Quelle Nummer 173

Rubrik 13 : GESCHICHTE   Unterrubrik 13.03 : TEILGEBIETE

GESCHICHTE DER LOKOMOTIVE
HORST J. OBERMAYER
TASCHENBUCH DEUTSCHE SCHMALSPURLOKOMOTIVEN
FRANCKH'SCHE VERLAGSHANDLUNG, W. KELLER UND CO
STUTTGART 1971, S. 117-143


001  Noch vor dem Ankauf von sieben Maschinen der Heeresfeldbahnen
002  erwarben die Muskauer Waldbahnen eine vierachsige, vierfach
003  gekuppelte Tenderlokomotive, die im Jahre 1912 von Borsig mit der
004  Fabrik-Nr. 8472 direkt für die Waldbahn gebaut worden ist.
005  Die Maschine fuhr bis zur Übernahme der Bahn durch die
006  Deutsche Reichsbahn unter dem Namen " Diana ". Danach bekam
007  sie die Betriebsnummer 99 3312. Im Gegensatz zu den ehemaligen
008  Lokomotiven der Heeresfeldbahnen hat die 99 3312 einen
009  Kohlenkasten an der Rückfront des Führerhauses aufzuweisen.
010  Zur Vermeidung von Funkenflug hatte die Lok einen recht
011  voluminösen Kobelschornstein erhalten, der bei allen Maschinen
012  der Muskauer Waldbahn zu den besonderen Merkmalen zählte. Die
013  99 3312 hatte schon eine Heusinger-Steuerung aufzuweisen, die
014  anderen Lokomotiven waren noch mit der Stephenson-Steuerung
015  ausgerüstet worden. Die Höchstgeschwindigkeit der
016  Waldbahnmaschinen war mit nur 15 km/h recht bescheiden, in
017  Anbetracht des schwachen Oberbaus aber zunächst durchaus
018  angemessen. Später waren dann 25 km/h zugelassen, nachdem bei
019  den Heereslokomotiven die Klien-Lindner-Achsen gegen fest
020  im Rahmen gelagerte Achsen ausgetauscht worden waren. Die
021  Mecklenburg-Pommersche Schmalspurbahn zählte mit einer
022  Spurweite von nur 600 mm zu den kleinsten deutschen Bahnen, mit
023  einem zusammenhängenden Netz mit einer Länge von 216 km war sie
024  eine der Größten. Die Betriebseröffnung erfolgte im Jahr 1892
025  nach dem eine zuvor vorhandene Feldbahn von 800 mm auf 600 mm
026  umgespurt worden war. Von den insgesamt 44 Dampflokomotiven der
027  MPSB gelangten 1949 bei der Übernahme durch die Reichsbahn nur
028  noch 9 Stück in deren Besitz. Drei der Maschinen, die 99 3351
029  -3353, waren in den Jahren 1906, 1907 und 1908 von Jung mit
030  den Fabrik-Nr. 989, 1138 und 1261 als Naßdampf-
031  Tenderlokomotiven gebaut worden. Bei allen drei Fahrzeugen hatte
032  Jung einen Außenrahmen gewählt und die Schleppachse in einem
033  Bisselgestell gelagert. Die Lokomotiven bewährten sich recht gut,
034  für längere Strecken reichten die mitgeführten Vorräte jedoch
035  nicht aus. Um den Aktionsradius zu erweitern, erhielten die
036  Maschinen kleine zweiachsige Wassertender und größere
037  Kohlenkästen an der Rückseite des Führerhauses. Diese
038  Ergänzung wurde in eigener Regie von der Hauptwerkstätte in
039  Friedland vorgenommen. In Friedland befindet sich auch ein
040  Ringlokschuppen mit 15 Ständen und mit einer Drehscheibe. Die
041  Streckenlänge der Mecklenburg-Pommerschen Schmalspurbahn
042  wuchs vom Tag der offiziellen Betriebseröffnung am 1.10.
043  1892 von 87 km auf beachtliche 216 km im Jahre 1936. Um den
044  Verkehr auf diesem großen Netz bewältigen zu können erwarb die
045  MPSB in den Jahren 1937 und 1938 zwei moderne
046  Heißdampflokomotiven mit der Achsfolge D. Lieferant dieser
047  Schlepptender-Maschinen war wiederum die Firma Orenstein *und
048  Koppel, Fabrik-Nr. 12 894 und 13 200, die von 1930-
049  1934 bereits drei sehr ähnliche Lokomotiven geliefert hatte. Die
050  beiden Maschinen hatten ebenfalls einen Außenrahmen erhalten.
051  Der Zugang zum Führerhaus war durch seitlich angeordnete Türen
052  möglich, der Tender konnte deshalb recht kurz gekuppelt werden.
053  Da der Stehkessel über dem Rahmen liegen mußte, rückte auch
054  die Kesselmitte hoch und ließ den Kessel etwas zierlich erscheinen.
055  Ansonsten aber muß den beiden Lokomotiven ein sehr harmonisches
056  Gesamtbild bescheinigt werden. Als die MPSB im Jahre 1949 in
057  die Verwaltung der Deutschen Reichsbahn überging war nur noch die
058  Lok des Baujahres 1938 vorhanden, die um 1950 die Betriebsnummer
059  99 3361 erhielt. Die Maschine war bis zuletzt in Friedland
060  stationiert. Von der Betriebseröffnung im Jahre 1892 bis zum
061  Jahre 1913 hatte die Mecklenburg-Pommersche Schmalspurbahn
062  insgesamt 26 Tenderlokomotiven verschiedener Erbauer in Dienst.
063  Dabei handelte es sich ausnahmslos um Naßdampfmaschinen mit
064  unterschiedlicher Achsfolge. Die letzten dieser Lokomotiven mit
065  der Achsanordnung C 1' hatte Jung in der Zeit von 1906 bis 1913
066  geliefert. Von derselben Firma stammte auch die im Jahre 1914 in
067  Dienst gestellte Maschine mit der Fabrik-Nr. 2155. Diese
068  Lok entsprach in ihrem Äußeren ziemlich genau den kurz zuvor
069  beschafften Maschinen, im Gegensatz zu jenen war sie aber als
070  Heißdampfmaschine ausgefuhrt worden. Damit sollte nun auch auf
071  der Schmalspurbahn der Vorteil des Heißdampfes demonstriert
072  werden. Dem Versuch kann kein voller Erfolg bescheinigt werden,
073  denn die Lok bewährte sich nicht besonders gut. Um ihren
074  Aktionsradius zu erweitern, erhielt sie von der MPSB einen
075  zusätzlichen zweiachsigen Wassertender und einen Kohlenkasten
076  hinter dem Führerhaus. Als im Jahre 1949 die MPSB von der
077  Deutschen Reichsbahn übernommen wurde, erhielt die Lokomotive
078  die Nummer 99 3451. Sie war in Anklam stationiert und wurde
079  schließlich im Herbst 1966 ausgemustert. Mit der von der Firma
080  Jung im Jahre 1914 gelieferten Heißdampfmaschine mit der
081  späteren Betriebsnummer 99 3451, trat bei der Mecklenburg-
082  Pommerschen Schmalspurbahn eine längere Pause bei der
083  Beschaffung weiterer Dampflokomotiven ein. Zunächst wurde in der
084  Zeit bis 1920 der vorhandene Fahrzeugpark aufgearbeitet und zum
085  Teil modernisiert. Im Rahmen dieser Arbeiten erfolgte auch der
086  Austausch der ursprünglich doppelflanschigen Räder gegen solche
087  mit normalen Spurkränzen. Die erste Neuerwerbung nach dem
088  Weltkrieg stammt aus dem Jahr 1925. Mit der Fabrik-Nr.
089  3852 lieferte Vulcan eine Heißdampfmaschine mit Schlepptender,
090  die zugleich eine der letzten Lokomotiven des Stettiner Werkes war.
091  Mit einer Leistung von 150 PS war sie zwar nicht die stärkste
092  Maschine, in der Ausgewogenheit ihrer Form blieb sie aber bei der
093  MPSB ohne Konkurrenz. Das Führerhaus blieb seitlich
094  geschlossen, der Zugang erfolgte über die Tenderbrücke. Im
095  Jahre 1949 wurde die Lok von der Deutschen Reichsbahn übernommen
096  und als 99 3461 weiterhin bei der Mecklenburg-Pommerschen
097  Schmalspurbahn eingesetzt und in Friedland stationiert, bis der
098  Betrieb im Jahre 1970 eingestellt wurde. Mit dem Ausbau des
099  Streckennetzes der Mecklenburg-Pommerschen Schmalspurbahn in
100  der ersten Hälfte der dritten Dekade dieses Jahrhunderts wuchs
101  bei der MPSB erneut der Bedarf an leistungsfähigen Maschinen.
102  Um das gestiegene Verkehrsaufkommen bewältigen zu können tätigte
103  die Bahnverwaltung einige Gelegenheitskäufe und erwarb von 1926
104  -1939 insgesamt 8 Naßdampfmaschinen verschiedener Hersteller,
105  die während des Ersten Weltkrieges für die Heeresfeldbahnen
106  gebaut worden waren. Nach den guten Erfahrungen mit den beiden
107  ersten Heißdampfmaschinen von Jung und Vulcan erhielt die Firma
108  Orenstein *und Koppel den Auftrag zum Bau von drei solcher
109  Lokomotiven mit Schlepptender. Die erste Lok wurde im Jahre
110  1930 mit der Fabrik-Nr. 12 178 in Dienst gestellt, die
111  beiden anderen folgten 1934 mit den Fabrik-Nr. 12 494 und 12
112  518. Zu den baulichen Besonderheiten dieser Fahrzeuge zählten
113  die großen Gegenkurbeln und das geräumige Führerhaus mit den
114  seitlichen Einstiegen. Nur die letzte der drei Maschinen wurde
115  1949 von der Deutschen Reichsbahn als 99 3462 übernommen, in
116  Anklam stationiert und bis 1970 auf dem nur noch 35,1 km langen
117  Reststück der MPSB von Anklam-Wegenzin-Dennin-
118  Friedland eingesetzt. Als im Jahre 1949 die Mecklenburg-
119  Pommersche Schmalspurbahn von der Deutschen Reichsbahn
120  übernommen wurde, waren von der einst so respektablen
121  Streckenlänge von 216 km im Jahre 1936 nur noch das Reststück
122  Anklam-Friedland und einige kurze Zweigrecken mit einer
123  Gesamtlänge von weniger als 90 km übriggeblieben. Eine dieser
124  Zweiglinien war die Strecke von Jarmen nach Schmarsow, die
125  früher von den Demminer Kleinbahnen mit einer Spurweite von 750
126  mm befahren wurde. Jene Bahn wurde nach 1945 mit dem Material der
127  MPSB mit der Spur von 600 mm wieder aufgebaut. Auf dieser
128  Linie und zur Bedienung weiterer Anschlüsse wurden außer der
129  Lok 99 3001 noch zwei weitere Maschinen eingesetzt, die von Jung
130  im Jahre 1941 mit der Fabrik-Nr. 9296 und von Krauss-
131  Maffei im Jahre 1940 mit der Fabrik-Nr. 15 793 als
132  Baulokomotiven gefertigt worden waren. Die Lok von Jung hatte
133  bei der Eingliederung in den Bestand der Reichsbahn die Nummer 99
134  3652 erhalten, die andere Lok trug danach die Nummer 99 3651.
135  Beide hatten zuletzt kleine zweiachsige Wassertender erhalten.
136  Mit ihrer recht bescheidenen Leistung waren die beiden Lokomotiven
137  nur bedingt im Streckeneinsatz zu verwenden, sie wurden im Jahre
138  1956 verkauft. Im Sommer des Jahres 1965 wurde die letzte
139  Strecke des Kreises Jerichow stillgelegt, die von Burg über
140  Magdeburgerforth nach Ziesar und nach Altengrabow führte. Kurz
141  zuvor war auch der Betrieb auf der Strecke Burg-Lübars
142  eingestellt worden. Die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen
143  Lokomotiven wurden auf andere Strecken umgesetzt, verkauft oder
144  ausgemustert. Eine der kleinsten Maschinen der " Kleinbahn
145  Jericho 1 " war eine Naßdampf-Tenderlok mit der Bahn Nr.
146  23. Sie war im Jahre 1920 von Orenstein *und Koppel mit der
147  Fabrik-Nr. 9418 geliefert worden. Die kleine Lok wies
148  einige bemerkenswerte Besonderheiten auf. Dazu zählen die kleinen
149  Räder mit einem Durchmesser von nur 600 mm und die geringe
150  Gesamtbreite des Fahrzeuges, welche die Stirnfenster wie zwei
151  große Augen erscheinen ließ. Merkwürdigerweise war die
152  Maschine nur mit einer Handbremse ausgerüstet. Dies und eine
153  relativ bescheidene Leistung beschränkten ihren Einsatz auf
154  Verschiebedienste im Bahnhof Burg. Erst im Jahre 1956 war die
155  Lokomotive von der Deutschen Reichsbahn aus der Nummer 99 4402
156  zur 99 4301 umgezeichnet worden. Nach der Stillegung der letzten
157  Strecke der KJI wurde sie an ein Industriewerk verkauft. In
158  der Prignitz, einem Agrargebiet der früheren Mark Brandenburg
159  waren in der Zeit vom 15.10.1897 bis zum 2.7.1912
160  insgesamt fünf Schmalspurstrecken geschaffen worden, die ein
161  zusammenhängendes Netz bildeten und als Kleinbahnen der Kreise
162  Ostprignitz und Westprignitz bezeichnet wurden.
163  Zusammen mit drei zweiachsigen Tenderlokomotiven die von Hagans
164  stammten, wurden im Jahre 1897 auch drei Maschinen mit der
165  Achsfolge C von der Firma Hartmann mit den Fabrik-Nr.
166  2262-2264 bezogen. Eine weitere Tenderlok derselben Bauart
167  lieferte Hartmann im Jahre 1900 mit der Fabrik-Nr. 2622.
168  Bei den Prignitzer Kreiskleinbahnen trugen die Maschinen
169  zunächst die Nummern 14-17. Die Nr. 14-16 waren auf
170  der insgesamt 41,75 km langen Strecke Kyritz-Hoppenrade
171  -Breddin eingesetzt, die Nr. 17 von Viesecke nach Glöwen,
172  diese Linie war nur 15,18 km lang. Von der Deutschen
173  Reichsbahn wurden nur noch die Nr. 14 und 16-17 im Jahre
174  1949 übernommen und als 99 4501-4503 geführt. Alle drei
175  Lokomotiven waren ab 1954 mehrmals zur Aushilfe bei verschiedenen
176  anderen Bahnen eingesetzt bis die 99 4501 und 4502 um 1964 und 1966
177  ausgemustert wurden. Die 99 4503 blieb dagegen zunächst noch
178  erhalten. Die in einem Zeitraum von 15 Jahren erbauten fünf
179  Strecken der Kleinbahnen der Kreise Ostprignitz und
180  Westprignitz entstanden alle mit einer gemeinsamen Spurweite von
181  750 mm, sie wurden aber zunächst getrennt verwaltet. Diese
182  Zersplitterung machte sich in den ersten Betriebsjahren besonders
183  bei der Beschaffung von Triebfahrzeugen bemerkbar. Nach den
184  ersten drei B n2-Tenderlokomotiven wurden, abgesehen von einer
185  einzigen Ausnahme, zwar nur noch C n2-Maschinen in Dienst
186  gestellt. Geliefert wurden diese Fahrzeuge der Baujahre 1897-
187  1920 von fünf verschiedenen Herstellern. Zwangsläufig ergaben
188  sich bei diesen Lieferungen zum Teil recht beträchtliche
189  Unterschiede in den technischen Daten und beim äußeren Bild der
190  Lokomotiven. Nach den vier Maschinen von Hartmann baute die
191  Firma Orenstein *und Koppel in den Jahren 1906 und 1907 je eine
192  Lokomotive für die Strecke Lindenberg-Pritzwalk, die eine
193  Länge von 18,68 km hatte. Die Lok des Baujahres 1906 mit
194  der Fabrik-Nr. 2129 kam 1949 als 99 4504 zur DR. Eine
195  ähnliche Maschine lieferte Borsig im Jahre 1912, Fabrik-Nr.
196  8388. Diese Lok mit Heusinger-Steuerung erhielt von der
197  DR die Nummer 99 4505 und wurde 1963 ausgemustert, die 4504 erst
198  1966. Unweit von Berlin liegt die Kreisstadt Nauen,
199  Ausgangspunkt einer Schmalspurstrecke über Senzke nach Rathenow
200  mit einer Zweiglinie von Senzke nach Paulinenaue. Am 1.4.
201  1900 nahm die Osthavelländische Kreisbahn den Betrieb auf beiden
202  Strecken auf, die eine Länge von 42,6 km bzw. 8 km hatten.
203  Für den verhältnismäßig geringen Verkehr wurden nur leichte
204  Maschinen benötigt. Zwei solcher Lokomotiven aus der
205  Anfangszeit der Bahn waren bis zu deren Stillegung am Beginn der
206  sechziger Jahre im Einsatz. Eine der beiden Maschinen trug die
207  Bahn-Nr. 3, sie war 1899 von Krauss mit der Fabrik-
208  Nr. 4111 geliefert worden und war bald unter dem Namen
209  " Pusteliese " wohlbekannt. Die drei Kuppelachsen waren in einem
210  Innenrahmen gelagert, der hinten so stark verbreitert war, daß
211  die Laufachse zwischen den Rahmenwangen plaziert werden konnte.
212  Hoch über dem Kessel, zwischen Sanddom und Dampfdom
213  befand sich ein Trichter von dessen Spitze je eine Leitung nach
214  rechts und links zu den Wasserkästen führte. Nach der
215  Übernahme der Kleinbahnen und Nebenbahnen durch die
216  Deutsche Reichsbahn hatte die Lok im Jahre 1950 die Nummer 99
217  4511 erhalten. Nach 1961 kam sie auf die Insel Rügen, im Jahre
218  1965 wurde sie rekonstruiert. Mit der " Röchelanna " war auch
219  noch eine zweite Maschine aus der Anfangszeit der Schmalspurbahn
220  Rathenow-Senzke-Nauen der Osthaveländischen Kreisbahn
221  im Einsatz, als diese im Jahre 1961 ihren Betrieb drosselte und
222  schließlich ganz einstellte. Bei ihrer Lieferung durch Orenstein
223  *und Koppel im Jahre 1901 trug sie außer der Fabrik-Nr.
224  845 die Bahn-Nr. 5. Im Gegensatz zu der 1899 gelieferten
225  Maschine von Krauss, mit der Bahn-Nr. +, hatte die Lok
226  von O *und K einen durchgehenden Außenrahmen und eine von der
227  Lieferfirma entwickelte Lenkersteuerung. Diese Steuerung war
228  zwar sehr einfach in ihrem Aufbau, sie brachte aber einige
229  Nachteile im Betrieb. So ergab sich ein ungleichmäßiger
230  Auspuff, der bedingt durch den engen langen Schornstein zu einem
231  gewissen Röcheln und deshalb auch zu einem der beiden Spitznamen
232  der Lok führte. Der andere Beiname lautete " Springender
233  Hirsch ", weil die Maschine nicht selten aus den Gleisen sprang.
234  Die Lastenverteilung der Lokomotive war sehr ungünstig. Am
235  stärksten belastet war die Laufachse, am geringsten die erste
236  Kuppelachse, die dann auch immer wieder entgleiste. Die Lok
237  wurde als 99 4512 im Jahre 1964 im Raw Görlitz verschrottet.
238  Nach der Stillegung der Schmalspurbahn Rathenow-Senzke-
239  Nauen wurde die Lokomotive 99 4512 abgestellt und schließlich im
240  Jahre 1964 verschrottet. Die um zwei Jahre ältere Maschine 99
241  4511 kam dagegen im Juni 1961 nach Putbus auf der Insel Rügen.
242  Während der meisten Zeit war die Lok dort aber kalt abgestellt.
243  Um 1964 wurde sie dann dem Raw Görlitz zugeführt und für eine
244  Rekonstruktion nahezu ganz zerlegt. Im Jahre 1965 war dann die
245  Maschine wieder einsatzfähig, von der lieben guten antiquierten
246  " Pusteliese " war fast nichts mehr übriggeblieben. Der Rahmen
247  war neu, der Kessel, das Triebwerk ebenfalls und beim
248  Führerhaus und den Vorratsbehältern konnte man auch keine
249  Ähnlichkeit mit der früheren Ausführung feststellen.
250  Entstanden war eine kleine, fast neue und recht modern aussehende
251  Lokomotive, die eigentlich nur ihre alte Nummer behielt. Von
252  1965 bis 1966 war die Maschine wieder in Putbus und danach bis 1967
253  auf der 9,2 km langen Strecke Glöwen-Havelberg der
254  ehemaligen Kreiskleinbahnen Jerichow 1 im Einsatz. Nachdem dann
255  auch auf dieser Bahn der Betrieb eingestellt wurde, zog die 99
256  4511 am 1.6.69 einen der drei letzten Züge zum großen
257  Abschied nach Lindenberg. Für die Schmalspurbahnen auf der
258  Insel Rügen, die von 1896 bis 1899 zu den zwei voneinander
259  getrennten Linien Bergen-Altenkirchen und Göhren-
260  Altefähr mit einer Gesamtlänge von 96,8 km anwuchsen,
261  lieferte Vulcan einen großen Teil der Lokomotiven. Nach
262  verschiedenen kleineren Fahrzeugen kamen kurz nach der
263  Jahrhundertwende die ersten Mallet-Maschinen auf die
264  Inselstrecken. Zwei Lokomotiven kamen bereits im Jahre 1902 mit
265  den Fabrik-Nr. 2010 und 2013 von Vulcan. Vom selben
266  Lieferanten stammten auch die 1905 und 1908 in Dienst gestellten
267  Maschinen mit den Fabrik-Nr. 2172 und 2451. Eine weitere
268  Lok derselben Bauart und Ausführung lieferte die Hanomag im
269  Jahre 1911 mit der Fabrik-Nr. 6227. Sie unterschied sich
270  von den Vulcan-Maschinen nur durch einen bei ihr vorhandenen
271  Lüftungsaufsatz auf dem Dach. Alle fünf waren Naßdampf-
272  Verbund-Lokomotiven mit außenliegendem Hauptrahmen der die
273  Hochdruckzylinder aufnahm und mit innenliegendem Rahmen des
274  Niederdruck-Triebgestells. Die Fahrzeuge waren in Putbus
275  stationiert und hatten 1949 von der DR die Nummern 99 4521-
276  4525 erhalten. In den Jahren 1965 und 1966 wurden alle fünf
277  Maschinen ausgemustert, die ersten vier verschrottet die andere
278  verkauft.

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