Quelle Nummer 244

Rubrik 13 : GESCHICHTE   Unterrubrik 13.04 : ALLGEMEINE

NAPOLEON
HEINZ-OTTO SIEBURG (HRSG.)
NAPOLEON UND EUROPA
VERLAG KIEPENHEUER UND WITSCH, KOELN 1971, S. 9-


001  Vorwort. Im Gedenkjahr 1969, das der Erinnerung an
002  den 200. Geburtstag Napoleon Bonapartes gewidmet war, fanden
003  in verschiedenen Ländern Europas wissenschaftliche Kongresse
004  statt, auf denen Historiker aus aller Welt sich mit dem Thema
005  " Napoleon " auseinandergesetzt haben. Die Ergebnisse ihrer
006  Bemühungen liegen inzwischen in mehreren Veröffentlichungen vor
007  oder werden sich in absehbarer Zeit noch in solchen manifestieren.
008  Aus ihrer Gesamtheit dürfte sich eine Art Bilanz des
009  Napoleonverständnisses der gegenwärtigen internationalen
010  Geschichtswissenschaft ergeben. Der Textband Napoleon und
011  Europa versucht, eine Lücke zu schließen, die diese - in
012  der Einleitung näher genannten Kongresse - mit ihrer jeweils
013  recht speziellen Orientierung nach militärischen,
014  außenpolitischen, historiographischen oder sozial
015  geschichtlichen und wirtschaftsgeschichtlichen Gesichtspunkten
016  offengelassen haben. Dieses Buch, das vor allem dem akademischen
017  Lehrbetrieb zu dienen hat, strebt daher an, den Gesamtcharakter
018  des napoleonischen Zeitalters in Umrissen sichtbar zu machen, wie
019  ihn die moderne Napoleonforschung unseres Jahrhunderts -
020  insbesondere natürlich seit dem Zweiten Weltkrieg - erarbeitet
021  hat. Daraus ergeben sich zwei Schwerpunkte innerhalb der
022  Textauswahl: die Gestalt Napoleons selbst und zum anderen sein
023  Verhältnis zu Europa. Dieses Problem wiederum enthält so
024  vielschichtige Aspekte wie die Einwirkung Napoleons auf die
025  Staatenwelt und Gesellschaft Europas, deren dadurch bedingten
026  Gestaltswandel und schließlich die Reaktion der Unterworfenen auf
027  die Herrschaft Napoleons über den Kontinent. In diesem
028  Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Auswirkung dieser
029  " Erhebung der Völker " auf das Europa der Gegenwart und zu guter
030  Letzt nach dem Weiterleben Napoleons in der Geschichtsschreibung,
031  das die Einleitung in Form eines gerafften Überblicks über die
032  internationale Napoleonhistoriographie untersucht. Darauf ist auch
033  die den Band beschließende Auswahlbibliographie abgestimmt. Denn
034  sie weist nicht nur auf wesentliche Arbeiten der gegenwärtigen
035  Napoleonforschung hin, sondern vermerkt darüber hinaus -
036  gleichsam zur Ergänzung der Einleitung - die wichtigsten
037  Quellen und die berühmtesten Werke der älteren Historiographie,
038  und zwar in der Überzeugung, daß bei diesem Thema ein Teil der
039  " Literatur " auch ein unabdingbares Wesenselement das
040  Phänomens selbst darstellt. Aus der Universalität der in diesem
041  Bande behandelten Fragestellungen ergibt sich, daß die
042  abgedruckten Beiträge den Federn von Historikern verschiedener
043  europäischer Nationen entstammen, wobei die Gepflogenheit des
044  Verlages, in einem Bande der Neuen Wissenschaftlichen
045  Bibliothek nicht mehr als die Hälfte der Texte ausländischen
046  Autoren einzuräumen, der Auswahl von vornherein gewisse Grenzen
047  setzte. Daß unter den außerdeutschen Verfassern die
048  französischen überwiegen, versteht sich bei dem Charakter des
049  Themas von selbst. Was den Aufbau des Bandes betrifft, so hat
050  sich der Herausgeber um eine Synthese von systematischer und
051  chronologischer Stoffanordnung bemüht. Infolgedessen bilden
052  Aufsätze und Auszüge den Auftakt, die der Persönlichkeit
053  Napoleons und seinem Wirken auf den Gebieten der Kriegsführung
054  und Politik gewidmet sind. Auf solche vorwiegend
055  längsschnittartigen Darstellungen des ersten Teiles folgen in den
056  Kapiteln des zweiten und dritten Teiles Untersuchungen, in deren
057  Mittelpunkt bestimmte Ereignisse oder historische Zusammenhänge
058  stehen und die deshalb in chronologischer Reihenfolge abgedruckt
059  sind, obwohl auch sie z. T. übergreifende Fragestellungen
060  grundsätzlichen Charakters behandeln. Mehrere Beiträge sind in
061  der Einleitung auch als Elemente der Historiographiegeschichte
062  gewürdigt. Eingedenk eines Wortes von Max Lenz, einem der
063  bemerkenswertesten deutschen Napoleonbiographen, daß nämlich
064  " die Diskussion über das Napoleon-Problem (...) noch lange
065  währen " werde, hat der Herausgeber bewußt darauf verzichtet,
066  mit seiner Auswahl den Leser etwa zu dem Schluß verführen zu
067  wollen, es könne eine allgemeinverbindliche, unumstößliche und
068  gleichsam " objektive " Interpretation Napoleons geben.
069  Vielmehr kam es ihm darauf an, aufzuzeigen, daß das Bild
070  Napoleons in der Geschichtsschreibung außerordentlich
071  differenziert, ja geradezu widersprüchlich erscheint, und dies
072  heute nicht weniger als ehedem. Das gilt nicht nur von der
073  Persönlichkeit und dem historischen Phänomen Napoleons
074  überhaupt, sondern auch von jeder der einzelnen Situationen und
075  Relationen, in denen er wirksam war. Um diese Vielfalt der
076  Deutungsmöglichkeiten in etwa widerzuspiegeln, hat der
077  Herausgeber sowohl Autoren von verschiedener nationaler,
078  politischer und weltanschaulicher Prägung zu Wort kommen lassen,
079  als auch häufiger dieselbe spezielle Thematik aus der Sicht
080  mehrerer, in ihrer Urteilsbildung voneinander abweichender
081  Historiker beleuchtet. So mag diese Zusammenstellung von
082  Beiträgen maßgeblicher europäischer Napoleonkenner unseres
083  Jahrhunderts wenig harmonisch, ja mitunter fast verwirrend anmuten.
084  Aber gerade ein solcher offener Schluß dürfte dem hier
085  diskutierten geschichtlichen Phänomen wohl angemessen sein.
086  Zuletzt noch ein Wort des Dankes! Er gilt den Autoren und
087  ihren Verlagen, die Beiträge zum Abdruck zur Verfügung
088  gestellt haben; er gilt aber auch den Übersetzern, die die
089  Übertragung der in mehreren Fällen recht schwierigen
090  fremdsprachlichen Texte ins Deutsche übernommen und damit
091  wesentlich zum Zustandekommen dieses Buches beigetragen haben.
092  Einleitung. Kein Thema der neuen Geschichte - außer dem
093  verwandten der Französischen Revolution - hat die
094  Historiographie der modernen Kulturvölker Europas mehr
095  beschäftigt als das Leben und Wirken Napoleons und die politische
096  und geistige Ausstrahlung dieses Phänomens. Denn einmal beruht
097  das moderne Nationalbewußtsein aller Völker unseres Kontinents
098  auf ihrer Erhebung gegen den ersten Kaiser der Franzosen, nachdem
099  dessen Gewaltherrschaft bislang unbekannte irrationale Kräfte
100  freigelegt hatte, zum anderen wird gerade mit dem Bonapartismus zum
101  ersten Male und bis heute modellartig die als Cäsarismus sich
102  äußernde unheimliche Verschwisterung von Demokratie und Diktatur
103  deutlich, die zwischen den beiden großen Kriegen unseres
104  Jahrhunderts weiten Teilen der abendländischen Welt zum
105  Schicksal zu werden drohte. Daß man sich dabei auf das Beispiel
106  Napoleons und auf die Politik seines Nachfolgers, Napoleons 3.,
107  zurückbesann, der die historische Legende der politischen
108  Wirklichkeit des Bonapartismus dienstbar gemacht hatte, war gewiß
109  kein Zufall. Eine weitere Deutungsmöglichkeit sieht in dem
110  Kaiser den großen Einiger Europas, dessen Scheitern als eine
111  verpaßte Gelegenheit der Weltgeschichte zu beklagen sei, die
112  womöglich nachgeholt werden müsse. In diesem Sinne hat
113  Friedrich Nietzsche Napoleon als Übermenschen gefeiert. Und
114  schließlich erscheint die Persönlichkeit Napoleons als das große
115  Paradigma einer zweckfreien, sich als philosophisch-historische
116  Anthropologie begreifenden Schau der Geschichte, wobei dann
117  natürlich wieder so antinomische Wertmaßstäbe gelten können wie
118  die von " böse " und " gut ", die etwa in den
119  innerbiographischen Porträts von Jacob Burckhardt oder Berthold
120  Vallentin angelegt werden. So stellt sch in der Geschichte von
121  Napoleons Ruhm, die diesem Buche vorauszugehen hat, in dem die
122  Forschungsergebnisse maßgeblicher Historiker unserer Zeit im
123  Konzentrat vereinigt werden, ein außerordentlich vielschichtiger
124  Komplex der politischen Geistesgeschichte dar. Er reicht über
125  den Rahmen einer rein wissenschaftlichen Problematik hinaus, denn
126  gerade im Phänomen des Bonapartismus wird eine eklatante
127  Wechselwirkung von Geschichtsschreibung und Politik deutlich,
128  indem sich hier historische Legendenbildung in die staatliche
129  Wirklichkeit eines Systems von der außerordentlichen Machtfülle
130  des Zweiten Empire umgesetzt hat. Angesichts der großen
131  Bedeutung, die die beiden napoleonischen Reichsschöpfungen für
132  Deutschland gehabt haben, nimmt es nicht wunder, daß das Problem
133  des Bonapartismus im 19.Jahrhundert nicht nur im französischen,
134  sondern auch im deutschen historisch-politischen Denken -
135  neben der Thematik " Französische Revolution " - eine
136  erstrangige Rolle gespielt hat. Natürlich hat sich in dieser
137  Betrachtung der Blick auf die historiographische Seite der
138  Fragestellung zu konzentrieren, während ihr politischer Aspekt,
139  über den sich der Herausgeber an anderer Stelle ausführlicher
140  geäußert hat, nur angedeutet werden kann, soweit er in der
141  Geschichtsschreibung über Napoleon relevant ist. Aber auch
142  dieses Thema ist noch so umfassend, daß im Gedenkjahr 1969 zum
143  Beispiel ein internationaler Historikerkongreß auf der Insel
144  Elba ausschließlich der Napoleon-Historiographie gewidmet war,
145  und zwar sogar nur der des 20.Jahrhunderts. So kann hier
146  lediglich eine Skizze des Napoleonverständnisses in der
147  Geschichtsschreibung entworfen werden, die sich auf die
148  Sichtbarmachung der Grundströmungen zu beschränken hat. Neben
149  der Entwicklung der Napoleon-Forschung in Frankreich
150  betrachten wir noch die Interpretation des großen Korsen in der
151  historischen Literatur Deutschlands etwas ausführlicher, während
152  entsprechende, durchaus einer großen Tradition angehörende
153  Leistungen in Ländern wie England, Italien oder Rußland
154  allenfalls mit Seitenblicken bedacht werden und die reiche Napoleon
155  -Historiographie in Staaten wie zum Beispiel Spanien, Polen,
156  Schweden oder gar außerhalb Europas überhaupt nicht
157  brücksichtigt werden kann. Wünsche, die dieser knappe Abriß
158  daher nicht zu erfüllen vermag, wird aber der demnächst
159  erscheinende Kongreßbereicht über die erwähnte italienische
160  Tagung befriedigen. Der Schöpfer der Napoleonlegende ist
161  Napoleon selbst gewesen, und zwar auf Grund des M‚
162  morial de Sainte-H‚lŠne, dessen Kern der
163  Kaiser dem Grafen Las Cases - seinem Eckermann gleichsam -
164  diktierte und in dem der gestürzte Titan alle Geschehnisse so
165  darstellte, alle Aussprüche und Anekdoten so formulierte, wie er
166  sie zur Fundierung seines Nachruhmes überliefert wissen wollte.
167  Der geschichtliche Tatmensch sieht sich hier - in der Rolle des
168  reflektierenden Analytikers seiner selbst - schon rein historisch
169  und entwirft gleichzeitig die Grundlinien des Bonapartismus als
170  einer politischen Ideologie, aus der eines Tages die
171  Konstituierung eines zweiten Empire als Fortsetzung des ersten
172  hervorgehen sollte. In dieser Rückschau stilisiert Napoleon sein
173  Leben zu einem Kunstwerk, dem ein übergreifender, bewußter
174  Plan zugrunde gelegen habe. Zwar sei dessen Verwirklichung
175  zunächst nicht gelungen, aber als Erbe und Auftrag bleibe das
176  große Konzept weiterhin verpflichtend. Der entthronte Kaiser
177  stellt sich als Vorkämpfer des Liberalismus hin, der nicht
178  Völker unterdrücken, sondern sie aus Dumpfheit zu nationalem
179  Selbstbewußtsein erwecken wollte und der darüber hinaus die
180  Einheit Europas zur Errichtung eines ewigen Friedens erstrebt
181  habe. So wird aus dem Eroberer ein Protagonist des freiheitlichen
182  Nationalstaatsbegriffs und aus dem größten Kriegsgott der
183  modernen Geschichte ein Anwalt des Pazifismus. Insgesamt
184  erscheint dieser Napoleon als ein entschiedener Wegbereiter der
185  Zivilisation und des Fortschritts. Zwar ist das M‚
186  morial de Sainte-H‚lŠne das berühmteste, aber
187  nicht das einzige Quellenwerk zur Geschichte Napoleons, das auf
188  dem einsamen Atlantikfelsen entstand. Neben das Buch des Las
189  Cases treten noch die Memoiren der anderen Begleiter Napoleons,
190  der sogenannten Helenier denen der Kaiser sein Leben diktierte,
191  wie Montholon, Gourgaud, Betrand, Marchand und nicht zuletzt
192  jene Schriften, die ihm selbst zugeschrieben werden. Man
193  bezeichnet diese Werke in ihrer Gesamtheit als die M‚
194  moires napol‚oniens. Sie stellen ebenso wie die auf
195  Befehl Napoleons 3.in den fünfziger und sechziger Jahren
196  herausgegebene Correspondance und die späteren
197  Zusatzeditionen zu dem großen Briefwerk die Fundamentalquelle zur
198  Geschichte des ersten Kaisers der Franzosen dar. Wesentlich
199  ergänzt werden sie noch durch die Erinnerungen von
200  Persönlichkeiten, die ebenfalls auf St. Helena in der
201  Umgebung Napoleons lebten, wie die Gräfin Montholon, die
202  Ärzte O'Meara und Antommarchi und nicht zuletzt auch noch durch
203  die vom Kaiser selbst diktierten Lettres du Cap de Bonne
204  Esp‚rance. Gerade die letztgenannten Werke bilden die
205  Grundlage zu der Legende von Napoleons Märtyrertum auf St.
206  Helena und den Schikanen des Sir Hudson Lowe. Die Zahl der
207  Memoiren, die nach dem Sturz des Kaisers außerhalb St.
208  Helenas entstanden, ist Legion. Jedoch ist die der wirklich
209  brauchbaren keineswegs unbegrenzt. Zu den wichtigsten gehören die
210  Erinnerungen der Frau von R‚musat, einer scharfzüngigen
211  Hofdame der Kaiserin Jos‚phine. Sie sind eine Fundgrube
212  für Napoleon-Anekdoten aller Art, soweit sie das Hofleben,
213  Familiäres und Persönliches betreffen. Mehr politischen Sinn
214  verraten die Aufzeichnungen des Staatsrates Roederer, mit dem
215  Napoleon gern diskutierte. Der höhere Hofklatsch füllt die
216  endlosen Bändereihen der Memoiren von Laure Junot, Herzogin
217  von AbrantŠs, also der Witwe des Generals Junot. Als die
218  bedeutsamste zeitgenössische Quelle neben dem M‚morial
219  de Sainte-H‚lŠne gelten heute die
220  Denkwürdigkeiten Caulaincourts, die über hundert Jahre
221  verschollen waren und erst 1933 veröffentlicht worden sind.
222  Caulaincourt, einer der intimsten Vertrauten Napoleons, hat
223  diesem immer wieder furchtlos unangenehme Wahrheiten gesagt, um ihn
224  zu einer Politik der Mäßigung zu überreden, ist seinem Herren
225  aber - im Gegensatz zu Talleyrand und Fouch‚ - nie untreu
226  geworden. Zwar ist Caulaincourt, der fast nichts über Enghien
227  berichtet und ganz über die Hundert Tage schweigt, keineswegs
228  vollständig, aber er füllt doch viele historische Lücken.
229  Friedrich Sieburg hat von diesem Autor gesagt: " Seine
230  Darstellung der politischen Meinungsverschiedenheiten mit Napoleon
231  ist zum Musterbeispiel dafür geworden, wie ein ungenialer, aber
232  mit " bon sens " begabter Mann dem Diktator zu widersprechen
233  vermag und am Ende recht behält. " Den M‚mores napole
234  1oniens, mit denen der gestürzte Imperator auf St.
235  Helena noch selbst die Grundlagen seiner Legende geschaffen hat,
236  und den großenteils schon in den zwanziger Jahren veröffentlichten
237  Erinnerungsbüchern von Mitarbeitern, Gesprächspartnern oder
238  auch Gegnern des Kaisers gesellte sich frühzeitig - etwa seit
239  dem Ausgang der Restaurationszeit - eine auch wissenschaftliche
240  Napoleon-Historiographie. In der Epoche des Julikönigstums
241  trug sie wesentlich dazu bei, den Napoleonkult auf seinen
242  Höhepunkt zu führen. Denn auch sie war überwiegend darauf
243  abgestimmt, den großen Kaiser zu verherrlichen. Dies gilt für
244  die - keineswegs immer unkritische - vierbändige Darstellung
245  des Generals Jomini über die Feldzüge Napoleons, die 1827 in
246  Paris erschien, ebenso wie für die Biographie von pierre Franc
247  4ois Tissot (1833), in der die Napoleonlegende schon voll
248  entfaltet ist. Zwar auch von Zustimmung und Lob erfüllt, aber
249  wissenschaftlich grundlegend ist dagegen das große Werk von Louis
250  Pierre Edouard Bignon, das zwischen 1829 und 1850 in zahlreichen
251  Bänden herauskam und die Geschichte Frankreichs unter Napoleon
252  behandelt. Eine etwas kritischere Einstellung gegenüber Napoleon
253  offenbaren die 1845-47 erschienenen drei Bände von Armand
254  Lefebvre über die Historie des cabinets de l'Europe pendant
255  le Consulat et l'Empire. Jean Charles de Lacretelle stellt
256  sogar in seiner Histoire du Consulat et de l'Empire (1846
257  -48) die Politik Napoleons seit 1804 grundsätzlich in Frage.
258  Jedoch stand eine solche Distanz damals völlig vereinzelt da,
259  denn seit der Julirevolution von 1830 war die Begeisterung der
260  Franzosen für Napoleon zu einem Gipfel gelangt. Chateaubriand,
261  der sich 1814 in seiner berühmten Streitschrift De Buonaparte
262  et des Bourbons als klassischer Anwalt des Legitimismus
263  erwiesen hatte, stellte daher in seiner nach 1830 verfaßten
264  Abhandlung De la restauration et de la monarchie ‚lective
265  entrüstet fest, man müsse heute fast glauben, daß es ohne
266  Napoleon kein nationales Ansehen Frankreichs gäbe. Und doch hat
267  selbst dieser schonungslose Kritiker Napoleons in seinen -
268  allerdings posthum erschienen - M‚moires d'Qutre-
269  tombe den einstigen verklärt.

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