Quelle Nummer 129

Rubrik 33 : BELLETRISTIK   Unterrubrik 33.11 : TIERBUCH

BERLINER TIERPARK-BUCH
ELISABETH UND HEINRICH DATHE
BAERENELTERN WIDER WILLEN
BERLINER TIERPARK-BUCH NR. 10, DRITTE AUFLAGE
WITTENBERG LUTHERSTADT 1970, S. 82-86


001  manchmal hat " Evi " keine Lust, wenn wir sie dazu
002  auffordern, ihren Außenkäfig zu verlassen. Sie drückt sich
003  dann in die äußerste Ecke, richtet sich auf und schlägt mit den
004  Tatzen nach uns, also lassen wir sie sitzen. Sie wird dann, wenn
005  es zu dämmern beginnt, sehr viel zugänglicher. Vielleicht
006  fürchtet sie sich dann und kommt sich verlassen vor. Jedenfalls
007  wirkt sie, wenn wir dann nach ihr sehen, wie erlöst. Sie dreht
008  uns dann den Rücken zu, hebt etwas die Voerderbeine in den
009  Schultern an, so daß wir bequem ihr unter die Achseln greifen und
010  sie dann so hineintragen können. Neu ist für uns auch, daß sie
011  beim Spielen mit einem Ast in ihrer Kiste argerlich knurrt und
012  knört. Ganz offensichtlich ärgert sie sich. Wir möchten
013  vermuten, daß beim Hinwerfen und Herwerfen das Holz
014  zurückprallt und sie sich sozusagen damit selbst schlägt und nun
015  erbost ist. Bisweilen ertappen wir sie, daß sie auch nachts
016  lärmend in der Kiste spielt. Sie schläft also nicht immer, wenn
017  es dunkel ist. Ende Oktober ist wieder einmal ein Vollbad
018  notwendig. " Evi " wird im Badezimmer in die Wanne gesetzt.
019  Erst tapst sie unruhig umher. Es wird noch etwas Wasser
020  hinzugelassen. Plötzlich wird sie wild und versucht mit aller
021  Kraft, aus der glattwandigen Wanne hinauszuklettern. Selbst mit
022  Unterstützung von Frau Knabe kann Mutti sie nicht in der Wanne
023  halten. Wenn sie ins Wasser hineingedrückt werden soll, wird sie
024  nur noch wilder. Schließlich entwischt sie aus der Wanne. Sie
025  drückt sich ganz verängstigt auf dem Fußboden herum. Daraufhin
026  wird sie ordentlich mit Shampoon eingerieben und gleich auf dem
027  gefliesten Fußboden außerhalb der Wanne gewaschen und abgebraust.
028  Teddy klettert vor Angst auf die Heizung, und die beiden
029  Wäscherinnen haben zu tun, daß nicht die Borde mit den
030  kosmetischen Büchschen und Fläschchen abgeräumt werden. Frau
031  Knabe und Mutti sind nasser als der Bär. Als er dann gar noch
032  mit dem Föhn getrocknet werden soll, wird er gänzlich verrückt,
033  und er wird gefährlich, man muß sich vor Bissen vorsehen. Nach
034  einer Weile, als er ein klein wenig rugiger geworden ist, nimmt
035  ihn seine Vizemutti auf den Schoß, legt ein Badetuch um ihn
036  herum und reibt ihn so allmählich trocken. Man muß sich nur zu
037  helfen wissen. Während der ganzen Prozedur darf er an ihrem
038  Finger nuckeln. Dann wird er in seine Kiste gesetzt und ihm ein
039  Kissen zum Spielen gegeben. Natürlich versucht er, daß gleich
040  zu zerfetzen. Da es aber aus festem Drellstoff besteht, packt er
041  sich rücklings drauf, dann zerrt er es wieder vor, und nun sieht
042  man nur vier zappelnde Beine, der Kopf kommt nur ab und zu einmal
043  unter dem Kissen hervor. Anfang November wird ihm ein großer
044  Apfel gegeben. Er steckt ihn zuerst ganz in die Schnauze und
045  versucht, ihn zu zerbeißen, schließlich nur etwas anzubeißen.
046  Als er das nicht schafft, borht er, wie er das bisher schon getan
047  hat, die Krallen hin ein, reißt ihn auseinander und frißt dann
048  die Stückchen. Bemerkenswert ist hierbei vielleicht noch, daß
049  Teddy bei solchen Anlässen seine Krallen sozusagen zu einer
050  dicken Kralle zusammenfaßt, die dann in einer starken Spitze
051  endet. Sind größere Brocken, seien es Obststückchen
052  oder Fleischstückchen, in seinem Brei, bemüht er sich, die
053  großen Bestandteile herauszuangeln. Dabei matscht er natürlich
054  den ganzen Käfig voll. Saure Cebion-Tabletten lutscht er
055  ohne geringste Anstände. Etwas Interessantes wird uns eines
056  Tages bewußt. Wir sehen ihm zu, wie er aus einer tiefen
057  Schüssel Milch leckt. Da stellt er plötzlich seinen Fuß
058  mitten in das Gefäß und trinkt über diesen hinweg leckend, ohne
059  daß ihm nunmehr Milch in die Nase läuft. Er versteht also noch
060  nicht, ordnungsgemäß aus tiefen Gefäßen zu trinken, weiß sich
061  aber zu helfen. Inzwischen, das muß hier nachgetragen werden,
062  hatte " Evi " am 30.8.1961 ein Geschwisterchen, einen
063  Bruder, wie sich einige Zeit später herausstellte, bekommen.
064  Seinetwegen war sie seinerzeit von ihrer Mutter verst0ßen worden,
065  seinetwegen mußten wir die kleine Malaienbärin in unser Haus
066  nehmen. Wir verdanken der Tatsache, daß Bärin " Tschita "
067  sich ein weiteres Kind von " Oskar ", ihrem Mann, in Auftrag
068  geben ließ, die wundervolle Möglichkeit, das Aufwachsen eines
069  Malaienbären aus nächster Nähe beobachten und die wichtigsten
070  Lebensdaten festhalten zu können. Der neue kleine Malaienbär
071  erhielt - was liegt naher! - den Namen " Adam ". Auch er,
072  und das ist biologisch bemerkenswert, wurde nach einer Tragzeit
073  von nur rund 96 Tagen geboren, der kürzesten bislang bekannt
074  gewordenen Tragzeit für Bären. Die " normale " Tragzeit für
075  Bären beträgt reichlich 8 Monate. Diesmal aber behielt
076  erfreulicherweise " Tschita " ihren Buben bei sich, bis er
077  selbständig war. Man kann sich denken, wie wir, als die
078  kritische Zeit von 7 Wochen herankam, spannten! Mutti muß für
079  2 Tage verreisen. Frau Knabe versorgt unser Zusatzkind in dieser
080  Zeit bestens. Als aber die Vizemutti wieder zurückkommt, tobt
081  " Evi ", als sie ihrer ansichtig wird, plötzlich ganz freudig
082  im Käfig umher. Daß das nun wiederum die Pflegerin freut,
083  wundert sicher niemand. In diesen Tagen erbrach " Evi " einen
084  Spulwurm, sie muß sich also in den wenigen Wochen, die sie nach
085  ihrer Geburt bei der Bärenmutter lebte, infiziert haben.
086  Natürlich wird ihr vom Tierarzt gleich ein Wurmmittel verabreicht.
087  Das fehlte noch daß unsere Kleine ein reiches Innenleben hat!
088  Ein anderes, uns oft sehr lästiges Problem beschäftigt uns in
089  diesen Tagen. Teddy bleibt nicht mehr allein. So bald er sich
090  verlassen fühlt, fängt er an, durchdringend und ganz jämmerlich
091  zu schreien. Es genügt ihm, wenn er Vati etwa im Nebenzimmer
092  hört, wenn er mit Papier raschelt, sich räuspert oder sich sonst
093  auch geräuscharm nur bemerkbar macht. Aber wehe, wenn es still um
094  ihn ist, dann legt er los, daß das ganze Haus wach wird. Wir
095  kommen eines Tages morgens gegen 2 Uhr von einer Vortragsreise
096  zurück. Dabei wird Teddy wach und fängt an zu brüllen. Als
097  wir uns dann schlafen legen, ist es nichts mit der Ruhe, er
098  schreit in drei Sekunden Abstand lauthals bis früh 5 Uhr. Dann
099  hat er es geschafft. Wir stehen auf und beschäftigen uns mit ihm.
100  Wir schleichen uns direkt abends ins Bett. Oft genug merkt er
101  aber unsere List. Wenn er uns nachts so munter gehalten hat,
102  schläft er sich bei Tage, wenn das häusliche Leben um ihn herum
103  abläuft, in aller Gemütsruhe aus. Wir können uns schließlich
104  nicht mehr anders helfen, als ihm den Tagesschlaf zu vermiesen und
105  ihn tagsüber so zu beschäftigen, daß er abends todmüde umfällt
106  und dann durchschläft. Nur so können wir uns das bischen
107  Nachtruhe, dessen wir aber unbedingt bedürfen, retten. Die neue
108  Kiste ist Mitte Dezember auch schon wieder erledigt. Als wir
109  " Evi " bei ihren Abrißarbeiten stören wollen, indem wir tüchtig,
110  sogar mit einem Hammer auf die Stelle wuchtig von oben schlagen,
111  die sie von unten her bearbeitet, zuckt sie kaum mit einer Wimper,
112  dreht nur kurz einmal ihren Kopf beiseite und schuftet weiter, daß
113  die Späne fliegen. Sturer Bär! Als unser Tierparktischler,
114  Meister May, kommt, stört sie ihn bei seinem nützlichen Tun,
115  daß die Frauensleute im Hause alle Hände voll zu tun haben, um
116  den übermütigen, ausgelassen herumtobenden Bären in Schach zu
117  halten. Scharf muß aufgepaßt werden, daß er nicht an die
118  Gardinen kommt, die er gar zu gerne herunterreißt. Es genügt
119  schon, daß es ihm bei einer solcher Gelegenheit gelingt, die
120  Kaffeekanne unter der neuen, etwas empfindlichen Kaffeemütze
121  umzuwerfen. Am 15.Dezember soll Teddy auf einer
122  transportablen Waage gewogen werden. Einige Pfleger, die Herren
123  Hempel, Walther und Busse kommen, um das durchzuführen. Er
124  zieht sich aber so in die Zimmerecke zurück und ist so aalglatt,
125  daß alle Versuche, ihn zu überlisten, fehlschlagen. Er
126  zerkratzt dabei Herrn Walther fürchterlich und beißt Frau Knabe.
127  Selbst Mutti, die Teddy auf den Schoß nimmt und ihn an ihrem
128  Finger nuckeln läßt, damit sie sich samt " Evi " auf einen
129  Stuhl auf die Waage setzen kann, schafft es nicht. Sie ist so
130  aufgeregt, daß sie einfach herabrutscht und sich wieder in
131  Sicherheit bringt. Wir holen ihre alte kleine Kiste aus dem
132  Keller. Als die Pfleger wieder den Raum betreten, verschwindet
133  sie. Mutti und Frau Knabe schnappen sie blitzschnell bei den
134  Vorderbeinen und Hinterbeinen und befördern die
135  Störrische so mit einem Schwung in die Kiste. Sie kann nun
136  endlich gewogen werden. Ihr Gewicht beträgt 16,200 kg. Sie
137  hat das Gewicht, welches sie uns mitbrachte, um mehr als das
138  Achtfache gesteigert. " Evi " weigert sich dann später, in
139  ihre jetzige Wohnkiste zu gehen. Kisten sind ihr nach dem
140  Überfall unheimlich geworden. Wir stellen immer wieder die alte
141  Tatsache fest, daß zwang jeder Art bei Bären nicht verfängt.
142  Eine gute Seite hat " Evi " auch, sie ist bislang nie
143  futterneidisch gewesen, wie etwa unser Chow-Chow. Im
144  Gegensatz zu diesem kann man Bärlein, auch wenn es frißt,
145  beiseite schieben und ihm den Napf wegnehmen. Das beantwortet
146  unser Hund stets mit einem schnellen Biß. Aus den
147  verschiedensten Gründen möchten wir gern, daß " Evi " hin und
148  wieder ein Halsband trägt. Also beschaffen wir ein passendes.
149  Vati legt es ihr während des Trinkens um. Sie läßt das ohne
150  weiteres zu. Es kann sogar noch einmal ohne jede Abwehr
151  nachgestellt gestellt werden. Das Halsband sitzt fest. Mutti ist
152  toll überrascht, denn das hatte sie nicht erwartet. Als " Evi "
153  aber fertig getrunken hat, merkt sie plötzlich, daß die etwas
154  am Halse hat. Da fängt sie an, mit den Krallen an dem Halsband
155  zu zerren und zu reißen, rollt sich dabei hin und her, aber das
156  Halsband hält. Es dauert fast eine halbe Stunde, ehe sie
157  ruhiger wird. Nur ab und an macht sie noch einen schwachen
158  Abbauversuch. Natürlich beobachten wir sie den ganzen Abend vom
159  Arbeitstisch aus. Es besteht ja bei Halsbändern immer einmal die
160  Gefahr, daß sich damit ein Tier aufhängt, schon gar ein so
161  beweglicher Bär. Auf alle Fälle ist ihm der neue Halsschmuck
162  auf den Appetit geschlagen, er frißt die nächsten Tage weniger.
163  " Evi " schläft damit nachts gut, aber die ängstliche Mutter
164  springt doch einmal nachts 3 Uhr aus dem Bett, weil sie glaubt,
165  " Evi " habe gewimmert. Drei Tage darauf wird sie von Mutti an
166  die Leine genommen. Zunächst rollt sie sich vielleicht eine
167  Viertelstunde wie ein Ball umher, dann kann sie ins Vorhaus
168  hinausgelockt werden. Plötzlich läuft sie ganz ordentlich.
169  Eigentlich gewöhnte sie sich recht schnell an die Leine. Wir
170  haben dieses Unternehmen gestartet, weil wir mit Teddy zur
171  Kinderweihnachtsfeier des Berliner Verlages eingeladen waren, da
172  wollten wir ihn ein wenig in der Gewalt behalten. Sein Auftritt
173  klappte übrigens bestens. Er war ungewöhnlich lieb in der fremden
174  Umgebung. Die Kinder durften ihn sogar streicheln und waren ganz
175  und gar begeistert von dem kleinen süßen Kerl. Wenn sie gewußt
176  hätten, was für ein Rabauke er auch sein kann! Wir hatten
177  seine Stimme, als ihm seinerzeit nach der Bananenmahlzeit so übel
178  war, auf Tonband aufgenommen. Jetzt spielten wir sie ihm einmal
179  vor, als er gerade beim Fressen ist. Er sutzt kurz und lauscht,
180  frißt aber dann ruhig weiter. Die Vorstellung machte also keinen
181  großen Eindruck auf ihn. Zur traditionellen
182  Jahresabschlußpressekonferenz des Tierparks wird der Bär von uns
183  nochmals den Vertretern der Berliner Presse vorgeführt. Er ist
184  zunächst sehr lieb und brav, aber als er nach seinem Auftritt von
185  Pflegern wieder in seine Kiste gepackt werden soll, verlegt er
186  sich aufs Beißen. Mutti, die sich in den Ringkampf hineinhängt,
187  erwischt bei dieser Gelegenheit wieder tüchtige Bisse in die
188  Hand. Aber wenn er Angst bekommt, differenziert er nicht mehr,
189  sondern beißt wild um sich. Übrigens hat er immer noch einmal mit
190  Zahnung zu tun. Dann kaut er auf seinen Pfoten herum. Fleich in
191  Brocken kann er immer noch nicht fressen, er muß es ganz
192  kleingeschnitten erhalten, während er rohe und gekochte Kartoffeln
193  (mit Butter bestrichen!) sichtlich mit Wohlbehagen
194  hinterschnurbst. Am Neujahrstag 1962 sehen und hören wir von
195  Teddy eine neue Lautäußerung, nämlich das allen Bären
196  typische Lippenklappen, d. h. es sind Anfänge davon. Es
197  wundert uns, daß wir das erst jetzt - immerhin ist " Evi "
198  jetzt ein dreiviertel Jahr alt - feststellen. Wir können es
199  eigentlich bei der Sorgfalt, die wir ihrer Beobachtung widmen,
200  kaum übersehen haben. Natürlich gehört ja für solche
201  Verhaltensweisen auch immer die entsprechende Stimmungsgrundlage
202  dazu! Ende Januar kratzt sich unser Bär die Fußsohlen aller
203  vier Füße, und zwar so, daß wir bald merken, daß hier etwas
204  nicht stimmen kann. Er knurrt böse, wenn ihm die Fußsohlen
205  gewaschen werden sollen, es scheint ihn zu schmerzen. Ob es das
206  Seifenpulver ist, womit die Kiste täglich sehr oft gescheuert
207  wird? Auf alle Fälle wird sofort dazu nur noch klares Wasser
208  genommen. Als " Evi " eine Schüssel mit Trinkwasser in die
209  Kiste gestellt wird, taucht sie ihre Vorder pfote hinein und
210  planscht drin herum, zweifellos zum Kühlen. Wir erkennen bald
211  regelrechte Sprünge in der Hornhaut der Füße, die offenbar
212  gehörig schmerzen. Sie will sogar nicht nuckeln, und das will
213  etwas heißen! Später beginnen die Risse sogar zu bluten. Da
214  sie sich nicht an die Vorderpfoten herankommen läßt, pudert ihre
215  besorgte Pseudomutti die Fußsohlen aus der Ferne durchs Gitter.
216  Vorsichtig wird der Kistendeckel geöffnet, um auch die Zehen zu
217  betreuen, die ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen zu sein scheinen.
218  Da dreht sich der Fär blitzschnell auf den Bauch, steckt alle
219  vier Füße und den Kopf dazu unter sich. Wie ein unartiges Kind!
220  Wirklich ein Bild für Götter! Mit viel List und Tücke
221  und trotz zahlreicher Fehlschläge werden ihre Fußsohlen doch mit
222  Puder betupft. Da sie den weißen Wattebausch scheut, paniert
223  Mutti ihre Hand mit Puder und versucht's dann so. Es gehört
224  eine ganz schöne Portion Ausdauer dazu, denn Teddy ist wachsam
225  und sehr gewandt. Der Tierarzt verschreibt eine heilende Salbe
226  und meint, daß der Bär etwas Fett fressen müßte. Also werden
227  ihm in der Folge feierlich die Füße gesalbt, außerdem wird
228  Pferdefett besorgt, das er auch gierig frißt. Ebenso leckt er
229  die Salbe von den Fußsohlen. Übrigens schüttelt er sich
230  regelrecht, wenn jene ihm aufgestrichen wird. Ob das der kitzelnde
231  Berührungsreiz oder der Geruch der Salbe - für unseren
232  Geruchssinn riecht sie nicht übel - machen, wagen wir nicht zu
233  entscheiden. Nach 9 Tagen fangen die Sohlen an, sich richtig zu
234  schälen, und erst nach etwa 14 Tagen beginnt die merkwürdige
235  Erscheinung, wieder etwas abzuklingen. Aber " Evi " hat noch
236  viele Wochen mit dieser Geschichte zu tun. Wir hatten schon davon
237  gesprochen, daß sie sich immer mehr uns anschloß. Das entspricht
238  so gar nicht dem, was wir sonst von den meisten Säugern kennen.
239  Wenn sie älter werden, dann lockern sich allmählich die
240  Bindungen zum Muttertier. Des Bären Anhänglichkeit wird
241  beinahe für uns unerträglich, " Evi " jammert jetzt schon,
242  wenn man nur in den Nebenraum geht und, obwohl sie uns noch hören
243  kann, fängt sie gleich an zu locken, und erscheint man nicht
244  sofort, an zu schreien. Sie merkt jetzt schon, wenn Mutti den
245  Mantel anzieht, daß ihr Liebling fortgehen will, und sofort
246  setzt das Bläken ein, Sie läßt sogar das Fressen sein, wenn
247  sie Mutti weggehen sieht. Kommt diese dann zurück, freut sie
248  sich ganz offensichtlich, und ihre Bewegungsintensität ist stark
249  gesteigert. Teddy schläft wie ein verzogenes Kind - und das ist
250  er ja auch, wenn wir ehrlich sein wollen - nur noch, wenn wir um
251  ihn sind. Wird er während unser Abwesenheit munter, legt er sich
252  bei unserer Rückkunft um, und die Augen fallen dem übermütigen
253  Bärenkind gleich zu. Trotz aller Anstrengung, das Tier zur
254  Ruhe zu bringen, gewinnen wir immer mehr den Eindruck, daß
255  Teddy viel zu wenig Schlaf kriegt. Auch nachts ist er jetzt viel
256  reger als sonst. Sicher marschiert draußen im Dschungel die
257  Bärenmutter, wenn ihr Kind das Alter " Evis " erreicht hat,
258  täglich oder nachts weite Strecken. Aber wir können natürlich
259  " Evi " in unserer Wohnung eben nicht frei laufen lassen, wir
260  würden sicherlich unsere Behausung bald nicht mehr wiedererkennen.

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