Quelle Nummer 183

Rubrik 06 : RECHT   Unterrubrik 06.12 : INLAENDISCHES

STRAFRECHT
KLAUS TIEDEMANN
FAELLE UND ENTSCHEIDUNGEN ZUM STRAFRECHT-
BESONDERER TEIL, ZUSAMMENGESTELLT VON DR. KLAUS
TIEDEMANN, O. PROFESSOR AN DER UNIVERSITAET
GIESSEN
ALFRED METZNER VERLAG, FRANKFURT, BERLIN 1970,
S. 63-68


001  Fall 21: Melkmaschinen-Fall. Zum Rechtsgut und
002  Vermögens- (schadens-) begriff beim Betrug. (...) Der
003  Angeklagte betätigte sich seit Jahren als Verkaufsvertreter für
004  Melkmaschinen. Als Entgelt für die von ihm vermittelten
005  Vertragsabschlüsse erhielt er von der Lieferfirma Provision.
006  Den von ihm aufgesuchten Landwirten spiegelte er vor, er könne
007  ihnen als " internationaler Propagandist " und im Rahmen einer
008  Sonderaktion zu Werbezwecken die benötigte Anlage weit unter dem
009  normalen Preis als Musteranlage verschaffen. Tatsächlich war der
010  von ihm geforderte und vereinbarte Preis der gewöhnliche
011  Listenpreis für die betreffende Melkmaschine. In einigen
012  Fällen setzte er die Kunden zeitlich unter Druck, indem er deren
013  sofortige Entscheidung verlangte, andernfalls " in einer Stunde
014  ein anderer Bauer den Vorteil hätte ". Auf diese Weise gelang
015  es ihm, eine Anzahl von Bauern über die vermeintliche besonders
016  günstige Gelegenheit zum Erwerb einer Melkanlage zu täuschen und
017  zur Bestellung einer solchen Maschine zu veranlassen, die sie bei
018  Kenntnis des wirklichen Sachverhalts jedenfalls zu der fraglichen
019  Zeit nicht gekauft hätten. In allen Fällen kam es dem
020  Angeklagten darauf an, sich die Provision zu verschaffen. So
021  ging der Angeklagte auch gegenüber dem Landwirt K. vor, dem
022  er eine Melkmaschine für 1 885 DM verkaufte, obgleich er wußte,
023  daß dieser Käufer dadurch in finanzielle Schwierigkeiten
024  geraten könnte und sein Vermögen insoweit gefährdete, als er zu
025  der damaligen Zeit noch andere Verpflichtungen hatte. Hierin hat
026  die Strafkammer einen Vermögensschaden erblickt. Ähnlich lag es
027  im Falle B.. Dieser Bauer hatte kurz zuvor seine
028  Wirtschaftsgebäude neu errichtet, war dadurch finanziell stark
029  geschwächt und wollte, als der Angeklagte ihn besuchte, nicht
030  auch noch die Anschaffung einer Melkmaschine auf sich nehmen. Der
031  Angeklagte erkannte dies. Durch die Vorspiegelung, B. könne
032  durch eine sofortige Bestellung rund 900 DM einsparen, gelang es
033  ihm gleichwohl, diesen zur Bestellung einer Melkmaschine zum
034  (Listen-) Preis von 1 130 DM zu veranlassen. B. mußte,
035  um die daraus entstandene Verpflichtung erfüllen zu können, einen
036  verzinslichen Kredit aufnehmen. Dadurch wurde er nach Ansicht der
037  Strafkammer an seinem Vermögen geschädigt. Die Bäuerin F.
038  hatte ebenfalls gebaut und dem Angeklagten bei seinem Besuc
039  sogleich erklärt, daß sie zur Zeit kein Geld für die
040  Anschaffung einer Melkanlage besitze; wenn sie später einmal
041  dazu in der Lage sein werde, müsse es eine Anlage für 10 Kühe
042  sein, die sie auch auf der Weide verwenden könne. Gleichwohl
043  redete ihr der Angeklagte eine kleinere Melkmaschine mit
044  Treckeranschluß zum Preise von zusammen 1047 DM auf, obwohl er
045  wußte, daß eine Maschine dieses Typs wohl für 2-3 Kühe,
046  nicht aber für 10 Kühe ausreichte. Der Kundin erklärte er
047  irreführend, die von ihm im Rahmen der Werbeaktion angebotene
048  Melkanlage reichte auch für einen Betrieb mit 10 Kühen aus.
049  Sie mußte sich später, als sie ein Vertreter der Lieferfirma
050  aufsuchte, eines Besseren belehren lassen und bestellte bei diesem
051  eine größere Anlage, die sie sonst angesichts ihrer bedrängten
052  wirtschaftlichen Verhältnisse zu der fraglichen Zeit nicht gekauft
053  hätte. Der Angeklagte veranlaßte ferner auch den Landwirt H.
054  durch die Vorspiegelung eines besonderen Preisnachlasses von
055  rund 750 DM zur Bestellung einer Melkmaschine für 862 DM;
056  der Preis sollte in 3 halbjährlichen Raten gezahlt werden. H.
057  hätte wegen seiner Geldschwierigkeiten die bestellte Anlage nicht
058  gekauft, wenn der Angeklagte ihn nicht über die angeblich
059  einmaligen Vorteile bei sofortigem Vertragsabschluß getäuscht
060  hätte. Die Melkmaschine erwies sich übrigens für die
061  Bedürfnisse des Getäuschten, der einen Betrieb mit 5 Kühen
062  hatte, als zu klein, so daß er später bei einem Vertreter der
063  Firma eine größere Anlage bestellte, um sich weiteren Ärger zu
064  ersparen. In diesem Fall hat jedoch die Strafkammer nicht
065  festgestellt, daß der Angeklagte beim Abschluß des Vertrages
066  wußte, daß die Maschine für den Käufer nicht geeignet war.
067  Den Vermögensschaden hat das Landgericht hier in der
068  Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des
069  Getäuschten erblickt. Die Revision rügt u. a. Verletzung
070  sachlichen Rechts. (...) Die Frage, ob eine
071  Vermögensbeschädigung vorliegt, wenn eine Leistung erbracht ist,
072  die ihrem Werte nach der Gegenleistung entspricht, ist schon in
073  der Entscheidung der Vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts
074  RGST 16, 1 ff zu einem Teil beantwortet worden. An den dort
075  aufgestellten Grundsätzen hat auch die spätere Rechtsprechung
076  festgehalten. Danach liegt eine Vermögensbeschädigung nicht
077  schon dann vor, wenn jemand infolge eines durch eine Täuschung
078  hervorgerufenen Irrtums eine Vermögensverfügung getroffen hat,
079  die er nicht getroffen haben würde, wenn er die Wahrheit gekannt
080  hätte. Würde man diese Ansicht vertreten, so würde der Betrug
081  den ihm innewohnenden Charakter einer gegen das Vermögen
082  gerichteten Straftat verlieren. Er würde lediglich zu einem
083  Angriff auf die Verfügungsfreiheit werden. Diese ist aber als
084  solche allgemein nur gegen Gewalt und Drohung nicht aber gegen
085  Täuschung strafrechtlich geschützt. Daher bedarf es stets der
086  Prüfung, ob die Verfügung des Getäuschten auf sein Vermögen
087  (oder das Vermögen eines andern) vorteilhaft oder nachteilig
088  eingewirkt hat. Es ist also nicht die Meinung des Getäuschten
089  darüber maßgebend, ob und inwieweit sein Vermögen als
090  beschädigt anzusehen ist. Ein Vermögensschaden liegt daher auch
091  Irrtums glaubte, durch den Erwerb eines Gegenstandes einen
092  Gewinn zu machen, der aber in Wirklichkeit nicht erzielt wurde.
093  Entscheidend ist vielmehr zunächst, ob der erworbene Gegenstand
094  wirtschaftlich betrachtet der Gegenleistung entsprach. Ob dies der
095  Fall ist, kann nicht für sich, also ohne Beachtung der
096  besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles, entschieden, muß
097  vielmehr nach den persönlichen Bedürfnissen und Verhältnissen
098  des Erwerbers und unter Berücksichtigung der von ihm nach
099  Maßgabe aller Umstände verfolgten Zwecke beurteilt werden. Ein
100  und dieselbe Leistung kann für das Vermögen des einen ganz andere
101  günstige oder ungünstige Wirkungen hervorbringen als für das
102  Vermögen eines anderen, da die meisten Gegenstände nicht für
103  alle Menschen den gleichen Vermögenswert haben, weil sie nicht
104  für alle gleich brauchbar sind. Dieser " Grundsatz der
105  Individualisierung " bei der Beurteilung der
106  Vermögensbeschädigung enthält kein Zugeständnis an die
107  abzulehnende Meinung. *rueck, daß es auf die persönliche
108  Einschätzung des Schadens durch den Getäuschten ankommt.
109  Vielmehr ist entscheidend, ob dieser die Sache nach der
110  Auffassung eines sachlichen Beurteilers nicht oder nicht in vollem
111  Umfange für den ihm vertragich vorausgesetzten Zweck oder in
112  anderer zumutbaren Weise verwenden kann. Fehlt es an einer solchen
113  Verwendbarkeit, so ist schon allein darin eine
114  Vermögensschädigung zu erblicken, selbst wenn der Verkehrswert
115  der Gegenleistung der Leistung des Getäuschten entspricht.
116  Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist der Auffassung des
117  vorlegenden Oberlandesgerichts beizutreten, daß im Fall der
118  Bäuerin F. ein Vermögensschaden vorliegt, weil die
119  Melkanlage nach dem Sinn des Vertrages für zehn Kühe dienen
120  sollte, tatsächlich jedoch nur für zwei bis drei Kühe verwandt
121  werden konnte. In den übrigen Fällen war dagegen die
122  Benutzungsmöglichkeit für den im Vertrag vorausgesetzten Zweck
123  gegeben. Hier konnte es sich nur um die Frage handeln, ob bereits
124  die Einschränkung der Verfügungsfreiheit, die durch den
125  Abschluß des Vertrages und die damit verbundene wirtschaftliche
126  Belastung entsteht, einen Vermögensschaden darstellt oder ob in
127  Fällen dieser Art weitere Merkmale hinzukommen müssen, damit
128  von einem Vermögensschaden gesprochen werden kann. Die Frage ist
129  in letzterem Sinne zu beantworten. Die bloße Bindung von Teilen
130  des Vermögens durch die eingegangene Vertragsverpflichtungen ist
131  für sich allein betrachtet noch kein Vermögensschaden. Denn das
132  Vermögen des Getäuschten braucht angesichts des erhaltenen
133  Gegenwertes noch keinen geringeren Wert zu haben als zuvor.
134  Welche zusätzlichen Anforderungen bei wertgleicher Gegenleistung
135  über die bloße Beeinträchtigung der Verfügungsfreiheit des
136  Getäuschten hinaus für die Bejahung einer Vermögensschädigung
137  zu stellen sind, ist aus der bisherigen in ihrer Ausdrucksweise
138  vielfach wechselnden Rechtssprechung des Reichsgerichts und des
139  Bundesgerichtshofs nicht mit der für eine gleichmäßige
140  Rechtsanwendung erwünschten Deutlichkeit zu entnehmen. So ist
141  bald davon die Rede, daß die Leistung in Anbetracht der
142  wirtschaftlichen Verhältnisse des Getäuschten " zu hoch ",
143  bald davon, daß sie " eine wirtschaftlich nicht zu verantwortende "
144  oder " unerträgliche " Last darstellt oder daß der Besteller
145  zu ihr " nicht in der Lage ist " oder daß die wirtschaftlichen
146  Verhältnisse ein solches Geschäft " nicht erlauben " oder
147  " nicht gestatten " oder daß die " geldliche Belastung die
148  wirtschaftlichen Verhältnisse übersteigt " oder in
149  " unvertretbarer Weise belastet " oder daß die Belastung
150  " wirtschaftlich unverfünftig ist " oder sich (wegen der Länge und
151  Höhe der Leistung) als " unerwünscht " darstellt. Auch die
152  Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sprechen nur davon, daß
153  eine die wirtschaftlichen Verhältnisse des Getäuschten
154  übersteigende oder aus anderen Gründen " zu hohe " oder
155  " sonstwie unnütze geldliche Leistung oder eine " fühlbare
156  " Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit gegeben
157  sein müsse. Angesichts der in diser Rechtsprechung bislang zutage
158  getretenen unbestimmtheit der Schadensmerkmale bei wertgleicher
159  Gegenleistung hält der Senat es - zugleich in Beachtung der
160  hierauf zielenden Vorlegungsabsicht des Oberlandesgerichts in Hamm
161  und der Ausführungen des Generalbundesanwalts - für
162  erforderlich, eine nähere Verdeutlichung dieser Merkmale zu
163  erzielen, ohne daß das kriminalpolitische Bedürfnis, das
164  Strafwürdige auf diesem Gebiet zu erfassen, wesentlich
165  Beeinträchtigt wird. Die Vielgestaltigkeit der jeweiligen
166  Umstände gestattet es allerdings nicht, eine abschließende
167  Umschreibung für alle in Betracht kommenden Fälle zu finden;
168  wohl aber ist es möglich, die typischen Fälle, in denen ein
169  Vermögensschaden in Betracht kommt, näher zu umreißen. Ein
170  solcher Vermögensschaden kann - abgesehen von dem oben erwähnten
171  Fall der unnützen Leistung - einmal vorliegen, wenn der
172  Erwerber durch die eingegangene Verpflichtung zu
173  vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt wird. Dies kommt vor
174  allem in Betracht, wenn der Getäuschte, um die erforderlichen
175  Mittel zur Erfüllung des Vertrags zu beschaffen, ein anderes
176  wirtschaftlich ungünstiges Geschäft abschließen muß, etwa durch
177  Aufnahme eines hoch zu verzinsenden Darlehens oder durch
178  unvorteilhafte Veräußerung eines Wertpapiers oder durch den
179  wirtschaftlich ungünstigen Verkauf eines Sachwerts, oder wenn er
180  den Abschluß eines vorteilhaften anderen Geschäfts unterlassen
181  muß. Auch hier kommt es aber auf die Gestaltung der jeweiligen
182  Umstände an. Es kann sein, daß diese Nachteile durch den -
183  beträchtlichen - Gebrauchswert der Gegenleistung wirtschaftlich
184  ausgeglichen werden, wie dies namentlich bei Aufnahme eines
185  Darlehens, sei es auch zu einem höheren Zinssatz, der Fall sein
186  kann. Weiterhin liegt ein Vermögensschaden dann vor, wenn
187  die durch den Vertrag verursachte Bindung von Vermögenswerten
188  einen so starken Mangel an Mitteln herbeiführt, daß eine
189  bestimmte nahe Gefahr für die wirtschaftliche Lage eintritt, z.B.
190  dadurch, daß bestehende oder neu aufzunehmende
191  Zahlungsverbindlichkeiten voraussichtlich nicht oder nicht
192  vollständig oder nicht zum vereinbarten Zeitpunkt erfüllt werden
193  können. Aber auch wenn nicht so weitgehende Folgen entstehen,
194  kann ein Vermögensschaden gegeben sein, und zwar dann, wenn der
195  Getäuschte in seiner Verfügungsfreiheit so beschränkt wird,
196  daß ihm die Mittel entzogen werden, die für die
197  Aufrechterhaltung einer seinen Verhältnissen angemessenen
198  Wirtschaftsführung oder Lebensführung unerläßlich
199  sind. Dies liegt z. B. vor, wenn er seinen Aufwand im
200  Vergleich zu der seinen Verhältnissen entsprechenden
201  Lebensführung so weit einschränken muß, daß er nur noch die
202  Mittel für die Befriedigung seiner notdürftigen Bedürfnisse zur
203  Verfügung hat. Die Vermögensschädigung ist solchenfalls darin
204  zu sehen, daß die nach der erschlichenen Vermögensverfügung
205  verfügbar gebliebenen Restmittel des Getäuschten auch nach der
206  Auffassung eines sachlichen Beurteilers infolge ihrer an den
207  bisherigen Bedürfnissen des jeweiligen Erwerbers gemessenen
208  Unzulänglichkeit für ihn derart an Verwertbarkeit und damit an
209  Wert verlieren, daß das Gesamtvermögen dadurch eine Einbuße
210  erfährt. Dabei ist zu beachten, daß der Wert eines Vermögens
211  für die hier angemessene umfassende, lebensnahe und daher auch
212  wirtschaftliche Betrachtung sich nicht nur nach dem Betrag bemißt,
213  der sich aus der Zusammenzählung des Wertes der einzelnen
214  Vermögensgegenstände ergibt, sondern da daß dieser Wert
215  mitbestimmt wird durch die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit,
216  die vorhandenen Vermögensstücke entsprechend den sachlich
217  anzuerkennenden Bedürfnissen des jeweiligen Vermögensträgers zu
218  verwenden. Wird diese Möglichkeit durch die erschlichene
219  Festlegung eines - nicht unerheblichen - Teiles des Vermögens
220  in solchem Grade beeinträchtigt, daß der verbleibende Rest nur
221  noch zwangsläufig zur Befriedigung der Mindestanforderungen
222  benutzt werden kann, so bedeutet auch dies einen Vermögensnachteil,
223  selbst wenn der Getäuschte infolge eines derart weitgehenden
224  Verlustes an Bewegungsfreiheit nicht zu den unter erörterten
225  Vermögensschädigenden Maßnahme gedrängt werden sollte. Der
226  Senat ist sich darüber im klaren, daß er damit in Ablehnung des
227  engeren Standpunktes des vorlegenden Oberlandesgerichts, aber auf
228  der Linie der bisherigen Rechtsprechung des Reichsgerichts und des
229  Bundesgerichtshofs im Interesse tunlichster Erfassung aller
230  strafwürdigen Fälle das durch Täuschung herbeigeführte
231  übermäßige Opfer an wirtschaftlicher Bewegungsfreiheit wegen
232  seiner nachteiligen Wirkung auf die Vermögensbewertung als
233  Vermögenseinbuße anerkennt. Einschränkend ist jedoch auch hier,
234  ähnlich wie oben zu, auszusprechen, daß in diesem
235  erweiteren Sinne als Vermögensschädigung nur ein erschlichenes
236  Opfer an Verfügungsfreiheit anzusehen ist, dessen Nachteile
237  nicht durch besondere wirtschaftliche Vorteile ausgeglichen werden.
238  Es kann durchaus im Rahmen einer vernünftigen Wirtschaftsführung
239  liegen, wenn jemand freiwillig wesentliche Einschränkungen seines
240  Bedarfs für eine gewisse Zeit auf sich nimmt, um einen
241  hochwertigen Gegenstand zu erwerben, z. B. ein Haus, einen
242  Kraftwagen, Maschinen usw., deren Anschaffung im Rahmen
243  einer weitschauenden Wirtschaftsplanung sich als nützlich erweist.
244  Hier würde ein Vermögensschaden nicht vorliegen, da in einem
245  solchen Falle der Erwerber ublicherweise Opfer in Kauf nimmt,
246  die durch den erhöhten Nutzungswert des meist für langfristigen
247  Gebrauch bestimmten hochwertigen Gegenstandes ausgeglichen werden.
248  Etwas ähnliches kommt in Betracht, wenn jemand eine günstige
249  Gelegenheit, einen besonders billigen Erwerb zu machen, wahrnimmt.
250  Auch hier können etwaige Einschränkungen der Lebensführung im
251  Rahmen üblicher Wirtschaftgebahrung liegen. Gerade in einem
252  solchen Falle führt aber eine Täuschung nicht selten zu einer
253  anderen Beurteilung. Wird dem Erwerber vorgespiegelt, daß er
254  weit unter Preis oder aus anderen Gründen besonders günstig
255  erwirbt, und ist er deshalb unter Verzicht auf seine sonstige
256  Wirtschaftsführung zu Opfern bereit, so können die
257  Einschränkungen, die er nunmehr vornehmen muß, einen
258  Vermögensschaden darstellen, wenn der Wert des erworbenen
259  Gegenstandes seiner Leistung zwar entspricht, es sich aber nicht
260  um eine besonders günstige Anschaffung handelt. Denn in diesem
261  Falle würden die übermäßigen Opfer nicht durch besondere
262  wirtschaftliche Vorteile ausgeglichen.

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