Quelle Nummer 116
Rubrik 09 : WIRTSCHAFT Unterrubrik 09.24 : HANDWERK
FACHKUNDE (BAECKER)
EGON SCHILD
DER JUNGE BAECKER, GRUNDLEGENDE UND LEICHTVERSTAEND-
LICHE DARSTELLUNG DER GESAMTEN FACHKUNDE FUER SCHULE
UND PRAXIS
FACHBUCHVERLAG DR. PFANNEBERG UND CO, GIESSEN 1970
S. 220-228
001 Fehlerhafte Sauerteigführung. Viele Roggen
002 brotfehler und Roggenmischbrotfehler haben ihre Ursache in
003 einer falschen Sauerteigbehandlung. Als Grundfehlertypen gelten
004 zu junger Sauer, zu alter Sauer, zu geringer Saueranteil.
005 Zu junger Sauer. Er entsteht, wenn bei kühler
006 Führung zu kurze Abstehzeiten eingehalten werden. Die
007 Säurebakterien haben sich dann noch nicht ausreichend entwickelt
008 und dementsprechend zu wenig Säure erzeugt. Den gleichzeitig zu
009 geringen Hefeanteil und den damit verbundene Mangel an Triebkraft
010 kann der Bäcker durch Zusatz von Backhefe zwar ausgleichen, die
011 fehlende Säure aber führt zu einer feuchten Brotkrume,
012 weil keine ausreichende Quellung der Roggenmehlbestandteile erfolgt
013 und weil die abbauende Tätigkeit der Alpha-Amylasen zu wenig
014 gebremst wird. Wegen der zu geringen Säuerung entsteht auch ein
015 zu laffer Brotgeschmack. Ein zu kühler Sauer kann entstehen,
016 wenn das Mehl oder das Zugußwasser zu kalt ist oder wenn die
017 Backstubentemperatur durch kühle Witterung beeinflußt wird. Der
018 Bäcker kann die Gefahr einer zu kühlen Sauerführung
019 ausschließen, wenn er die Temperatur jeder Sauerstufe mit einem
020 Teigthermometer kontrolliert. Zu alter Sauer. Er
021 entsteht, wenn bei warmerer Führung die Abstehzeiten zu lang sind.
022 Der Sauer wird " überreif " oder " abgefressen ". Durch
023 die schnelle Vermehrung der Hefen und Säurebakterien wird der
024 Mehlzucker rasch vergärt. Die Hefe wird durch den von ihr selbst
025 erzeugten Alkohol behindert. Die Milchsäuregärung geht zurück,
026 da der vergärbare Zucker nicht mehr ausreicht. Gleichzeitig
027 entstehen Fremdgärungen, denn die Colibakterien können den
028 vorhandenen Alkohol in Essigsäure umwandeln nach der
029 Formel (Formel) Außerdem entsteht als Endprodukt weiterer
030 Fremdgärungen Buttersäure. Die Folge ist unangenehmer
031 und scharfsaurer Brotgeschmack. Der Sauergrad wird durch diese
032 Übersäuerung des Sauerteigs zu hoch. Der Milchsäureanteil
033 jedoch zu gering. Da Milchsäure aber die eigentlich backtechnisch
034 wirksame Säure ist, reicht die Menge in einem zu alten Sauer
035 nicht aus, um die erforderlichen teigverbessernden Wirkungen zu
036 erzielen. Alter Sauer ist also geschmacklich zu sauer
037 (Essigsäure, Buttersäure), backtechnisch aber nicht genügend
038 gesäuert (fehlende Milchsäure). Die Folgen sind: feuchte
039 Krume, flache Brotform, ungleichmäßige Porung, geringes
040 Volumen; häufig auch - wie bei zu jungem Sauer - Brand
041 blasen oder Süßblasen. Der Bäcker kann einen überreifen
042 Sauer " verjüngen ", indem er eine zusätzliche Sauerstufe
043 anhängt, die er weich führt und kräftig durchschlägt. Dabei
044 entweicht ein Teil der flüchtigen Essigsäure. Die fehlende
045 Milchsäure wird nachgebildet. Der schwache Trieb kann durch
046 Zusatz von Backhefe zum Teig ausgeglichen werden. Wenn ein
047 Sauer jedoch wiederholt überreif wird, dann wird er krank; der
048 Anteil der Sauerteigschädlinge wird zu hoch. In solchen Fällen
049 empfiehlt es sich die Beschaffung eines völlig neuen Anstellguts,
050 z. B. Reinzuchtsauer. Zu geringer Saueranteil.
051 Dies ist eine häufige Ursache von mangelhafter Brotbeschaffenheit.
052 Das liegt z. T. daran, daß der Bäcker es versäumt,
053 die zu versäuernde Mehlmenge zu ermitteln (siehe unten), oder
054 daß er durch Verringerung des Saueranteils versucht, einen
055 milderen Brotgeschmack zu erzielen. Das ergibt dann häufig eine
056 feuchte Brotkrume, denn eine bestimmte Säuremenge ist
057 erforderlich, um das Roggenmehl backfähig zu machen. Einen
058 milden Brotgeschmack erzielt der Bäcker, wenn er bei kurzer
059 Abstehzeit den Vollsauer warm und weich führt (Milchsäregärung);
060 auch bei größerem Saueranteil - abhängig vom Backwert des
061 Mehls - bleibt der Brotgeschmack dann mild, weil sich weniger
062 geschmacklich scharfe Säure bilden. Ein schärferer oder saurer
063 Brotgeschmack hat seine Ursache häufig in einem zu großem
064 Grundsauer: die lange feste, und kühle Führung begünstigt die
065 Essigsäurebildung. Für den Saueranteil gelten folgende
066 Richtzahlen: (Abb.) Kombinierte Teigführungen.
067 Sauerteigführung unter Zusatz von Backmitteln. Um mögliche
068 Schwankungen in der Beschaffenheit des Sauerteigs auszugleichen,
069 ist es vielfach üblich, im Teig zusätzlich ein säurehaltiges
070 Backmittel zu verarbeiten. Fehler bei der Säureführung werden
071 so in ihrer Wirkung abgeschwächt, Teig und Brotbeschaffenheit
072 sowie Brotgeschmack sind gleichmäßiger. Je höher die
073 Zusatzmenge an Backmitteln ist, um so geringer soll der
074 Saueranteil sein, um so höher dann allerdings die gesetzte
075 Hefemenge, z. B.: (Abb.) Je nach Art des Backmittels ist
076 die Zusatzmenge aber verschieden. Der Bäcker sollte unbedingt
077 die Angaben der Backmittelfirmen beachten bzw. durch eigene
078 Backversuche die günstige Menge selber ermitteln.
079 Kurzsauerführung und Weizenvorteig Wenn bei der Herstellung
080 von Weizenmischbroten der Roggenmehlanteil in
081 Kurzsauerführung verarbeitet wird, empfiehlt es sich, aus einem
082 Teil des Weizenmehls (25-50 %) einen Vorteig
083 herzustellen. Dieser soll weich (TA 170 bis-27^ C)
084 geführt und es soll ihm bereits Hefe (0,5 % der
085 Gesamtmenge) zugesetzt werden. Der Teig wird bei knapper Gare
086 des Vorteigs bereitet. Durch die Vorteigführung quellen die
087 Bestandteile des Weizenmehls besser auf. Die für die
088 Teigbildungsvorgänge erforderliche Zeit wird so vorgenommen. Bei
089 der Kurzsauerführung nämlich kann der Teig ohne Ruhezeit sofort
090 aufgearbeitet werden. Diese Art der kombinierten Führung wirkt
091 sich günstig auf die Lockerung und Porung aus, sie verbessert
092 auch den Geschmack des Weizenmischbrots. Besonderheiten
093 bei der Herstellung und Aufarbeitung von Roggenteigen.
094 Der Zeitpunkt der Teigbereitung. Bei der
095 Sauerteigstufenführung ist es von entscheidender Bedeutung, den
096 richtigen Reifegrad des Vollsauers abzuwarten. Der
097 Bäcker erkennt den reifen Sauerteig an der rissigen Oberfläche,
098 am Stand und am Geruch. Wenn er die Teigoberfläche mit der
099 Hand aufreißt, sinkt der Sauerteig an dieser Stelle in sich
100 zusammen. Die Reife des Kurzsauers und des Salz-Sauers kann
101 man auf diese Weise jedoch nicht erkennen, weil durch den geringen
102 Hefeanteil nur eine schwache Lockerungswirkung auftritt.
103 Die Teigknetung. Roggenteige werden kürzer und weniger
104 intensiv geknetet als Weizenteige. Reine Roggenteige
105 sollen in möglichst kurzer Knetzeit hergestellt werden. Eine zu
106 lange Knetung hat eine grobe Porung zur Folge.
107 Roggenmischbrotteige vertragen eine längere Knetung.
108 Weizenmischbrotteige können, sofern sie nicht mit einer
109 Vorteigführung hergestellt wurden, länger und intensiver geknetet
110 werden, besonders, wenn sie in direkter Führung hergestellt
111 werden. Die Knetzeit verlängert sich mit steigendem
112 Weizenmehlanteil. Roggenschrotteige werden zunächst 10
113 -15 Minuten geknetet. Der Teig bleibt dann zur Nachquellung
114 der Schrotteilchen im Knetbottich für 10-15 Minuten liegen.
115 Falls er dabei nachsteift, wird ihm die zur gewünschten
116 Teigfestigkeit erforderliche Wassermenge zugegeben und durch kurze
117 Nachknetung untergearbeitet. Bei Weizenschrotteigen soll
118 die Quellung der Schrotteilchen durch ein Quellstück
119 oder Brühstück erzielt werden. Dazu werden vor der
120 Teigbereitung etwa 10 % des Schrots mit der gleichen Menge
121 siedenden Wassers übergossen. Durch die erfolgende
122 Stärkeverkleisterung wird die Wasseraufnahmefähigkeit erhöht.
123 Nach dem Abkühlen des Brühstücks wird der Weizenschrotteig
124 ähnlich wie der Roggenschrotteig hergestellt. Die
125 Teigruhe. Indirekt geführte Roggenteige (Sauerteigführung)
126 brauchen keine Teigruhe; sie können sofort nach dem Knetvorgang
127 aufgearbeitet werden. Bei direkter Teigführung (Backmittel
128 zusatz und Hefezusatz) ist eine kurze Teigruhe von etwa 15
129 Minuten erforderlich. Bei Mischbroten verlängert sich mit
130 steigendem Weizenmehlanteil die notwendige Teigruhe; sie kann bis
131 zu 35 Minuten dauern. Die Teigformung. Bei
132 Schrotteigen und reinen Roggenteigen entsteht nicht der zähe
133 Zusammenhalt wie bei Weizenteigen. Man kann solchen Teigen daher
134 keine entsprechende Spannung verleihen. Vielmehr erhalten sie nach
135 dem Rundwirken durch bloßes Langrollen die Form eines Stranges.
136 Mit steigendem Weizenmehlanteil jedoch muß nach dem Rundstoßen
137 der Teigstücke eine Zwischengare eingeschoben werden. Die
138 weitere Formung ähnelt, dem Mehlmischungsverhältnis entsprechend,
139 der Form und Aufarbeitung von Weizenbroten. Der
140 Backvorgang. Unter der Einwirkung der hohen Temperaturen im
141 Backofen werden die Teigstücke in Gebäcke umgewandelt. Die
142 dabei erfolgenden stofflichen Veränderungen kann man unter
143 folgenden Gesichtspunkten zusammenfassen: Der schwer
144 verdauliche Teig wird zu einem besser verdaulichen und
145 bekömmlichen Gebäck. - Das liegt vorwiegend an der
146 Überführung der Stärkekörner in die verkleisterte Zustandsform.
147 Der geschmackstoffarme Brotteig wird durch Bildung von
148 zusätzlichen Geschmackstoffen zu einem wohlschmeckenden
149 Gebäck. - Ursache dafür ist die Bildung von Röststoffen in
150 der Kruste. Der wenig haltbare Teig, der der Einwirkung von
151 Kleinlebewesen (Hefen, Bakterien) und Ezymen ausgesetzt ist,
152 wird in eine haltbare Form überfürht, so daß bestimmte
153 stoffliche Veränderungen anschließend entweder wegfallen (z.B.
154 Gärungen) oder nur sehr verlangsamt auftreten können (z.B.
155 Zersetzungsvorgänge durch Schimmelpilze u. a.).
156 - Der Grund dafür ist in der Abtötung der Kleinlebewesen und
157 Enzyme zu sehen, ferner im Entzug eines Teils der
158 Teigflüssigkeit (Wasserverdampfung). Das in seiner
159 äusseren Form veränderliche, dehnbare, elastische Teigstück
160 erhält eine stabilere, festgefügtere, weniger veränderliche
161 Gestalt. - Das liegt vor allem an der Verfestigung
162 (Gerinnung) der Klebereiweiße, ferner an der Umwandlung der im
163 Teig vorliegenden Stärkeaufschlämmung in einen Stärkekleister.
164 Die Veränderung der Teigbestandteile durch die Ofenhitze
165 Während des Backprozesses wirkt eine Temperatur von 220-
166 260^ C auf den Teig ein. Die Hitze greift sofort die äussere
167 Teigschicht an und wandelt sie bald in die Kruste um. Ins
168 Teiginnere dringt die Hitze nur langsam ein. Wegen des
169 Wassergehalts erreicht sie dort aber nicht mehr als 98^ C.
170 Somit findet im Innern des Gebäcks (Krume) ein intensiver
171 Kochprozeß statt, bei dem die Stärke restlos verkleistern kann,
172 sofern im Teig genügend Wasser enthalten ist. Mikroskopische
173 Untersuchungen jedoch zeigen, daß in vielen Gebäckkrumen noch
174 unverkleisterte Stärke vorliegt. Der Nährwert (Verdaulichkeit)
175 ist dadurch entsprechend beeinträchtigt. Aus der Außenhaut der
176 Teigstücke verdampft das Wasser, und die Temperatur kann stetig
177 ansteigen. Es findet dann - in Abwesenheit von Wasser - kein
178 Kochvorgang mehr statt, sondern es erfolgt ein Röstprozeß.
179 Die Bildung der Krume. In der Reihenfolge des
180 Temperaturanstiegs vollziehen sich im Teiginnern folgende
181 Vorgänge und stoffliche Veränderungen: (Abb.) Der
182 Ofentrieb. Die Neubildung von (Formel)-Gasen (Hefegärung)
183 und der Druck, der bei der Hitzeausdehnung der Gase entsteht,
184 bewirken, daß sich die Poren vergrößern. Dadurch nehmen die
185 Teigstücke an Volumen zu. Die Außenhaut der Teigstücke
186 verfestigt sich aber bald (Klebergerinnung). Sie ist nicht mehr
187 dehnbar und setzt dem Gasdruck Widerstand entgegen. Dadurch
188 treiben die Teigstücke nicht mehr in die Breite, sondern sie
189 heben sich im ersten Teil des Backprozesses " nach oben heraus "
190 und nehmen - im Querschnitt betrachtet - eine rundere Form an.
191 Die Gerinnung des Eiweißes durch Hitze (Koagulation)
192 Bei 55-70^ C gehen die Klebereiweiße aus ihrer
193 kolloidal gelösten Form in die feste Form über. Das hat auf die
194 Krumenbildung einen doppelten Einfluß: Die geronnenen
195 Eiweiße bilden eine zusammenhängende, feste, elastische Membran
196 in der Krume. Elastizität, Schnittfestigkeit und Zusammenhalt
197 der Krume werden also durch die Eiweißgerinnung weitgehend
198 mitbestimmt. Bei der Gerinnung verlieren die Eiweiße z.T.
199 ihre wasserbindende Kraft. Das vorher eingelagerte
200 Teigwasser wird zum größten Teil frei. Es wird sofort von der
201 verkleisterten Stärke aufgenommen und gebunden. Die
202 Verkleisterung der Stärke. Stärke verkleistert bei folgenden
203 Temperaturen (in^ C): (Abb.) Sie verliert dabei ihre
204 ursprüngliche, körnchenartige Gestalt und bindet alles in ihrer
205 Umgebung befindliche Wasser an sich. Im Teig findet sie aber nur
206 eine begrenzte Wassermenge vor. Auf 100 g Mehl (math.Op.) 60-70 g
207 Stärke kommen nach Abzug des Backverlustes noch 30-40 g
208 Wasser (Brotausbeute 130-140). Im Mehl selber sind etwa 14
209 g Wasser enthalten. Somit entfallen auf 60-70 g Stärke etwa
210 44-54 g Wasser. Stärke bindet demnach im Brot etwa 2/3
211 -3/4 ihres Eigengewichts an Wasser. Wegen dieses
212 verhältnismäßig geringen Wassergehalts - (bei der Herstellung
213 von Krem entfallen auf 100 g Krempulver etwa 1000 g Wasser, also
214 die zehnfache Menge des Stärkeanteils) - hat die Gebäckkrume
215 eine wollige und trocken erscheinende Beschaffenheit. Der feste
216 Krumenzusammenhalt bzw. das feste Gefüge der Krume geht
217 ebenfalls auf die Verkleisterung der Stärke zurück; Während
218 die unverkleisterten Stärkekörner im Teig nur in Form einer
219 Aufschwämmung vorlagen, bildet die verkleisterte Stärke eine
220 kolloidale Lösung von hoher Zähigkeit (Viskosität) und
221 Elastizität. Die Enzymtätigkeit während des
222 Backprozesses. Die Gärungsenzyme der Hefe bewirken bei
223 Temperaturen zwischen 35 und 50^ C einen beschleunigten Abbau
224 der doppelten Zucker (Ofengare der Hefe). Bei etwa 55^ C
225 fallen die auf der Grundlage der B-Vitamine aufgebauten
226 Gärungsenzyme aus, da ihr Eiweißanteil gerinnt. Die
227 eiweißspaltenden (proteolytischen) Enzyme fallen bei etwa 60^
228 C aus. Während des Backprozesses findet daher kein nennenswerter
229 Eiweißabbau statt. Die diastatischen Enzyme (Amylasen) aber
230 erreichen bei Temperaturen von über 60^ C erst den Höhepunkt
231 ihrer Aktivität. Vor allem die Alpha-Amylase baut zu diesem
232 Zeitpunkt die bei der Verkleisterung der Stärke freigelegten
233 Amylopektine zu Dextrinen ab ((math.Op.) Stärkeverflüssigung). Der
234 Zusammenhang zwischen enzymatischer Stärkeverflüssigung im
235 Backprozeß bei Roggenteigen und den Auswirkungen auf die
236 Krumenbeschaffenheit wurde im Kapitel " Die Verbesserung der
237 Backfähigkeit des Roggenmehls durch Säure " ausführlicher
238 dargestellt. Die Bildung der Kruste. Unter der
239 Einwirkung der scharfen Ofenhitze verdampft das Wasser aus der
240 äusseren Teigschicht. Je länger der Backprozess dauert, um so
241 mehr Wasser verdampft auch aus den darunterliegenden Teigschichten,
242 um so dicker also wird die Kruste. Dadurch, daß die Kruste
243 restlos austrocknet, können die Temperaturen auf über 100^ C
244 ansteigen. Dabei vollziehen sich in der Reihenfolge des
245 Temperaturanstiegs folgende stoffliche Veränderungen: (Abb.) Die
246 Grenze zwischen Kruste und Krume läßt sich nicht ganz genau
247 feststellen; der Übergang ist " fließend ". Die Farbe
248 der Kruste ist nach außen hin je nach Ofenhitze und
249 Backdauer dunkelbraun. Nach innen zu wird die Farbe hellbraun
250 bis gelb und geht dann in die Farbe der Krume über. Die
251 Festigkeit der Kruste erklärt sich aus der Eiweißgerinnung,
252 der völligen Trockenheit und der Verhärtung des karamelisierten
253 Zuckers. Letzteres ist auch die Ursache für die Rösche
254 der Kruste, d. h. für ihre Sprödigkeit, so daß sie bei
255 Druckbelastung von der Krume absplittert. Der Geschmack
256 der Kruste erklärt sich aus der Umwandlung einiger unlöslicher in
257 lösliche Stoffe: Die verkleisterte Stärke an der
258 Teigoberfläche bricht nach der völligen Austrocknung unter der
259 Hitzeeinwirkung in lösliche Dextrine auseinander.
260 Der karamelisierte Zucker stellt mit Eiweißbestandteilen
261 Verbindungen her, die als Melanoidine bezeichnet werden.
262 Sie sind sowohl an der Färbung der Kruste wie an der
263 Geschmacksgebung beteiligt. Die durch Hitze entstehenden
264 Röstprodukte sind z. T. flüchtig (Aromastoffe),
265 verursachen also den Duft des frischen Gebäcks, z. T. sind
266 sie löslich und können daher von den Geschmacksnerven der Zunge
267 wahrgenommen werden.
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