Kant: Briefwechsel, Brief 743, Von Iohann Friedrich Reichardt.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Iohann Friedrich Reichardt.      
           
  Giebichenstein bei Halle.      
  den 8ten Aprill 1797.      
           
  Sie haben mich, verehrungswürdigster Freund und Lehrer durch      
  Ihre Zufriedenheit mit meiner guten Absicht bei der Herausgabe des      
  Iournals Deutschland und durch die gütige Zusage mich mit einem      
  Beitrage zu beehren, sehr glücklich gemacht. Mein grosser Wunsch      
  wäre, daß dieser den sittlichen Zweck und das innre Wesen der schönen      
  Künste beträfe, worüber Sie zwar schon in Ihrer vortreflichen Critick      
  der Urteilskraft im Allgemeinen viel herrliches und treffendes gesagt      
  haben. Irgend ein von Ihnen selbst weiter ausgeführter Punkt da      
  heraus, würde aber den jungen Männern, die sich bisher mit Anwendung      
           
  und Ausführung Ihrer Ideen beschäftigten und mir selbst, der      
  ich unabläßig damit beschäftigt bin, zum guten Fingerzeige und Vorbilde      
  dienen. Ueberdem läßt mich eine notwendig gewordne Aenderung      
  mit meinem Iournal gerade auf diesen Gegenstand Ihren erwünschten      
  Beitrag gerichtet wünschen. Die berlinische Censur, die für      
  alles was Iournal heißt seit einem Iahre in den Händen der Policei      
  ist hat den Verleger in allem was Statistick und neuere Geschichte betrift,      
  so widersinnig eingeengt, daß ihm Muth und Geduld vergangen      
  und er mich ersucht hat auf jene Artikel Verzicht zu thun und dem Werke      
  eine andre Form zu geben, damit er aus den Händen der Censur      
  komme. Ich verwandle mein Deutschland daher in ein Lycäum der      
  schönen Künste, wovon von d. Ostermesse an, vierteljährig ein Stück      
  von 12 Bogen herauskommen wird und welches sich ausschließlich mit      
  allen schönen Künsten und allem was irgend Bezug darauf hat beschäftigen      
  wird. In dem 12 St. das eben aus der Druckerei komt      
  werden Sie eine umständlichere Anzeige darüber finden. Auf meine      
  Erinnerung versichert mich HE Unger, daß er längst dem Hrn. Nicolovius      
  aufgetragen habe ein komplettes Exemplar von Deutschland an      
  Sie, verehrungswerther Freund abzuliefern.      
           
  Voll Ehrfurcht für die edle Beschäftigung mit der Sie Ihr ruhmvolles      
  Alter kröhnen wag' ich es kaum zu wünschen daß es möglich      
  seyn möchte mir für das zweite Stück des Lycäums, das zu Iohanni      
  erscheint, den mir gütigst zugedachten Aufsatz zukommen zulassen,      
  welches am füglichsten durch die Frau Criminalräthin Stegmann oder      
  durch meine Schwester Dorow geschehen könte. Ich darf wohl nicht      
  noch hinzufügen, daß jede Bedingung die Sie dem Verleger machen      
  wollen im voraus zugestanden ist. Mich selbst werden Sie durch die      
  Erfüllung meiner Bitte aufs höchste verpflichten,      
           
  Mit der vollkomensten Verehrung und Dankbarkeit verharre ich      
  Zeitlebens      
           
    ganz ergebenst Verpflichtester      
    Ihr Reichardt.      
           
           
           
           
     

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