Quelle Nummer 079
Rubrik 07 : POLITIK Unterrubrik 07.11 : TAGESPOLITIK
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001 Staatmänner treffen sich in Paris. Gespräch
002 Nixon-Kossygin möglich/Auch Mao kondolierte. Von
003 unserem Korrespodenten Hans Kepper Paris, 11.
004 November. über 100 Staatsoberhäpter, Regierungschefs und
005 Regierungsvertreter versammeln sich am heutigen Donnerstag in
006 Paris, um an der offiziellen Trauerfeierlichkeit für Charles de
007 Gaulle teilzunehmen. In der Pariser Kathedrale Notre-Dame
008 treffen sich am Vormittag um elf Uhr unter anderen Frankreichs
009 Staatspräsident Georges Pompidou, US-Präsident Richard
010 Nixon, der sowjetische Ministerpräsident Alexej Kossygin,
011 Bundespräsident Gustav Heinemann, der britische Premier Edward
012 Heath, der italienische Staatspräsident Giuseppe Saragat und
013 Kaiser Haile Selassie von Äthiopien. Für die deutsche
014 Bundesregierung wird Bundesverteidigungsminister Helmut Schmidt
015 anstelle von Bundeskanzler Willy Brandt, der an einer leichten
016 Grippe erkrankt ist, an der Trauerfeier für den früheren
017 französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle in Paris
018 teilnehmen. Dies bestätigte das Verteidigungsministerium am
019 Mittwoch auf Anfrage. Der Arzt hat dem Bundeskanzler Bettruhe
020 verordnet. Richard Nixon hat gleichzeitig den Wunsch geäußert,
021 als Privatmann den Sarg de Gaulles bei der um 15 Uhr erfolgenden
022 Beisetzung in Colombey-les-deux-eglises begleiten zu
023 dürfen. De Gaulle, der am Montagabend auf seinem Landsitz an
024 einem Herzschlag gestorben war, hatte in seinem Testament verfügt,
025 daß kein Minister, Abgeordneter oder Politiker an seiner
026 Bestattung auf dem Dorffriedhof von Colombey teilnehmen sollte.
027 Während die französische Regierung bemüht war, angesichts der
028 Anwesenheit von Delegationen aus 100 Ländern, die
029 Organisationsprobleme in Paris und Colombey zu lösen, fanden am
030 Mittwoch auf diplomatischer Ebene zahlreiche Kontakte über ein
031 mögliches Zusammentreffen der führenden Politiker der Welt am
032 Rande der Trauerfeierlichkeiten statt. Bis zum
033 Mittwochnachmittag war wegen der kurzfristigen Planungen nicht
034 sicher abzusehen, ob es zu einem solchen Zusammentreffen kommt und
035 welche Themen es behandeln könnte. Von amerikanischer Seite
036 wurde mitgeteilt, daß Nixon nicht beabsichtige, offizielle
037 Gespräche zu führen. Da Nixon jedoch von Außenminister
038 William Rogers und, wie verlautet, auch von seinem persönlichen
039 außenpolitischen Berater Henry Kissinger begleitet wird, gilt es
040 als wahrscheinlich, daß der US-Präsident zumindest mit der
041 US-Delegation bei den Pariser Vietnamverhandlungen Kontakte
042 aufnimmt. Dem Vernehmen nach trifft auch Pompidou zu kurzen
043 politischen Gesprächen zumindest mit Nixon und Kissinger zusammen.
044 Israel wird, wie verlautet, bei den Trauerfeierlichkeiten durch
045 seinen Staatspräsidenten Salman Schasar vertreten sein. Auch
046 der ehemalige israelische Staatspräsident David Ben Gurion, der
047 ein enges persönliches Verhältnis zu de Gaulle hatte, kommt nach
048 Paris. Gleichzeitig wohnt König Hussein von Jordanien den
049 letzten Ehrungen für de Gaulle bei. Für die ägyptische
050 Regierung nimmt der Premierminister Machmud Fausi teil, aus
051 Beirut kommt Staatspräsident Suleiman Frangieh. China, deren
052 Vertreter in Paris mit Spannung erwartet wurde, teilte nach
053 einigem Zögern mit, daß es seinen Botschafter in Paris
054 entsenden werde. Mit Aufmerksamkeit wurde ein Kondolenztelegramm
055 des chinesischen Parteichefs Mao Tse-tung an die Witwe de
056 Gaulles und Pompidou verzeichnet. Mao übermittelte sein " von
057 Herzen kommendes " Beileid. Wie am Mittwoch die
058 Nachrichtenagentur Neues China meldete, wurde in der Botschaft
059 de Gaulle als ein " unerschrockener Kämpfer " gegen den
060 Faschismus bezeichnet. Auch Ministerpräsident Tschou-En
061 -lai und der stellvertretende Parteichef Tung Pi-wu
062 kondolierten Yvonne de Gaulle. Noch länger schien die kanadische
063 Regierung mit der Entscheidung zu zögern, wen sie zu ihrem
064 Vertreter benennen wolle. Mit Aufmerksamkeit und Freude wurde in
065 Paris besonders die ungewöhnlich große Zahl von Staatsmännern
066 der Dritten Welt registriert, die nach Paris kommen, um de
067 Gaulle die letzte Ehre zu erweisen. Während Frankreich den
068 Mittwoch, den Tag des Waffenstillstands nach dem Ersten
069 Weltkrieg, als offiziellen Feiertag beging, nehmen die
070 Trauerbezeigungen für Charles de Gaulle in der französischen
071 Öffentlichkeit ständig zu. Colombey-les-deux-
072 Eglises, wo der ehemalige französische Staatspräsident am
073 heutigen Donnerstag um 15 Uhr im engsten Kreis beigesetzt wird,
074 war schon am Mittwoch von aus ganz Frankreich zusammenströmenden
075 Menschen belagert. Die Straßen zu dem 400 Einwohner zählenden
076 ostfranzösischen Dorf waren zeitweise blockiert. Die
077 französischen Eisenbahnen setzten Sonderzüge ein. Vor dem
078 Büro, das die französische Regierung de Gaulle nach dessen
079 Abtritt in der Avenue Breteuil hinter dem Pariser Invalidendom
080 eingerichtet hatte, das er aber nie betrat, stauen sich seit
081 Dienstag nachmittag die Menschenschlangen. Bereits am
082 Mittwochmittag hatten sich Zehntausende von Franzosen in das
083 ausliegende Gedächtnisbuch eingetragen. für den heutigen
084 Donnerstagabend ist in Paris ein Trauerzug von der Place de la
085 Concorde zum Pariser Triumphbogen geplant. London verteidigt
086 Rhodesien-Veto. Ian Smith bekundet sein Interesse an
087 Treffen mit Heath. Von unserem Korrespodenten Lutz
088 Krusche London, 11.November. In Londons
089 Außenministerium zeigte man sich am Mittwoch über die Aufregung
090 überrascht, die das britische Veto gegen eine afro-asiatische
091 Resolution im UN-Sicherheitsrat gegen Rhodesien
092 hervorgerufen hat. Mit dem Veto wurde eine neue Rhodesien-
093 Resolution verhindert. Das Foreign Office gab allerdings zu, es
094 sei nicht sehr glücklich darüber, daß dies ausgerechnet am
095 fünften Jahrestag der illegalen einseitigen
096 Unabhängikeitserklärung Rhodesiens geschehen sei. Die britische
097 Ablehnung der harten Resolution gegen Rhodesien war in der Tat
098 verwirrend, nachdem sich erst zwei Tage zuvor das Londoner
099 Unterhaus auf Empfehlung der Regierung für eine Verlängerung
100 der Wirtschaftssanktionen gegen Rhodesien ausgesprochen hatte. In
101 London hat man für den Einspruch im Sicherheitsrat zwei Gründe:
102 Die britische Delegation sei über die afro-asiatische
103 Resolution nicht vorher konsultiert worden. Die afrikanischen
104 und die asiatischen Staaten könnten nicht auf der einen Seite die
105 alleinige Verantwortung für die Entwicklung in Rhodesien
106 zuschieben und auf der anderen den Briten durch Resolutionen die
107 Hände binden. Der Haupteinwand der britischen Delegation
108 richtet sich gegen den Passus in der Resolution, Großbritannien
109 dürfe Rhodesien die Unabhängigkeit nicht vor der Herstellung der
110 Herrschaft der farbigen Bevölkerungsmehrheit gewähren. Dieses
111 Prinzip haben die britischen Konservativen im Gegensatz zu Labour
112 nie zur Bedingung gemacht. Rhodesiens Regierungschef Ian Smith
113 erklärte in Salisbury, er sei zu gewissen Änderungen in
114 Rhodesiens Verfassung bereit, wenn London Konzessionen mache.
115 Er bekundete sein Interesse an einem Treffen mit Premierminister
116 Heath. Er machte aber erneut klar, daß Rhodesien auch in
117 Zukunft von der weißen Minderheit beherrscht bleiben solle.
118 Beteiligung an Laporte-Entführung gestanden.
119 19jähriges Mitglied der " Front für die Befreiung Quebecs "
120 sagt vor Richter aus. Montreal, 8.November (dpa).
121 Seine Beteiligung an der Entführung des Arbeitsministers der
122 kanadischen Provinz Quebec, Pierre Laporte, hat am Wochenende
123 der 19jährige Bernard Lortie zugegeben. Vor einem
124 Untersuchungsrichter in Montreal schilderte er, wie er zusammen
125 mit vier anderen Mitgliedern der separatistischen " Front für die
126 Befreiung Quebecs " den Minster am 10.Oktober entführt habe.
127 Die Leiche Laportes war eine Woche später in der Nähe von
128 Quebec gefunden worden. Lortie war am Freitag bei einer Razzia
129 der Polizei in einem Wohnblock in Montreal festgenommen worden.
130 Nach den Angaben von Lortie, der sich als Student bezeichnete,
131 waren seine Mittäter Jacques Rose, Paul Rose und Francis
132 Simard. Zu viert hätten sie den Minister auf der Straße
133 ergriffen, in ihren Wagen gezerrt und auf den Boden gedrückt.
134 Dann hätten sie ihn mit Mänteln zugedeckt und seien so mit ihm in
135 den Vorort St. Hubert gefahren. In der Garage ihres Hauses
136 wurden Laporte die Augen zugebunden, bevor er in das Haus
137 geführt wurde. Lortie erklärte, die Brüder Rose, Simard und
138 er seien Mitglieder der Zelle " Chenier " der " Front für die
139 Befreiung Quebecs " (FLQ). Sie seien nach der Entführung
140 des britischen Diplomaten James Ross durch eine andere Zelle der
141 FLQ auf die Idee gekommen, selber einen Politiker zu entführen.
142 Ihre Wahl sei auf Laporte gefallen. Während der Vernehmung
143 identifizierte Lortie Kleidungsstücke sowie anderen persönlichen
144 Besitz des ermordeten Ministers. Auch die Binden, mit denen die
145 Handgelenke von Laporte umwickelt waren, erkannte er wieder.
146 Lortie berichtete, daß Laporte einmal versucht habe zu fliehen.
147 Dabei habe er sich mit Glassplittern an den Handgelenken verletzt.
148 Die Verbände für die Wunden habe er dann angelegt, betonte
149 Lortie. Nach seinen Worten war Laporte während seiner
150 Gefangenschaft meist an den Händen gefesselt. Lortie konnte
151 bestätigen, daß der Brief Laportes, in dem er die Regierung
152 von Kanada bat, den Forderungen der FLQ zu entsprechen, von
153 dem Entführten persönlich geschrieben worden ist. Bisher sagte
154 Lortie jedoch nichts darüber, wie Laporte zu Tode kam. Lortie
155 und die drei von ihm genannten " Zellen-Genossen " waren von
156 der Polizei schon kurz nach dem Auffinden von Laportes Leiche der
157 Beteiligung an der Entführung dringend verdächtigt worden. Im
158 Zusammenhang mit der Fahndung nach den Entführern und Mördern
159 von Laporte sowie den Entführern des britischen Diplomaten James
160 Cross - er ist bisher noch nicht wieder gesehen worden - waren
161 über 400 Personen verhaftet worden, von denen inzwischen der
162 größte Teil wieder auf freiem Fuße ist. In Montreal wird
163 angenommen, daß Cross noch am Leben ist. Die Polizei in
164 Quebec hat am Wochenende ein Foto von Cross, das ihr zugestellt
165 wurde, als echt bezeichnet. Es war das erste Lebenszeichen von
166 Cross seit dem 18.Oktober. Nixon wird Versagen
167 vorgeworfen. Angriffe aus der eigenen Partei/US-
168 Journalisten tadeln Präsident. Washington, 8.
169 November (AP). Das für US-Präsident Richard Nixon
170 wenig schmeichelhafte Ergebnis der Zwischenwahlen vom vergangenen
171 Dienstag hat am Wochenende liberale Kräfte in der
172 Republikanischen Partei auf den Plan gerufen, die dem
173 Präsidenten praktisch Versagen vorwarfen. Zwei Führer der
174 Rippon-Society, einer in ihren Anschauungen oft im Gegensatz
175 zur Parteispitze stehenden Vereinigung, erklärten am Wochenende
176 auf einer Pressekonferenz in Washington, der Wahlausgang habe die
177 Partei geschwächt und lasse befürchten, daß Nixon 1972 nicht
178 wiedergewählt werde. Die beiden Rippon-Führer Josiah Lee
179 Auspitz und Howard Gillebte bezeichneten das Abschneiden der
180 Republikanischen Partei als das schlechteste seit 1964. Nixon
181 müsse mit einem " Massenexodus " gemäßigter Republikaner
182 rechnen, wenn er seinen Wahlkampfstil 1972 nicht ändere.
183 Besonders erbost zeigten sich beide über die Erklärung des
184 Weißen Hauses, in der durchgeklungen hatte, daß Nixon mit dem
185 Wahlergebnis zufrieden sei, weil es einen ideologischen Wechsel im
186 Senat bedeute. " Wenn der Präsident Trost in der Ideologie
187 sucht, bedeutet das nur, Versagen mit kurzsichtigem Dogmatismus
188 zu vermengen ", hieß es in einer Erklärung, und wenn
189 Vizepräsident Spiro Agnew sage, daß der Gewinn von zwei
190 Senatssitzen mehr sei, als die Republikaner bei Zwischenwahlen
191 erwarten konnten, dann werde hier " Versagen mit Verlogenheit "
192 gemischt. Chicago (AP). Scharfe Kritik an
193 Präsident Nixons angeblich unzureichender Information der
194 Öffentlichkeit hat am Wochenende eine Gruppe amerikanischer
195 Journalisten geübt. Der Ausschuß für Informationsfreiheit des
196 amerikanischen Journalistenverbandes warf Nixon vor allem vor, er
197 gebe nur dann Pressekonferenzen, wenn er der Ansicht sei, daß er
198 etwas Wichtiges mitzuteilen habe. In einem von dem Ausschuß
199 verfaßten Bericht, der der am Mittwoch in Chicago beginnenden
200 Jahreskonferenz des Journalistenverbandes vorgelegt werden soll,
201 hieß es, Nixons Pressekonferenzen hätten gezeigt, daß er sich
202 kaum verpflichtet fühle, die Öffentlichkeit umfassend zu
203 unterrichten. In Fernseh-Interviews gebe der Präsident den
204 Reportern kaum jemals Gelegenheit, Zusatzfragen zu stellen,
205 durch deren Beantwortung er zu einer genaueren Auskunft gezwungen
206 würde. + arafat: Nasser irrte sich.
207 " Widerstandswille wurde unterschätzt "/Dajan setzte auf
208 Jarring. Kairo, 8.November (AP). der
209 verstorbene Staatspräsident Gamal Abdel Nasser hat nach den
210 Worten des Freischärlerchefs Yassir Arafat vor drei Jahren
211 ernstlich an dem Widerstandswillen des palästinensischen Volkes
212 gegenüber Israel gezweifelt. In einer seiner seltenen
213 öffentlichen Reden erklärte Arafat während der Feierlichkeiten
214 zum Abschluß der 40tägigen Staatstrauer, Staatspräsident
215 Nasser habe ihm nach der ägyptischen Niederlage im Sechs-
216 Tage-Krieg seine Befürchtung anvertraut, der Widerstand der
217 Palästinenser könnte unter der israelischen Besatzung
218 zusammenbrechen. Nun, drei Jahre später, sagte der Guerilla
219 -Führer, " haben wir bewiesen, daß seine Befürchtungen
220 unbegründet waren ". Im Gegensatz zu anderen Rednern, unter
221 ihnen der neue ägyptische Staatspräsident Anwar Sadat,
222 verwandte Arafat wenig Zeit darauf, die Erinnerung an den
223 verstorbenen Präsidenten zu beschwören. Nasser selbst hätte
224 solche Trauer nicht akzeptiert, erklärte Arafat, " er würde
225 uns auffordern, den Kampf fortzusetzen ". * New York
226 (dpa). US-Außenminister William Rogers und sein
227 israelischer Kollege Abba Eban haben am Sonnabend in New York
228 ein einstündiges Gespräch über die politische Lage im Nahen
229 Osten geführt. Die Unterredung wurde von amerikanischer Seite
230 als nützliche Fortsetzung des Dialogs zwischen den Regierungen
231 bezeichnet. Neue Vorschläge seien dabei nicht gemacht worden.
232 Rogers wollte bei dem Gespräch nach Darstellung unterrichteter
233 Kreise erkunden, ob trotz der gegenwärtigen Schwierigkeiten die
234 Möglichkeit besteht, auf dem Wege " stiller Diplomatie " die
235 Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der indirekten
236 Friedensgespräche der Konfliktstaaten mit dem UN-
237 Sonderbeauftragten Gunnar Jarring zu schaffen. Rogers hatte am
238 Freitag eine ähnliche Unterredung mit dem ägyptischen
239 Außenminister Mahmud Riad. Nach Ansicht des israelischen
240 Verteidigungsministers Mosche Dajan kann ein Nahost-Frieden
241 nur durch Verhandlungen unter Leitung Jarrings erzielt werden.
242 Auf einer Konferenz der israelischen Arbeiterpartei in Haifa
243 erklärte der Minister, man müße jede Chance, wie gering sie
244 auch immer sei, nützen, um mit den Arabern zu sprechen. Er
245 betonte, daß Israel keinerlei Interesse an " weiteren
246 Eroberungen " habe und daß der Krieg nunmehr beendet werden
247 müße.
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