Quelle Nummer 165
Rubrik 09 : WIRTSCHAFT Unterrubrik 09.22 : WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
ZINSSUBVENTION
DR. JUERGEN RICHTER
DIE ZINSSUBVENTIONEN IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCH-
LAND
FORMEN, ENTWICKLUNG UND WIRKUNGEN AUF DEN KAPITAL-
MARKT
FRITZ KNAPP VERLAG FRANKFURT 1970
SCHRIFTENREIHE DES INSTITUTS FUER KAPITALMARKTFOR-
SCHUNG AN DER J.W.GOETHE-UNIVERSITAET FRANKFURT,
MONOGRAPHIEN 2, S. 202-210
001 Zinssubventionen und Notenbankpolitik. Wir
002 beschränken uns im folgenden wiederum auf die
003 Zinssubventionsmaßnahmen zur Unterstützung der Kapitalnachfrage.
004 Waren zuvor die Wirkungen dieser finanzpolitischen Maßnahme auf
005 dem Kapitalmarkt und die Stellung der Marktteilnehmer behandelt
006 worden, so brauchte dabei nicht berücksichtigt zu werden, daß die
007 Notenbank großes Interesse am Kapitalmarktgeschehen hat und sie
008 durch den Einsatz des währungspolitischen Instrumentariums
009 Eingluß auf die Verhältnisse am Kapitalmarkt nehmen kann. Auf
010 diese Wirkungen soll nunmehr eingegangen werden, wobei es von
011 besonderem Interesse ist, in welcher Weise sich Finanz
012 politik und Notenbankpolitik in ihren Zielsetzungen
013 unterscheiden können, und wie sich dies auf dem Kapitalmarkt
014 auswirken kann. Entscheidend kommt es dabei auf die Beantwortung
015 der Frage an, welche Bedeutung speziell die
016 Zinssubventionsmaßnahmen der öffentlichen Hand für die
017 Wirksamkeit der Währungspolitik erlangen können. Aufgabe der
018 Notenbank, in der Bundesrepublik der Deutschen Bundesbank, ist
019 es, im Rahmen der ihr eingeräumten Währungshoheit worunter
020 " alle auf die Sicherung der Wertbeständigkeit des Geldes nach
021 innen und nach außen gerichteten Maßnahmen " zu verstehen sind,
022 den Geldumlauf und die Kreditversorgung der Wirtschaft mit dem
023 Ziel der Sicherung der Währung zu regeln. Als Hüterin der
024 Währung muß die Bundesbank bestrebt sein, durch Herstellung des
025 binnenwirtschaftlichen Gleichgewichts das Preisniveau stabil zu
026 halten. Dazu stehen ihr nach dem Bundesbank-Gesetz
027 verschiedene Instrumente zur Verfügung, mit deren Hilfe sie
028 über direkte Beziehungen zum Geschäftsbankensystem auf die
029 Konjunktur und die Binnenwirtschaft einzuwirken vermag. Die
030 besondere Situation der Bundesrepublik hat es erforderlich gemacht,
031 daß die Deutsche Bundesbank ihr Hauptinteresse auf die
032 Entwicklung der inländischen Investitionsnachfrage und der
033 Exportnachfrage richten muß, weil von diesen die stärksten
034 konjunkturellen Einfluesse in der Vergangenheit ausgingen. Wenn
035 sich vielfach schon herausgestellt hat, wie gering und unzulänglich
036 oftmals die Beeinflussungsmöglichkeit von Nachfragegrößen über
037 die Zinsvariation sein kann, so muß sich die Notenbank in starkem
038 Maße auf den Einsatz des Zinses als währungspolitisches
039 Instrument stützen. Selbst mit den quantitativen Maßnahmen der
040 Liquiditätspolitik und Kreditpolitik, die auf den
041 ersten Blick vielleicht keine zinspolitischen Konsequenzen
042 beinhalten mögen, beabsichtigt die Notenbank letzten Endes doch,
043 den Zins in der Volkswirtschaft zu treffen. Will die Notenbank
044 durch den Einsatz ihres Zinsinstrumentariums den
045 Gleichgewichtszustand der Binnenwirtschaft wieder herstellen, dann
046 muß die Bank jeden Eingriff in die Fuktion des Zinses und die
047 Wirkungsweise des Zinsmechanismus als störend für die
048 Geldpolitik empfinden. Ein störender Faktor müssen daher die
049 Zinssubventionen sein, da diese finanzpolitische Maßnahme einen
050 großen Bereich der Investitionsnachfrage und
051 Kreditnachfrage zinsunelastischer macht und gegen die Wirksamkeit
052 der Notenbankpolitik teilweise abschirmt. Die Beeinträchtigung
053 erfährt die Währungspolitik vornehmlich dadurch, daß es sich bei
054 den geförderten Investitionen um solche handeln muß, bei denen
055 der Zins als Regler der Investitionen und damit der
056 Kreditnachfrage noch Durchschlagskraft besitzt. Im Gegensatz zum
057 großen Bereich der zinsunelastischen Investitionen im
058 Industriesektor zeichnen sich die Investitionen im Wohnungsbau und
059 in der Landwirtschaft durch eine Zinsreagibilität aus. Da es
060 gerade diese Investitionen sind, die die öffentliche Hand mit
061 Zinssubventionen unterstützt, und die ihrerseits auf
062 zinspolitische Maßnahmen der Notenbank reagieren würden,
063 bedeutet dies eine Verminderung der Wirksamkeit der
064 Notenbankpolitik. Die Durchschlagskraft von Zinsvariationen auf
065 die Kreditverhältnisse wird verringert, wenn subventionierte
066 Kredite ausgereicht werden. Diese Tatsache kann es erfordern,
067 die zinspolitischen Maßnahmen der Notenbank so zu verstärken,
068 daß der erstrebte Effekt auf jeden Fall erzielt werden kann. Die
069 Störungsfaktoren würden also eine entsprechend stärkere
070 Dosierung der notenbankpolitischen Maßnahmen verlangen, was
071 wiederum recht unterschiedliche Folgen für die einzelnen
072 Wirtschaftsbereiche haben könnte. Im folgenden soll zunächst
073 kurz umrissen werden, welche Instrumente der Notenbank zur
074 Beeinflussung des Zinsniveaus am Kapitalmarkt zur Verfügung
075 stehen, und in welcher Weise sich schließlich die
076 Subventionspolitik für die Stabilitätspolitik bemerkbar macht.
077 Der Einfluß der Notenbank auf den Kapitalmarktzins
078 Ob die Notenbank überhaupt eine Einflußmöglichkeit auf
079 den langfristigen Zinssatz besitzt, können wir uns anhand des
080 Angebots am Kapitalmarkt verdeutlichen. Es wurde bereits
081 erörtert, welche einzelnen Faktoren das Angebot an langfristigen
082 Finanzierungsmitteln ausmachen: Nämlich die Ersparnisse der
083 privaten Wirtschaftssubjekte und das Angebot der Kreditinstitute,
084 das aus der Geldschöpfung resultiert. Damit wird die
085 Angebotsfunktion zum Ergebnis der Notenbankpolitik, denn durch
086 den Einsatz der Liquiditätspolitik und Kreditpolitik
087 kann die Notenbank den Geldspielraum und
088 Kreditschöpfungsspielraum der Geschäftsbanken verändern. Die
089 Notenbank wird ihre Politik, mit der sie das
090 Kreditschöpfungspotential der Geschäftsbanken beeinflussen will,
091 unter Beachtung der Auswirkung auf das langfristige Zinsniveau
092 vornehmen müssen: " Somit ist es letzlich die Zentralbank, die
093 das langfristige Zinsniveau bestimmt. " Allerdings weist die
094 Realität nicht diese Einfachheit der Beziehungen auf. Vor allem
095 wird sich bemerkbar machen, daß es in Wirklichkeit keineswegs nur
096 einen einzigen langfristigen Zinssatz gibt. Betrachtet man die
097 Befugnisse der Deutschen Bundesbank zu einer Beeinflussung des
098 Zinsniveaus am Kapitalmarkt, so kann man feststellen, daß der
099 Begriff Kapitalmarkt im Bundesbank-Gesetz und in dem vom
100 Gesetzgeber der Notenbank eingeräumten Instrumentarium überhaupt
101 nicht vorkommt. Vielmehr erstrecken sich die Maßnahmen der
102 Bundesbank in bevorzugter Weise auf die Regulierung des
103 Geldmarktes. Aus dieser Tatsache kann aber nicht gefolgert werden,
104 daß die Deutsche Bundesbank dem Kapitalmarkt völlig neutral
105 gegenübersteht. Infolge der bestehenden Interdependenzen des
106 Kreditmarktes sind die Grenzen der Teilbereiche Geldmarkt
107 und Kapitalmarkt fließend, so daß die Verhältnisse am
108 Geldmarkt auch nachhaltig auf die Verhältnisse am Kapitalmarkt
109 ausstrahlen können. Deshalb kann die Notenbank mit
110 Zinsvarationen nur selten isoliert einen ganz bestimmten Zinssatz
111 auf einem Teilmarkt beeinflussen, sondern die Zinswirkungen
112 ergeben sich aus dem Zusammenhang der gesamten Zinsstruktur.
113 Gehen wir davon aus, daß der Zins trotz der Schwächung seiner
114 Funktionen immer noch ein wichtiger Faktor für die Regulierung
115 der Kreditversorgung über das Verhältnis Notenbank -
116 Geschäftsbankensystem sein wird, so schält sich zunächst nur ein
117 währungspolitisches Instrument heraus, das offensichtlich allein
118 dem Zweck der Zinsbeeinflussung dient, nämlich die
119 Diskontpolitik. Bei allen anderen Maßnahmen handelt es sich um
120 eine mit quantitativen Werkzeugen arbeitende Liquiditätspolitik,
121 bei der sich die Zinsbeeinflussung als Sekundärwirkung ergibt.
122 Für die Zinswirkungen hat der Diskontsatz ein doppeltes Gewicht:
123 Einerseits hilft die Veränderung des Satzes mit, bestimmte
124 Sätze auf dem kurzfristigen Geldmarkt zustande zu bringen;
125 andererseits dient der Diskont als Richtsatz der Geldmarktsätze.
126 Über die Bewegungen am Geldmarkt besteht ein gewisser
127 Zusammenhang zu den Zinssätzen an den übrigen Teilmärkten des
128 Kreditmarktes. Am engsten ist der Zusammenhang zum Markt der
129 kurzfristigen Kredite, dagegen ist er zum Markt der langfristigen
130 Kredite abgestuft und durch mancherlei institutionelle Einflüsse
131 gebrochen. Für diese Erscheinung können verschiedene Ursachen
132 angeführt werden. Grundsätzlich stellt der offizielle
133 Notenbankdiskont auch heute noch den leitenden Zinssatz des
134 Kreditmarktes dar. Änderungen dieses zentralen Satzes können
135 ganz bestimmte psychologische Wirkungen hervorrufen, zumal die
136 Investitionsnachfrage und Kreditnachfrage stark von
137 derartigen psychologischen Momenten abhängen wird. Wenn die
138 Notenbank zu einschneidenden Diskonterhöhungen gezwungen ist, so
139 ist das ein Signal für die Wirtschaft, daß die Bank das Tempo
140 der wirtschaftlichen Entwicklung für übersteigert hält und sich
141 daher zum Eingreifen veranlasst sieht. Die Investitionsneigung
142 kann unter solchen Umständen berührt werden und sinken, womit
143 gleichzeitig die Nachfrage nach langfristigen Finanzierungsmitteln
144 zurückgehen würde. Allerdings wird diese Beziehung nur selten
145 eine nachhaltige Änderung bewirken können, weil ein Großteil
146 der Investitionen zinsunelastisch ist. Indirekt kann sich die
147 Diskontsatzänderung über die Wertpapieranlage der
148 Kreditinstitute auf den Wertpapiermarkt und damit auf den
149 langfristigen Zins auswirken. Wird beispielsweise der Diskontsatz
150 genügend gesenkt, so können die Kreditinstitute wegen der damit
151 verbundenen Verschlechterung der Verzinsung kurzfristiger Kredite
152 gegenüber der Wertpapieranlage letztere auf Kosten der
153 kurzfristigen Kredite stärker ausdehnen. Auf diese Weise könnte
154 es bei den Wertpapieren zu Kurssteigerungen und damit zu einer
155 Senkung des Kapitalmarktzinses kommen. Die Wirkung der Bewegung
156 des Diskontsatzes auf das langfristige Zinsniveau kann schließlich
157 aus der Verzahnung zwischen Diskontsatz und Habenzinsen herrühren.
158 Bis zur Zinsfreigabe im Jahre 1967 waren die Habenzinsen durch
159 das Habenzinsabkommen und später durch die Zinsverordnung direkt
160 an den Diskontsatz gekoppelt; somit erfuhren die Habenzinsen
161 immer im Zusammenhang mit Änderungen des Diskontsatzes eine
162 korrespondierende Veränderung. Seitdem ein echter Zinswettbewerb
163 mit der Zinsfreigabe entstehen konnte, ist diese strenge Bindung
164 nicht mehr gegeben. Jedoch läßt sich zeigen, daß die
165 Habenzinsen auch heute noch der Tendenz nach - wenn auch mit
166 einem größeren time-lag - die Entwicklung des Diskontsatzes
167 nachvollziehen. Eine Veränderung der Habenzinsen z. B.
168 für Spareinlagen wird aber nicht ohne Wirkungen auf die
169 Kreditzinsen am Kapitalmarkt bleiben können: Einmal ist über
170 die Erhöhung der Einstandszinsen bei den Banken auch eine
171 Verteuerung der langfristigen Kredite zu erwarten, zum anderen
172 kann diese Tendenz wegen der bestehenden Anlagegewohnheiten auf den
173 Wertpapiermarkt übergreifen. Denn diejenigen Anleger, die die
174 Wahl zwischen langfristigen Wertpapieren, also Rentenwerten, und
175 Bankeinlagen haben, müssen nun einen Vergleich zwischen dem
176 Ertrag aus den Wertpapieren und den Habenzinsen kann somit
177 bewirken, daß Senkung (Steigerung) der Habenzinsen kann somit
178 bewirken, daß die Anleger in verstärktem (vermindertem)
179 Umfange langfristige, festverzinsliche Wertpapiere nachfragen,
180 was in Richtung einer Senkung (Steigerung) des Zinssatzes am
181 Wertpapiermarkt wirkt. Ebenso mittelbar wie die Wirkungen der
182 Diskontpolitik auf den langfristigen Kapitalmarktzins sind die
183 Wirkungen der quantitativen Liquiditätspolitik, da die
184 Beherrschung der Liquiditätslage zugleich die Beherrschung des
185 Zinsgefüges bedeutet. Auch eine mengenmäßige
186 Liquiditätspolitik wie die Mindestreservepolitik und
187 Offenmarktpolitik wird damit zur Zinspolitik, wobei diese
188 Maßnahmen dann besonders auf den Wertpapiermarkt ausstrahlen
189 können. Die relativ deutliche Wirkung der Liquiditätspolitik
190 auf die Verhältnisse am Kapitalmarkt ist Resultat der engen
191 Bindung des Geldmarktes an den Kapitalmarkt, die sich auf Grund
192 der institutionalisierten Kapitalbildung bei den Kreditinstituten
193 ergibt. " Diese Interdependenz zwischen Geldmarkt und
194 Kapitalmarkt gibt der Notenbank, die am Geldmarkt eine
195 beherrschende Stellung einnimmt (...), auch am Kapitalmarkt eine
196 gewisse Schlüsselposition. Durch eine Zinssenkung oder
197 Zinserhöhung am Geldmarkt setzt die Notenbank notwendigerweise
198 - wenn auch nur indirekt - für den Kapitalmarkt bestimmte
199 Daten. " Für diese Beziehung verwendet man in der
200 Bundesrepublik vielfach die Bezeichnung Geldmarktabhängigkeit des
201 Kapitalmarktes, was allerdings insofern nicht den wahren Kern des
202 Zusammenhanges trifft, als die Ursache in der Abhängigkeit
203 beider Teilmärkte von der Notenbankpolitik liegt. Vermindert die
204 Notenbank aus konjunkturellen Gründen die Liquidität der
205 Kreditinstitute, so wird das innerhalb einer bestimmten Frist zu
206 veränderten Anlagedispositionen der Kreditinstitute führen.
207 Eine Veränderung der Liquiditätsposition der Geschäftsbanken
208 kann somit über deren Anlageentscheidungen zu Kursveränderungen
209 der Papiere und Zinsausschlägen am Wertpapiermarkt führen. Das
210 Durchschlagen der Geldpolitik und Kreditpolitik auf den
211 Kapitalmarkt im engeren Sinne wird zumeist sehr negativ beurteilt.
212 Jedoch stellt die mit dem Einsatz des währungspolitischen
213 Instrumentariums verbundene Zinssteigerung am Rentenmarkt -
214 dessen Rendite als der Kapitalmarktzins schlechthin gilt -
215 keineswegs ein unbeabsichtigtes Nebenprodukt der Notenbankpolitik
216 dar, sondern sie ist ein bewußt angestrebtes und erklärtes Ziel
217 der Liquiditätsbemessung. Von Vertretern der Deutschen
218 Bundesbank wird dies ausdrücklich bestätigt. So sieht nach
219 Benning die Bundesbank " in der Beeinflussung des Rentenmarktes
220 nicht eine unerwünschte (...) Randerscheinung, vielmehr gehört dies
221 zu den Auswirkungen ihrer auf Stabilität gerichteten
222 Währungspolitik. " Die Verknappung des
223 Finanzierungsmittelangebots am Kapitalmarkt ist notwendig, um eine
224 Dämpfung der Investitionsnachfrage und Kreditnachfrage
225 zu erzielen. Wenn das binnenwirtschaftliche Gleichgewicht zwischen
226 wirksamer Nachfrage und dem vorhandenen Angebot wieder hergestellt
227 werden soll, dann muß die Notenbankpolitik auch auf den
228 Kapitalmarkt übergreifen. Jedoch entsteht im Zuge dieser
229 Wirkungen ein Widerspruch in der Kapitalmarktpolitik selbst:
230 Aus Gründen der konjunkturellen Erfordernisse muß der
231 langfristige Zinssatz schwanken; aus sparpolitischen Gründen
232 soll der Rentenmarktzins aber möglichst stabil bleiben, damit der
233 Wertpapiersparer durch die Kursverluste nicht um seine Rendite
234 gebracht wird, die das Wertpapiersparen erst attraktiv macht.
235 Neben dieser mittelbaren Beeinflussung des Kapitalmarktes und
236 seines Zinssatzes hat die Deutsche Bundesbank in den letzten
237 Jahren auch Maßnahmen zur direkten Einwirkung auf den
238 Wertpapiermarkt ergriffen. So trat die Bank im Jahre 1965
239 erstmals als Käufer öffentlicher Anleihen auf - allerdings
240 nicht auf eigene Rechnung, sondern nur als fiscal agent des Bundes.
241 1967 dagegen nahm sie die Papiere auf eigene Rechnung aus dem
242 Markt. Mit diesem liquiditätspolitischen Instrument - der
243 Offenmarktpolitik am Kapitalmarkt - können unmittelbar die
244 Liquidisierung des Bankensystems sowie ausgesprochen zinspolitische
245 Wirkungen erzielt werden. Das Vorgehen der Bundesbank war
246 erforderlich geworden, um die von der Bundesregierung eingeleiteten
247 Maßnahmen zur Konjunkturbelebung zu unterstützen. Im Sommer
248 1967 geriet die allgemeine Zinssenkung am Kapitalmarkt ins Stocken,
249 hingegen dauerte die Zinssenkung am Geldmarkt mit einer weiteren
250 Verbesserung der Bankenliquidität an. Dieser divergierende
251 Verlauf der Zinsen zeigte, das die Interdependenz der
252 Teilmärkte des Kreditmarktes nicht immer stark genug ist. Die
253 Vorstellung, daß die gleichen Wechselbeziehungen, die den
254 Kapitalmarkt bei Geldmarktrestriktionen treffen, auch bei einer
255 Auflockerung der Liquidität am Rentenmarkt wirksam bleiben
256 müssen, hat sich für diese Zeit nicht bestätigt. Die monetäre
257 Auflockerung gewährleistete nicht, daß die freigesetzten Mittel
258 in der gewünschten Stärke dem Kapitalmarkt zuflossen. Dieser
259 Entwicklung begegnete die Bundesbank mit einer Ergänzung ihrer
260 Liquiditätspolitik, und zwar durch unmittelbare Operationen am
261 Markt für öffentliche Anleihen. Hierdurch gelang es der
262 Notenbank für diese Phase, das langfristige Zinsniveau auf einem
263 niedrigen Stand zu halten und Ausschläge des Kapitalmarktzinses
264 zu verhindern. Die Deutsche Bundesbank ist also in der Lage,
265 auf den langfristigen Zins einzuwirken. Damit schafft sie aber
266 neue Verhältnisse am Kapitalmarkt und beeinflusst - je nach der
267 Größe der Zinsreagibilität - die Kreditnachfrage einzelner
268 Investitionsbereiche. Offen bleibt die Frage, wie die
269 öffentliche Hand zu der Stabilitätspolitik der Notenbank steht;
270 also ob sie deren Maßnahmen unterstützt oder durch ihr
271 Vorgehen die teilweise sogar konterkariert.
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