Quelle Nummer 148

Rubrik 09 : WIRTSCHAFT   Unterrubrik 09.22 : WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT

DISSERATION (VERKEHRSPLANUNG)
JOHANNES GREVSMAEHL
ADAPTIVE VERKEHRSPLANUNG, EIN VERSUCH ZUR BERUECK-
SICHTIGUNG GESAMTWIRTSCHAFTLICHER GESICHTSPUNKTE
UND DER UNSICHERHEITSMOMENTE IN EINEM TEILBEREICH
DER INFRASTRUKTURPLANUNG
VERKEHRSWISSENSCHAFTLICHE FORSCHUNGEN, SCHRIFTENREI-
HE DES INSTITUTS FUER INDUSTRIE- UND VERKEHRSPOLITIK
DER UNIVERSITAET BONN, HRSG.: PROF.DR.FRITZ VOIGT,
BAND 23
INAUGURAL-DISSERTATION ZUR ERLANGUNG DES GRADES
EINES DOKTORS DER WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTS-
WISSENSCHAFTEN DURCH DIE RECHTS-UND STAATSWISSEN-
SCHAFTLICHE FAKULTAET DER RHEINISCHEN FRIEDRICH-
WILHELMS-UNIVERSITAET BONN, VORGELEGT VON J.G. AUS
HAMBURG
DUNCKER UND HUMBOLDT, BERLIN 1971, S. 134-142


001  Errechnetes Programm versus befriedigende Strategie.
002  Für sehr einfache Probleme der Verkehrsplanung - etwa die
003  Verbindung von drei oder vier gegebenen Punkten durch ein
004  Straßennetz, das die jährlichen Gesamtkosten des Verkehrnetzes
005  und des Transports bei gegebener Verteilung der Nachfrage nach
006  Verkehrsleistungen minimiert - lassen sich Verfahren angeben,
007  nach denen das optimale Verkehrsnetz errechnet werden kann. An
008  komplizierteren Problemen wird gearbeitet und es ist denkbar, daß
009  eines Tages auch hierfür Lösungen bereitstehen. In der
010  Planungspraxis herrschen gegenwärtig noch Probiermethoden vor,
011  die auf die Wahl einer akzeptablen Strategie für das Bauprogramm
012  hinauslaufen. Bei der Formulierung zulässiger Netzvarianten
013  spielt neben der Erfahrung auch die Intuition eine wichtige Rolle.
014  Mäcke spricht davon, daß der Planer sich in einen
015  Planungsraum " einleben " soll. Derartige, eher intuitive
016  Ansätze liegen den folgenden Überlegungen zugrunde. Sie sind
017  ausreichend, die Sachprobleme der Verkehrsplanung bei
018  Unsicherheit weiter herauszuarbeiten und zugleich eine notwendige
019  Vorbedingung für eine stärkere Formalisierung des Verfahrens.
020  Elastizitätsanalysen. Fehlerhafte Erwartungen führen
021  nur zu Fehlinstitutionen, wenn die Anlagen nicht momentan
022  angepaßt werden können, in Fall, der im Bereich der
023  Verkehrsinfrastruktur allerdings meist gegeben ist. Es ist
024  zweckmäßig, einzelne Elemente des Verkehrswegnetzes auf ihre
025  Elastizität zu untersuchen. Diese Untersuchung bildet zugleich
026  eine wichtige Voraussetzung für die Formulierung der
027  Anschlußprogramme für die Periode (Formel) bis (Formel).
028  Technische Festlegung. Als erster Gesichtspunkt für
029  Elastizitätsanalysen wird die " technische Festlegung "
030  unterschieden, womit etwa Spurweite, Stromspannung, Kanalbreite,
031  Länge der Landebahn, Hafentiefe oder automatische Kuppelung
032  gemeint sind. Die Spurbreite des Eisenbahnnetzes von 1435 mm,
033  die sich in den meisten Ländern findet, erweist sich als
034  außerordentlich unelastisch. Zwar gibt es Pläne für den Bau
035  moderner Eisenbahnnetze mit Spurweiten von 4 m, auf denen die
036  Transportkosten stark sinken könnten. Wegen des erforderlichen
037  Umbaues oder der Entwertung des bestehenden Netzes wurden sie aber
038  nicht durchgeführt. Als ähnliche Festlegung dürfte sich die
039  automatische Kuppelung erweisen, wenn sie einmal eingeführt sein
040  sollte. Die Wahl bestimmter Krümmungshalbmesser ist eine weitere
041  technische Festlegung, die sich z. B. hemmend auf eine
042  Erhöhung der Schnelligkeit auswirkt, sie kann aber mit
043  vertretbaren Kosten beseitigt werden. Um noch ein Beispiel einer
044  technischen Bindung zu erwähnen, die mit vertretbarem Aufwand zu
045  neutralisieren ist, sei die Wahl einer Stromspannung der
046  elektrifizierten Eisenbahn genannt. Unterschiedliche Stromsysteme
047  machen sich im internationalen Verkehr erschwerend bemerkbar,
048  können aber durch Mehrstromlokomotiven verbunden werden. Die
049  technische Festlegung im Vehrkehrswesen führt also nicht immer zu
050  Bindungen, die praktisch nicht mehr korrigiert werden können.
051  Die Kosten einer Korrektur schwanken zwischen ökonomisch
052  vertretbaren Größenordnungen einerseits und Beträgen, die
053  praktisch inhibitiv sind, andererseits. Dimensionierung
054  der Verkehrswege. Hinsichtlich der Dimensionierung der
055  Verkehrswege vertreten z. B. jöhr und
056  Kneschaurek die Meinung, der Planungsobjekten, die nur eine
057  begrenzte Fleibilität aufweisen, besonders dem Verkehrswesen,
058  sei es " richtig, wenn die Anlagen von vornherein so dimensioniert
059  werden, daß sie nicht nur der Entwicklungsvariante mit der
060  größten Frequenz Rechnung tragen, sondern überdies noch eine
061  beträchtliche Kapazitätsreserve enthalten ". Praktiker des
062  Verkehrswesen sind allerdings anderer Ansicht. Eymann
063  stellt z. B. die Alternative, eine Straße heute (1965)
064  für die volle Leistungsfähigkeit 1990 auszubauen oder zunächst
065  für den Bedarf 1975. Er ist der Ansicht, daß vieles für den
066  stufenweisen Ausbau spreche. So wäre es unwirtschaftlich, große
067  Kapitalien in einer Anlage zu binden, die erst in 10 oder 15
068  Jahren benötigt werde. Außerdem sei zu erwarten, daß die
069  Verkehrstechnik und Bautechnik in dieser Zeit
070  wesentliche Fortschritte gemacht haben werde. Verkehrsanlagen sind
071  in der Regel in dem Sinne unteilbar, daß bei kontinuierlichem
072  Wachstum der Nachfrage die Kapazität nur in Sprüngen angepasst
073  wird, weil fixe Kosten der Erweiterung eine kontinuierliche
074  Anpassung der Kapazität unökonomisch erscheinen lassen, oder
075  weil die Technik selbst einen diskontinuierlichen Ausbau erzwingt.
076  Sind die Geschwindigkeit und das Ausmaß der zukünftigen
077  Nachfragesteigerung nicht genau bekannt, folgt daraus nicht, daß
078  alle Anlagen eine große Kapazitätsreserve enthalten sollten,
079  denn das würde zu einer ständigen Überdimensionierung des
080  Verkehrswesens führen, sondern es folgt zunächst nur, daß man
081  zu noch unbekannten Zeitpunkten Erweiterungen noch unbekannten
082  Umfanges durchführen muß. Dafür kann mit heute bereits
083  bekannten Methoden vorgesorgt werden. Reynolds empfiehlt
084  etwa, sehr viel mehr Flächen zu erwerben als für den
085  unmittelbaren Bau erforderlich sind und Brücken und andere,
086  später schwer zu ändernde Bauten, deren Erweiterung sehr
087  kostspielig sein würde, sehr viel großzügiger zu dimensionieren,
088  als im Augenblick erforderlich scheint. Des weiteren seien zwei
089  praktische Beispiele genannt, in denen bewußt der Möglichkeit
090  Rechnung getragen wird, daß in einer gewissen Zeit Erweiterungen
091  vorgenommen werden müssen. Der Kanal Gent-Terneuzen wird
092  nach der bisherigen Planung auf eine Tiefe von 12,5 m
093  ausgebaut. Die Kaianlagen der Sidemar-Stahlwerke und die
094  Seeschleuse in Terneuzen werden sofort auf den Empfang von 100000
095  t-dw-Massengutschiffen eingerichtet. Bei der Planung der
096  " Verrazano-Narrows-Bridge " zwischen Brooklyn und
097  Richmond in New York ist man von vornherein von 12 Fahrbahnen in
098  zwei Geschossen ausgegangen, davon wurde vorläufig aber nur eines
099  ausgebaut. Es ist also durchaus möglich, die Dimensionierung der
100  Verkehrswege an sich ändernde Verhältnisse anzupassen. Es sind
101  Beispiele bekannt, in denen für heutige Baumaßnahmen bewußt von
102  vornherein die Möglichkeit einer späteren Kapazitätserweiterung
103  vorgesehen ist. Einschätzung relativer Vorteile. Die
104  Fehleinschätzung relativer Vorteile hat zur Konsequenz, daß zu
105  der Zeit, in der sie offenbar wird, die Anlagen des einen
106  Verkehrsmittels überdimensioniert und die des anderen
107  unterdemensioniert sind. Bisher sind derartige Fehler nach einer
108  verhältnismäßig langen Zeitspanne deutlich geworden, wenn durch
109  technischen Fortschritt die Moglichkeiten der Raumüberwindung
110  stark umgestaltet worden waren. Beispiele wären die Entwertung
111  der Kanäle durch die aufkommende Eisenbahn und die der
112  Nebenstrecken der Eisenbahn durch den Lastkraftwagen. Der erste
113  benzingetriebene Kraftwagen wurde 1875 durch Siegfried Marcus
114  in Wien konstruiert, 1883/1887 erfanden Daimler
115  und 1886 Benz eine eine vollkommenere Version. 1900 wurde
116  der erste " Mercedes " gebaut. " 1904 gab es in den USA etwa
117  700 Lastkraftwagen, die auf kurze Entfernungen als Ergänzung zu
118  dem Eisenbahntransport tätig waren. " Um die Jahrhundertwende
119  war also abzusehen, daß ein neues Verkehrsmittel auftrat, seine
120  Eigenschaften konnten abgeschätzt werden. Man muß aber immerhin
121  zugeben, daß es zu diesem Zeitpunkt schwer war, seine wahre
122  Bedeutung zu erkennen. Das Eisenbahnnetz wurde im Deutschen
123  Reich von 1900 bis 1910 noch um etwa 10000 km erweitert, und zwar
124  im wesentlichen um Nebenstrecken, die später zuerst der
125  Konkurrenz des Straßenverkehrs ausgesetzt waren. Ein ähnliches
126  Beispiel für "Fehlinvestitionen " läßt sich im Vergleich von
127  Binnenwasserstraßen und Eisenbahn etwa für die USA angeben.
128  In der Zeit von 1816 bis 1840 wurden in diesem Land rd. 125
129  Mill. Dollar für den Kanalbau ausgegeben. Im Jahre 1816
130  hatte es ca. 100 Meilen Kanäle gegeben, bis 1840 wurden
131  insgesamt 3326 Meilen neu gebaut, 1840 bis 1850 kamen noch etwa 400
132  Meilen hinzu und seit 1850 überstiegen die Auflösungen von
133  Kanälen bereits die Neubauten. Die este Eisenbahn wurde 1825
134  auf der Strecke Stockton-Darlington betrieben, in den USA
135  gab es 1830 37 km Eisenbahnen. Spätestens in diesem Jahre hätte
136  ernsthaft eine Konkurrenz zwischen Eisenbahn und Binnenschiffahrt
137  geprüft werden können, wenn auch die Überlegenheit der
138  Eisenbahn noch nicht sicher war. Es zeigt sich, daß eine
139  Fehleinschätzung relativer Vorteile in den Perioden kurz vor der
140  Durchsetzung neuer Verkehrstechniker zu gravierenden Fehlern in
141  der Ausgestaltung der Verkehrsinfrastruktur führen kann. Ihre
142  Konsequenzen aufzuzeigen, ist eine Aufgabe der Perspektivplanung.
143  Hätte zu Zeiten der aufkommenden Eisenbahn und des aufkommenden
144  Kraftwagens eine ausgebaute Perspektivplanung mit Hilfe eines
145  makroökonomischen Simulationsmodells bestanden, wäre die
146  Möglichkeit einer durch diese Verkehrsmittel geprägten
147  Entwicklung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtzeitiger erkannt
148  worden. Ob aufgrund dieser Erkenntnis, die in den Augen der
149  damals lebenden Menschen sehr unsicher erscheinen mußte,
150  tatsächlich gehandelt worden wäre, ist eine andere Frage.
151  Mögliche Fehler der Einschätzung relativer Vorteile in ihren
152  Auswirkungen zu begrenzen, ist Aufgabe der Detailplanung. Die
153  Methode kann etwa darin bestehen, mit neuen Baumaßnahmen zu
154  zögern. Ob und wie die Bauten so durchgeführt werden können,
155  daß sie bei späteren Revisionen im Sinne der neuen technischen
156  Entwicklung zu korrigieren sind, ist eine außerordentliche
157  schwierige Frage. Kanäle sind zugeschüttet worden, um auf ihnen
158  eine Eisenbahnlinie errichten zu konnen, aber daraus läßt sich
159  natürlich keine allgemeine Regel ableiten.
160  Weiterbaumöglichkeiten. Die Anschlußprogramme.
161  Bevor nähere Ausführungen über die Formulierung der
162  Anschlußprogramme gemacht werden, sind einige allgemeine
163  Bemerkungen über elastische Planung angebracht. Eine Politik,
164  die eine kurzfristige Revision der Planungen vorsieht, führt zu
165  schlechteren Ergebnissen als eine Entscheidung, die weiter in der
166  Zukunft liegende Vermutungen zugrunde legt, vorausgesetzt, daß
167  diese Vermutungen richtig sind. Von der Sicherheit weit in der
168  Zukunft liegender Erwartungen kann aber in der Verkehrsplanung
169  nicht ausgegangen werden, sondern man muß annehmen, daß eine
170  Prognose um so häufiger und um so stärker revidiert werden muß,
171  je weiter sie in die Zukunft reicht. Unter solchen Verhältnissen
172  führt eine flexible Planung zu besseren Ergebnissen. In einem
173  solchen Ansatz ist die Entscheidung für die erste Stufe (d.h.
174  das Bauprogramm (Formel) bis (Formel)) zwar unabhängig von den späteren
175  Informationen, aber sie wird möglicherweise allein durch die
176  bloße Tatsache beeinflußt, daß später weitere Informationen
177  verfügbar werden und man darauf reagieren kann. Schon bei der
178  Entscheidung über das folgende 5-Jahres-Programm muß der
179  Verkehrsplaner darum Überlegungen darüber anstellen, welche
180  Informationen bis zur kommenden Revisionsphase verfügbar sind und
181  wie seine Erwartungen über die weitere Entwicklung dadurch
182  modifiziert werden. Solche Vorstellungen hätten sich konkret
183  darauf zu erstrecken, ob die langfristige Strategie des
184  Verkehrsplaners in der nächsten Revisionsphase geändert wird und
185  wenn ja, in welcher Richtung diese Änderung zu erwarten ist;
186  welche Verkehrsströme im Zeitpunkt (Formel) tatsächlich
187  festgestellt und wie dadurch und durch denkbare Revisionen der
188  Perspektivplanung die Prognosen der Verkehrsströme (Formel) und (Formel)
189  modifiziert werden. Angenommen, der Verkehrsplaner hat derartige
190  Erwartungen über die Änderung seiner Erwartungen und ein
191  Bauprogramm für die Zeit (Formel) bis (Formel) formuliert. Je nach den
192  Erwartungen, die der Verkehrsplaner für die Revisionsphase
193  " erwartet ", sind für den Zustand zum Zeitpunkt (Formel) verschiedene
194  Anschlußprogramme zu formulieren. Diese Programme unterliegen
195  den Beschränkungen der Strategien, von denen in der
196  Planungsphase anzunehmen ist, daß sie sich möglicherweise in der
197  nächsten Revisionsphase als optimal herausstellen. Die
198  Erwartungen über die Nachfrageentwicklung sind einzubeziehen, wie
199  oben bereits angedeutet. Prinzipiell kann in der kommenden
200  Revisionsphase auf jedes beliebeige andere Bauprogramm
201  übergegangen werden, gleichgültig, welches Programm bis zum
202  Zeitpunkt (Formel) durchgeführt wird. Beim Übergang von einem
203  Bauprogramm auf ein Anschlußprogramm anderen Charakters
204  (Beispiel: Baumaßnahmen des alten Programms werden unvollendet
205  abgebrochen, andere Maßnahmen völlig neu begonnen) entstehen
206  zusätzliche Kosten, von Hart (in anderem Zusammenhang)
207  als shift-Kosten bezeichnet. Die shift-
208  Kosten dürfen um so weniger ins Gewicht fallen, je mehr die
209  Baumaßnahmen des (und evtl. der) kommenden Programmes (e)
210  denkbaren Fehlern der Erwartungen Rechnung tragen, anders: je
211  elastischer die Baumaßnahmen gehalten sind. Vorbereitende
212  Maßnahmen. Bevor mit dem Neubau oder der Veränderung von
213  Verkehrsanlagen begonnen werden kann, sind eine Reihe von
214  vorbereitenden Maßnahmen zu treffen, insbesondere sind die führ
215  Verkehrsbauten erforderlichen Flächen zu beschaffen. In der
216  Praxis findet sich bereits eine Flächenfreihaltungspolitik. So
217  hält die Deutsche Bundesbahn Grundstücke, die für
218  Lagerplätze oder Gleisanschlüsse zu verwenden sind oder sich zur
219  Vermietung an Verkehrskunden der Deutschen Bundesbahn eignen.
220  Weitere Beispiele aus der Straßenverkehrsplanung ließen sich
221  anfügen. Wenn die Flächenfreihaltung sicher auch das
222  elastischste Element der Verkehrsplanung ist - ein nicht
223  benötigtes Grundstück kann meist ohne Schwierigkeit anderweitig
224  verwendet werden -, so lassen sich doch verschiedene
225  Bindungsgrade unterscheiden. Die geringste Bindung bedeutet
226  wahrscheinlich ein Vorkaufsrecht, das allerdings den Nachteil
227  aufweist, daß auf die Verwendung des Grundstücks bis zum
228  Zeitpunkt des Kaufes durch die öffentliche Hand kein Einfluß
229  ausgeübt werden kann. Eine ähnlich lockere Bindung bedeuten
230  baurechtliche Vorschriften, die eine für evtl. spätere
231  Verkehrsbauten schädliche Verwendung des Grundstücks verhindern.
232  Schließlich besteht die Möglichkeit, daß der Verkehrsplaner
233  das Grundstück vorsorglich kauft. Hierbei werden allerdings
234  Mittel gebunden, die sonst anderweitig eingesetzt werden könnten.
235  Welche Maßnahmen der Flächenfreihaltungspolitik eingesetzt
236  werden und in welchem Umfang sie eingesetzt werden, hängt neben
237  dem Entscheid über das Bauprogramm von den Vorstellungen über
238  die denkbaren Anschlußprogramme im Zeitpunkt (Formel) ab, denn durch
239  diese Programme wird sichtbar, welche Flächen möglicherweise
240  eines Tages für Verkehrsbauten benötigt werden. Ist man etwa
241  mit Voigt der Meinung, daß stillgelegte
242  Eisenbahnverbindungen in Zukunft vielleicht einmal wieder (als
243  Schienenverbindung) interessant werden könnten, ist es
244  zweckmäßig, den erforderlichen Raum zu reservieren. Da es aber
245  etwas kostet, Flächen freizuhalten - die Flächen werden
246  anderweitiger Verwendung entzogen, möglicherweise sind Mittel des
247  Verkehrsplaners gebunden -, entsteht in diesem Zusammenhang ein
248  weiteres Optimierungsproblem. Um es zu lösen, ist die
249  Flächenfreihaltungspolitik in die Formulierung der
250  Anschlußprogramme mit einzubeziehen. Man kann die
251  Flächenanforderungen mehrerer Anschlußprogramme oder der
252  Anschlußprogramme, deren Durchführung am wahrscheinlichsten ist,
253  berücksichtigen, aber nicht aller überhaupt denkbarer
254  Anschlußprogramme.

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