Kant: Briefwechsel, Brief 739, Von Friedrich August Hahnrieder. |
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| Von Friedrich August Hahnrieder. | |||||||
| 12. Febr. 1797. | |||||||
| Achtungswürdiger Mann! | |||||||
| Zwei Briefe habe ich Ihnen bereits geschrieben, ich weiß aber | |||||||
| nicht, ob Sie sie erhalten haben oder nicht, im leztern Fall wäre es | |||||||
| mir in sofern unangenehm, daß Ihre Erwartung, Nachricht von meinen | |||||||
| Verhältnißen zu haben, nicht befriedigt worden wäre. | |||||||
| Herr Direktor Skopnik hat die Gefälligkeit gehabt, das Geschäft | |||||||
| zu übernehmen Ihnen dieses Schreiben einzuhändigen, und zugleich zu | |||||||
| sagen, daß der Schritt den ich gethan, mich noch nicht gereue, und | |||||||
| wahrscheinlicher Weise auch nie gereuen werde, woran, wie ich vermuthe, | |||||||
| Sie nicht zweifeln werden, denn sollte es wohl möglich seyn | |||||||
| Vernunftgründen nicht Gehör geben zu wollen, wenn man überzeugt | |||||||
| ist, daß die Bestimmung des Menschen ist, vernünftig zu seyn? Es | |||||||
| mögen alle Wetter des Schiksals Felsenhoch über unserm Haupte sich | |||||||
| aufthürmen, und jeden Augenblik den schreklichsten Untergang drohen, | |||||||
| so steht das Vernunft=Gesez unerschütterlich da, und erhebt sich stolz | |||||||
| über alle Schrekken, die vor seiner Majestät in ein Nichts zusammenfallen. | |||||||
| Zum Kampfe bin ich da, und kämpfen will ich, sollte ich auch | |||||||
| alles, was Erdenglük heißt, aufopfern! was ist Aufopferung aller irrdischen | |||||||
| Güter gegen das erhebende Bewußtseyn seiner Bestimmung gemäs | |||||||
| zu handeln? | |||||||
| Mit meiner Arbeit geht's gut, ich hoble und säge aus allen Leibeskräften; | |||||||
| Handwerksverständige versichern, daß ich über alle Erwartung | |||||||
| avanzire, und das freut mich mehr, als wenn mir alle Buntschäkkigen | |||||||
| Bänder, die man Orden nennt, umgehängt würden. | |||||||
| Kiesewetter empfiehlt sich Ihnen bestens, sein Plan der Ihnen bekannt | |||||||
| ist, ist noch nicht durchgesezt. | |||||||
| Sollten Ihre Geschäfte es erlauben, so wünschte ich wohl einige | |||||||
| Zeilen von Ihnen zu lesen, es wird nicht allein mir, sondern einer | |||||||
| Menge braver Männer hier in Berlin die Ihnen von ganzem Herzen | |||||||
| ergeben sind, viel Freude machen. Der Fortdauer Ihres Wohlwollens | |||||||
| und Ihrer Freundschaft empfele ich mich und bin | |||||||
| Ihr aufrichtiger Freund | |||||||
| Berlin den 12ten Febr | und Verehrer | ||||||
| 1797. | Hahnrieder. | ||||||
| [ abgedruckt in : AA XII, Seite 147 ] [ Brief 738 ] [ Brief 739a ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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