Quelle Nummer 140

Rubrik 05 : KULTUR   Unterrubrik 05.01 : SCHULWESEN

BERUFLICHE UMSCHULUNG
GEORG-ALEXANDER ULLRICH
DIE BERUFLICHE UMSCHULUNG IM GEWERBLICH-TECHNISCHEN
BEREICH
DIE ANALYSE EINER BEFRAGUNG
VERLAG FUER WIRTSCHAFT UND VERWALTUNG HUBERT WINGEN,
ESSEN 1971, S. 28-35


001  Die Erkrankung des Berufstätigen. Die Erkrankun
002  eines Berufstätigen, die zu bleibenden Schädigungen führt und
003  dadurch die weitere Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit
004  verhindert, erfordert umfangreiche und vielseitige Maßnahmen, um
005  die Wiedereingliederung des Behinderten in den Arbeitsprozeß zu
006  ermöglichen. Die berufliche Rehabilitation ist dabei nur ein
007  spezifischer Teil einer umfassenden Gesamtaufgabe, der ein
008  individueller und von einem Team erstellter Eingliederungsplan
009  zugrunde liegt. Der Rehabilationsablauf beginnt mit der
010  medizinischen Rehabilation, auf die die Überleitung in die
011  berufliche Rehabilation mit der Einschaltung des Arbeitsamtes in
012  Form der Heilstättenberatung, der Beratung am Krankenbett oder
013  Teamberatung erfolgt. Die Phase der beruflichen Rehabilation
014  wird mit der Feststellung der körperlichen und geistigen Eignung
015  und der Berufsfindung fortgesetzt, bei der der Berufsberater, der
016  Hauptvermittler für Schwerbeschädigte und Rehabilitanden, der
017  Fachpsychologe, der Arbeitsamtsarzt und der Technische Berater,
018  gegebenenfalls in Teamberatung, mitwirken. Nach der
019  zusammenfassenden Beurteilung wird der Kostenträger ermittelt und
020  eine gutachtliche Stellungnahme und ein Rehabilationsvorschlag für
021  den Kostenträger erstellt. Der in manchen Fällen
022  dazwischengeschalteten Arbeitserprobung folgt die Anlernung oder
023  Umschulung in der Rehabilitationsstätte. Daran schließen sich
024  die Vermittlungsbemühungen unter Mitwirkung der beruflich
025  zuständigen Vermittlungsstellen und gegebenfalls des Technischen
026  Beraters mit dem Ziel der dauerhaften Wiedereingliederung in das
027  Erwerbsleben an. Die Rehabilitation endet mit einem
028  Probearbeitsverhältnis, einer nachgehenden Betreuung und
029  schließlich mit dem Dauerarbeitsverhältnis. Der kurze Abriß
030  zeigt deutlich, daß im Vergleich zur beruflichen Umschulung nicht
031  geschädigter Personen die Vorbereitung von Rehabilitanden auf die
032  Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß in einen umfassenden
033  Komplex von Maßnahmen eingebettet ist, die sorgfältig
034  aufeinander abgestimmt sein müssen und die entweder nacheinander
035  oder nebeneinander ablaufen. Die sich im Laufe der Rehabilitation
036  stellenden Probleme und die während der Phase der beruflichen
037  Ausbildung neu auftauchenden sind in der Regel nur durch team-
038  work der fachlichen Experten zu lösen. Die Situation des
039  Rehabilitanden wird im Vergleich zu der nicht geschädigter
040  Personen primär durch seine spezifische Versehrtheit oder
041  Behinderung geprägt, wodurch er schon weniger beweglich und
042  anpassungsfähig ist. Eine frühzeitige, umfassende, individuelle
043  Berufsberatung ist daher Voraussetzung, um die berufliche
044  Rehabilitation erfolgreich zu gestalten. Die Durchführung von
045  Ausbildungsmaßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung der
046  Rehabilanden wirft medezinische, psychologische,
047  arbeitsmarktpolitische und gesellschaftspolitische Probleme auf,
048  die bei der Umschulung Nichtgeschädigter nicht oder nur in
049  abgewandelter oder abgeschwächter Form auftreten. Die aus diesem
050  Grund gerechtfertigt erscheinende Ausklammerung der beruflichen
051  Rehabilitation aus den weiteren Erörterungen der vorliegenden
052  Arbeit wird durch die beispielhafte Aufzählung spezifischer
053  Probleme deutlich. Zu nennen sind die Frage der physischen und
054  psychischen (Dauer-) Belastbarkeit des Rehabilitanden, die
055  technische und ausreichende Einrichtung von Rehabilitationsstätten,
056  differenziert nach Behindertengruppen, Probleme, die sich aus
057  der vorwiegendd internatsmäßigen Unterbringung der Rehabilitanden
058  ergeben, die rechtzeitige und angemessene Arbeitsplatzbeschaffung,
059  der konfliktarme Übergang aus der schützenden Isolierung der
060  Umschulungsstätte in den Betrieb, die dauerhafte soziale,
061  gesellschaftliche und berufliche Eingliederung in das Erwerbsleben.
062  Unter Berücksichtigung der spezifischen Probleme, die die
063  Umschulung von Rehabilitanden kennzeichnen, ist zu überprüfen,
064  in welchem Maße die langjährigen, bisher nicht genutzten
065  Erfahrungen der Rehabilitationszentren auf die Umschulung nicht
066  geschädigter Arbeitskräfte übertragbar und anwendbar sind. Die
067  auf den jeweiligen Grad der Versehrtheit oder Behinderung
068  abgestimmten differenzierten Maßnahmen sind daraufhin zu
069  untersuchen, inwieweit sich grundlegende und zu verallgemeinernde
070  Aussagen ableiten lassen, die für eine verkürzte
071  Berufsausbildung Erwachsener generelle Bedeutung haben.
072  Organisation der beruflichen Umschulung. In diesem Kapitel
073  werden verschiedene Fragenkreise angesprochen, die einmal den
074  allgemeinen institutionellen und gesetzlichen Rahmen umreißen, in
075  dem sich die Umschulung vollzieht, die aber ebenso die konkreten
076  Vorarbeiten aufzeigen, die für die Durchführung von
077  Umschulungsmaßnahmen notwendig sind und die schließlich den
078  organisatorischen Ablauf der Umschulungslehrgänge beleuchten.
079  Die Ausführungen reichen somit von grundsätzlichen Angaben, die
080  die Umschulung generell betreffen, aber für die befragten
081  Umschüler relevant sind, bis zu Aussagen, die speziell die
082  untersuchten Maßnahmen kennzeichnen. Als Unterlagen dienen vor
083  allem die Aufschluß gebende Literatur, gesetzestexte und
084  Auskünfte von Sachbearbeitern der zuständigen Arbeitsämter und
085  von Ausbildungsleitern der aufgesuchten Unternehmen und sonstigen
086  Institutionen. Institutionelle Schwerpunkte in der
087  Durchführung von Umschulungsmaßnahmen. Die Durchführung von
088  Umschulungsmaßnahmen ist in der Bundesrepublik Deutschland nicht
089  einheitlich und zentral geregelt, doch sind institutionelle
090  Schwerpunkte festzustellen. Den einen bildet die öffentliche
091  Arbeitsverwaltung, und den anderen bilden die
092  Wirtschaftsunternehmen. Die öffentliche Arbeitsverwaltung
093  Die öffentliche Arbeitsverwaltung mit ihren Anstalten, an
094  der Spitze die Bundesanstalt für Arbeit (vor dem 1.Juli
095  1969 Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und
096  Arbeitslosenversicherung), auf der nächsten Ebene die
097  Landesarbeitsämter und im örtlichen Bereich die Arbeitsämter,
098  stützte sich bis zum 30.6.1969 bei der Durchführung von
099  Umschulungsmaßnahmen auf das Gesetz über Arbeitsvermittlung und
100  Arbeitslosenversicherung mit den dazu erlassenen Richtlinien, die
101  eine bundeseinheitliche Regelung gewährleisten. Ab 1.Juli
102  1969 ist das seit 1927 gültige Gesetz durch das
103  Arbeitsförderungsgesetz abgelöst worden. Die berufliche
104  Umschulung ist in den umfassenderen Rahmen der beruflichen
105  Bildungsmaßnahmen eingeordnet. Das Verfahren ist in den
106  Richtlinien über berufliche Bildungsmaßnahmen in Nummer 21 bis
107  25 (Formel) festgelegt. Danach werden die Leistungen auf einen Antrag
108  gewährt, der bei dem zuständigen Arbeitsamt zu stellen ist. Die
109  Zuweisung in eine Maßnahme kann bei Beziehern von
110  Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe auch von Amts wegen
111  vorgenommen werden. Die Entscheidung über die Teilnahme an einer
112  Maßnahme, trifft der für den Bezirk zuständige Direktor des
113  Arbeitsamtes. Die Zustimmung des Präsidenten des
114  Landesarbeitsamtes ist erforderlich, wenn mehr als zehn geförderte
115  Personen teilnehmen, die Dauer über ein Jahr hinausgeht und die
116  Jahresaufwendungen je Teilnehmer 3 000 -l DM übersteigen, die
117  des Räsidenten der Bundesanstalt, wenn die Dauer des Lehrgangs
118  mehr als zwei Jahre und die Jahresaufwendungen pro Teilnehmer mehr
119  als 6 000 -l DM betragen. Weiterhin ist die Bundesanstalt zur
120  Durchführung der zwischen der Hohen Behörde der Europäischen
121  Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Bundesregierung
122  vereinbarten Richtlinien über die Gewährung von Beihilfen für
123  Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus ermächtigt. Aufgrund dieser
124  Bestimmungen sind von der öffentlichen Arbeitsverwaltung
125  langfristige Umschulungsmaßnahmen für entlassene Bergleute
126  eingeleitet worden. Im Bereich des Landesarbeitsamtes Nordrhein
127  -Westfalen erweitert sich der durch die öffentliche
128  Arbeitsverwaltung zu erfüllende Aufgabenbereich außerdem durch
129  den Vollzug der Richtlinien über die Gewährung von Beihilfen
130  aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen für Arbeitnehmer
131  des Steinkohlenbergbaus. Die von den Anstalten der öffentlichen
132  Arbeitsverwaltung geförderten Maßnahmen können von Ihnen selbst,
133  gemeinsam mit anderen Trägern oder durch andere Träger
134  durchgeführt werden. Der Überblick über die
135  Ausbildungsstätten im Bereich des Landesarbeitsamtes Nordrhein
136  -Westfalen zeigt, daß in den seltensten Fällen die
137  Arbeitsämter selbst tätig werden oder mit anderen Trägern
138  zusammenarbeiten. In erster Linie werden andere Institutionen
139  beauftragt. Maßnahmeträger im gewerblich-technischen Bereich
140  sind in der weit überwiegenden Zahl Irtschaftsunternehmen, die
141  über Lehrwerkstätten verfügen; daneben werden das
142  Berufsfortbildungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes, die
143  Industriekammern und Handelskammern sowie die Berufs
144  schulen und Fachschulen herangezogen. Im kaufmännischen
145  und verwaltenden Bereich liegt das Schwergewicht bei den privaten
146  kaufmännischen Handelsschulen, bei der Verwaltungsschulen
147  und Sparkassenschule, bei der Deutschen Angestellten-
148  Gewerkschaft und beim Deutschen Gewerkschaftsbund. Im
149  sozialpflegerischen Bereich haben die Krankenanstalten und die
150  Mütterschulen die Hauptbedeutung. Die Maßnahmen der
151  öffentlichen Arbeitsverwaltung umfassen sowohl Gruppen
152  maßnahmen als auch Einzelmaßnahmen. Das zahlenmäßige
153  Schwergewicht liegt eindeutig bei den Gruppenmaßnahmen. Durch
154  die Teilnahme an einer Maßnahme der öffentlichen
155  Arbeitsverwaltung entstehen für den Erwerbstätigen keine Kosten.
156  Der bedeutsamste Kostenträger ist die Bundesanstalt, die als
157  Körperschaft des öffentlichen Rechts jedoch fünfzig Prozent der
158  Aufwendungen aus dem Europäischen Sozialfonds rückerstattet
159  bekommt. Bei Umschulungen der Arbeitnehmer aus dem
160  Steinkohlenbrgbau beteiligt sich zu fünfzig Prozent die Hohe
161  Behörde der Europäischen Gemeinschaften für Kohle und Stahl
162  und im Bereich des Landesarbeitsamtes Nordrhein-Westfalen
163  zusätzlich das Land. Weitere Kostenträger spielen eine wichtige
164  Rolle bei der beruflichen Rehabilitation. Die finanzielle
165  Sicherstellung der Teilnehmer erübrigt eine berufliche Tätigkeit
166  neben der Umschulung, so daß sich die Teilnehmer voll auf ihre
167  Ausbildung konzentrieren können. Im Gegensatz zu der weiter
168  unten erwähnten Form der Umschulung wird zur Kennzeichnung der
169  Terminus " Vollzeit-Umschulung " gewählt. Die Dauer der
170  von der öffentlichen Arbeitsvewaltung geförderten Vollzeit-
171  Umschulungen ist variabel gestaltet, je nach dem Ausbildungsziel,
172  das angestrebt wird. In einer groben Dreiteilung lassen sich die
173  Maßnahmen in folgender Weise aufgliedern. 1.Kurzmaßnahmen
174  mit der Dauer von drei Wochen bis ein Jahr. Typische Beispiele
175  sind unter anderem die Ausbildung zum Baumaschinenführer (3 bis 6
176  Wochen) und zum Gasschweißer und Lichtbogenschweißer
177  (6 bis 8 Wochen), die Grundausbildung in den Bereichen Metall,
178  Holz, Textil (4 Monate bis ein halbes Jahr), spanabhebende
179  Anlernberufe (ein halbes bis ein Jahr), Schlosserhelfer (ein
180  halbes bis ein Jahr). 2.Maßnahmen mit der Dauer von
181  anderthalb bis zwei Jahren. Darunter fällt die Ausbildung in
182  anerkannten Lehrberufen, die auf den Erwerb des Facharbeiter
183  briefes, Gesellenbriefes oder Gehilfenbriefes
184  vorbereitet. 3.Maßnahmen mit der Dauer von zweieinhalb bis
185  drei Jahren. Diese Maßnahmen sind nur für Steiger vorgesehen
186  und bereiten auf die Berufe Chemotechniker (2 1 (math.Op.) 2 Jahre),
187  Bauingeneur und Volksschullehrer (3 Jahre) vor. Einen
188  Überblick über die zahlenmäßige Entwicklung aller Vollzeit-
189  Umschulungen in den letzten Jahren im Land Nordrhein-
190  Westfalen gibt eine Aufstellung des Landesarbeitsamtes. Danach
191  nahmen an Gruppenumschulungen mit mehr als zehn Teilnehmern
192  (Abb.) teil. Diese Zahlenangabe können jedoch nicht als Maßstab
193  für die Entwicklung im übrigen Gebiet der Bundesrepublik
194  zugrunde gelegt, sondern nur als ein Ausdruck der besonderen
195  Gegebenheiten im Land Nordrhein-Westfalen gedeutet werden,
196  wie eine Anfrage bei den Landesarbeitsämtern der Bundesrepublik
197  Deutschland zeigte. Von den angeschriebenen Landesarbeitsämtern
198  antworteten zwei nicht. Für die übrigen
199  Landesarbeitsamtsbereiche außer Nordrhein-Westfalen ergab
200  sich zum Zeitpunkt der Befragung, daß langfristige
201  Umschulungsmaßnahmen, die mit dem Erwerb des Facharbeiterbriefes
202  enden, überhaupt nicht durchgeführt wurden. In den
203  Landesarbeitsamtsbereichen Baden-Würtenberg und Hessen
204  spielten auch kurzfristige Umschulungsmaßnahmen keine Rolle; in
205  Schleswig-Holstein und Hamburg wurden sie nur in begrenztem
206  Umfang durchgeführt. Unterlagen darüber stehen nicht zur
207  Verfügung. In Südbayern sind durch die Stillegung von zwei
208  Pechkohlenzechen die freigesetzten Bergleute nach der Schließung
209  der Zechen von Betrieben aufgenommen worden, die ihnen bei voller
210  Lohnfortzahlung eine individuelle betriebliche Anlernung
211  vermittelten. Die Dauer der Anlernung lag zwischen vier und 39
212  Wochen. Diese Maßnahme ist vom zuständigen Arbeitsamt
213  unterstützt worden. Zahlenangaben liegen nicht vor. In
214  Niedersachsen und Bremen wurden 27 freigesetzte Kräfte aus der
215  Landwirtschaft (vorwiegend Kleinlandwirte) zu angelernten
216  Metallarbeitern umgeschult. Die Dauer des Lehrgangs betrug
217  ungefähr vier Monate. Weitere geplante Lehrgänge ähnlicher
218  Art scheiterten an örtlichen Unzulänglichkeiten. In Berlin
219  fanden in größerem Umfang Gruppenmaßnahmen mit der Dauer
220  zwischen 13 und 26 Wochen statt. Ein Rückgang der
221  Umschulungsmaßnahmen seit 1960 ist festzustellen. Nachdem durch
222  das Siebente Änderungsgesetz zum Gesetz über Arbeitsvermittlung
223  und Arbeitslosenversicherung vom 10.März 1967 die
224  Durchführung langfristiger Umschulungsmaßnahmen möglich geworden
225  ist, erfolgte eine erneute Anfrage bei den Landesarbeitsämtern
226  über den Umfang entsprechender Maßnahmen. Auch nach
227  Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Bestimmungen finden keine
228  langfristigen Umschulungsmaßnahmen in den Ländern Baden-
229  Würtenberg, Schleswig-Holstein, Hamburg und Nordbayern
230  statt. Durch Stillegungen von Braunkohlenzechen in Nordhessen
231  sind Umschulungen notwendig geworden, aber sie beschränken sich
232  auf Einzelmaßnahmen. In Südbayern wie auch in Berlin sind
233  Gruppenmaßnahmen zum Zeitpunkt der Befragung weder eingeleitet
234  noch geplant gewesen, dagegen sind verschiedene Einzelmaßnahmen
235  angelaufen. Gruppenmaßnahmen werden neben Einzelmaßnahmen in
236  Niedersachsen-Bremen und Rheinland-Pfalz-Saarland
237  durchgeführt. Über die im Niedersachsen-Bremen
238  eingeleiteten Gruppenumschulungen auf die Berufe Möbeltischler,
239  Werkzeugmacher und Eisenschiffbauer fehlen jedoch Angaben über
240  die Teilnehmerzahlen. Im Bereich des Landesarbeitsamtes
241  Rheinland-Pfalz-Saarland werden in den
242  Arbeitsamtsbereichen Neunkirchen und Saarbrücken 45 Arbeitnehmer
243  in einer dreijährigen Ausbildung zu Krankenpflegern umgeschult,
244  im Arbeitsamtbereich Neuwied zwanzig Teilnehmer in einer
245  zweijährigen Ausbildung auf die Berufe Bohrer, Stanzer,
246  Fräser, Schleifer und Dreher. Zusammenfassend kann
247  festgestellt werden, daß, verglichen mit dem Landesarbeitsamt
248  Nordrhein-Westfalen, in den übrigen Bundesländern nur in
249  geringem Umfang langfristige Umschulungsmaßnahmen eingeleitet
250  worden sind. Sie beschränken sich zudem zum größten Teil auf
251  Einzelmaßnahmen. Der Überblick macht deutlich, daß Nordrhein
252  -Westfalen das Kernland der Umschulung ist. Wenn auch die
253  Bedeutung der Umschulung in den anderen Bundesländefn in
254  Vergleich mit Nordrhein-Westfalen gering ist, so ist doch zu
255  erkennen, daß die öffentliche Arbeitsverwaltung immer dann
256  helfend eingreift, wenn es die örtlichen Verhältnisse erfordern.
257  Die Bedeutung dieser Instituion zeigt sich nicht nur in den
258  zählbaren Maßnahmen, sondern auch darin, daß sie bereit ist und
259  die Möglichkeiten besitzt, Maßnahmen zu ergreifen, wenn es die
260  Situation notwendig erscheinen läßt. Die
261  Wirtschaftsunternehmen. Neben ihrer Bedeutung als
262  Maßnahmeträger der von der öffentlichen Arbeitsverwaltung
263  geförderten Umschulungen liegt der Schwerpunkt der
264  Wirtschaftsunternehmen im Bereich der beruflichen
265  Erwachsenenausbildung auf der Durchführung von Maßnahmen in
266  eigener Verantwortung. Das Spektrum der
267  Förderungsmöglichkeiten reicht von der Einarbeitung oder
268  Anlernung neuer Mitarbeiter bis zur Fortbildung und Umschulung.
269  Die eindeutige Zuordnung der praktizierten Maßnahmen zu
270  bestimmten, terminologisch abgegrenzten Ausbildungsformen ist mit
271  Schwierigkeiten verbunden, da die Übergänge in der Praxis
272  fließend sind. Diese Tatsache erschwert bereits die Übersicht
273  über die von Wirtschaftsunternehmen durchgeführten Umschulungen.
274  Dazu kommt, daß die Bezeichnungen nicht einheitlich sind und die
275  zahlenmäßige Erfassung aller Maßnahmen auf enorme
276  Schwierigkeiten stößt. Das Ziel der folgenden Ausführugnen
277  ist es nicht, einen detaillierten Überblick über die Maßnahmen
278  der Wirtschaftsunternehmen zu geben, sondern es soll aufgezeigt
279  werden, von welchen Motiven die Wirtschaftsunternehmen ausgehen
280  und welche Unterschiede im Vergleich zur öffentlichen
281  Arbeitsverwaltung bestehen. Ergänzt wird die Darstellung durch
282  praktische Beispiele. Die betrieblichen Maßnahmen orientierten
283  sich nicht in erster Linie an alllgemeinen arbeitsmarktpolitischen
284  oder bildungspolitischen Erfordernissen, sondern primär an den
285  betrieblichen Belangen, die den ökonomischen Zielsetzungen des
286  Unternehmens untergeordnet sind. Durch angemessene Maßnahmen
287  soll - kurz zusammengefaßt - die Leistungsfähigkeit
288  und Konkurrenzfähigkeit des Betriebes erhalten, der durch
289  Veränderung der betrieblichen Prozesse bedingten Wandlung der
290  Anforderungen entsprochen, die Betriebsverbundenheit gestärkt und
291  damit die Fluktuation verringert, das Leistungsklima verbessert
292  und der Mangel an Facharbeitern behoben werden. Als weitere
293  Motive sind die Eröffnung von Aufstiegswegen für Mitarbeiter
294  und Hilfestellung bei der Verbesserung des sozialen Status zu
295  nennen. Art und Umfang der eingeleiteten Bildungsmaßnahmen sind
296  vom betrieblichen Bedarf an bestimmten Kräften und von der
297  Qualifikation des Angebots an Arbeitskräften abhängig.

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