Quelle Nummer 227
Rubrik 06 : RECHT Unterrubrik 06.13 : INLAENDISCHES
MITBESTIMMUNGSRECHT
BUNDESARBEITSGERICHT
ENTSCHEIDUNGEN DES BUNDESARBEITSGERICHTES
HERAUSGEGEBEN VON DEN MITGLIEDERN DES GERICHTSHOFES
DE GRRUYTER BERLIN 1970
001 Sinn und Zweck der Regelung des 56 Abs. 1 Buchst.
002 d BetrVG ist es, alle Maßnahmen in den Betrieben der
003 Mitbestimmung des Betriebsrats zu unterwerfen, die den
004 Arbeitnehmern diejenigen Kenntnisse und Erfahrungen verschaffen
005 sollen, die der Ausfüllung ihres Arbeitsplatzes und ihrer
006 beruflichen Tätigkeit dienen. Berufsausbildung im Sinne des
007 56 Abs. 1 Buchst. d BetrVG ist nicht nur die berufliche
008 Erstausbildung, sondern auch die berufliche Weiterbildung, soweit
009 sie in den Betrieben durchgeführt wird. In Gesetz und
010 Rechtsprechung gibt es keinen festen juristisch-technischen
011 Begriff der Berufsausbildung. Die Antragsgegnerin ist ein
012 Großbetrieb der Zigarettenindustrie. Seit 1961 hat sie für ihre
013 unteren und mittleren Führungskräfte innerbetriebliche Lehrgänge
014 in ihrem Werk in H. eingerichtet. Bis zum Jahre 1967 wurden
015 in diesen Lehrgängen vorwiegend allgemein bildende Themen
016 behandelt und hierüber Referate und Diskussionen innerhalb des
017 Teilnehmerkreises durchgeführt. Durch diese Lehrgänge sollten
018 den Teilnehmern allgemeine Kenntnisse von dem Produkt, seiner
019 Entstehung und seinem Absatz sowie von der Arbeit des
020 Unternehmens und seiner verschiedenen Abteilungen vermittelt werden.
021 Arbeitsrechtliche Fragen und das Thema Menschenführung wurden
022 ausführlich behandelt. Mit Beginn der innerbetrieblichen
023 Lehrgänge bestellte die Unternehmensleitung einen sogenannten
024 Fortbildungsbeirat, dem auch ein Mitglied des Gesamtbetriebsrats
025 angehört. Die Aufgabe des Fortbildungsbeirats soll es sein, die
026 Lehrplanentwürfe zu beraten und Vorschläge für Änderungen,
027 Ergänzungen und Umstellungen zu unterbreiten. Der
028 Fortbildungsbeirat ist seit 1961 nur wenige Male zusammengetreten.
029 Die Antragsgegnerin führt seit dem 25.September 1967 die
030 Lehrgänge in veränderter Form durch. Im Gegensatz zu den
031 Lehrgängen der früheren Jahre steht die technisch-berufliche
032 Weiterbildung im Vordergrund. Für die technischen Angestellten
033 werden jeweils dreimal Zwei-Wochen-Lehrgänge
034 durchgeführt. Zwei Drittel des gesamten Lehrgangsprogramms
035 bestehen aus technischem Unterricht, wie der " Rechenschieber ",
036 " Mechanik ", " Maschinentechnik ", " Grundlagen der
037 Elektrotechnik ", " Maßtechnik und Regeltechnik ",
038 " Wärmelehre " und " Werkstoffkunde ". Weitere Themen der
039 Lehrgänge sind " Arbeitsphysiologie und Arbeits
040 psychologie ", " Arbeitssicherheit ", " Wirtschaftskunde ",
041 " Arbeitsrecht und Sozialrecht " und " Führung von
042 Mitarbeitern ". Die Lehrpläne werden von einem eigens hiermit
043 betrauten " Leiter der Fortbildung " unter Berücksichtigung der
044 von der Geschäftsleitung entwickelten Zielaufgaben entwickelt.
045 In welchem Umfang sie in dem Fortbildungsbeirat besprochen werden,
046 ist zwischen den Beteiligten streitig. Mit dem
047 Gesamtbetriebsrat werden sie nicht besprochen. Dem Leiter der
048 Fortbildung obliegt auch die Leitung der Lehrgänge, in denen
049 Mitarbeiter des Unternehmens, freie Mitarbeiter und
050 gegebenenfalls auch Mitarbeiter von Lieferfirmen den Unterricht
051 erteilen. Die für die Fortbildungskurse in Frage kommenden
052 Arbeitnehmer werden von der Antragsgegnerin zur Teilnahme
053 aufgefordert. Diejenigen, die sich zur Teilnahme melden, werden
054 zu den Fortbildungskursen zugelassen, wenn auch gelegentlich nicht
055 alle zu derselben Zeit. Etwa 50 % der Angestellten kommen der
056 Aufforderung nach. Die Lehrgangsteilnehmer müssen während der
057 Lehrgänge verschiedene schriftliche Arbeiten anfertigen. Die
058 Ergebnisse dieser Arbeiten und die Eindrucke der einzelnen
059 Referenten aus dem mündlichen Unterricht bilden die Grundlage
060 für die vom " Leiter der Fortbildung jeweils nach Abschluß
061 eines Lehrgangs zu fertigende schriftliche Beurteilung des
062 Lehrgangsteilnehmers. Die Beurteilung wird mit dem
063 Lehrgangsteilnehmer besprochen. Die Wertung der Gesamtleistung
064 der einzelnen Teilnehmer erfolgt erst nach Lehrgangsabschluß, d.h.
065 nach Durchführung der verschiedenen Teillehrgänge.
066 Die Gesamtbeurteilung erhält nur der Betriebsleiter. Allerdings
067 verbleibt eine Ausfertigung bei den Akten der Lehrgänge. Der
068 Antragsteller ist der Ansicht, die in dieser Form in dem Werk H.
069 durchgeführten Maßnahmen unterlägen der in 56 Abs. 1
070 Buchst. d BetrVG voegesehenen Mitbestimmung des Betriebsrats.
071 Es handele sich bei diesen Lehrgängen um eine Berunfsausbildung,
072 deren Ziel es sei, die Lehrgangsteilnehmer zu qualifizierten
073 Fachkräften der Zigarettenindustrie werden zu lassen. Die
074 Antragsgegnerin habe selbst erklärt, daß die Schulung dazu diene,
075 das Niveau der Führungskräfte anzuheben, damit diese die immer
076 komplizierter werdenden Aufgaben in den hochmechanisierten
077 Betrieben der Beteiligten erfüllen könnten und der Übernahme
078 und dem Anspruch von Führungsaufgaben gerecht würden. Der
079 Antragsteller ist weiterhin der Auffassung, die Veranstaltung
080 stelle eine Wohlfahrtseinrichtung im Sinne des 56 Abs. 1
081 Buchst. e BetrVG dar. Der Antragsteller beantragt:
082 festzustellen, daß die ab 25.September 1967 in dem Werk der
083 Antragsgegnerin in H. durchgeführte berufliche Fortbildung der
084 in 56 Abs.1 Buchst. d BetrVG festgelegten
085 Mitbestimmung der Betriebsräte unterliegt, hilfsweise
086 festzustellen, daß die berufliche Fortbildung der Mitbestimmung
087 der Betriebsräte gem. 56 Abs. 1 Buchst. e BetrVG
088 unterliegt. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag
089 zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, die Lehrlänge seien
090 ausschließlich Fortbildungslehrgänge, die mit Berufsausbildung
091 nichts zu tun hätten. Fortbildungslehrgänge seien der
092 Berunfsausbildung nicht gleichzusetzen. Unter Berunfsausbildung
093 verstehe der Gesetzgeber nur die Ausbildung von Lehrlingen,
094 Anlernlingen, Praktikanten und Volontären. Darunter falle aber
095 nicht die Erwachsenenausbildung, die die Beklagte eingeführt habe,
096 um die bei ihr tätigen Mitarbeiter fortzubilden. Das
097 Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben dem Antrag des
098 Antragstellers stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht ist dabei
099 insbesondere der Auffassung, daß es sich bei den Lehrgängen der
100 Antragsgegnerin um eine Berufsausbildung handele.
101 Berufsausbildung im Sinne des 56 Abs. 1 Buchst. d
102 BetrVG sei im weitesten Sinne des Wortes zu verstehen.
103 Hierunter falle auch die Ausbildung der Arbeitnehmer eines
104 Betriebes, um sie mit den neuesten Erkenntnissen der Technik
105 bekannt zu machen. Berufsausbildung 1968 sei etwas anderes als
106 Berufsausbildung im Jahre 1952. Die Rechtsbeschwerde der
107 Antragsgegnerin blieb erfolglos. Aus den Gründen.:
108 Die Zunständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen und die
109 Zulässigkeit des Beschlußverfahrens folgen aus 2 Abs. 1
110 Nr. 4 Buchst. i, 8 Abs. 1, 80 Abs. 1 ArbGG,
111 die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich
112 weiter aus 82 Abs. 1 Buchst. i BetrVG. Der Streit
113 der Beteiligten geht darum, ob die bei der Antragsgegnerin
114 eingerichteten Lehrgänge der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats
115 unterliegen; es steht somit in Rede eine Zuständigkeit dieses
116 Gremiums. Da die Antragsgegnerin das von dem Gesamtbetriebsrat
117 behauptete Mitbestimmungsrecht bestreitet, ist das
118 Rechtsschutzinteresse des Gesamtbetriebsrats für die Entscheidung
119 der Frage zu bejahen. Der Streit betrifft die Frage, ob die
120 Antragsgegner in die Veranstaltung, wie sie ab 25.September
121 1967 durchgeführt wird, und weitere gleichartige Veranstaltungen
122 mitbestimmungsfrei durchführen könne. Der Antragsteller
123 macht ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Durchführung
124 der von der Antragsgegnerin insbesondere für ihre technischen
125 Angestellten eingerichteten Fortbildungslehrgänge geltend. Nach
126 56 Abs. 1 Buchst. d BetrVG hat der Betriebsrat
127 mitzubestimmen bei der Durchführung der Berufsausbildung, soweit
128 eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. a)
129 Eine gesetzliche Regelung der betrieblichen Berufsausbildung gibt
130 es mit Ausnahme der gesetzlichen Vorschriften über die
131 kaufmännischen und gewerblichen Lehrverhältnisse und über die der
132 Handwerksbetriebe nicht. Es besteht auch zur Zeit kein auf die
133 Antragsgegnerin anwendbarer ungekündigter Tarifvertrag, der die
134 hier interessierende Frage der Fortbildung und
135 Weiterbildung der Arbeitnehmer in den Betrieben regelt; insoweit
136 haben jedenfalls die Beteiligten nichts vorgetragen. b) Das
137 Gesetz gibt keine eindeutige Auskunft darüber, ob unter
138 Berufsausbildung auch die betriebliche Weiterbildung und
139 Fortbildung in betrieblichen Lehrgängen zu verstehen ist. Gegen
140 eine solche Auslegung und damit gegen ein Mitbestimmungsrecht des
141 Betriebsrats könnte sprechen, daß der Gesetzgeber, wie sich aus
142 den Gesetzesmaterialien ergibt, bei den Beratungen über die
143 jetzige Vorschrift des 56 Abs. 1 Buchst. d BetrVG
144 insbesondere an die Ausbildung der Lehrlinge im Betrieb gedacht
145 hat. Demgegenüber ist das Landesarbeitsgericht der Ansicht,
146 daß auch dann, wenn der Gesetzgeber den Begriff der
147 Berufsausbildung im engeren Sinne aufgefaßt habe, die
148 zwischenzeitliche stürmische Entwicklung auf allen " technischen
149 " Gebieten eine Ausweitung dieses Begriffs erfordere, um dem
150 Sinn der Bestimmung heute noch gerecht zu werden. Der Begriff
151 der Berufsausbildung selbst ist zumindest im allgemeinen
152 Sprachgebrauch in Fluß geraten. Danach bedeutet
153 Berufsausbildung " die planmäßige und geordnete Vermittlung von
154 Fertigkeiten, Kenntnissen und sachspezifischen Verhaltensweisen,
155 die für die Berunfsausübung erforderlich sind (...) Zur
156 Berufsausbildung im weiteren Sinne gehören die Umschulung von
157 Arbeitskräften auf neue betriebliche Aufgaben, die berufliche
158 Weiterbildung (...) " (Brockhaus 1967, Stichwort:
159 Berufsausbildung). c) Für eine Auslegung des Begriffs "
160 Berufsausbildung " in 56 Abs. 1 Buchst. d BetrVG
161 dahin, daß hierunter auch die in den Betrieben durchgeführte
162 berufliche Fortbildung fällt, spricht entscheidend der
163 Rechtsgedanke, der die Vorschrift beherrscht. Diese Auslegung
164 wird dem Zweck des Gesetzes, der seinerseits hinreichend in
165 Erscheinung tritt, allein gerecht. Eine einengende Auslegung
166 würde das Sinngefüge der Vorschrift außer acht lassen. Sinn
167 und Zweck der in 56 Abs. 1 Buchst. d BetrVG
168 getroffenen Regelung ist es, alle Maßnahmen in den Betrieben der
169 Mitbestimmung des Betriebsrats zu unterwerfen, die den
170 Arbeitnehmern diejenigen Kenntnisse und Erfahrungen verschaffen
171 sollen, die der Ausfüllung ihres Arbeitsplatzes und ihrer
172 beruflichen Tätigkeit dienen. Die Durchführung der
173 Berufsausbildung ist wegen ihrer Bedeutung für das soziale
174 Schicksal des Arbeitnehmers und damit für seinen beruflichen
175 Werdegang dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterstellt
176 worden. Der Betriebsrat soll wegen der Tragweite der
177 Berufsausbildung für den Arbeitnehmer durch die ihm zuerkannte
178 Mitbestimmung in betontem Maße eine Schutzfunktion ausüben.
179 Das berufliche Können des Arbeitnehmers hängt entscheidend von
180 den in der Berufsausbildung zu erwerbenden Kenntnissen und
181 Fähigkeiten ab. Die in der eigentlichen Lehrzeit,
182 einschließlich der Anlernzeit, Praktikantenzeit
183 und Volontärzeit, von einem Arbeitnehmer zu Beginn seines
184 Berufslebens erworbenen Kenntnisse reichen heute, wie das
185 Landesarbeitsgericht zutreffend sieht, bei der Entwicklung auf
186 allen technischen und wirtschaftlichen Gebieten jedoch nicht mehr
187 für ein ganzes Berufsleben aus, sie müssen ständig ergänzt und
188 weiterentwickelt werden. Deshalb wäre eine Auslegung des 56
189 Abs. 1 Buchst. d BetrVG dahin, daß er nur die erste
190 betriebliche Ausbildung im Berufsleben, nicht aber die
191 betriebliche berufliche Weiterbildung umfasse, angesichts der
192 heutigen Notwendigkeiten im Erwerbsleben und
193 Wirtschaftsleben zu eng. Sie würde nicht dem mit der Regelung
194 erstrebten Ziel gerecht, auf einem für das berufliche und
195 allgemeine Leben des Arbeitnehmers besonders wichtigem Gebiet des
196 Betriebsgeschehens im Interesse des Arbeitnehmers eine
197 mitentscheidende Aufgabe des Betriebsrats sicherzustellen. Die in
198 besonderen Lehrgängen durchgeführte Weiterbildung und
199 Fortbildung der Arbeitnehmer ist somit ebenfalls dem
200 Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu unterstellen. Die
201 berufliche Weiterbildung und Fortbildung der
202 Arbeitnehmer im Betrieb hat den gleichen Sinn wie die
203 Berufsausbildung der Lehrlinge, Anlernlinge, Praktikanten und
204 Volontäre. Sie dient dem Ziel, dem Arbeitnehmer diejenigen
205 Kenntnisse und Fähigkeiten zu erhalten und zu verschaffen, deren
206 er zur Ausfüllung seines Arbeitsplatzes und zu seinem beruflichen
207 Fortkommen bedarf; auch die Berufsausbildung im engeren Sinne
208 soll schon die Grundlage für das berufliche Fortkommen schaffen.
209 Das Können der Arbeitnehmer in ihrem Beruf und die Erhaltung
210 und Verbesserung der Eignung für diesen Beruf sind nun einmal
211 für ihr soziales Schicksal ausschlaggebend. Das gilt gerade heute.
212 Der Arbeitnehmer muß, wenn er seine betriebliche und berufliche
213 Stellung erhalten und ausbauen will, die für seinen Beruf
214 erforderlichen neuen Erkenntnisse und Fähigkeiten sich sein ganzes
215 Berufsleben hindurch immer wieder zusätzlich aneignen. Deswegen
216 entspricht es dem Sinn und Zweck des 56 Abs. 1 Buchst. d
217 BetrVG, auch betriebliche Lehrgänge mit dem Ziel, das
218 berufliche Können des Arbeitnehmers zu erweitern und den neuen
219 Kenntnissen der Technik anzupassen, unter den Begriff der
220 Berufsausbildung im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung fallen zu
221 lassen. d) Der Rechtsbeschwerde kann nicht gefolgt werden,
222 wenn sie meint, der juristisch-technische Sprachgebrauch in
223 Gesetz und Rechtsprechung der obersten Gerichte unterscheide
224 zwischen Berufsausbildung der Lehrlinge, Anlernlinge,
225 Volontäre und Praktikanten und der Fortbildung und
226 Weiterbildung der Arbeitnehmer nach Abschluß ihrer Lehrzeit.
227 Deshalb könne unter Berufsausbildung nur die Vorbereigung eines
228 Arbeitnehmers auf einen Beruf in einem Lehrverhältnis,
229 Anlernverhältnis, Praktikanten *bn verhältnis oder
230 Volontärverhältnis verstanden werden. aa) Es ist zwar
231 zutreffend, daß die 4 und 5 BetrVG den Begriff der
232 Berufsausbildung im engeren Sinne verstehen. Diese
233 betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen grenzen jedoch lediglich
234 den Kreis der unter das Betriebsverfassungsgesetz fallenden
235 Arbeitnehmer von denjenigen Betriebsangehörigen ab, die nicht als
236 Arbeitnehmer im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen anzusehen
237 sind. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber den Streit
238 über die Natur des Lehrverhältnisses - ob Arbeits
239 verhältnis oder Ausbildungsverhältnis - für das
240 Betriebsverfassungsgesetz entscheiden (Fitting-Kraegeloh-
241 Auffarth, BetrVG, 8.Aufl., 5 Anm. 5). Es
242 entspricht aber nicht dem Grundsatz einer sachgerechten Auslegung,
243 den an einer bestimmten Stelle des Gesetzes erkennbar nur in einem
244 bestimmten Zusammenhang verwandten Begriff an einer anderen Stelle
245 des Gesetzes, bei der es sich um gänzlich anders gelagerte Fragen
246 handelt, unter völliger Außerachtlassung der Sachbezogenheit
247 für die Auslegung heranzuziehen. Will man dem Sinn und Zweck
248 der einzelnen gesetzlichen Regelungen gerecht werden, kann für die
249 inhaltliche Bestimmung jeder gesetzlichen Bestimmungen nur der
250 Grundsatz gelten, daß die einzelne Vorschrift so auszulegen ist,
251 wie es gerade irhem Sinngehalt entspricht. bb) Ebensowenig
252 können die von der Rechtsbeschwerde angezogenen
253 Personalvertretungsgesetze des Bundes und des Landes Hamburg für
254 eine Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung nach 56 Abs.
255 1 Buchst. d BetrVG verwertet werden. Das
256 Personalvertretungsgesetz des Bundes und das
257 Personalvertretungsgesetz der Hansestadt Hamburg unterscheiden
258 zwischen Fortbildung der Bediensteten bzw. der Angehörigen des
259 öffentlichen Dienstes (66 Abs. 1 Buchst h PersVG des
260 Bundes; 66 Abs. 1 Buchst. h PersVG Hamburg) und
261 der Durchführung der Berufsausbildung bei Angestellten und
262 Arbeitern (67 Abs. 1 Buchst. d PersVG des Bundes;
263 67 Abs. 1 Buchst. d PersVG Hamburg). Gleiche
264 Unterscheidungen enthalten die übrigen Personalvertretungsgesetze
265 der Länder. Die Gesetze erstrecken das Mitwirkungsrecht des
266 Personalrats bei der Fortbildung auf alle Bediensteten bzw.
267 Angegörigen des öffentlichen Dienstes - hierzu gehören auch
268 die Beamten -, während das Mitbestimmungsrecht bei der
269 Durchführung der Berufsausbildung, bis auf das
270 Personalvertretungsgesetz von Bremen, nur auf Angestellte und
271 Arbeiter des öffentlichen Dienstes beschränkt ist, und die
272 Berufsausbildung der Beamten auch keinem Mitwirkungsrecht des
273 Personalrats unterliegt. Diese Unterscheidung beruht auf den
274 besonderen Gegebenheiten des öffentlichen Dienstes. Die
275 Gestaltung der Berufsausbildung der Beamten im engeren Sinne
276 dieses Wortes soll bei ihrer Bedeutung für die besondere Stellung
277 der Beamten im öffentlichen Dienst allein dem Dienstherrn
278 überlassen bleiben. Bei den Angestellten und Arbeitern des
279 öffentlichen Dienstes ist diese spezifische Stellung nicht gegeben.
280 Deswegen ist hier das Mitbestimmungsrecht des Personalrats
281 festgelegt worden.
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