Quelle Nummer 203

Rubrik 02 : RELIGION   Unterrubrik 02.24 : PRAKTISCHE

MISCHEHE
PETER LENGSFELD
DAS PROBLEM MISCHEHE
EINER LOESUNG ENTGEGEN
HERDER KG, FREIBURG 1970, S. 220-229


001  Ein letzter neuer und wichtiger Gesichtspunkt der
002  grundsätzlichen Überlegungen dieses Dekrets ist der bewußte
003  Verzicht auf Einheitlichkeit. Der Papst erklärt ausdrücklich,
004  " daß die Mischehengesetzgebung nicht einheitlich sein kann "
005  (uniformis). Sie muß den unterschiedlichen Verhältnissen
006  angepaßt sein bzw. angepaßt werden können. Er bezieht das
007  nicht nur auf die seelsorgliche Betreuung, sondern auch auf die
008  liturgische Feier der Trauung und sogar die rechtliche
009  Eheschließungsform. Zu berücksichtigen ist dabei nicht nur die
010  Siruation der Eheleute, sondern auch der " unterschiedliche Grad
011  ihrer Zugehörigkeit zur kirchlichen Gemeinschaft ", ein etwas
012  verschwommener Ausdruck, der sich auf zweierlei beziehen kann.
013  Gemeint sein könnte die kirchliche Gemeinschaft der Konfessionen.
014  Das würde bedeuten, daß die Bischofskonferenzen, in deren
015  Gebiet häufig Mischehen mit orthodoxen Christen vorkommen,
016  anders vorgehen sollen als diejenigen, die es mit protestantischen
017  Kirchen (unterschiedlicher Art) oder auch mit Sekten zu tun
018  haben. Je nach dem Grad der konfessionellen " Verwandtschaft "
019  mit der römisch-katholischen Kirche müßte dann verschieden
020  vorgegangen werden. - Die genannte Formel kann aber auch
021  bedeuten - und das liegt näher, weil von der Zugehörigkeit der
022  Eheleute zur kirchlichen Gemeinschaft die Rede -, daß der
023  subjektive Grad der Zugehörigkeit des einzelnen Partners zu
024  jeweils seiner Kirche gemeint ist. Das wäre dann ein Hinweis
025  darauf, daß die individuelle Bindung, die ein Ehepartner an
026  seine Kirche hat, berücksichtigt werden soll - auch in der
027  Gesetzgebung und Praxis der Bischöfe. Im ganzen kann man in
028  diesem allgemeinen Teil einen deutlichen Zug der bewußten
029  Rücksichtnahme auf konkrete Verhältnisse und individuelle Rechte,
030  Wertungen und Umstände erkennen. Abstrakte Prinzipien, die
031  aus dem " Wesen " des Glaubens oder der Sakramentalität der
032  Ehe gezogen werden, geben nicht mehr allein den Ausschlag.
033  ZUR GESETZGEBUNG SELBST. In den
034  gesetzlichen Bestimmungen lassen sich zwei Tendenzen erkennen:
035  zum einen versteht sich das päpstliche " Motu proprio " nur als
036  ein Rahmengesetz, das durch Ausführungsbestimmungen der
037  regionalen Bischofskonferenzen aufgefüllt werden muß. Den
038  Bischofskonferenzen wird die Vollmacht zur durchführenden
039  Gesetzgebung verliehen, die einzelnen Ortsbischöfe erhalten die
040  Vollmacht, in jedem Einzelfall die erforderliche Dispens zu
041  erteilen. Damit verlagert sich das Schwergewicht der gesamten
042  Mischehepraxis von Rom zu den Bischofskonferenzen und
043  bischöflichen Ordinariaten, ein bemerkenswerter Vorgang der
044  Dezentralisierung. Rom verlangt lediglich noch, über die
045  Beschlüsse der Bischöfe informiert zu werden. Was die
046  Bischöfe nunmehr bestimmen, bedarf also nicht einmal der
047  Gegenzeichnung oder der Approbation durch den Apostolischen Stuhl.
048  - Als zweites Merkmal der Neuordnung ist die Absicht
049  erkennbar, das bisherige Mischehenrecht zwar aufzulockern und
050  flexibler zu machen, seine Grundstruktur aber beizubehalten. Das
051  allgemeine Mischehenverbot, die Notwendigkeit, Dispens
052  einzuholen, die allgemeine Formpflicht und eine (wenn auch
053  modifizierte) Kautelenpflicht: Diese vier Eckpfeiler des
054  bisherigen Mischehenrechtes bleiben erhalten. Dem Vernehmer nach
055  ist das auf die Abstimmungen der Bischöfe während des Konzils
056  und Bischofssynode 1967 und auf ihre Stellungnahmen zu den in der
057  Zwischenzeit ausgearbeiteten römischen Entwürfen zurückzuführen.
058  Die Neuordnung ist keine neue Ordnung, sondern nur eine
059  modifizierte alte Ordnung. Da die Hauptbestimmungen der alten
060  Ordnung trotz der anerkannten Gründe für eine erweiterte
061  Dispenspraxis aufrechterhalten bleiben, dienen diese beibehaltenen
062  alten Gesetzesbestimmungen praktisch nur noch der
063  verwaltungsmäßigen Kontrolle und Erfassung der Mischehen. Und
064  wo - was bei jeder Verwaltung vorkommen kann - die praktische
065  Dispenserteilung zu unbilligen Härten führt oder den Anschein
066  von Willkür erweckt, wird Verärgerung bei den Betroffenen die
067  Folge sein. - Jene Gründe, die zur Dezentralisierung und
068  Erweiterung der Dispenspraxis den Ausschlag gaben, hätten
069  durchaus auch zu einer völlig neu konzipierten Ordnung führen
070  können. Daß das noch nicht geschehen ist, macht den
071  Übergangscharakter der gegenwärtig neuen Bestimmungen deutlich.
072  Die bisherige Kautelenpflicht wird auf ein Minimum reduziert,
073  aber beibehalten. Der katholische Teil hat als Bedingung für den
074  Erhalt der Dispens vom Mischeheverbot " das aufrichtige
075  Versprechen abzugeben nach Kräften alles zu tun, daß alle seine
076  Kinder in der katholischen Kirche getauft und erzogen werden "
077  (Nr. 4). Der nichtkatholische Partner muß von diesem
078  Versprechen " rechtzeitig unterrichtet werden " (Nr. 5).
079  Über die Abgabe dieses Versprechens und die Unterrichtung des
080  nichtkatholischen Teiles soll " auch im äußeren Rechtsbereich
081  Gewißheit " (Nr. 7) bestehen. Das wird keine
082  Schwierigkeiten machen, wenn die Ehepartner übereingekommen sind,
083  ihre Kinder katholisch zu erziehen. Wenn sie sich aber zur
084  evangelischen Kindererziehung entschlossen haben, wird die Abgabe
085  eines förmlichen Versprechens, " nach Kräften alles " für die
086  katholische Kindererziehung zu tun, mindestens psychologisch sehr
087  schwierig sein, vielleicht sogar ein Anlaß zu Lüge und
088  Heuchelei. Das Angewiesensein auf Erhalt einer Dispens kann zum
089  Druckmittel werden. Darum ist von der Bischofskonferenz zu
090  erwarten, daß sie eine Form findet, welche dieser Pression
091  ausschließt. Niemand sollte veranlaßt werden, die
092  Aufrichtigkeit eines solchen Versprechens zu heucheln. Darum
093  sollte, entgegen der bisherigen Übung, kein Pfarrer gezwungen
094  sein, ein Votum über die Aufrichtigkeit dieses Versprechens
095  abzugeben. Eine inhaltliche Formulierung, die den Erfordernissen
096  der Glaubensverpflichtung und der konkreten Lebensumstände
097  Rechnung tägt, ohne unbilligen Druck auf das Gewissen auszuüben,
098  könnte für den katholischen Partner foldende sein: " Ich
099  weiß um die ernste Verpflichtung, meinen christlichen Glauben zu
100  erhalten und an meine Kinder weiterzugeben. Ich bin bereit, nach
101  Kräften alles dafür zu tun. Nachdem ich diese
102  Gewissensverpflichtung und alle voraussehbaren Umstände meines
103  künftigen Lebens ernsthaft erwogen habe, bin ich mit meinem
104  Partner ubereingekommen, daß wir unsere Kinder katholisch bzw.
105  evangelisch erziehen wollen. " Der Zusatz über die bereits
106  erfolgte Gewissensentscheidung hinsichtlich der Kindererziehung
107  soll zum Ausdruck bringen, daß unter bestimmten Umständen, zu
108  denen auch die Einstellung des Ehepartners und seine kirchliche
109  Bindung gehört, der " nach Kräften " zu erfüllenden
110  Glaubensverpflichtung auch durch die evangelische Kindererziehung
111  Genüge getan werden kann. Die vorgeschlagene Formulierung soll
112  zugleich vermeiden, daß der katholische Partner, der unter seinen
113  konkreten Umständen tatsächlich sein Bestes für die christliche
114  Erziehung seiner Kinder tut, nur darum mit Schuldgefühlen
115  geplagt wird, weil er sich für die evangelische Kindererziehung
116  entschlossen hat. Frei von Schuldgefühlen wird es ihm um so
117  besser möglich sein, seinen spezifischen Beitrag zur christlichen
118  Erziehung der Kinder zu geben. Nach wie vor ist auch für
119  Mischehen die katholisch-kirchliche Eheschließungsform
120  notwendig zu ihrer Gültigkeit. Neu ist, daß bei Auftreten
121  " erheblicher Schwierigkeiten " (Nr. 9) der zuständige
122  Ortsbischof Dispens von der Formpflicht erteilen kann. Wann
123  erhebliche Schwierigkeiten vorliegen, werden die
124  Bischofskonferenzen zu definieren haben. Wichtig ist, daß
125  hierfür eine für das ganze Bundesgebiet einheitliche Regelung
126  gefunden wird, damit es nicht zu einer Frage des Wohnsitzes wird,
127  ob man die Dispens erhält oder nicht (vgl. J. G.
128  Gerhartz in Publik vom 8.Mai 1970). Ausdrücklich wird
129  verlangt, daß " irgendeine öffentliche Eheschließungsform
130  eingehalten " wird (Nr. 9). Das bedeutet, daß sowohl die
131  staatliche Ziviltrauung als auch die evangelische kirchliche
132  Trauung, sofern sie als Eheschließung vollzogen wird, in Frage
133  kommen. Darum wird die Absprache mit den evangelischen Kirchen in
134  Deutschland über diese Frage besonders wichtig sein. Zu bedauern
135  ist, daß Mischehen nicht grundsätzlich von der katholischen
136  Formpflicht ausgenommen werden, so daß es hierfür immer noch der
137  eigenen Dispens bedarf. So bleibt der Trauungsort abhängig von
138  der Anerkennung " erheblicher Schwierigkeiten " durch einen
139  Bischof, statt daß es der freien und verantwortlichen
140  Gewissensentscheidung der Brautleute überlassen wird, wo und wie
141  sie ihre Ehe schließen wollen. - In jedem Fall wird nach
142  erteilter Dispens entweder die evangelische Trauung oder die
143  standesamtliche eine vollgültige sakramentale Eheschließung sein,
144  so daß wenigstens auf dem Dispensweg ein Stück der großzügigen
145  und sachgemäßen alten Tradition, über die im zweiten Kapitel
146  dieses Buches ausführlicher berichtet wurde, zum Zuge kommt.
147  Vielleicht wird daraus einmal eine grundsätzliche Reform des
148  Formpflichtwesens entstehen. Für viele Menschen ist die
149  Frage, ob nunmehr ökumenische Trauungen möglich sind, von
150  besonderem Interesse. Hier muß klar unterschieden werden zwischen
151  Doppeltrauungen und ökumenischen Trauuengen im eigentlichen Sinn.
152  Doppeltrauungen sind verboten. Vor oder nach der katholischen
153  Trauung ist keine religiöse Trauungshandlung zulässig, die als
154  Akt der Eheschließung oder dessen Erneuerung vollzogen würde.
155  Ebenso wie die sukzessive ist auch eine gleichzeitige Doppeltrauung
156  verboten, das heißt eine religiöse Eheschließungsform, bei der
157  der katholische Geistliche gleichzeitig mit dem nichtkatholischen
158  Geistlichen so handelt, daß jeder dabei seinen eigenen Ritus
159  vollzieht (Nr. 13). - Der Grund für dieses Verbot der
160  gleichzeitigen oder sukzessiven Doppeltrauung ist vermutlich, eine
161  Rivalität zwischen den Konfessionen zu vermeiden. Es soll nicht
162  der Eindruck entstehen, als käme es durch Addition der Riten
163  (bei gleichzeitigem Handeln der Geistlichen) zu einer Art
164  christlicher Superkonfession. Es soll auch jede (bei sukzessivem
165  Handeln) mögliche Unsicherheit darüber ausgeschlossen werden,
166  wann und wo die eigentliche Eheschließung der Partner stattfindet.
167  Freilich, das sind nur vermutbare Gründe für das Verbot der
168  Doppeltrauung. Das Dekret selbst gibt keine Gründe an. Wo die
169  gleichzeitige oder aufeinander folgende Doppeltrauung vermieden wird,
170  gibt es kein Verbot: als ökumenische Trauung sind dann mehrere
171  Formen denkbar. Nicht verboten ist die Beteiligung eines
172  Geistlichen an der Trauungsfeier im Ritus der anderen Konfession,
173  vorausgesetzt, daß keine Verdoppelung der Erklärung des
174  Ehekonsenses stattfindet. Bei Mischehen, die ohne Dispens von
175  der Formpflicht nach katholischem Ritus geschlossen werden, kann
176  also der evangelische Geistliche durchaus (außer bei der
177  Eucharistiefeier) einige Teile der gottesdienstlichen Handlung
178  übernehmen (vgl. Nr. 56 des Ökumenischen Direktoriums).
179  Seine Mitwirkung braucht sich nicht auf Worte des Glückwunsches
180  und der Mahnung (wie früher) zu beschränken. Angemessene
181  Teile der liturgischen Feier können die Predigt, die
182  Evangeliumsverkündigung und Gebete sein. - Ebenso wäre es
183  möglich, daß zwischen den Kirchen eine gemeinsame Form der
184  kirchlichen Trauung für Mischehen erarbeitet und zum allgemeinen
185  Gebrauch freigegeben wird. Der gemeinsame Vollzug eines
186  gemeinsamen Ritus ist nicht verboten, ledigleich der gleichzeitige
187  Vollzug und die Addition verschiedener Riten. - Eine dritte
188  Form erlaubter ökumenischer Trauung kommt dann in Frage, wenn
189  Dispens von der katholischen Eheschließungsform erteilt worden ist
190  und die standesamtliche Trauung als Akt der Eheschließung
191  deklariert wird. Der nachfolgenden kirchlichen Trauungsfeier sind
192  dann praktisch keine Grenzen gesetzt. Sie kann nach katholischem
193  Ritus unter Beteiligung eines evangelischen, sie kann nach
194  evangelischem Ritus unter Beteiligung eines katholischen
195  Geistlichen erfolgen, sie kann auch nach einem neu zu erarbeitenden
196  gemeinsamen Formular vollzogen werden. Da viele Mischehepartner
197  die Beteiligung von beiden Geistlichen an der kirchlichen
198  Trauungsfeier wünschen, ist es sehr zu begrüßen, daß hierfür
199  so breiter Raum gewährt wird. Allerdings wird es ganz wesentlich
200  von der Absprache zwischen der Bischofskonferenz und den
201  nichtkatholischen Kirchenleitungen abhängen, wie weit dieser
202  breite Raum auch genutzt wird, um den legitimen Bedürfnissen der
203  Christen beider Konfessionen Rechnung zu tragen. - Allerdings
204  ist ein gemeinsamer Empfang der Kommunion bzw. des Abendmahls
205  vom Gesetz nach wie vor nicht vorgesehen, die holländische
206  Regelung (vgl. 3, 2 dieses Buches) aber auch nicht
207  ausgeschlossen. Zu begrüßen ist der Fortfall aller
208  kirchenrechtlichen Strafen, die (nach can. 2319) auf
209  nichtkatholischer Taufe, Erziehung und Glaubensunterweisung der
210  Kinder standen. Der Wegfall dieser Kirchenstrafen ist
211  rückwirkend, so daß sich niemand, der bisher davon betroffen war,
212  aus der Gemeinschaft der Kirche im rechtlichen Sinn
213  ausgeschlossen zu fühlen braucht. - Formell nicht widerrufen ist
214  die Vorschrift des can. 1062, nach welcher der Katholik
215  gehalten ist, die Konversion seines nichtkatholischen Ehepartners
216  anzustreben. Nicht weggefallen sind auch die die Kinder aus
217  Mischehen diskriminierenden Vorschriften der canones 987, und 991
218  und 232, von denen im zweiten Kapitel dieses Buches die Rede war.
219  Da die Beibehaltung dieser Vorschriften des bisherigen Rechtes
220  im neuen Mischehedekret nicht eigens erwähnt wird, ist nicht
221  auszuschließen, daß es sich hierbei um ein Versehen handelt.
222  Das wird sich spätestens bei der allgemeinen Überarbeitung des
223  kirchlichen Gesetzbuches herausstellen. Jedenfalls liegt die
224  Abschaffung auch dieser Normen in der Konsequenz des neuen
225  " Motu proprio ". Im ganzen kann man sagen, daß die neue
226  rechtliche Ordnung der Mischehen manche Erleichterungen bringt,
227  einen großen Ermessensraum zunächst für die Bischofskonferenzen
228  eröffnet und viele Möglichkeiten für die kooperative Seelsorge
229  beider Kirchen in bezug auf konfessionsverschiedene Ehen nahelegt.
230  Der nächste entscheidende Schritt wird die Absprache der
231  Bischofskonferenzen mit den jeweiligen nichtkatholischen Kirchen
232  sein. In gemeinsamen Überlegungen müßten alle Bestimmungen des
233  neuen Dekrets durchberaten werden. Hinzugezogen werden sollten
234  Seelsorger beider Konfessionen und Vertreter der Mischehepaare,
235  die sich in der Materie gut auskennen und ihre Erfahrungen und
236  Beobachtungen mit einbringen können. Vom Verhalten aller -
237  insbesondere der Bischofskonferenzen - wird es abhängen, ob das
238  päpstliche " Motu proprio " durch engherzige Orientierung am
239  status quo dazu führt, daß die grundsätzliche Reform, die nach
240  einem neuen Konzept zu erfolgen hat, auf absehbare Zeit verhindert
241  wird oder ob es durch großzügige Durchführungsbestimmungen zu
242  einem guten Schritt nach vorn benutzt wird. Dann müßten die
243  Durchführungsbestimmungen allerdings schon jetzt von den
244  Zielvorstellungen abgeleitet werden, die für eine grundsätzlich
245  neue Ordnung aufgestellt wurden: Die Anerkennung des Rechtes
246  auf freie Wahl des Ehepartners und freie Entscheidung für den
247  besten Weg der religiösen Kindererziehung müßte bewirken, daß
248  jeder repressive Mißbrauch des (wegen des römischen Gesetzes)
249  noch unerläslichen Dispenswesens ausgeschlossen wird. Die
250  Tätigkeit der Kirchen muß sich auf reine Hilfsdienste
251  beschränken, um die religiöse Dimension der Ehe zu Bewußtsein
252  zu bringen, dauerhafte Ehen zu ermöglichen und den freien
253  Gewissensentscheid der Partner über die religiöse
254  Kindererziehung zu gewährleisten. Dann kann das päpstliche
255  " Motu proprio " zu einem guten Schritt in die richtige Richtung
256  werden. Diese Chance ist immerhin gegeben - einer Lösung
257  entgegen. Rom hat in einer so wichtigen Sache zum erstenmal
258  bewußt ein Gesetz erlassen, welches das alte Sprichwort " Roma
259  locuta - causa finita " außer Kraft setzt. Rom hat gesprochen,
260  aber vieles offengelassen. Nun sind die Bischöfe an der Reihe,
261  ebenso alle Seelsorger und nicht zuletzt die Kirchenleitungen der
262  nichtkatholischen Kirchen. Am Testfall der
263  konfessionsverschiedenen Ehe hat sich die viel beredete ökumenische
264  Einstellung der Konfessionskirchen zu bewähren.

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