Quelle Nummer 177

Rubrik 06 : RECHT   Unterrubrik 06.22 : AUSLAENDISCHES

WETTBEWERBSRECHT
DAS WETTBEWERBSRECHT IN JUGOSLAWIEN
EINE ENTWICKLUNGSGESCHICHTLICHE UND SYSTEMATISCHE
DARSTELLUNG MIT HINWEISEN AUF DAS DEUTSCHE RECHT
MAX-PLANCK-INSTITUT FUER AUSLAENDISCHES UND INTER-
NALES PATENT-, URHEBER- UND WETTBEWERBSRECHT
SCHRIFTENREIHE ZUM GEWERBLICHEN RECHTSSCHUTZ BAND 19
CARL HEYMANNS VERLAG KG KOELN BERLIN BONN MUENCHEN
1970
S. 110-


001  Die anlehnende Bezugnahme. Als eine weitere Form
002  der Ausnutzung fremden Rufs, bei der jedoch keine
003  Verwechslungsgefahr hervorgerufen wird, ist die sog. anlehnende
004  Bezugnahme zu erwähnen. S *ac3 uman bezeichnet, in starker
005  Anlehnung an Nerreter, als anlehnende Bezugnahme bzw.
006  als vergleichende Werbung durch Gleichstellung solche Handlungen
007  eines Wettbewerbers, mit denen er ankündigt, seine - die
008  angepriesene - Ware sei den Waren der Mitbewerber gleich. Der
009  Wettbewerber rechnet dabei mit der Trägheit der öffentlichen
010  Meinung und bemüht sich, mit den bereits allgemein vorhandenen
011  Vorstellungen auch die Vorstellung speziell seiner Ware zu
012  verbinden. S5UMAN schloß sich weiterhin der Meinung
013  NERRETERS an, eine solche anlehnende Bezugnahme sei
014  schlechthin unzulässig, weil sich der Verletzer des guten Rufs
015  seines Mitbewerbers bedient. Obwohl es in Jugoslawien, soweit
016  bekannt, bisher keine gerichtlichen Entscheidungen zu dieser Frage
017  gibt, wurde in der anlehnenden Bezugnahme sowohl vor dem Erlaß
018  des MOG als auch später eine Handlung des unlauteren
019  Wettbewerbs, die schlechthin verboten werden muß, angesehen.
020  Als einziger Fall zulässiger anlehnender Bezugnahme ist der Fall
021  des sog. Ersatzteilgeschäftes angesehen worden, wobei
022  allerdings ausdrücklich betont wurde, daß der
023  Ersatzteilhersteller alles ihm Zumutbare unternehmen muß, um
024  Verwechslungen bezüglich der Herkunft der Ersatzteile zu
025  vermeiden. Bemerkenswerterweise berufen sich alle zitierten
026  jugoslawischen Autoren auf die deutsche bzw. österreichische
027  Rechtsprechung und Literatur. Lediglich die systematische
028  Einordnung des Tatbestandes ist zum Teil verschieden S5
029  UMAN behandelte die Frage der anlehnenden Bezugnahme zusammen
030  mit dem Problem der kritisierenden vergleichenden Werbung innerhalb
031  der Generalklausel. PRETNAR erwähnt sie ebenfalls zusammen
032  mit der kritisierenden vergleichenden Werbung, jedoch u. E.
033  unzutreffend im Rahmen des Tatbestandes der Anschwärzung.
034  Prica unterstellt anlehnende Bezugnahme, ROUBIER
035  folgend, der Gruppe der " moyens de confusion ". Unseres
036  Erachtens handelt es sich hier um einen typischen Fall der
037  Ausbeutung fremden Rufs, weshalb dieser Tatbestand zwar im
038  Zusammenhang mit dem Hervorrufen von Verwechslungsgefahr, aber
039  doch getrennt davon zu behandeln ist. Im Geschäftleben
040  Jugoslawiens ist der Tatbestand der anlehnenden Bezugnahme nicht
041  unbekannt. PRICA berichtet von Fällen, in welchen einige
042  jugoslawische Nähmaschinen-Importeure in ihrer Werbung
043  Ankündigungen machten, denen zufolge die von ihnen eingeführten
044  Nämaschinen den Erzeugnissen der bekannten Firma " SINGER "
045  gleichwertig seien; oder daß die von ihnen eingeführten
046  Ersatzteile in die Nähmaschinen der Firma " SINGER "
047  eingebaut werden können. In beiden Fällen handelte es sich um
048  Ausnutzung des hervoragenden Rufs der amerikanischen Firma
049  " SINGER " auf dem jugoslawischen Markt. Da im Art. 54
050  Abs. 2 des GÜWV die anlehnende Bezugnahme nicht
051  ausdrücklich als eine Handlung des unlauteren Wettbewerbs erklärt
052  wurde, steht als einziges Mittel zu ihrer Bekämpfung die
053  Generalklausel des Wettbewerbsrechts zur Verfügung. Um eine
054  genauere Antwort auf die Frage zur Lösung dieses Problems geben
055  zu können, wird man Entscheidungen der Wirtschaftsgerichte
056  abwarten müssen. Unseres Erachtens kann jedoch bereits jetzt
057  gesagt werden, daß eine derartige Ausnutzung fremden Rufs, wie
058  sie im Falle der anlehneneden Bezugnahme in aller Regel vorliegt,
059  sittenwidrig ist. Eine einzige Ausnahme können nur die Fälle
060  der Ankündigungen im sog. Ersatzgeschäft bilden, wobei
061  allerdings streng darauf geachtet werden muß, daß Verwechslungen
062  ausbleiben, bt AUSBEUTUNG FREMDER ARBEIT
063  UND ORGANISATION, GEHEIMNISSCHUTZ.
064  Sklavische Nachahmung. Von dem Tatbestand der
065  Nachahmung wird im allgemeinen dann gesprochen, wenn der Nachahmer
066  seine Leistung von der eines andern ableitet, indem er ein fremdes
067  Arbeitsergebnis als Vorbild benutzt und es durch eigene Leistung
068  nachschaffend wiederholt. Dem Schutz der schöpferischen Leistung
069  als solcher dienen die geistigen und technischen Schutzrechte. Da
070  jedoch die gesetzlichen Sonderregelungen nicht allen berechtigten
071  Schutzbedürfnissen gerecht werden können, ist ein ergänzender
072  wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz nicht zu entbehren. Dieser
073  ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz muß jedoch dort
074  ausscheiden, wo die gesetzlichen Regelungen sinngemäß den Schutz
075  ausschließen. Dadurch daß die gesetzlichen Regelungen bestimmte
076  Schutzfristen enthalten, kommt deutlich der Wille des
077  Gesetzgebers, den Leistungsschutz nur eine bestimmte, begrenzte
078  Zeit zu gewähren, zum Ausdruck. Denn das Aufbauen auf fremder
079  Arbeit ist die Vorbedingung zur Fortentwicklung der Menschheit.
080  Der Fortschritt der menschlichen Kultur beruht auf der Nachahmung
081  des Guten und seiner Fortbildung zum Besseren. Das jugoslawische
082  GÜWV führt unter den im Art. 54 Abs. 2 aufgezählten
083  besonderen Tatbeständen des unlauteren Wettbewerbs die sklavische
084  Nachahmung nicht an. Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz ist
085  deshalb nur aufgrund der Generalklausel und beim Vorliegen von
086  deren Voraussetzungen möglich. Trotz der Tatsache, daß weder
087  das UWG 1930 noch das MOG und GÜWV eine besondere
088  Bestimmung bezüglich der sklavischen Nachahmung enthalten, ist
089  dieser Tatbestand sowohl in der Rechtslehre als auch in der
090  Rechtsprechung gelegentlich behandelt worden. S5UMAN,
091  der sich mit diesem Problem vor dem Krieg befaßt hat, übernahm
092  im großen und ganzen die in der damaligen deutschen Literatur und
093  Rechtsprechung vertretenen Ansichten. Er kam zu dem Ergebnis,
094  daß man von einer unzulässigen und unlauteren Nachahmung nur dann
095  sprechen kann, wenn aus besonderen Umständen hervorgeht, daß in
096  einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise beim Nachahmer
097  die Absicht des Hervorrufens von Verwechslungsgefahr mit den
098  Erzeugnissen des Mitbewerbers besteht. Dies sei jedoch nur dann
099  möglich, wenn innerhalb der betreffenden Verkehrskreise das
100  fragliche Erzeugnis in Verbindung mit einem bestimmten Unternehmen
101  gebracht wird: Mit anderen Worten, wenn der Verkehr mit dem
102  nachgeahmten Erzeugnis eine Herkunftsvorstellung verbindet. Die
103  Nachahmung von Massenwaren sei wegen mangelnder Eigenart frei.
104  Schließlich berührte S5UMAN noch die Frage des
105  sklavischen Nachbaus von Ersatzteilen. Die Nachahmung der
106  Ersatzteile sei, sofern sie keinen besonderen Leistungsschutz
107  genießen, frei. Der Nachahmer sei jedoch verpflichtet, alles
108  ihm Zumutbare zu unternehmen, damit keine Verwechslungsgefahr mit
109  den Erzeugnissen des Originalherstellers entsteht. Der
110  jugoslawischen Nachkriegsliteratur und Rechtsprechung ist zu
111  entnehmen, daß die sogenannte Nachahmung fremder
112  Arbeitsergebnisse zwar grundsätzlich keine Handlung des unlauteren
113  Wettbewerbs darstellt, daß sie aber auch nicht schlechthin erlaubt
114  ist. Sie wird nur dann als unlauterer Wettbewerb angesehen, wenn
115  besondere Umstände das Verhalten des Nachahmers unlauter machen.
116  Als " besonderer Umstand ", der die Nachahmung unlauter macht,
117  wurde bisher nur das Hervorrufen von Verwechslungsgefahr angesehen.
118  Das OWG hält den sklavischen Nachbau fremder
119  Arbeitsergebnisse dann für unlauter, wenn die nachgeahmten
120  Erzeugnisse infolge ihrer Form und ihrer Dimensionen auf dem
121  Markt derart individualisiert sind, daß die Verbraucher aus ihrer
122  Form und Größe auf ein Erzeugnis eines bestimmten Unternehmers
123  schließen; denn nur in so einem Fall besteht die Möglichkeit,
124  daß die Erzeugnisse eines Unternehmens mit denen eines bestimmten
125  anderen verwechselt werden. Eine Verwechslungsabsicht ist also
126  nicht erforderlich, es genügt bereits die Möglichkeit von
127  Verwechslungen. Die weitere Urteilsbegründung der zitierten
128  Entscheidung enthält jedoch einige Unklarheiten. Das Gericht
129  fährt nämlich fort: " Aus dem vom Erstgericht festgestellten
130  Sachverhalt ergebe sich jedoch, daß elektrische Kochtöpfe sowohl
131  im Inland als auch im Ausland in mehr oder weniger ähnlicher Form
132  und Größe hergestellt werden. Demnach kann nicht angenommen
133  werden, daß die Beklagte besondere Anstrengungen und Kosten der
134  Klägerin zur Schöpfung einer eigentümlichen Form ausnütze oder
135  die Verbraucher über die Herkunft der Erzeugnisse irregeführt
136  hätte. " Es werden also neue Gesichtspunkte, wie Ausnützung
137  fremder Anstrengungen und Kosten und Herkunftstäuschung in
138  Erwägung gezogen. Welche Rolle kommt diesen Gesichtspunkten nun
139  zu? Man könnte den Eindruck gewinnen, daß die sklavische
140  Nachahmung eines fremden Arbeitsergebnisses, mit dem die
141  Verbraucher eine Herkunftsvorstellung verbinden, weshalb
142  Verwechslungsgefahr hervorgerufen werden kann, erst dann als
143  unlauter angesehen wird, wenn die Herstellung des nachgeahmten
144  Erzeugnisses mit Anstrengungen und Kosten des Originalherstellers
145  verbunden ist. Eine solche Auslegung trifft u. E. jedoch
146  nicht zu. Vielmehr kann angenommen werden, daß das OWG das
147  Vorhandsein einer Herkunftsvorstellung bei den Verbrauchern
148  bezüglich eines bestimmten Arbeitsergebnisses und somit die, wie
149  es selbst sagt, " Originalität " dieses Erzeugnisses mit den
150  Anstrengungen und Kosten des Herstellers des nachgeahmten
151  Erzeugnisses in Verbindung bringen will. Obwohl " Originalität "
152  der Arbeitsergebnisse tatsächlich sehr oft nur mit
153  " Anstrengungen " und Kosten erreicht werden kann, braucht dies
154  aber durchaus nicht immer der Fall zu sein. Es erscheint uns
155  deshalb besser, die " Originalität " bzw. die " Eigenart "
156  der Arbeitsergebnisse an einem anderen Maßstab als dem " der
157  Anstrengungen und Kosten " zu messen. Es sollte nur darauf
158  ankommen, ob die Gestaltung Merkmale aufweist, die geeignet sind,
159  im Verkehr als kennzeichnend für die Herkunft gewertet zu werden.
160  Solche Merkmale können nach Lage des Falles psychologische,
161  ästhetische oder technische sein. Es läßt sich ferner nicht mit
162  Sicherheit sagen, ob eine Nachahmung eines eigenartigen
163  Arbeitsergebnisses, mit dem die Verbraucher eine
164  Herkunftsvorstellung verbinden, schon beim Vorliegen objektiver
165  Verwechslungsgefahr wettbewerbswidrig ist oder ob an das Verhalten
166  des Nachahmers besondere Forderungen gestellt werden. Im
167  besprochenen Urteil hat das OWG die Sittenwidrigkeit der
168  Nachahmung abgelehnt, weil es an der Eigenart des nachgeahmten
169  Arbeitsergebnisses fehlte. Die Frage des subjektiven Verhaltens
170  des Täters ist deshalb überhaupt nicht erlautert worden. Es
171  müssen daher weitere Entscheidungen abgewartet werden. Eines kam
172  jedoch zum Ausdruck, nämlich, daß es einer besonderen
173  Verwechslungsabsicht nicht bedarf. Abschließend darf festgestellt
174  werden, daß in Jugoslawien die sklavische Nachahmung nur unter
175  besonderen Umständen als unlauterer Wettbewerb angesehen wird.
176  Und zwar: wenn das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse
177  Eigenart aufweist; wenn die Verbraucher mit dem nachgeahmten
178  Erzeugnis eine Herkunftsvorstellung verbinden; wenn infolge der
179  Nachahmung die Möglichkeit von Herkunftstäuschungen besteht.
180  Geheimnisschutz. Wie die Gesetze gegen den
181  unlauteren Wettbewerb anderer europäischer Länder sah auch das
182  jugoslawische UWG 1930 Maßnahmen zum Schutze von Produktions
183  geheimnissen und Geschäftsgeheimnissen vor. 14 dieses
184  Gesetzes bestimmte im Abs. 1, daß ein in einem Unternehmen
185  Bediensteter, welcher während der Dauer des Dienstverhältnisses
186  ein Geschäftsgeheimnis - betreffend die Produktion oder den
187  Handel -, das er im Dienste kennenlernte und das im Wettbewerb
188  verwendet werden kann, unbefugt jemand anderem mitteilt oder
189  zugänglich macht, auf Feststellung oder Unterlassung einer
190  solchen Handlung und auf Ersatz des verursachten Schadens verglagt
191  werden kann. Im Abs. 2 dieses Paragraphen sind die gleichen
192  Maßnahmen für die Fälle der sog. Vorlagenfreibeuterei und
193  unbefugten Verwertung und weiteren Mitteilung der
194  Geschäftsgeheimnisse zwecks Wettbewerbs vorgesehen worden.
195  Gemäß Abs. 3 des 14 UWG 1930 konnten diese Maßnahmen
196  auf die Bediensteten, die ihre, mit Willen des Dienstgebers in
197  seinem Unternehmen im Laufe des regelmäßig verrichteten Dienstes
198  erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten nach Lösung des
199  Dienstverhältnisses ausnutzen, keine Anwendung finden. Diese
200  Regelung erinnert annähernd an die Bestimmungen der 17 und
201  18 des deutschen UWG. Sie erfaßte im großen und ganzen alle
202  Fälle der Verletzung und Ausnutzung der Geschäftsgeheimnisse.
203  Nach dem Krieg herrschte in Jugoslawien keine Einigkeit darüber,
204  ob Geschäftsgeheimnisse wettbewerbsrechtlich geschützt werden
205  sollen, und zwar trotz der Tatsache, daß Geheimnisverrat im
206  Strafgesetzbuch aus dem Jahre 1951 (Art. 218) seinen Platz
207  gefunden hat. Es wurde u. a. geltend gemacht, daß in einer
208  sozialistischen Gesellschaft zwischen den Unternehmen keine
209  Geschäftsgeheimnisse bestehen dürften. Nach Ansicht Pretnars
210  ist durch die grundsätzliche Anerkennung des wirtschaftlichen
211  Wettbewerbs jedoch auch die Anerkennung der Notwendigkeit des
212  Schutzes von Geschäftsgeheimnissen, sofern diese ein wesentliches
213  Element des Wettbewerbs darstellen, erfolgt. Obwohl es u.W.
214  bis zum Erlaß des MOG keine Gerichtsurteile, die sich auf
215  die Rechtsregel des 14 UWG 1930 stützen, gab, kann u.E.
216  angenommen werden, daß diese in einem bestimmten,
217  beschränkten Umfang anwendbar waren. In Art. 23 Abs. 2
218  Ziff. 6 des MOG bezeichnete der jugoslawische Gesetzgeber die
219  Bestechung von Mitgliedern des Arbeitskollektivs einer anderen
220  wirtschaftlichen Organisation zwecks Preisgabe von
221  Geschäftsgeheimnissen als unlauteren Wettbewerb. Eine nähere
222  Erläuterung des Begriffs " Geschäftsgeheimnis " gab das MOG
223  in der Fassung vom Juli 1962 nicht. Diese Regelung ist durch die
224  Novelle des MOG vom Dezember 1962 ergänzt worden. Die unter
225  V A " Geschäftsgeheimnisse der wirtschaftlichen Organisationen "
226  in das MOG eingefügten Artikel 54 a bis m enthielten eine
227  ausführliche Regelung des Problems. In das GÜWV ist
228  allerdings nur die frühere Bestimmung des Art. 23 Abs. 2
229  Ziff. 6 übernommen worden (Art. 54 Abs. 2 Ziff. 7).
230  Die Art. 54 a bis m sind jetzt im Gesetz über Unternehmen,
231  Art. 246 bis einschließlich 253, enthalten. Diese Regelung
232  ist zwar recht umfangreich, jedoch nicht besonders klar. Was als
233  Geschäftsgeheimnis im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist,
234  bestimmen die Art. 246 und 247. Nach Art. 246 werden als
235  Geschäftsgeheimnisse alle Unterlagen und Tatsachen angesehen: 1.
236  die das zuständige Organ zum Geschäftsgeheimnis erklärt hat;
237  2.die das zuständige Organ als Geschäftsgeheimnis einer
238  wirtschaftlichen Organisation mitgeteilt hat; 3.die sich auf
239  die Landesverteidigung beziehen und als militärische Geheimnisse
240  bezeichnet sind, und 4.die in Angeboten bei Konkursen oder
241  öffentlichen Ausschreibungen enthalten sind. Da es sich bei den
242  unter Ziff. 1 bis 4 aufgezählten Tatsachen und Unterlagen kaum
243  um Geschäftsgeheimnisse im üblichen Sinne handelt, ist der Art.
244  247 von besonderer Bedeutung. Hier werden als
245  Geschäftsgeheimnisse auch jene Urkunden und Angaben, die durch
246  das Statut oder einen besonderen Beschluß des Arbeiterrates der
247  wirtschaftlichen Organisation als Geschäftsgeheimnis bezeichnet
248  werden, angesehen. Als Beispiele für solche Urkunden und
249  Angaben nennt das Gesetz: Urkunden und Angaben über Fabrik
250  geheimnisse und Produktionsgeheimnisse und über
251  Ergebnisse von Forschungsarbeiten oder
252  Konstruktionsarbeiten; aber auch andere Urkunden und Angaben,
253  deren Mitteilung an eine nicht befugte Person, mit Hinsicht auf
254  deren Natur und Bedeutung, für die Interessen der
255  wirtschaftlichen Organisation oder der gesamten Wirtschaft
256  schädlich sein könnte, können durch das Statut oder einen
257  Beschluß des Arbeiterrats des Unternehmens als
258  Geschäftsgeheimnis erklärt werden. Der Beschluß des
259  Arbeiterrates, durch den die Urkunden und Angaben zu
260  Geschäftsgeheimnissen erklärt werden, unterliegt der Genehmigung
261  des Volksausschußrates der Gemeinde, der zuständig ist, die
262  Statuten der wirtschaftlichen Organisationen zu genehmigen. Bei
263  Erteilung der Genehmigung muß das zuständige Organ darauf achten,
264  daß nur solche Urkunden und Angaben als Geschäftsgeheimnis
265  bezeichnet werden, die vom Standpunkt des betreffenden
266  Unternehmens und der gesamten Wirtschaft ein Geschäftsgeheimnis
267  bilden können bzw. daß nicht derartige Urkunden und Angaben
268  als Geschäftsgeheimnis angesehen werden, deren Bekanntgabe an
269  nicht befugte Personen den berechtigten Interessen des
270  Unternehmens oder der gesamten Wirtschaft keinen Schaden
271  verursachen können und deren Geheimhaltung in Widerspruch zum
272  Grundsatz der öffentlichen Tätigkeit der wirtschaftlichen
273  Organisationen stehen könnte.

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