Quelle Nummer 202
Rubrik 26 : MEDIZIN Unterrubrik 26.02 : FACHWISSENSCHAFTLICH
IMMUNISIERUNG
GERHARD UHLENBRUCK
IMMUNBIOLOGIE EINE EINFUEHRUNG
WILHELM GOLDMANN VERLAG MUENCHEN 1971, S. 158
001 Anaphylaxie. Dieses Phänomen, 1902 von PORTIER
002 u. RICHET gefunden, läßt sich heute am besten
003 folgendermaßen erklären: Einem gesunden Meerschweinchen wird
004 ein Antigen appliziert. Dieser Vorgang ist völlig harmlos. Bei
005 der Zweitinjektion einige Wochen später stirbt das Tier sehr
006 schnell an einer Bronchialkonstriktion (die Lunge ist hier das
007 Schockorgan) und folgendem Rechtsherzversagen. Beim ersten
008 Vorgang kann entweder eine Sensibilisierung stattfinden oder eine
009 Protektion, eine Immunität. Das hängt ab von der Bildung
010 anaphylaktischer Antikörper, IgE, und der Bindung dieser
011 Antikörper an bestimmte Zellen (Gewebemastzellen) und von
012 dem Verhältnis gebundener anaphylaktischer Antikörper zu anderen
013 freien Antikörpern, denn bei einem Überschuß an " freien "
014 Antikörpern gegen das gleiche Antigen, wird das Antigen daran
015 gehindert, mit den mastzellenständigen Antikörpern zu reagieren,
016 was sonst der Fall sein würde. Reagiert das Antigen mit dem
017 zellständigen Antikörper, der mit seinem Fc-Teil gebunden
018 ist, so kommt es zum anaphylaktischen Schock und das Tier stirbt.
019 Überlebt es aber, so ist es " desensibilisiert ".
020 Desensibilisierung ist in diesem Falle eine durch das Antigen
021 hervorgerufene Blockierung der zellgebundenen Antikörper
022 (combining-sites) gekennzeichnet. In diesem Falle führt
023 Reinjektion des Antigens nicht zum Schock. Die Sensibilisierung
024 läßt sich auch passiv durchführen, indem man einem gesunden Tier
025 das (anaphylaktische) antikörperhaltige Serum überträgt. Gibt
026 man sofort hinterher das Antigen hinzu, passiert nichts. Einige
027 Stunden später aber ist ein großer Teil der Antikörper schon
028 gebunden und es kommt zum Schock. Schockorgane und Mediatoren
029 Die allgemeine Anaphylaxie bot deswegen ein zu verwirrendes
030 Bild, weil sich verschiedene klinische Bilder bei verschiedener
031 Tierarten zeigten, obwohl innerhalb einer Spezies, unabhängig
032 von der Art des Antigens, die Symptome die gleichen blieben.
033 Beim Meerschweinchen, dem in dieser Hinsicht am meisten
034 untersuchten Tier, fand sich ein extremer Bronchospasmus,
035 während beim Kaninchen sich die Arteriolen zusammenzogen. Bei
036 der Autopsie von Hunden, die im anaphylaktischen Schock zugrunde
037 gegangen waren, fand sich eine enorme Lebervergrößerung als
038 Folge derartiger Spasmen. Bei Mäusen nahm man an, daß ein
039 akutes Atemversagen Ursache des Todes sei, obwohl es Hinweise
040 dafür gab, daß die Ursache in einem Kreislaufversagen lag, weil
041 Plasma aus den Gefäßen austrat und verlorenging. Ähnlich waren
042 die Zeichen des anaphylaktischen Todes bei der Ratte. Beim
043 Menschen ist die Anaphylaxie in der Hauptsache durch
044 Bronchospasmen gekennzeichnet, die Atemnot, Asthma,
045 Larynxödem, Blutdruckabfall mit entsprechender Herzbeteiligung
046 (Tachykardie) und Ausschlag nach sich ziehen. Das Schockorgan
047 ist also hier hauptsächlich die Lunge. Diese pathologische
048 Physiologie der menschlichen Anaphylaxie ist im folgenden
049 zusammengefaßt: Leukopenie. Die Leukozyten werden
050 " klebrig " und bleiben an den Gefäßwänden von Kapillaren hängen,
051 z. B. in der Lunge. Kontraktion der glatten Muskeln,
052 speziell in Bronchiolen und Arteriolen. Ödem als Folge
053 der Schädigung des Gefäßepithels. Freisetzung
054 pharmakologisch aktiver Substanzen. Freisetzung von Heparin,
055 dadurch die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herabgesetzt.
056 Abfall des Serumkomplements; ein Hinweis auf eine Antigen-
057 Antikörperreaktion. Die verschiedenen pharmakologisch aktiven
058 Substanzen, die während der anaphylaktischen Reaktionen
059 freigesetzt werden, sind: Histamin: hauptsächlich als
060 Bronchokonstriktor und kapillarerweiternde Substanz bekannt.
061 Serotonin (5-Hydroxytryptamin): wirkt auf die
062 glatte Muskulatur (Darm und Uterus), besonders bei Ratte und
063 Maus. Vermehrt die Kapillardurchlässigkeit. Wahrscheinlich
064 wirkt es auch über das ZNS regulierend auf die Körpertemperatur
065 ein. Plasmakinine: Bradykinin, ein Nonapeptid,
066 Koronargefäßdilatator, Konstriktion verschiedener glatter
067 Muskeln, Vasodilatator von Hautgefäßen (Schweißsekretion).
068 Durch Vermehrung der Kapillarpermeabilität spielen sie eine
069 Rolle bei der Entsehung des " allergischen " Ödems. Das
070 gleiche gilt für Kallidin (Lys-bradykinin).
071 Azetylcholin: dessen Wirkungen als parasympathikomimetische
072 Substanz ja bekannt sind (Kontrolle des Bronchialtonus und der
073 Drüsenaktivität). Heparin: ein Glycosaminoglycan
074 (äquimolekulare Mengen an Glukuronsäure und N-sulfatiertem
075 D-Glukosamin, enthält auch O-Sulfat-Gruppen),
076 hauptsächlich als Gerinnungsmittel bekannt; hat auch
077 antilipämische Wirkung. (Formel)-Plasmafraktion: *ya
078 -Globuline und *yb-Globuline,
079 " Permeabilitätsfaktoren " (Vermehrung der Durchlässigkeit).
080 Leukotoxin: ein Peptid aus 14 Aminosäuren, welches
081 die Kapillarpermeabilität vergrößert. SRS-A:
082 slow reacting substance of a
083 naphylaxis), kontrabiert die glatte Muskulatur, wird aber nicht
084 durch Antihistaminika beeinflußt. Ist kein Neuraminsäurederivat
085 und auch nicht mit den Prostaglandinen identisch. Sie wird nicht
086 aus einem Depot freigesetzt, sondern entsteht im Verlaufe der
087 Antigen-Antikörperreaktion. Anaphylatoxin:
088 chemische Natur Protein, es bewirkt Mastzelldegranulation und
089 Histaminfreisetzung, sowie vermehrte Kapillardurchlässigkeit.
090 Trypsin oder *ya-Chymotrypsin: Die
091 proteolytischen Enzyme sollen vermehrt und im Blut im
092 anaphylaktischen Schock auftreten. Sie können aus Thrombozyten
093 Serotonin und Histamin freisetzen. Dabei werden von der
094 Thrombozytenmembran neuraminsäurehaltige Mukopeptide abgespalten
095 (eigene, noch unveröffentlichte Versuche). Die Rolle der
096 Mastzellen. Viele der charakteristischen anaphylaktischen
097 Symptome können durch die Injektion dieser pharmakologisch aktiven
098 Substanzen imitiert werden. Ferner stellte sich heraus, daß die
099 anscheinend widersprüchlichen Symptome der Anaphylaxie bei
100 verschiedenen Tierarten darauf zurückzuführen sind, daß, wie
101 vorhin ausgeführt, in verschiedenen Schockorganen (Lunge oder
102 Leber usw.) die pharmakologisch aktiven Substanzen frei werden.
103 Ausschlaggebend für diese Auffassung war, daß die Symptome
104 innerhalb einer Spezies unabhängig vom betreffenden Antigen immer
105 dieselben waren. Folglich müßte, nach der Konzeption von den
106 verschiedenen Schockorganen bei den verschiedenen Tieren, eben in
107 diesen Schockorganen eine bestimmte Art von Zellen vorliegen,
108 nämlich diejenigen, welche die Mediatoren der Anaphylaxie
109 enthalten und freisetzen können. Histamin ist vielleicht die am
110 meisten verbreitete und wichtigste dieser Substanzen (bei
111 Säugetieren). Hier kommt es in Blutzellen vor: Fast die
112 Hälfte in den basophilen Zellen, ein Drittel in den
113 Eosinophilen und der Rest in den übrigen geformten Blutelementen.
114 In den Geweben und Organen sind es dagegen die Mastzellen, die
115 für ihren hohen Histamingehalt bekannt sind, Sie sind es auch,
116 welche für die Bindung der sogenannten anaphylaktischen
117 Antikörper, die Freisetzung der erwähnten Mediatoren und die
118 damit verbundene Kontraktion glatter Muskeln oder die Hautrötung
119 usw. in der Regel verantwortlich sind. Mastzellen zeigen auch
120 Metachromasie aufgrund ihres Heparinghaltes. Sie kann man also,
121 grob vereinfacht, als die eigentlichen Zellen der anaphylaktischen
122 Reaktion bezeichnen, obwohl das natürlich nicht ausschließt,
123 daß auch andere Zellen anaphylaktische Antikörper tragen können.
124 Im Prinzip verkörpern die Mastzellenantikörper auch das, was
125 EHRLICH die " Rezeptoren " nannte, nur daß diese
126 Antikörper eben sekundär von der Zelle gebunden werden, also
127 wiederum bestimmte Rezeptoren auf der Zellenoberfläche vorfinden
128 müssen. Da jedoch diese Antikörper noch fähig sind, nach
129 Bindung von den Mastzellen mit den spezifischen Antigenen zu
130 reagieren, können sie nicht durch ihre spezifischen
131 Bindungsstellen für das Antigen (Fab), sondern nur durch ihr
132 Fc-Fragment gebunden sein. Dies ist auch wahrscheinlich ein
133 Grund, warum sie kein Komplement binden können, denn dazu
134 müssen bestimmte Areale des Fc-Fragmentes " frei " sein.
135 Da bei den sogenannten Allergikern aufgrund einer erblichen
136 Veranlagung quantitativ vermehrt oder auch qualitativ etwas
137 veränderte (Spezifitätsspektrum ist größer) Immunglobuline
138 vom Typ IgE gebildet werden, sind sie daher besonders gefährdet
139 gegenüber allen Formen der Anaphylaxie. Hier muß der Arzt auch
140 bei Penizillininjektionen vorsichtig sein, denn vielleicht sind
141 auch IgE-Moleküle da, die " auf Penizillin passen ".
142 Andererseits könnte es durchaus sein, daß es Individuen gibt,
143 die kaum IgE bilden können, die also niemals " allergischen "
144 oder anaphylaktischen Reaktionen ausgesetzt sind. Sie wären das
145 Gegenteil zu den erblich belasteten (hinsichtlich der IgE-
146 Synthese) Atopikern. Diese Untersuchungen dürften recht
147 interessante Aufschlüsse zum Thema " Resistenz " ergeben, ein
148 Begriff, der heute immer mehr im Sinne einer erblich festgelegten
149 Molekularbiologie gesehen wird. Von seiten der
150 Grundlagenforschung ware daher folgendes zu einer Konzeption der
151 Therapie der anaphylaktischen Zustandsbilder zu sagen:
152 Blockirung bzw. Inaktivierung von Rezeptoren. An den
153 Mastzellen selbst, z. B. durch Fc-Fragmente von
154 IgND (= IgE) oder heterologe Antikörper
155 (Konkurrenzreaktion) Angriff an den Rezeptoren für die
156 Mediatoren (Antihistaminika), wobei die Erforschung dieser
157 Rezeptoren wichtig ist Inaktivierung von Mastzellenrezeptoren
158 an den betreffenden anaphylaktischen Antikörpern (Fc-Stück).
159 Desensibilisierung und Stimulierung blockierender
160 Antikörper, d. h. von Antikörpern, welche das betreffende
161 Antigen abfangen, bevor es mit dem anaphylaktischen Antikörper
162 reagiert. Dies ist recht schwierig, da die Antigene oder
163 Allergene oft Zugang zu dem betreffenden Gewebe finden, bevor sie
164 in den Blutkreislauf gelangen, wenn sie das überhaupt tun.
165 Selektive Hemmung der Synthese von IgE, einer Art " gezielter
166 Immunsuppression ". Hemmung der Enzymreaktionen, die
167 spezifisch an dem anaphylaktischen Geschehen direkt oder indirekt
168 beteiligt sind. Blockieren der Fab-Seiten der
169 anaphylaktischen Antikörper. Durch bestimmte Pharmaka kann die
170 Wirkung der einzelnen biogenen Amine blockiert werden, und zwar
171 handelt es sich um eine Blockierung der Rezeptoren, an denen diese
172 Amine angreifen, wie am Beispiel der Antihistaminika gezeigt
173 werden soll. Es ist also eine kompetitive Hemmung. Wichtig zum
174 Nachweis anaphylaktischer Reaktionen idt der SCHULTZ-
175 DALE-Test. Der Uterus oder Darm eines sensibilisierten d.h.
176 immunisierten Meerschweinchens wird in warmer,
177 sauerstoffhaltiger RINGER-Lösung suspendiert. Auf
178 Zusatz des Antigens zu der Lösung kontrahiert er sich stark.
179 Ist ein Tier gegenüber zwei Antigenen sensibilisiert, HS und
180 EA, so vermag das zweite Antigen ebenfalls einen Schock bzw.
181 eine Kontraktion auszulösen. Danach verhält sich die Muskulatur
182 refraktär, d. h. das System ist desensibilisiert und kein
183 weiterer Zusatz - weder des einen noch des anderen Antigens -
184 löst eine Kontraktion aus. Das Ganze ist in Abb. 130
185 veranschaulicht. Eine weitere Methode zum Nachweis von
186 " anaphylaktischen " Antikörpern bedient sich der Freisetzung der
187 genannten biogenen Amine und von SRS-A. Es ist die passive
188 kutane Anaphylaxie (PCA-Test oder Ovary-Test genannt).
189 Er besteht in der intradermalen Injektion von Antiserum in die
190 Haut eines Meerschweinchens. Nach einigen Stunden wird
191 intravenös das Antigen zusammen mit dem Farbstoff Evansblau
192 gespritzt. Schon nach einigen Minuten reagieren Antigen und
193 Antikörper. Die Folge ist eine vermehrte
194 Kapillardurchlässigkeit, wodurch der Farbstoff in die Haut
195 austritt. In der Regel lassen sich auf diese Weise sehr geringe
196 Mengen (0,003 *ymr g Antikörper-N) von Antikörpern
197 nachweisen. Die Antikörper. Um dies verständlich zu
198 machen, muß man sich allerdings vor Augen halten, daß es zwei
199 Arten von anaphylaktischen Antikörpern gibt: einmal die
200 " echten " oder homozytotrophen, die einen speziell auf Mastzellen
201 eingestellten Rezeptor haben, und zum anderen die heterozytotrophen
202 anaphylaktischen Antikörper, die nur rein zufällig mit dem
203 gleichen Mastzellenrezeptor reagieren. Dies ist in Tabelle 19
204 aufgeführt und klar unterschieden. Hier ist auch der in den
205 meisten Lehrbüchern angeführte PRAUSNITZ-
206 KÜ+TNER-Test, ein Hauttest, angegeben. Anstelle des
207 PRAUSNITZ-KUSTNER-Testes verwendet man,
208 wegen der Gefahr der Hepatitisübertragung, heute besser den
209 Radioallergosorbent-Test. Dabei wird das Allergen an ein
210 unlösliches Polymer gekoppelt und mit Allergikerserum versetzt.
211 Anaphylaktische Antikörper werden gebunden und mit einem (Formel) J
212 -markierten Anti-IgND (antianaphylaktisches
213 Antikörperserum) gemessen und quantitativ bestimmt. Andere
214 Teste bedienen sich der Fähigkeit der (basophilen) Leukozyten,
215 anaphylaktische Antikörper zu binden. Dabei muß man allerdings
216 beachten, daß bei Patienten das Ausmaß zwischen bereits
217 gebundenen und noch freien anaphylaktischen Antikörpern stark
218 wechseln kann. Bei der Bindung an Leukozyten, natürlich mit
219 Hilfe des Fc-Anteils, ragen die Fab-Gruppen nach außen.
220 Folglich müßte Zusatz des Antigens auch zur Agglutination
221 führen. Die Tatsache, daß dies nicht der Fall ist, beruht
222 offenbar darauf, daß neuraminsäurehaltige Mukoidausläufer
223 (" prongs ") dies verhindern. Deshalb muß man noch einen zweiten
224 präzipitierenden Indikatorantikörper gegen das gleiche Antigen
225 hinzufügen, um Agglutination zu erzielen. Nach unserer
226 Auffassung ließe sich das umgehen, indem man diese
227 neuraminsäurehaltigen Ausläufer mit Hilfe von Proteasen
228 (Pronase) abtrennt, was nach eigenen Versuchen in der Tat
229 möglich ist. Dann müßte der Zusatz des Antigens allein schon
230 eine Agglutination herbeiführen. Noch eine weitere Gruppe ist in
231 der Tabelle aufgenommen nämlich die Opsonine. Dieser, oft
232 verschwommene Begriff bedarf einiger Erläuterung: es gibt zwei
233 Arten von Opsoninwirkung (COOMBS u. FRANKS 1969),
234 denn einmal wird durch die Bindung des Antikörpers an eine Zelle
235 oder Bakterium von seiten des Antikörpers (allosterischer Effekt?)
236 eine Region verfügbar, die mit einem Rezeptor auf
237 Makrophagen reagieren kann. Es ist also anders wie beim zytophilen
238 Antikörper, der dies direkt kann, a priori. Die zweite Form
239 ist die, daß durch Bindung des Antikörpers plus Komplement
240 jetzt auf seiten des Komplements eine solche Region sich entfaltet
241 und mit dem (wahrscheinlich handelt es sich wieder um einen anderen)
242 Mastzellenrezeptor (Opsoninrezeptor) reagiert. Also:
243 Komplement und nicht-komplement-abhängige Opsoninvorgänge.
244 Beide führen, wenn Erythrozyten genommen werden, zu der
245 bekannten Rosettenbildung um den betreffenden Makrophagen,
246 ähnlich wie bei den zytophilen Antikörpern. Nach diesem Exkurs
247 wollen wir uns nun wieder den heterologen anaphylaktischen
248 Antikörpern zuwenden. In diesem Zusammenhang ist wichtig
249 grundsätzlich festzustellen, daß es zur Freisetzung der
250 biologisch wirksamen Mediatoren der Anaphylaxie erforderlich ist,
251 daß mindestens zwei anaphylaktische Antikörper an die Mastzelle
252 gebunden werden. In Abb. 133 ist dies aufgezeigt und auch
253 näher erläutert. (Abb.) Die Tatsache, daß wir mit zwei
254 Antikörpermolekülen rechnen müssen, soll auch für die folgenden
255 Betrachtungen gelten und vor allem auch für die später noch zu
256 besprechende Penizillinallergie. Neben dem spezifischen Antigen
257 selbst kann auch Anti-IgE-Serum (Antikörper gegen
258 anaphylaktische Antikörper, also Anti-IgE vom Typ IgG)
259 eine solche Histaminfreisetzung bewirken. Und natürlich auch
260 komplementbindende Antikörper können, indem sie Lyse der
261 Mastzellen bewirken, zur Liberation vasoaktiver Amini beitragen,
262 allerdings nur, wenn der Antikörper auch gegen
263 Oberflächenantigene der Mastzelle gerichtet ist. Diese drei
264 Möglichkeiten sind in Abb. 134 schematisch aufgezeichnet.
265 OVARY (1964) führte den Ausdruck " passive kutane
266 Anaphylaxie " ein, um damit Reaktionen zu kennzeichnen, die sich
267 durch eine vermehrte Gefäßdurchlässigkeit nach passiver
268 Sensibilisierung durch heterologen Antikörper und nachfolgende
269 Zugabe des spezifischen Antigens auszeichnen.
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