Quelle Nummer 212

Rubrik 08 : GESELLSCHAFT   Unterrubrik 08.22 : SOZIOLOGIE

MEINUNGSBEFRAGUNG
DR. HANS JUERGEN RICHTER
DIE STRATEGIE SCHRIFTLICHER MASSENBEFRAGUNGEN
EIN VERHALTENSTHEORETISCHER BEITRAG ZUR METHODEN-
FORSCHUNG
VERLAG FUER WISSENSCHAFT, WIRTSCHAFT UND TECHNIK
BAD HARZBURG 1970, S. 112-121


001  Die Antwortbereitschaft in Abhängigkeit von der Lage
002  der Anmutung einer schriftlichen + befragung im Beurteilungsraum.
003  Der Abstand des Heterostereotyps des Umfrageträgers vom
004  Autostereotyp der Befragten allein laßt noch keine Vorhersage der
005  Antwortbereitschaft zu. Die spezifische Richtung des Abstandes
006  im Beurteilungsraum ist mitentscheidend. Bei gleichen Abstand des
007  Heterostereotyps des Umfrageträgers von Autostereotyp der
008  Befragungsgruppe einmal in Richtung des Zielautostereotyps der
009  Befragten und einmal in entgegengesetzter Richtung bewirkt eine
010  unterschiedliche Antwortbereitschaft. Durch die Anmutung der
011  Anlage der schriftlichen Befragung wird ein schon bestehendes
012  Stereotyp beim Befragten mitaktualisiert. Dadurch verändert sich
013  die Größe h des Gesamtaufforderungscharakters je nachdem, wo die
014  Anmutung des Umfrageträgers liegt bei festgelegten Auto
015  stereotypen und Zielautostereotypen der Befragten. Der
016  Mensch steht in der Regel mit seinem Zielautostereotyp in einem
017  inneren Dialog. Er antwortet ihm in gleicher Weise wie einer
018  äußeren Aufforderung. Nur die Intensitäten der Entsprechungen
019  unterscheiden sich. Fällt die Anmutungsqualität des
020  Aufforderungscharakters eines Begleitbriefes mit dem Zielstereotyp
021  wahrnehmungsmäßig zusammen, so erfolgt eine Identifikation mit
022  dem Zielstereotyp, so daß der Aufforderungscharakter des inneren
023  Dialoges erhöht wird und die Entsprechung, z. B. zum
024  Antworten, um so stärker wird, je näher sich die
025  Anmutungsqualität der schriftlichen Befragung dem Zielstereotyp
026  nähert. Es ist somit für die meisten Fälle der schriftlichen
027  Befragungstechnik ausreichend, wenn das allgemeine Profil des
028  Autostereotyps und Zielautostereotyps in der
029  Befragungsgruppe bekannt ist. Allein durch die
030  Richtingsverbesserung der Anmutungsqualität vom Auto
031  stereotyp zum Zielautostereotyp wird eine Rücklaufsteigerung
032  bewirkt. In den meisten Fällen ist der durchführende empirische
033  Sozialforscher in der Lage, intuitiv die Anmutungsqualitäten der
034  verschiedenen Anlagemöglichkeiten schriftlicher Befragungen
035  hinsichtlich des bekannten Zielstereotyps richtig zu wählen. Er
036  vermeidet z. B. ganz bestimmte Farben und ganz bestimmte
037  Wortkombinationen, einfach aus der intuitiven Kenntnis der
038  Zielstereotype der Befragungsgruppe. Wenn jedoch die Beurteilung
039  unsicher ist, sollten die einzelnen Anlagemöglichkeiten von
040  mindestens 15 bis 20 Personen beurteilt werden, um festzustellen,
041  welche Anlage der tatsächlichen Stereotypkonstellation für seine
042  bestimmte Zielgruppe am besten entspricht. Anforderungen
043  an schriftliche Befragungen, die in allen Befragungsbereichen und
044  Zielgruppen gelten. Weil durch den immer stärker werdenden
045  kommunikativen Prozeß innerhalb unserer Gesellschaft allgemeine
046  Einstellungspräferenzen, Autostereotype, bewußte autostereotype,
047  Heterostereotype und Zielstereotype sich in ganz bestimmten
048  Dimensionsräumen bilden und folglich bezüglich ganz bestimmter
049  Dimensionen starke kommunikative Prägnanzen hinsichtlich einzelner
050  Beurteilungsgegenstände und Anmutungsprozesse in der Bevölkerung
051  bestehen, können aus Demensionen mit homogener Besetzung
052  allgemeine Richtlinien für die Konzipierung schriftlicher
053  Befragungen abgeleitet werden, die in allen Zielgruppen der
054  Bevölkerung gelten. Innerhalb dieser Dimensionen läßt sich
055  eine mehrdimensionale Kugel bestimmen, innerhalb derer die
056  Anmutung einer schriftlichen Befragung erfolgen sollte. Gerade im
057  Vergleich mit diesem allgemeinen Ballungsraum hinsichtlich des
058  Eigenverständnisses einer Bevölkerung können im Vergleich zu
059  atypischen Gruppen, die durch schriftliche Befragung erfaßt
060  werden sollen, Hinweise für die Anlage der schriftlichen
061  Befragung gewonnen werden, weil gerade solche Dimensionen, in
062  denen sich ganz bestimmte Gruppen von der Mehrheit unterscheiden,
063  für diese Gruppe eine entscheidende Verhaltensbedeutung haben.
064  Eine Anpassung der Anmutung einer schriftlichen Befragung
065  hinsichtlich der Dimensionen, in denen sich die zu befragende
066  Zielgruppe von den allgemeinen Verständnis abhebt, bringt eine
067  bedeutende Rücklaufsteigerung, besonders bei Fragen mit hohem
068  " ego-involvement " in peripheren Befragungen. Daß
069  Dimensionen, die zur Umwelt in einem starken Frustrationsgrad
070  hinsichtlich der Eigenbeurteilung und Fremdbeurteilung
071  stehen, für den Meinungsträger große Entscheidungsbedeutung
072  haben, erklärt sich aus dem gesteigerten Informationsaustausch
073  einer Befragungsgruppe hinsichtlich dieser Dimensionen bei
074  Intergruppenkommunikation, die die Aktualität einer Dimension
075  bestimmt, solange das abweichende Eigenverständnis in diesen
076  Gruppen noch nicht zu institutionalisierten
077  Selbstverständlichkeiten geworden ist und die normative
078  Bezugsgruppe sich noch nicht institutionalisiert hat. Mit
079  steigender Kommunikation innerhalb einer Gesellschaft gewinnt
080  dieser allgemeine Zusammenhang an Bedeutung, zumal der
081  überwiegende Teil der durchgeführten schriftlichen Befragung als
082  Peripherbefragung zu bezeichnen ist. Es könnte der Einwand
083  erhoben werden, daß ein Bevölkerungsstereotyp zeitlichen
084  Veränderungen unterworfen ist und somit der Bezug auf ein
085  zurückliegendes Stereotyp einer Fehlbeurteilung der
086  verhaltensrelevanten Dimensionen für eine bestimmte Zielgruppe
087  unterliegen könnte. Bei Anwendung der Stereotype im vorläufigen
088  Vortest bei schriftlichen Befragungen ist es notwendig, die
089  allgemeinen Stereotypveränderungen in der Bevölkerung zu kennen.
090  Daraus folgt die Notwendigkeit, in regelmäßigen Abständen
091  (etwa halbjährlich bis einjährlich) die Veränderung
092  festzustellen. Eine wesentliche Eigenart von Stereotypen und
093  Klischees ist ihre relative Starrheit, so daß beim Vergleich von
094  Stereotypen auch älterer Erhebungen unter Berücksichtigung der
095  großen allgemeinen Bewegungen un unserer Gesellschaft keine
096  schwerwiegenden Irrtümer möglich sind. Vorsicht ist nur geboten
097  bei der Übernahme der Stereotyperhebungen älteren Datums, die
098  den jetzigen Stereotypverteilungen nicht mehr entsprechen dürften
099  (vor 1960). Um Falschbeurteilungen oder Einflüsse der
100  augenblicklichen Situation bei der Stereotyperhebung mit Hilfe des
101  Polaritätsprofils zu umgehen, empfielt es sich, das Eigenbild
102  und Zielbild der befragten Person zweimal oder dreimal
103  hintereinander mit einem rotierten Polaritätsprofil zu erheben.
104  Über den Grad der Übereinstimmung der einzelnen Beurteilungen
105  läßt sich erstens feststellen, inwieweit die Antworten ehrlich
106  waren und zweitens die Bedeutung und Starrheit der einzelnen
107  Beurteilungen. Zur Bestimmung des Anmutungsschwerpunktes
108  einer Zielgruppe. Wenn eine Zielgruppe inhomogen hinsichtlich
109  ihrer Stereotypsituation ist, so kann von vornherein mit einer
110  zweimaligen oder dreimaligen Nachfaßaktion bei schriftlichen
111  Befragung gerechnet werden. Aus dem allgemeinen Modell der
112  Antwortbereitschaft in Abhängigkeit von der Stereotypsituation
113  stellt sich die Frage, welche Anmutungsqualität die zweite und
114  dritte Nachfaßaktion optimal haben sollten zur bestmöglichen
115  Strichprobenausschöpfung. Allgemein kann abgeleitet werden, daß
116  ein höherer Rücklauf erziehlt wird, wenn die Anmutungsqualität
117  der zweiten und dritten Nachfaßaktion einen anderen Schwerpunkt
118  bei inhomogenen Gruppen in der Anmutung triff als die erste
119  Aussendung, sich somit in der Anlage von der ersten Aussendung
120  unterscheidet. Aus dem allgemeinen Modell ist abzuleiten, daß
121  die Nichtbeantworter hinsichtlich ihrer Stereotypsituation
122  inhomogener sind als die der Beantworter bei Schwerpunktbefragungen,
123  weil die Antwortreaktion sich im semantischen Raum nach einer
124  mehrdimensionalen Kugel vom Schwerpunkt einer Umfrage aus bewegt.
125  Es kann nützlich sein, bei mehrmaligem Nachfassen von vornherein
126  nicht den Schwerpunkt einer Befragungsgruppe in der Anmutung der
127  Anlage zu wählen, sondern die Peripherie durch zwei von
128  vornherein festgelegte Nachfaßaktionen zu erfassen. Nachdem die
129  Beantwortung bis zu einem gewissen kritischen tg-Alpha erfolgt,
130  läßt sich bei vorgegebenem zweimaligen oder dreimaligen
131  Nachfassen in einer definierten Zielgruppe die Anmutungsqualität
132  solange verändern, bis ein optimaler Rücklauf erziehl wird. Es
133  ist dann die Funktionsabhängigkeit der erfaßten Anzahl der
134  Befragten vom Aufforderungscharakter der Anmutungsqualitäten der
135  Nachfaßaktionen zu bestimmen und diese Funktion nach der
136  Gesamtwortquote zu optimieren. Aus der allgemein-theoretischen
137  Ableitung ist ersichtlich, daß die Anlage von schriftlichen
138  Befragungen von der vorgesehenen Anzahl der Nachfaßaktionen
139  abhängt. Gleichzeitig ist ersichtlich, daß es günstiger ist,
140  die Anlage nicht nach dem Schwerpunkt der zu befragenden Gruppe
141  bei der ersten Befragung zu gestalten, weil dadurch mehrfach
142  Nachfaßaktionen notwendig sind. Es ist vielmehr günstiger,
143  einen geringeren Rücklauf bei der ersten Aussendung in Kauf zu
144  nehmen und in der zweiten und dritten Aussendung dann die homogenere
145  Gruppe der Nichtbeantworter durch eine entsprechend modifizierte
146  Anlage auszuschöpfen. Ist jedoch keine Nachfaßaktion vorgesehen,
147  so empfielt sich, die Anmutung hinsichtlich des Schwerpunkts der
148  zu befragenden Gruppe zu gestalten, weil dadurch die
149  Nichtbeantworter inhomogener sind und somit das Gesamtergebnis
150  geringer verzerrt ist. Je weniger der Schwerpunkt einer zu
151  befragenden Gruppe durch die Anmutungsqualität einer schriftlichen
152  Befragung getroffen wird, um so größer sind die Verzerrungen
153  durch die Nichtbeantworter und gleichzeitig um so steiler die
154  jeweiligen Trends von den Erstbeantwortern zu den
155  Endbeantwortern. Die obigen allgemeinen Zusammenhänge sind für
156  Anlagestrategien nur bei schriftlichen Massenbefragungen in
157  inhomogenen Zielgruppen von Bedeutung. Es sind dann auch
158  umfangreichere Vortests mit mindestens 200 Profilerhebungen
159  notwendig, um rechnerisch Anlageoptimierungen vorzunehmen.
160  Nachdem durch ein hier im einzelnen nicht näher dargelegtes
161  Rechenprogramm bei vorgesehener Anzahl von Nachfaßaktionen die
162  einzelnen Schwerpunkte der Anlagen zur Optimierung des Rücklaufs
163  berechnet wurden, erfolgt eine Affinitätsanalyse mit den bekannten
164  Profilen ganz bestimmter Rollen. Die einzelnen Schwerpunkte
165  korrelieren mit ganz bestimmten Rollen positiv. Aus der
166  allgemeinen Verhaltenstheorie über bestimmte Rollen kann aus der
167  Literatur entsprechende Information über die einzelnen
168  Verhaltenspräferenzen entnommen werden, die bei der Konzipierung
169  besonders in der Wortwahl und der Appellkonstruktion
170  berücksichtigt werden. Der Vortest soll möglichst auf bekannte
171  Zusammenhänge zurückgreifen, weil jeder größere primäre
172  Vortest eine gewisse Strukturierung in der zu befragenden Gruppe
173  verursacht und den Erhebungsgegenstand beeinflußt. Je
174  informierter hinsichtlich anderer Gruppennormen und Einstellungen
175  eine zu befragende Gruppe ist, um so skrupulöser wird sie bei der
176  Beantwortung und um so später bzw. gar nicht antwortet sie auf
177  schriftliche Befragungen. Durch die Auswertung der ersten
178  Aussendung hinsichtlich unentschiedener Antworten und dem
179  Vergleich der erhaltenen Trends von den Erstbeantwortern
180  zu den Endbeantwortern kann abgemessen werden, inwieweit durch die
181  besondere Informationslage der betreffenden Gruppe eine
182  Nichtbeantwortung erfolgte. Es gilt generell, daß mit der
183  Homogenität des Eigenverständnisses bei der Vortesterhebung der
184  Skrupel als Grund der Nichtbeantwortung sich vermindert. Ein
185  sozialer Druck von mehreren Seiten verursacht Interesse
186  losigkeit und Teilnahmslosigkeit und überträgt auf die
187  schriftliche Befragung eine geringe Antwortaktivität. Gemessen
188  werden kann dieser soziale allgemeine mehrseitige Druck durch
189  Dimensionen im Polaritätsprofil, die den Grad der
190  Entschiedenheit, Festigkeit und Aktualität des Eigenbildes
191  wiedergeben. Der Brief für die Nachfaßaktion kann bei
192  eindeutiger Feststellung der Antwortverweigerung durch sozialen
193  mehrseitigen Druck und bestehender Dissonanz bei den
194  Nichtbeantwortern dadurch an die Zielgruppeangenähert werden,
195  indem die Eigendarstellungen des Umfrageträgers selbst eine
196  unentschiedene und von Zweifel bestimmte Imagedarstellung ist.
197  Das Vorgehen der sozialen Annäherung durch Ähnlichkeit ist hier
198  darum gerechtfertigt, weil, wie an anderer Stelle gezeigt, durch
199  bestehende Spannungen psychische Depressionen ausgelöst und
200  irrationale Erlebnisweisen verhaltensrelevant werden, die wiederum,
201  wie gezeigt, stärker auf Ähnlichkeitsfunktionen und
202  Generalisierungsfunktionen reagieren. Weiterhin kann durch die
203  Fragevorgabe selbst die Möglichkeit einer differenzierten
204  Entscheidung gegeben werden, indem z. B. die Vorgabeskalen
205  erweitert werden und der Raum für Zusatzerklärungen erweitert
206  wird, wodurch auch eigenbrödlerische Befragte mit starker
207  emotionalen Konflikten ohne festere formale und informale
208  Beziehungen zu ihrer Bezugsgruppe angesprochen werden. Je
209  stärker die Randstellung einer befragten Gruppe im sozialen Feld
210  ist, um so differenziertere Fragebogen sind für schriftliche
211  Befragungen zu entwickeln, d. h. um so mehr Dimensionen
212  müssen für die Beantwortung einer Frage eingeführt werden. Je
213  zentraler das Eigenverständnis einer Befragungsperson hinsichtlich
214  ihrer Bezugsgruppe ist, um so eindeutiger ist die Stellung des
215  Eigenbewußtseins der Befragungsperson und um so eher können
216  Alternativfragen erhoben werden. Obwohl in der Literatur
217  weitverbreitet der Ratschlag gegeben wird, daß die
218  Nachfaßaktionen im Fragebogen immer einfacher werden sollen, muß
219  eingeschränkt werden, daß dieses Vorgehen nur dann zweckmäßig
220  ist, wenn die Nichtbeantwortung aus anderen Gründen als aus denen
221  des Skrupels vorwiegend erfolgt. Vielmehr ist vorzuschlagen, daß
222  zwar die länge des Fragebogens in der Nachfaßaktionen reduziert
223  werden sollte, dafür aber die Fragen subtiler und differenzierter
224  gestellt werden sollten. Die allgemeinen Zusammenhänge gelten
225  jedoch für die Randgruppen nur, wenn sich die Gruppe ihrer
226  besonderen Stellung im sozialen Feld bewußt ist. Bestehen keine
227  kummunikative Zusammenhänge mit anderen Normsystemen in dieser
228  Gruppe, obwohl die Befragungsgruppe in einem Spannungsfeld
229  zwischen den verschiedenen Anschauungen steht, so wirkt sich die
230  Randposition der befragten Gruppe nicht aus. Je überzeugter eine
231  Befragungsgruppe von ihrem Eigenverständnis ist, um so eher
232  reagiert diese Gruppe auf eine soziale Annäherung durch den
233  Umfrageträger. Je weniger überzeugt eine Befragungsgruppe vom
234  Eigenbild ist, um so weniger wirken sich positiv Aussagen im
235  Begleitbrief über die Befragungsgruppe rücklaufsteigernd aus.
236  Daraus folgt, daß bei Gruppen, die im sozialen Spannungsfeld
237  stehen, es sinnvoll ist, wenn der Umfrageträger selbst eine
238  entsprechend angepaßte Gruppennorm bestimmt und selbst der Träger
239  einer Gruppennorm wird, d. h. Aussagen über den
240  Umfrageträger im Begleitbrief erfolgen, die den Umfrageträger
241  an die Befragungsgruppe angleicht. Je extremer die
242  Eigenbeurteilungen einer befragten Gruppe sind, um so eher ist die
243  Gruppe bereit, auf schriftliche Befragungen mit geschlossenen
244  Fragestellungen zu antworten. Antworter auf Alternativfragen
245  antworten überrepräsentativ und zeigen in allen Befragungen einen
246  negativen Trend von den Anfangsbeantwortern zu den
247  Endbeantwortern. Je weniger ausgeprägt im Stereotyp eine
248  Befragungsgruppe ist, um so eher muß die differenziertere
249  Frageform mit mehreren Alternativen angewandt werden (besonders
250  ältere Befragungspersonen sin weniger bereit, auf einfache
251  Alternativfragen zu antworten). Dieser Zusammenhang deckt sich
252  mit der Beobachtung, daß ältere Befragte ein weniger
253  ausgeprägtes Stereotyp über sich selbst haben. Weil bei der
254  Beantwortung ganz bestimmter Fragen ganz spezifische Dimensionen
255  bewußtseinsmäßig aktuell sein müssen, damit eine Beantwortung
256  erfolgen kann, ist über die spezifischen Profilkonstellationen bei
257  Befragungsgruppen aus dem Vortest zu entscheiden, welche Fragen
258  in einer Alternativform erfolgen und welche differenzierter skaliert
259  werden sollen. Fragen, die alternativ gestellt wurden und denen
260  Dimensionen zugrundeliegen, hinsichtlich derer kein ausgeprägtes
261  Eigenurteil in der befragten Gruppe im Vortest bestand, zeigten
262  hohe Ausfallquoten. Daraus folgt, daß nicht generell geschlossen
263  werden kann, welche Befragungsgruppen antwortfreudiger sind.
264  Vielmehr hängt die Antwortbereitschaft von der spezifischen Art
265  der Anlage einerschriftlichen Befragung ab. Die Differenzierung
266  der Antwortmöglichkeiten bringt in einer Gruppe, die an sich
267  weniger antwortfreudig ist und keine Extremmeinungen zeigt, deren
268  Selbstbild nicht ausgeprägt ist, die sich ungern zu festen
269  Meinungen durchringt, besonders in Gruppen mit einem hohen
270  Informationsniveau, die sich weigern, auf einfache
271  Alternativfragen zu antworten, eine Rücklaufsteigerung mit sich.
272  Es könnte der Einwand erhoben werden, daß die vorausgesetzten
273  Kenntnisse über die zu befragende Gruppe in den meisten Fällen
274  nicht gegeben sind, um die bekannten verhaltenstheoretischen
275  Zusammenhänge nutzbringend auf die Konzipierung schriftlicher
276  Befragungen anwenden zu können. Darum beschränken sich die
277  verhaltenstheoretischen Zusammenhänge bei der Konzepierung von
278  schriftlichen Befragungen auf Strukturen der befragten Gruppe,
279  die entweder mit Hilfe von kurzen und rentablen Tests, wie die
280  Profilmethode, ermittelt werden können oder auf Zusammenhänge,
281  die aus dem Rücklauf der ersten Aussendung einer schriftlichen
282  Befragung aufgrund spezifischer Antwortcharakteristka deduziert
283  werden können, sowie auf allgemeine verhaltenstheoretische
284  Zusammenhänge, die unabhängig von der Art der Befragungsgruppe
285  in allen Bereichen gelten.

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