Quelle Nummer 218

Rubrik 26 : MEDIZIN   Unterrubrik 26.02 : FACHWISSENSCHAFTLICH

HALS-NASEN-OHREN
P. PLATH
DAS TON- UND SPRACHGEHOER BEI LAERMSCHAEDEN DES
OHRES
F.K. SCHATTAUER VERLAG, STUTTGART-NEW YORK 1971
S. 74-81


001  In der gutachtlichen Beurteilung von Folgen eines Unfalls
002  oder einer Berufskrankheit, als die die Lärmschwerhörigkeit nach
003  Ziffer 26 der 7.Berufskrankheitenverordnung vom 20.7.
004  1968 (Wagner und Körner) dann anzusehen ist, wenn sie
005  eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10 %
006  bedingt, spielt das Ausmaß des Diskriminationsverlustes eine
007  wichtige Rolle, da nach ihm, gleichzeitig mit dem Hörverlust
008  für Zahlen, der Grad der Schwerhörigkeit ermittelt wird
009  (Boenninghaus und Wittgens; Feldmann 1962, 1963, 1966; Koch
010  und Loebell). Diese Ermittlung erfolgt nach den
011  Empfehlungen des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft der Hals
012  -Nasen-Ohren-Ärzte (Geschäftsbericht der
013  Gesellschaft 1963, S. 75) anhand der von Boenninghaus und
014  Röser (1958, 1959) veröffentlichten Tabellen. Die an
015  unserem Material ermittelten Werte für den prozentualen
016  Hörverlust stimmen mit den anhand der Mittelwerte aus den
017  Tabellen abzulesenden prozentualen Hörverlusten gut überein.
018  Die Korrelationen zeigen allerdings, daß der Einfluß des
019  Hörverlustes für Zahlen offensichtlich größer ist als der des
020  Diskriminationsverlustes, da zwischen diesem und dem prozentualen
021  Hörverlust z. T. eine geringere Korrelation besteht als mit
022  dem Hörverlust für Zahlen. Entsprechend ist auch die
023  Korrelation des prozentualen Hörverlustes mit den
024  tonaudiometrischen Daten gut, so daß sich der prozentuale
025  Hörverlust, der aus den sprachaudiometrischen Meßwerten anhand
026  der Tabellen von Boenninghaus und Röser zu ermitteln ist,
027  auch mit ausreichender Sicherheit aus den tonaudiometrischen
028  Meßwerten abschätzen läßt. Das bedeutet, daß der
029  Diskriminationsverlust durch die Anwendung der Tabellen von
030  Boenninghaus und Röser nicht ausreichend berücksichtigt wird,
031  worauf wiederum die schlechte Korrelation dieses Merkmals zu den
032  anderen audiometrischen Daten hinweist. Diese ist nicht für die
033  Lärmschwerhörigkeit charakteristisch, da sich auch bei
034  Nichtlärmschwerhörigen zwischen dem prozentualen Hörverlust und
035  dem Diskriminationsverlust für Einsilber keine gute Korrelation
036  ermitteln läßt. Der Diskriminationsverlust ist also in der
037  derzeit üblichen Form für die Abschätzung des prozentualen
038  Hörverlustes nicht geeignet, da er dabei nicht in genügendem
039  Ausmaß die ermittelten Prozentwerte beeinflußt. Dies wird z.B.
040  dadurch deutlich, daß in der Tabelle von Boenninghaus
041  und Röser zur Ermittlung des prozentualen Hörverlustes aus
042  dem Sprachaudiogramm für geringe Hörverluste größere
043  Diskriminationsverluste nicht ablesbar sind, obwohl dies bei
044  Lärmschwerhörigen nicht selten erforderlich ist. Eine
045  Extrapolation aus den tabellierten Werten erscheint in Hinblick
046  auf die schlechten Korrelationen nicht statthaft. Die
047  Übereinstimmung, die bei Vergleichen von tonaudiometrisch und
048  sprachaudiometrisch ermitteltem, prozentualem Hörverlust bzw.
049  der Minderung der Erwerbsfähigkeit von Fabian, Spangenberg
050  und Vojacek gefunden wurde, ist ebenfalls darauf
051  zurückzuführen, daß der Beurteilung - soweit nicht überhaupt
052  die Tabellen von Boenninghaus und Röser angewandt wurden
053  - mehr der sprachaudiometrische Hörverlust als der
054  Diskriminationsverlust zugrunde gelegt war, so daß mit unseren
055  Befunden Übereinstimmung besteht. Im Zusammenhang mit der
056  Frage, ob der Diskriminationsversust bei der Bestimmung des
057  prozentualen Hörverlustes ausreichend berücksichtigt wird, ist
058  auch die Tatsache zu sehen, daß diejenige Intensität, mit der
059  die optimale Diskrimination für Einsilber im Sprachaudiogramm zu
060  erreichen ist, bei der also auch der Diskriminationsverlust
061  gemessen wird, ebenfalls sowohl zu den tonaudiometrischen als auch
062  zu den anderen sprachaudiometrischen Daten keine gute Korrelation
063  hat. Das bedeutet, daß diese Intensität unabhängig von den
064  anderen Prüfergebnissen verschiedene Werte annehmen kann, daß
065  also die beste Diskrimination abhängig ist von der
066  Prüfintensität. Dieser Faktor wird bei der bisher üblichen
067  Bestimmung des prozentualen Hörverlustes gar nicht berücksichtigt.
068  Für den einzelnen Patienten kann es aber nicht gleichgültig
069  sein, bei welcher Intensität er optimale Diskrimination erreicht.
070  Liegt diese Intensität im Bereich der normalen Umgangssprache,
071  d. h. bei 50-70 dB, so ist er selbst bei einer
072  optimalen Diskrimination für Einsilber von nur wenig mehr als 50
073  % in der Lage, die im allgemeinen in Form von Sätzen
074  erfolgende Sprache seiner Mitmenschen ausreichend zu verstehen, da
075  sie eine große Redundanz aufweist. Liegt die optimale
076  Intensität jedoch selbst mit nahezu 100 % Diskrimination für
077  Einsilber erst bei 100 dB oder mehr, so ist er nicht in der Lage,
078  auch nur einfache Sätze in normaler Umgangssprache zu verstehen.
079  Die Korrelation der optimalen Intensität zum Hörverlust für
080  Zahlen ist zwar nicht schlecht, jedoch auch nicht so gut, daß die
081  Vernachlässigung dieses Faktors bei der Beurteilung eines
082  Hörschadens berechtigt wäre, vor allem nicht in den jüngeren
083  Altersklassen. Zu diesen Überlegungen kommt ein weiterer
084  Faktor, auf den Niemeyer (1966) hingewiesen hat: Die
085  Prüfung des Sprachgehörs mit Hilfe des Freiburger Sprachtests
086  erfolgt gewöhnlich über Kopfhörer in schallgeschützten Räumen,
087  so daß die Diskrimination nicht durch Störgeräusche wesentlich
088  eingeschränkt wird. Im praktischen Leben befindet sich jedoch der
089  Lärmschwerhörige stets in einem Störpegel, der zwar durch die
090  Schwerhörigkeit nicht so stark horbar ist wie für den
091  Normalhörenden, sich aber durch die unterschiedlichen
092  Hörverluste in den einzelnen Frequenzen besonders störend
093  bemerkbar machen kann. Wir hatten anhand unserer Ergebnisse in
094  Übereinstimmung mit Röser (1963) zeigen können, daß
095  der Hörverlust für Sprache vor allem durch die tiefen Frequenzen
096  beeinflußt wird. Das Verständnis für Flüstersprache (und
097  damit auch für Konsonanten) sowie die Diskrimination für
098  Einsilber werden mehr von den höheren Frequenzen beeinflußt.
099  Der Lärmschwerhörige hört nun die tiefen Frequenzen im
100  allgemeinen besser als die höheren Frequenzen. Deshalb ist der
101  Hörverlust für Sprache relativ gering, und in ruhiger Umgebung
102  ist auch die Diskrimination verhältnismäßig gut im Vergleich zum
103  durchschnittlichen Hörverlust und zum Hörverlust bei 4000 Hz.
104  In einem Störpegel hört der Lärmschwerhörige vor allem die
105  tiefen Frequenzen der Geräusche, so daß der Hörverlust
106  vergrößert wird. Vor allem aber kommt es zu einer starken
107  Auswirkung der Verdeckung (Deatherage et al.; Grisanti;
108  Lerche 1952; Wegel and Lane), wobei die hohen
109  Töne durch die tiefen stärker verdeckt werden als umgekehrt. Die
110  von dem Lärmschwerhörigen sowieso schon schlecht gehörten hohen
111  Frequenzen werden also durch das Störgeräusch und infolge der
112  Verdeckung auch durch die tiefen Frequenzen dieses Störpegels in
113  ihrer Hörbarkeit zusätzlich eingeschränkt. Daraus resultiert
114  die jedem Untersucher von Lärmschwerhörigen bekannte Klage der
115  Patienten, daß sie in Gesellschaft, in Verkehrsmitteln oder bei
116  Vorhandensein sonstiger akustischer Störungen zwar noch alles
117  hören, aber nichts mehr verstehen können. Um die praktische
118  Hörfähigkeit eines Lärmschwerhörigen wirklich beurteilen zu
119  können, müßte also seine Diskrimination nicht in Ruhe, sondern
120  unter gleichzeitiger Einwirkung von Störpegeln normalen Umfangs
121  ermittelt werden (Groen; Niemeyer 1965, 1967a), und
122  zwar - zur möglichst weitgehenden Angleichung an normale
123  Verhältnisse - binaural (Hayashi et al.; Matzker;
124  Röser 1959, 1960; Schubert 1958, 1960). Erst
125  der unter diesen Bedingungen ermittelte Diskriminationsverlust kann
126  eine Maßzahl für die tatsächliche Behinderung des
127  Lärmschwerhörigen und damit auch für die Einschränkung seiner
128  persönlichen Integrität durch seine Hörstörung im Alltagsleben
129  geben. Die Feststellung, daß der Hörverlust für Zahlen
130  aus den tonaudiometrischen Meßwerten ableitbar ist, daß der
131  Diskriminationsverlust für Einsilber unter Verwendung der von
132  Boenninghaus und Röser gegebenen Tabellen nur bedingte
133  Signifikanz für die Abschätzung des Grades der
134  Beeinträchtigung der persönlichen Integrität durch eine
135  Schwerhörigkeit besitzt, und daß schließlich die zur Erzielung
136  einer optimalen Diskrimination erforderliche Intensität bei der
137  Schätzung des prozentualen Hörverlustes trotz ihrer hier
138  nachgewiesenen Bedeutung bisher nicht berücksichtigt wird, läßt
139  die Frage zu, ob - zumindest bei der Beurteilung von
140  Lärmschwerhörigkeit - nicht eine Änderung der bisher üblichen
141  Methoden zur Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit
142  angezeigt ist. Bei einer Korrektur des bisherigen Verfahrens muß
143  unverändert von der Tatsache ausgegangen werden, daß für den
144  Betroffenen im Vordergrund die Behinderung der Sprachrezeption
145  steht, der gegenüber die Wahrnehmung anderer Umweltgeräusche
146  eine untergeordnete Bedeutung hat, wenn sie auch für die
147  Erhaltung des gesamten Umweltbildes nicht unwesentlich ist. Es
148  erscheint deshalb sinnvoll, danach zu fragen, wieviel der
149  Betroffene im Vergleich zum Normalhörenden im Umgang mit seinen
150  Mitmenschen versteht. Diese Frage kann durch die Feststellung
151  des Diskriminationsverlustes bei normaler
152  Umgangssprachenlautstärke beantwortet werden. Dieses Verfahren
153  wird z. B. bei der Hörgerätanpassung allgemein erfolgreich
154  angewandt, bei der geprüft wird, ob das anzupassende Gerät die
155  normale Umgangssprachenlautstärke so ausreichend verstärkt, daß
156  eine zufriedenstellende Diskrimination erreicht wird (von
157  Plath 1969; Schmitt; weitere Literatur siehe
158  Niemeyer 1966). Es würde damit die Bestimmung des
159  Diskriminationsverlustes für Sprache bei 70 dB, entsprechend der
160  oberen Grenze von normaler Umgangssprachenlautstärke, zur
161  Feststellung der Behinderung ausreichen. Nach dem Vorschlag von
162  Groen und Niemeyer (1965) müßte diese Prüfung
163  unter gleichzeitiger Einwirkung eines standardisierten
164  Störgeräusches mit etwa 40 dB SL und binaural erfolgen. Die
165  unter diesen Bedingungen erreichbare Diskrimination, die der unter
166  normalen Umweltbedingungen etwa entsprechen würde, gäbe
167  gleichzeitig ein Maß für den Grad der Schwerhörigkeit.
168  Zweistellige Zahlen und Einsilber stellen wegen der guten bzw.
169  schlechten Erkennbarkeit auf Grund der unterschiedlichen Redundanz
170  Grenzwerte in bezug auf den Informationsgehalt dar. Eine 100
171  % ige Diskrimination für Einsilber zeigt an, daß bei der
172  geprüften Intensität praktisch vollständige Apperzeption bis zur
173  kleinsten Informationseinheit der Sprache besteht. Das
174  Verständnis für Zahlen zeigt dagegen an, daß ein Minimum an
175  Diskriminationsfähigkeit bei der gegebenen Prüfintensität
176  besteht. Bei Lärmschwerhörigen zeigt sich in unserer
177  Untersuchung, daß die Diskrimination von Einsilbern nicht nur
178  von der lärmbedingten peripheren Hörstörung, sondern auch von
179  anderen Faktoren beeinflußt wird. Dieser Einfluß besteht bei
180  der Diskrimination für zweistellige Zahlen nicht nachweisbar.
181  Während zur Prufung der gesamten Perzeption von Sprache also die
182  Anwendung von Einsilbern erforderlich ist, erscheint für die
183  alleinige Erfassung peripherer Hörstörungen wie der
184  Lärmschwerhörigkeit die Prüfung mit einfacheren Sprachbildern
185  besser geeignet, wie sie die zweistelligen Zahlen darstellen.
186  Dabei ist allerdings nicht auszuschließen, daß eine periphere
187  Hörstörung außer durch Lärm auch durch andere Ursachen
188  entstanden ist. Dagegen lassen sich zentrale Perzeptionsstörungen
189  weitgehend eliminieren (Doubek); Sedl cek
190  verfährt ähnlich, wenn er die Diskrimination für einsilbige und
191  viersilbige Worte miteinander vergleicht und aus der Differenz des
192  Diskriminationsverlustes auf das Vorliegen zentraler
193  Hörstörungen schließt. Neben den zweistelligen Zahlen kommen
194  für diese Prüfung der Diskrimination auch andere, ebenfalls mit
195  einer höheren Redundanz ausgestattete Sprachtests in Frage. Vor
196  allem bietet sich dafür der Marburger Satztest (Niemeyer
197  1967b; Niemeyer und Beckmann) an, der bei
198  Normalhörenden eine ähnliche Diskriminationskurve aufweist wie
199  die zweistelligen Zahlen und in bezug auf die Intensität zwischen
200  den Zahlen und Einsilbern liegt. Leider stand zu den hier
201  vorgelegten Untersuchungen ein Band mit dem Marburger Satztest
202  noch nicht zur Verfügung, so daß eigene Ergebnisse mit diesem
203  Test nicht vorgelegt werden können. Die Ergebnisse aus der
204  Marburger Klinik mit dem Satztest in Verbindung mit einem
205  Störgeräusch (Niemeyer 1967a) lassen jedoch erkennen,
206  daß hier ein Weg besteht, der eine Schätzung der durch
207  Lärmschädigung der Ohren bedingten Minderung der
208  Erwerbsfähigkeit in einer Weise zuläßt, die der
209  Beeinträchtigung der persönlichen Integrität des
210  Hörgeschädigten besser gerecht wird als das bisherige Verfahren.
211  Auch die Verwendung von mehrsilbigen Sprachtests (Amersbach
212  und Meister; Feldmann 1960; Köttgen) erscheint
213  für diese Zwecke möglich, da sie mit ihrer Redundanz ebenfalls
214  zwischen den zweistelligen Zahlen und den Einsilbern liegen und
215  damit der Redundanz von Satzsprache näher kommen als diese
216  Grenzwerte. Als 100 % iger Hörverlust wird bisher eine
217  vollständige Taubheit ohne verstärkbare Hörreste
218  (Boenninghaus 1959; Feldmann 1966) bezeichnet. Da
219  das Sprachverständnis als Kriterium für die Leistungsfähigkeit
220  des Hörorgans angesehen wird und damit vor allem die
221  Diskrimination als Maß für die Einschränkung des
222  Hörvermögens gewertet werden muß, sollte nicht der Hörverlust,
223  sondern allein der Diskriminationsverlust für die Bestimmung der
224  prozentualen Höreinbuße maßgebend sein. Laute Umgangssprache
225  hat einen Schalldruckpegel von etwa 70 dB. Der
226  Diskriminationsverlust bei dieser Intensität kann also ein Maß
227  für den prozentualen Hörverlust geben, das den Bedingungen des
228  Alltagslebens entspricht: Wird bei 70 dB unter Anwendung eines
229  Störgeräusches von 40 dB SPL keine Diskrimination für
230  Zahlen, Sätze oder Mehrsilber erzielt, ist das Ohr für den
231  praktischen Gebrauch funktionsuntüchtig. Die Frage, ob die
232  vorhandenen Hörreste durch ein Hörgerät ausgenutzt werden
233  können, sollte bei dieser Bewertung unerheblich sein, da sie auch
234  bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit keine Rolle
235  spielt (Feldmann 1966). Die Abschätzung der
236  Funktionseinbuße des Hörorgans unter diesen Gesichtspunkten
237  würde den praktischen Gegebenheiten gerechter werden als das bisher
238  übliche Verfahren, und sie könnte die bei diesem noch bestehenden
239  Unsicherheiten und Fw*In1 Fehlermöglichkeiten der Beurteilung
240  verringern. Man muß sich aber bei allen Versuchen, den Einfluß
241  einer Hörschädigung auf das Sprachverständnis und darüber
242  hinaus auf die Perzeption von akustischen Umweltereignissen zu
243  schätzen, darüber im klaren sein, daß wir es dabei mit einem
244  sehr komplexen Geschehen zu tun haben, das im Rahmen der gesamten
245  Wahrnehmungsfähigkeit des Individuums gesehen werden muß
246  (Keidel 1959, 1963, 1964). Wenn wir einerseits versuchen,
247  die Koinzidenz zwischen dem räumlichen, zeitlichen und
248  eigenschaftlichen Zustand des Patienten mit den räumlich,
249  zeitlich und eigenschaftlich bestimmten Objekten seiner Umwelt
250  (qualitative Beschreibung der Wahrnehmung, Blauert) zu
251  messen bzw. ihre Störungen zu beschreiben, so werden
252  andererseits unsere auf physikalisch-mathematischen Gesetzen
253  beruhenden Masstäbe weder ausreichen noch überhaupt das geeignete
254  Instrument sein, um typische Lebensvorgänge wie die Perzeption
255  von Sprache ganz zu verstehen (Heitler; Frey). Das
256  Bemühen muß deshalb dahin gehen, die erfaßbaren Störungen der
257  akustischen Wahrnehmung wenigstens quantitativ so zu bewerten, daß
258  die Beurteilung der Gesamtstörung der Integrität des einzelenen
259  möglichst weitgehend gerecht wird, wenn auch eine ideale Prüfung
260  des Sprachverständnisses mit standardisierten Methoden praktisch
261  nicht möglich ist (Niemeyer 1967b). Die Kenntnis über
262  die Beziehungen zwischen den quantitativ faßbaren Merkmalen der
263  akustischen Wahrnehmung, des Tongehörs als dem Ausdruck der
264  perzeptiven Potenz und des Sprachverständnisses als dem Indikator
265  für die apperzeptive Leistungsfähigkeit, muß als Grundlage für
266  jede Schätzung eines Schädigungsausmaßes des Hörorgans
267  angesehen werden.

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