der Universität
229 das Studium des Russischen nicht für notwendig, und es gelang
230 ihnen, für sich eine Ausnahme hiervon zu erlangen. Aber sie
231 hegten auch den Verdacht, daß dahinter die Absicht der
232 Russifizierung stand, und waren der Ansicht, daß diese Gefahr
233 durch Vertiefung der Verbindung mit dem finnischen Volk selbst
234 abgewehrt werden müsse. Da so die Frage einer Veränderung der
235 sprachlichen Verhältnisse geweckt und das Schwedische, die
236 allgemeine Umgangssprache der gebildeten Schichten Finnlands, von
237 dieser oder jener Seite in die Debatte gezogen war, veranlaßte
238 dies auch die Anhänger der finnischen Sprachlinie, ihrerseits
239 über praktische Maßnahmen nachzudenken, d. h. über die
240 sprachliche Vereinigung mit dem Volke. Es genügt nicht mehr,
241 daß die finnische Gesinnung ein platonisches Interesse der
242 schwedischsprechenden Gebildeten war, sondern sie mußte sich auch
243 in der Tat zeigen; die gebildeten mußten anfangen, finnisch zu
244 sprechen. Die Sprache begann, in diesem Kreis das Symbol für
245 vaterländische Gesinnung zu sein, aber zugleich fing man auch an,
246 in ihr ein Mittel zur Verbreitung der Aufklärung zu sehen, ein
247 Instrument, um die unteren Stände in eine Einheitsfront mit den
248 oberen Ständen hinaufzuheben. In dieselbe Richtung wirkte auch
249 der Hegelianismus, der sich unter den akademischen Kreisen
250 ausbreitete, und seine Auffassung, daß die Entwicklung des
251 Staates vom Nationalgeist und der Kultur abhängig sei. Die
252 Sorge hierfür begann so sogar wichtiger zu erscheinen als die
253 formale Verteidigung der Autonomie. Die Anschauungen der
254 akademischen Kreise begannen, eine immer tiefere ideologische
255 Akzentuierung anzunehmen, aber auch ihr Bedürfnis, in die
256 Öffentlichkeit vorzudringen, wurde immer stärker, wenn auch
257 gleichzeitig die Betonung des Hegelianismus geeignet war, sich von
258 deutlich politischen Forderungen zurückzuhalten.
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