Quelle Nummer 198

Rubrik 13 : GESCHICHTE   Unterrubrik 13.03 : TEILGEBIETE

GESCHICHTE DER KARTOGRAPHIE
VITALIS PANTENBURG
DAS PROTRAET DER ERDE GESCHICHTE DER KARTOGRAPHIE
KOSMOS, GESELLSCHAFT DER NATURFREUNDE
FRANCKH'SCHE VERLAGSHHANDLUNG, STUTTGART 1970, S.7-


001  DAS PORTRÄT DER ERDE. In Stein geritzt
002  DAS PORTRÄT DER ERDE. In Stein geritzt,
003  in Tonplättchen eingedrückt, auf Papyri aufgezeichnet, finden
004  wir Abbildungen von Städten, Landschaften, sogar von ganzen
005  Ländern schon bei den frühesten Hochkulturen des Orients.
006  Freilich waren diese Darstellungen ungenau, und unvollkommen
007  blieben die Versuche einer objektiven Darstellung der
008  Erdoberfläche bis zum Beginn der Neuzeit. Ein weiter Bogen
009  spannt sich von diesen ältesten Konterfeis winziger Ausschnitte
010  der Erdoberfläche bis zu unseren heutigen Landkarten, Erdkarten
011  und Globen, die das Bild unseres Planeten in kaum noch zu
012  überbietender Präzision widerspiegeln. Wie in einem Bilderbuch
013  können wir auf unserem Weg durch die Geschichte der Kartographie
014  die Geschichte der Menschheit während der letzten paar
015  Jahrtausende ablesen. In unseren Tagen gibt es kaum noch
016  " weiße Flecke " auf unseren Erdkarten. Es scheint, als sei das
017  Porträt der Erde wenigstens in großen Zügen unveränderbar
018  gezeichnet. Indessen - fortwährend wandelt sich das Antlitz
019  unseres älter werdenden Planeten. Seine Porträtmaler, die
020  Kartographen, müssen daher ständig weiter an dem Abbild arbeiten,
021  das uns Karten, Atlanten und Globen vermitteln. WAS
022  BEDEUTET " KAR+E "?. Wo das geläufige Wort
023  " Karte " herstammt, ist nicht ganz klar. Manche leiten es aus dem
024  Griechischen " *sw " (ausgesprochen: charaso) her: " Ich
025  ritze in Stein (oder Erz) ". Tatsächlich sind uns aus dem
026  Altertum in Stein gehauene oder in Ton gekerbte " Landkarten "
027  überliefert. Wahrscheinlicher ist die folgende Ableitung: Aus
028  Portugal stammt die Bezeichnung " cartes " für Papier. Das
029  Wort nahm seinen Weg über Spanien nach Italien und wurde hier
030  mit dem dem Griechischen entstammenden Wort " *sw "
031  (ausgesprochen: chartys) zum lateinischen Wort " charta "
032  zusammengezogen. Dieses " charta " fand nunmehr in alle
033  romanischen Sprachen Eingang. Das " chartys " des Altertums
034  war ursprünglich die feine Basthaut der Papyrusstaude, die man
035  für Aufzeichnungen und zum Schreiben benutzte. Das deutsche
036  Wort " Karte " taucht erst zu Beginn des 16.Jahrhunderts
037  auf. Es geht auf den elsässischen Kartographen LAURENZ
038  FRIES zurück, der in Straßburg eine Beschreibung der von
039  ihm zugleich herausgegebenen Weltkarte publizierte: " Yslegung
040  der Mercarthen oder Cartamarina ". Vom 17.Jahrhundert an
041  setzte sich in der deutschen Sprache die Bezeichnung " Landcharte "
042  durch. Im Griechenland des Altertums ist die Karte " *sw "
043  (ausgesprochen: pinax), im römischen Imperium nannte man sie
044  " tabula ", das bedeutet " Darstellung ", " Bild " oder
045  " Brett ". Im Mittelalter kommt der lateinische Ausdruck " imago
046  mundi " auf: Bild der Welt. Geläufig ist im Mittelalter auch
047  der Ausdruck " mappa mundi ", wobei " mappa " eigentlich Stoff,
048  Tuch oder auch Flicken bedeutet. Zu Beginn der Neuzeit
049  übernahmen die Engländer die Seekarten der weltoffenen
050  und handelsoffenen Niederländer und mit ihnen die Bezeichnungen
051  " card " oder " chart ". Sie behielten jedoch die klare
052  Unterscheidung zwischen diesen Bezeichnungen für Seekarten und
053  der " map " für die Landkarte bei. URAHNEN DER
054  KARTE. " (...) und Josua gebot ihnen, das Land zu
055  beschreiben, und sprach: So gehet hin und durchwandert das Land
056  und beschreibt es (...) ". So heißt es im 18.Kapitel des
057  Alten Testaments über die Verteilung des eroberten Jordanlandes
058  unter Israels Stämme. Josuas Anweisung gilt als das erste
059  literarische Dokument über die Anfertigung einer Karte. Die
060  älteste Landkarte - eine Tontafel. Die " Landkarte ",
061  von der im Alten Testament berichtet wird, ist leider nicht
062  erhalten geblieben. Mehr Glück hatten die Archäologen bei
063  Ausgrabungen im nahen Osten. Sie brachten eine kleine
064  babylonische Tontafel ans Licht, auf der ein Kartenzeichner die
065  Topographie des nördlichen Mesopotamiens eingeritzt hatte. Diese
066  Tafel ist um mindestens 3000 Jahre älter als Josuas Landkarte.
067  Sie ist - als bisher älteste Karte - eines der wertvollsten
068  Stücke im Britischen Museum in London. Aus der Zeit des
069  Königs RAMSES 2.der zwischen 1300 und 1230 v. Chr.
070  lebte, stammt eine andere Karte, gleichfalls auf ein
071  Tontäfelchen gekerbt. Sie ist die erste auf uns überkommene
072  Spezialkarte. Man erkennt Berge, Wege, Häuser für
073  Bergleute, einen Tempel, einen Denkstein. Es handelt sich
074  offenbar um eine Siedlung in der Nähe eines Goldbergwerkes. Es
075  heißt, die Chaldäer hätten im 17.Jahrhundert v. Chr.
076  schon eine Erdkarte besessen, auf der Babylon den Mittelpunkt
077  bildete. Im 14.Jahrhundert v. Chr. sollen die
078  Chinesen schon über eine gute Karte ihres Reiches verfügt haben.
079  Beweise für diese Vermutungen fehlen aber noch
080  Felszeichnungen der Höhlenmenschen - erste Landkarten?.
081  Wir wissen nicht, seit wann sich Menschen Gedanken über die
082  Gestalt unseres Planeten machen. Sicher schon sehr lange, und
083  fast ebenso lange haben sie wohl versucht, wenigstens ihre nähere
084  Umgebung bildlich darzustellen. Ebenso wie es heute noch
085  analphabetische Naturvölker verstehen, brauchbare Karten
086  anzufertigen und zu lesen, haben schon die Menschen der
087  Altsteinzeit versucht, markante geographische Gegebenheiten
088  kartographisch wiederzugeben. Mit Zeichen, die sie in Stein,
089  Knochen oder Horn ritzten, erleichterten sie sich die
090  geographische Ortsbestimmung. Manche Felszeichnungen der noch in
091  Höhlen hausenden Urmenschen können wir als erste, noch sehr
092  frühe Landkarten verstehen. Die Hilfsmittel zur geographischen
093  Orientierung, die wir noch heute bei Naturvölkern finden, sind
094  für die historische Forschung aufschlußreich: Auf ähnliche
095  Weise haben sicher auch die Menschen der Steinzeit versucht, sich
096  im Gelände oder beim Befahren von Gewässern zurechtzufinden.
097  Einkerbungen in Holz, Knochen, Häute waren und sind für diese
098  Menschen unentbehrliche Gedächtnisstützen. Eskimos benutzten
099  reliefartig geschnitzte Holzstücke oder Knochenstücke,
100  auf denen sie den Verlauf der zerklüfteten Küsten mit
101  Vorgebirgen, Landzungen, Fjorden und Meerengen herausarbeiteten.
102  Nordamerikanische Indianer wie sibirische Stämme zeichneten
103  ihre " Karten " auf Baumrindenstücke, meist aus heller Birke,
104  die sie leicht bei ihren Jagdzügen und Kriegszügen
105  mitführen konnten. Sprache, Gebärde, Kartenskizze:
106  Kommunikationsmöglichkeiten des Urmenschen. Uns ist es
107  selbsverständlich, daß wir uns mit unseren Mitmenschen nicht nur
108  durch Mimik, Gebärden und Sprechen, sondern auch durch
109  Zeichnen und Schreiben verständigen können. Immer wieder,
110  hundertmal, tausendmal müssen die Horden und Stämme der frühen
111  Menschen die " Landkarte " entdeckt haben: Ein Krieger oder
112  Jäger ritzte, spielerisch oder zufällig vielleicht, mit einem
113  Stein, einem Stück Holz oder mit dem Finger Zeichen in den
114  Boden, verband sie durch eine Linie, markierte mit Punkten,
115  Kreuzchen oder Kreisen lebenswichtige Orte: eine Quelle, eine
116  Furt, einen Wildwechsel oder eine Tränke. Später, als aus
117  den Sippen Stämme, aus ihnen Völker und Staatsgefüge wurden,
118  als sich die Pfade zu Wegen, die Wege zu Straßen erweiterten,
119  als schließlich der Fernhandel aufkam, die Völker sich mit
120  Krieg überzogen, ihre Heere Kontinente durchmaßen, genügten
121  ungenaue, unzuverlässige Aufzeichnungen nicht mehr. Nun brauchte
122  man richtige Karten, immer bessere, präzisere. Und je weiter
123  die Entfernungen waren, um so genauer mußten diese Karten sein,
124  weil die geringsten Abweichungen das Ziel verfehlen ließen.
125  Seekarten aus Stäbchen und Perlen. Bis zu einem Umkreis von
126  zweitausend Kilometern von ihrem Stammeswohnsitz aus folgten die
127  Indianer Nordamerikas dem Zug der Büffelherden, die ihre
128  wichtigste Nahrungsquelle waren. Doch das ist wenig, verglichen
129  mit der Leistung der Südsee-Insulaner, die mit seetüchtigen
130  Auslegerbooten Tausende Kilometer weit ins offene Meer
131  hinaussegelten. Es gibt keine " Landmarken " im Meer, keine
132  Berge und Täler, keine Flüsse und Seen, nach denen sich der
133  Ozeanfahrer orientieren kann. So erfanden die Südsee-
134  Insulaner die Seekarte. Ihre " Stäbchenkarten " bestehen aus
135  feingespleißten, kunstvoll miteinander verbundenen Bambusrippchen
136  und tragen an den Knotenpunkten feine Perlen. Inseln, markante
137  Orientierungspunkte des Segelbereiches, Entfernungen, präzise
138  Ngaben über Meeresströmungen, Riffe und Dünungen sind aus
139  diesen Karten herauszulesen. Die Hochseefahrer des
140  weitverzweigten Südsee-Archipels fanden sich mit Hilfe dieser
141  Karten über tausend und mehr Kilometer unglaublich sicher zurecht.
142  Die Karte - ein Siegel der Kultur. Mit vollem Recht
143  nennen wir die Ritzzeichnungen altsteinzeitlicher Jäger ebenso
144  " Karten " wie die komplizierten Stäbchensysteme der Südsee-
145  Insulaner. In beiden Fällen enthalten die Karten ganz konkrete
146  Aussagen über die jeweilige Gegend. Allgemeine, abstrakte
147  Angaben dagegen finden wir hier noch nicht. Ein Mensch, der
148  nicht über das hinaus denkt und handelt, was er braucht, um sein
149  Leben zu fristen, kann keine höhere Kultur entwickeln, die sich
150  mit dem " Unnötigen ", nicht unmittelbar zum Überleben
151  dienenden, befaßt. So dürfen wir von diesen einfachen Jäger
152  kulturen und Seefahrerkulturen auch keine
153  " Erdbeschreibungen " erwarten. Eine Hochkultur sitzt Wohlstand
154  und Sicherheit voraus, die es dem Menschen gestatten, sich mit
155  Künsten und Wissenschaften zu befassen, die ihm keinen
156  unmittelbaren Nutzen bringen. So finden wir vor Jahrtausenden
157  schon in den Städtekulturen Vorderasiens und Asiens eine hohe
158  Geistesschulung, durchaus vergleichbar jener der Azteken und der
159  Mayas. Dementsprechend hohes Niveau zeigen auch ihre Karten,
160  die keineswegs nur Einzelheiten der nächsten Umgebung darstellen,
161  sondern weite Räume, ganze Länder, große Staaten und
162  benachbarte Regionen umfassen. Im Jahre 1770 definierte der
163  berühmte französische Kartograph DE LAGRANGE den
164  Begriff " Karte " knapp und nüchtern: " Eine geographische
165  Karte ist nichts anderes als eine ebene Figur, die die
166  Erdoberfläche oder einen Teil derselben darstellt ". Besser und
167  eindeutiger können wir es auch heute noch nicht sagen. DAS
168  WELTBILD DER KARTE. Die Erde als Kugel -
169  schon vor zweieinhalbtausend Jahren!. Das Kloster Vatope
170  1di des griechisch-orthodoxen Mönchsreiches auf dem Berge
171  Athos hütet ein Kleinod von unschätzbarem Wert: eine
172  Weltkarte aus dem großen geographischen Werk des alexandrischen
173  Gelehrten CLAUDIUS PTOLEMÄUS. Der Handwerker
174  AGATHODÄMON soll sie nach Vorlagen des berühmten
175  Geographen, Astronomen und Mathematikers gezeichnet haben.
176  " Agathodämon " ist griechisch und bedeutet " guter Geist ".
177  Vom guten Geist muß dieser erste Erdkartenzeichner in der
178  Geschichte der Kartographie offenbar beseelt gewesen sein: Die
179  Vatop‚di-Karte ist der erste uns bekannte Versuch,
180  einen Ausschnitt aus der Kugeloberfläche der Erde in die Ebene
181  zu projizieren. Auf ihr sind sogar Meridiane und Breitengrade
182  eingetragen, der Äquator schon kenntlich gemacht. Wohlgemerkt:
183  AGATHODÄMONS Karte stellt einen Ausschnitt der
184  Kugeloberfläche dar! Also muß CLAUDIUS
185  PTOLEMÄUS schon von der Kugelgestalt der Erde überzeugt
186  gewesen sein. (Er wirkte im 2.Jahrhundert n. Chr. in
187  Alexandria, dem damaligen Zentrum antiker Gelehrsamkeit.)
188  Schon 6 Jahrhunderte vor PTOLEMÄUS wußten die
189  Pythagoräer (eine grichische Philosophenschule), daß die Erde
190  in Wahrheit eine Kugel ist. Ihre Auffassung entstammte
191  keineswegs vagen Vermutungen; die Mathematiker und Philosophen
192  aus der Schule des großen PYTAGORAS erkannten die
193  Erdkrümmung aufgrund von Beobachtungen und Berechnungen, und
194  folgerichtig schlossen sie daraus, unser Planet müsse eine Kugel
195  sein. Leider wurde diese Erkenntnis wieder völlig vergessen.
196  Noch mehr als tausen Jahre nach PTOLEMÄUS zweifelte kein
197  Gelehrter daran, daß die Erde eine Scheibe sei. Mythos
198  contra Wissenschaft. Modern in unserem heutigen Sinne ist nicht
199  nur die Weltkarte, die AGATHODÄMON nach Angaben von
200  PTOLEMÄUS *h zeichnete, modern mutet uns auch die enge
201  Zusammenarbeit von Wissenschaftler und Kartograph an: Teamwork
202  schon in der Antike. PTOLEMÄUS erwarb sich mit seinem
203  großen geographischen Werk unvergänglichen Ruhm. Mehr als
204  tausend Jahre lang galt sein System als unumstößlich, und es
205  bildete - trotz vieler Fehler - die Grundlage der
206  geographischen Forschung bis weit in die Neuzeit hinein. Sicher
207  war PTOLEMÄUS nicht der erste, der eine Erdkarte entwarf.
208  Aber nur seine Karte ist auf uns überkommen; Jahrhunderte vor
209  ihm soll schon ANAXIMANDER VON MILET eine Karte
210  der Mittelmerrländer gezeichnet haben. Kulturvölker entwickeln
211  Weltanschauungen, Mythen, Religionen, die stets auch Lehren
212  über Entstehung und äußere Form der Erde enthalten. Griechen,
213  Ägypter, Babylonier, Chinesen, die vorkolumbischen süd
214  amerikanischen und mittelamerikanischen Kulturen hatten sehr
215  konkrete Vorstellungen von der Welt, der Erde, den Erdteilen
216  und dem Weltmeer - Vorstellungen freilich, die mehr auf der
217  Legende und dem Mythos beruhten als auf echten Wahrnehmungen,
218  exakten Messungen und Berechnungen. Gelangen dann
219  Wissenschaftler zu Erkenntnissen, die der Wahrheit näherkommen,
220  so haben sie sich stets - und oft vergebens - gegen die
221  Herrscher der Weltanschauung durchzusetzen. Das gilt auch heute
222  noch. Die Babylonier sahen die Welt als riesiges Gewölbe an,
223  dessen Basis der Ozean war, aus dem die Erde sich bergartig
224  heraushob. Die Azteken betrachteten die Welt als ein Gebilde aus
225  zahlreichen Schichten mit Himmel und Unterwelten, wobei auch hier
226  das Meer die Erde umspült. In der Vorstellung fast aller
227  Völker bildet der Ozean die unüberschreitbare äußere
228  Begrenzung. Das liegt nahe; schließlich erweckt das Meer bei
229  jedem Betrachter unwillkürlich den Eindruck unfaßbarer
230  Jenseitslosigkeit. Die Eskimos, ein naturnahes Volk, stellten
231  sich die Welt - nicht ander als die sie kulturell turmhoch
232  überragenden Babylonier - als scheibenförmiges, auf den
233  Wassern schwimmendes Gebilde vor. Die Chinesen benutzten zwar
234  schon mindestens vor viertausend Jahren Landkarten zur
235  Orientierung, zur verwaltungstechnischen wie organisatorischen
236  Erfassung ihres Riesenreiches; dennoch erscheint auch bei ihnen
237  die Erde als regelmäßiges, meerumgrenztes Viereck, in dessen
238  Mittelpunkt - wie könnte es anders sein! - ihr Reich liegt.
239  Auf späteren chinesischen Darstellungen umschließt noch ein
240  Landring den Ring aus Wasser. Auf ihm erscheinen merkwürdige
241  Fabelwesen, Mißgestalten ohne Kopf oder mit langen, bis auf die
242  Füße hinunterreichenden Hängeohren und Armen. Noch im 17.
243  und 18.Jahrhundert nach Christus beleben diese Fabelwesen
244  koreanische Weltkarten. Irrtümer haben ein zähes Leben, und
245  gerade auf dem Gebiet der Kartendarstellungen werden Fehler
246  unglaublich lange von der einen Karte auf die andere übernommen.
247  Irrtümer, denen der große CLAUDIUS PTOLEMÄUS
248  erlegen war, tauchten noch anderthalb Jahrtausende später in
249  geographischen Werken und Karten auf. Sie wurden von
250  Herausgebern und Verfassern kritiklos übernommen. Griechen
251  erschließen das wissenschaftliche Weltbild. Den einzig
252  gangbaren Weg zu einem wissenschaftlichen, von mythischen
253  Vorstellungen freien Weltbild beschritten im Altertum die
254  Griechen. Hätte man nur ihren wohlfundierten Erkenntnissen
255  vertraut! Bei HOMER, dem unbekannten Sänger, Erzähler
256  und Heldendichter der Griechen, finden wir die im 8.
257  Jahrhundert v. Chr. herrschende Auffassung: Die Erde
258  ist eine Scheibe, begrenzt vom unruhvoll, im Rhytmus der
259  Gezeiten atmenden Ozean. Darüber erhebt sich als Halbkugel die
260  ungeheuere Glocke des Himmels, den der Titan Atlas auf seinen
261  starken Schultern trägt. HOMER kennt nur ein einziges großes
262  Meer, das seine Welt umspült. Mittelpunkt waren für ihn die
263  Küstengestade und Inseln der Ägäis. Die griechischen
264  Philosophen waren universal begabte und überaus vielseitige
265  Gelehrte: Mystiker, Sterndeuter und Weltdeuten,
266  Propheten, aber auch Naturbeobachter und Forscher. Sie lehrten
267  Lebensweisheit und Mathematik, trieben religiösen Kult und
268  Astronomie; sie beobachteten und berechneten die Gestirne und
269  ihren Lauf.

Zum Anfang dieser Seite